FRAGEN UND TEXTE zu den KAPITELN 12 bis 15

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Transkript:

ARBEITSGEMEINSCHAFT ÖFFENTLICHES RECHT I VORLESUNG ÖFFENTLICHES RECHT I Bruno Binder, Carsten Roth, Gudrun Trauner WS 2011/12 FRAGEN UND TETE zu den KAPITELN 12 bis 15 DIE PARLAMENTE DES BUNDES UND DES LANDES 12 1. AUFGABE: KREUZEN SIE AN! PARLAMENT; BUNDESPARLAMENT (NATIONALRAT UND BUNDESRAT); BUNDESPAR- LAMENT (BUNDESVERSAMMLUNG) [Lehrbuch Rz 698-702, 705, 708] 1) In der Demokratie bestimmt das Volk die Staatswillensbildung. Nach dem B-VG wählt das Volk sowohl das Parlament als auch die Regierung direkt. 1) Falsch. Das Volk wählt das Parlament, nicht aber die Regierung. Die Bundesregierung wird vom Bundespräsidenten ernannt (Art 70 Abs 1 B-VG), die Landesregierung vom Landtag gewählt (Art 101 Abs 1 B-VG). 2) Das Bundesparlament nimmt die Bundesgesetzgebung, das Landesparlament nimmt die Landesgesetzgebung wahr. 3) In Österreich existieren ein Bundesparlament, Landesparlamente und Gemeindeparlamente. 3) Falsch. Nur der Bund und die Länder sind Staaten, die Gemeinden sind (Selbst)Verwaltungskörper. Nur Staaten haben Parlamente. In Österreich existieren daher ein Bundesparlament und die (neun) Landesparlamente. Die Gemeinden verfügen als Verwaltungskörper über keine gesetzgebenden Befugnisse, der Gemeinderat ist kein Parlament, auch wenn ihn das B-VG zu den allgemeinen Vertretungskörpern zählt. 4) Allgemeine Vertretungskörper sind Kollegialorgane, die gebietsbezogen die Interessen aller, nicht nur bestimmter Personen wahrnehmen. 5) Der Nationalrat, die Landtage und die Gemeinderäte sind allgemeine Vertretungskörper, nicht jedoch der Bundesrat, weil seine Mitglieder nicht unmittelbar vom Volk gewählt sind. 5) Falsch. Auch der Bundesrat ist ein allgemeiner Vertretungskörper. Allgemeine Vertretungskörper sind durch Gesetz eingerichtet und haben nicht die Interessen bestimmter, sondern die Interessen aller in einem bestimmten Gebiet lebenden Menschen zu vertreten. Die unmittelbare Volkswahl ist keine Voraussetzung. 6) Der Nationalrat ist die Volksvertretung in der Bundesgesetzgebung. Die Abgeordneten werden unmittelbar vom Volk gewählt. 7) Der Bundesrat ist die Länderkammer des Parlaments. Der Nationalrat erlässt die Bundesgesetze, der Bundesrat die Landesgesetze. 7) Falsch. Der Nationalrat und der Bundesrat üben die Bundesgesetzgebung gemeinsam aus (Art 24 B-VG). Der Bundesrat ist zwar eine Länderkammer, er institutionalisiert die Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung. Die Landesgesetze erlassen aber die Landesparlamente, die Landtage (Art 95 Abs 1 B-VG). 8) Im Bundesrat sind Vertreter der Länder versammelt. Sie werden im Zusammenhang mit den Landtagswahlen vom Volk unmittelbar gewählt. 8) Falsch. Im Bundesrat sind Vertreter der Bundesländer versammelt, sie werden nicht unmittelbar vom Volk gewählt, sondern von den Landtagen entsendet (Art 34 f B-VG). 9) Der Nationalrat hat 183 Abgeordnete, der Bundesrat hat 62 Mitglieder. 10) Legislaturperiode oder Gesetzgebungsperiode ist jene Zeitspanne, für welche die Abgeordneten eines Parlaments gewählt werden. 11) Der Nationalrat und der Bundesrat haben eine Legislaturperiode von jeweils fünf Jahren. 11) Falsch. Der Nationalrat hat eine Legislaturperiode von fünf Jahren (Art 27 Abs 1 B-VG). Der Bundesrat hat keine Legislaturperiode, er wird im Zusammenhang mit den Landtagswahlen von den Landtagen permanent und partiell erneuert (Art 35 Abs 1 B-VG). 12) Der Nationalrat kann seine fünfjährige Legislaturperiode durch Mehrheitsbeschluss (= Selbstauflösung ) vorzeitig beenden. Die Folge sind Neuwahlen. 13) Der Nationalrat und der Bundesrat üben die Bundesgesetzgebung gemeinsam aus. Dennoch kann es Bundesgesetze geben, die der Nationalrat allein beschließt, etwa das Bundesfinanzgesetz. 14) Der Nationalrat und der Bundesrat üben die Bundesgesetzgebung gemeinsam aus. Man kann daher auch sagen, die Bundesversammlung erlässt die Bundesgesetze. 14) Falsch. Der Nationalrat und der Bundesrat üben als Zwei-Kammern-Parlament die Bundesgesetzgebung aus (Art 24 B-VG). Wenn der Nationalrat und der Bundesrat in der Bundesversammlung als ein Organ zusammen tritt, so hat das mit Bundesgesetzgebung nichts zu tun (Art 38 B-VG). Die Bundesversammlung hat bestimmte besondere Kompetenzen, etwa Angelobung des Bundespräsidenten. 1

12 DIE PARLAMENTE DES BUNDES UND DES LANDES KONTROLLRECHTE DES BUNDESPARLAMENTS [Lehrbuch Rz 709-714] 15) Das Parlament macht nicht nur die Gesetze, es kontrolliert auch die Regierung (Verwaltung), insbesondere ob sie die Gesetze einhält. 16) Die Regierung (und die nachgeordnete Verwaltung) ist dem Parlament rechtlich und politisch verantwortlich. 17) Kontrollrechte des Nationalrats sind das Untersuchungsrecht, das Fragerecht und das Entschließungsrecht. 18) Dem Bundesrat stehen als Kontrollrechte nur das Fragerecht und das Untersuchungsrecht zu. 18) Falsch. Dem Bundesrat stehen das Fragerecht und das Entschließungsrecht zu (Art 52 Abs 1 B-VG), ein Untersuchungsrecht hat der Bundesrat nicht. 19) Dem Parlament (Nationalrat) stehen zur Kontrolle der Verwaltung Hilfsorgane zur Seite, der Rechnungshof und die Volksanwaltschaft. 20) Das Bundesvolk kann die Bundesregierung, das Landesvolk die Landesregierung durch Volksabstimmung abberufen. 20) Falsch. Nach der Verfassung kann das Volk die Regierungen nicht abberufen. Eine Abberufung ist den Parlamenten (Misstrauensvotum, Art 74 B-VG), auch dem Bundespräsidenten (Art 70 Abs 1 B-VG), allenfalls dem Verfassungsgerichtshof (Art 142 Abs 2 lit b, lit d B-VG) vorbehalten. 21) Das Parlament kann die Bundesregierung durch Misstrauensvotum jederzeit ohne Angabe von Gründen abberufen. Nur so kann die Regierung dem Parlament für alle Vorgänge in der Vollziehung politisch verantwortlich sein. 22) Ein Misstrauensvotum bringt den Verlust des politischen Vertrauens des Nationalrats in die Bundesregierung zum Ausdruck, eine Begründung ist nicht erforderlich. 23) Als Sanktion gegen die Bundesregierung stehen dem Nationalrat das Misstrauensvotum (rechtliche Kontrolle) und die Ministeranklage beim Verfassungsgerichtshof (politische Kontrolle) zu. 23) Falsch. Umgekehrt. Als Sanktion gegen die Bundesregierung stehen dem Nationalrat das Misstrauensvotum gemäß Art 74 B-VG (politische Kontrolle) und die Ministeranklage gemäß Art 76 ivm Art 142 Abs 2 lit b B-VG beim Verfassungsgerichtshof (rechtliche Kontrolle) zu. 24) Die Ministeranklage ist der Beschluss des Nationalrats, mit dem wegen rechtswidriger und schuldhafter Gesetzesverletzung eines Mitglieds der Bundesregierung Anklage beim Verfassungsgerichtshof erhoben wird. LANDESPARLAMENT (LANDTAG) [Lehrbuch Rz 715, 717] 25) Die Landtage sind die Landesparlamente. Sie üben die Landesgesetzgebung aus. 26) Der Landtag ist wie das Bundesparlament ein Ein-Kammer-Parlament. 26) Falsch. Richtig ist, dass das Parlament des Landes, der Landtag, ein Ein-Kammer-Parlament ist. Das Bundesparlament allerdings ist ein Zwei-Kammern-Parlament (Nationalrat und Bundesrat). 27) Die Abgeordneten zu den Landtagen werden mit Ausnahme des oberösterreichischen Landtags für eine vierjährige Legislaturperiode gewählt. 27) Falsch. Die Abgeordneten zum Landtag werden vom Volk für eine fünfjährige (der oberösterreichische Landtag gemäß Art 18 Abs 1 Oö L-VG für eine sechsjährige) Legislaturperiode gewählt. WAHLRECHTSGRUNDSÄTZE; VERHÄLTNISWAHL (LISTENWAHL) [Lehrbuch Rz 718-729, 731] 28) In der parlamentarischen Demokratie ist das Parlament die Volksvertretung. Es besteht aus Abgeordneten, die das Volk nach bestimmten Wahlrechtsgrundsätzen wählt. 29) Das B-VG schreibt ua die Wahlrechtsgrundsätze für die Wahl der Parlamente fest. Wahlrechtsgrundsätze sind das allgemeine Wahlrecht, das gleiche Wahlrecht, das unmittelbare Wahlrecht, das geheime Wahlrecht, das persönliche Wahlrecht, das freie Wahlrecht und das Verhältniswahlrecht. 30) Die Teilnahme an den Wahlen zu den Parlamenten ist ein politisches Grundrecht. 31) Allgemeines Wahlrecht bedeutet, dass jeder Staatsbürger (eventuell Unionsbürger) ohne Unterschied des Geschlechts, der Religion, der Klasse, der Steuerleistung, etc an einer Wahl teilnehmen darf. 2

DIE PARLAMENTE DES BUNDES UND DES LANDES 12 32) Im Sinne des allgemeinen Wahlrechts erreichen alle österreichischen Staatsbürger, die spätestens am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, das aktive und das passive Wahlrecht zum Nationalrat. 32) Falsch. Richtig ist, dass alle österreichischen Staatsbürger, die spätestens am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben (und nach Art 26 Abs 5 B-VG vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind), das passive Wahlrecht zum Nationalrat besitzen (Art 26 Abs 4 B-VG). Das aktive Wahlrecht zum Nationalrat erreichen aber bereits jene österreichischen Staatsbürger, die spätestens am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet haben (Art 26 Abs 1 B-VG). 33) Gleiches Wahlrecht bedeutet, dass jeder Staatsbürger etwa bei der Wahl zum Nationalrat eine Stimme abgeben darf. Niemand darf von der Wahl ausgeschlossen werden. 33) Falsch. Dass jeder österreichische Staatsbürger wahlberechtigt ist, bestimmt der Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts. Das gleiche Wahlrecht verlangt, dass im Sinne der egalitären Demokratie jede Stimme bei der Verteilung der Mandate das gleiche politische Gewicht hat. 34) Das gleiche Wahlrecht ist Ausdruck der plebiszitären Demokratie. 34) Falsch. Das gleiche Wahlrecht ist nicht Ausdruck der plebiszitären Demokratie, sondern der egalitären Demokratie. Jede Stimme hat das gleiche politische Gewicht (one man, one vote). Das gleiche Wahlrecht richtet sich historisch gegen die Zensuswahl. 35) Geheimes Wahlrecht bedeutet, dass jeder Wähler seine Stimme so abgeben darf und muss, dass sie für die Wahlbehörde und für die Öffentlichkeit nicht erkennbar ist. 36) Das geheime Wahlrecht richtet sich historisch gegen die Zensuswahl. 36) Falsch. Nicht das geheime Wahlrecht, sondern das gleiche Wahlrecht richtet sich historisch gegen die Zensuswahl. 37) Das unmittelbare Wahlrecht verlangt die physische Präsenz des Wählers vor der Wahlbehörde und schließt die Ausübung des Wahlrechts durch einen Stellvertreter aus. 37) Falsch. Das unmittelbare Wahlrecht verlangt, dass die Abgeordneten des Parlaments direkt vom Volk gewählt werden. Es darf keine Zwischenschaltung von Wahlmännern oder Wahlkollegien geben. 38) Persönliches Wahlrecht bedeutet, dass die Kandidaten einer Wahl unter ihrem eigenen Namen und nicht anonym für ihre Partei kandidieren müssen. 38) Falsch. Persönliches Wahlrecht bedeutet, dass jeder Wähler seine Stimme selbst persönlich abgeben muss. Er darf sich bei der Stimmabgabe nicht durch eine andere Person vertreten lassen. Das persönliche Wahlrecht verlangt also die physische Präsenz des Wählers vor der Wahlbehörde. 39) Freies Wahlrecht bedeutet, dass der Staat keinen Zwang oder Druck auf die Wähler bei der Stimmabgabe ausüben darf. Es bedeutet auch, dass die Wahlparteien sich unbehindert zur Wahl stellen und insbesondere entsprechende Wahlwerbung betreiben dürfen. 40) Briefwahl ist eine Stimmabgabe außerhalb eines Wahllokals und nicht vor einer Wahlbehörde, bei der der ausgefüllte Stimmzettel der Wahlbehörde postalisch übermittelt wird. 41) Im Verhältniswahlrecht steht nicht die Persönlichkeit der einzelnen Kandidaten, sondern die Parteizugehörigkeit der Kandidaten im Vordergrund. 42) Wir bezeichnen das Verhältniswahlrecht auch als Persönlichkeitswahlrecht, weil die einzelnen Abgeordneten gewählt werden. Wir bezeichnen das Verhältniswahlrecht auch als Mehrheitswahlrecht, weil die Mehrheit bei der Wahl über die Zusammensetzung des Parlaments entscheidet. 42) Falsch. Das Verhältniswahlrecht ist kein Persönlichkeitswahlrecht, weil nicht einzelne Personen als Abgeordnete, sondern Gruppen von Kandidaten (Wahlparteien, Listen) gewählt werden. Das Verhältniswahlrecht ist auch kein Mehrheitswahlrecht, weil nicht der Abgeordnete gewählt ist, der die absolute Mehrheit der Stimmen in seinem Wahlkreis erreicht hat, sondern die in einem Wahlkreis zu vergebenden Mandate im Verhältnis der Stimmen auf die Wahlparteien (Listen) aufgeteilt werden. 43) Dass die Kandidaten für die Parlamente nicht allein unter ihrem Namen, sondern auf Listen kandidieren, ist Folge des Verhältniswahlrechts. 44) Das B-VG ordnet die Geltung des Verhältniswahlrechts für die Wahlen zum Europäischen Parlament, zum Nationalrat, zu den Landtagen, zu den Gemeinderäten und für die Wahl des Bundespräsidenten an. 44) Falsch. Für die Wahl des Bundespräsidenten ist die Geltung des Verhältniswahlrechts nicht normiert (Art 60 Abs 1 B-VG) und von der Sache her (Wahl einer einzigen Person, nicht einer Liste) auch nicht denkbar. 45) Es gibt ein aktives und ein passives Wahlrecht. Das aktive Wahlrecht ist das Recht zu wählen, bei einer Wahl seine Stimme abzugeben. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete aktive Wahlrecht zum Nationalrat ist in Art 26 Abs 1 und Abs 5 B-VG verankert. 46) Das passive Wahlrecht ist das Recht, bei Wahlen zu kandidieren (= Wählbarkeit). Das passive Wahlrecht zum Nationalrat ist nicht im B-VG, sondern in der NRWO verankert. 46) Falsch. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete passive Wahlrecht zum Nationalrat ist in Art 26 Abs 4 und Abs 5 B-VG verankert. 3

12 DIE PARLAMENTE DES BUNDES UND DES LANDES 47) Das passive Wahlrecht zum Landtag ist das Recht, bei den Wahlen zum Landtag zu kandidieren. Das passive Wahlrecht zum Landtag ergibt sich aus Art 95 B-VG sowie den Landesverfassungen und den Landtagswahlordnungen. 48) Der Landesgesetzgeber darf als Voraussetzung des passiven Wahlrechts zum Landtag etwa das vollendete 19. Lebensjahr festlegen. 48) Falsch. Die Landtagswahlordnungen dürfen nach Art 95 Abs 2 B-VG die Bedingungen des Wahlrechtes und der Wählbarkeit nicht enger ziehen als die Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat. Die Bundesverfassung sieht in Art 26 Abs 4 B-VG für die Wahlen zum Nationalrat als Voraussetzung des passiven Wahlrechts das vollendete 18. Lebensjahr vor. Der Landesgesetzgeber darf daher ein im Vergleich zu Art 26 Abs 4 B-VG niedrigeres Wahlalter, jedoch kein höheres Wahlalter festlegen. 49) Zu den Parlamentswahlen treten die politischen Parteien an. Die politischen Parteien sind im Parteiengesetz geregelt. Das Parteiengesetz bezeichnet die politischen Parteien auch als Wahlparteien. 49) Falsch. Politische Parteien sind juristische Personen, die auf Dauer eingerichtet sind. Die Wahlpartei ist eine Gruppe von Personen, die auf einer Liste zur Parlamentswahl kandidiert. In der Regel treten die politischen Parteien als Wahlparteien zur Parlamentswahl an, zwingend ist das nicht. Jede Personengruppe könnte als Wahlpartei bei Parlamentswahlen kandidieren. 50) Der Wähler wählt bei den Wahlen zum Nationalrat eine Liste, auf der mehrere Personen kandidieren. Einer auf der Liste aufscheinenden Person kann er zudem eine Vorzugsstimme geben. Diese Vorzugsstimme wirkt sich allerdings bei der Verteilung der Mandate auf die Kandidaten der Liste nicht aus. 50) Falsch. Die Vorzugsstimmen können sich auswirken. Erhält ein Kandidat einer Liste entsprechend viele Vorzugsstimmen, ändert das die Reihung bei der Vergabe der gewonnenen Mandate an die Kandidaten der Liste ( 98, 102 NRWO). 51) Österreich ist für die Nationalratswahl in Wahlkreise eingeteilt. Es gibt 9 Landeswahlkreise (entsprechend den Bundesländern) und 43 Regionalwahlkreise (innerhalb der Bundesländer). 52) Die 183 Mandate des Nationalrats sind nach der Anzahl der wahlberechtigten Staatsbürger auf die 43 Regionalwahlkreise aufgeteilt. 52) Falsch. Die Mandate sind nach der Anzahl der Staatsbürger, nicht nach der Anzahl der wahlberechtigten Staatsbürger auf die Regionalwahlkreise aufgeteilt (Art 26 Abs 2 B-VG). 53) Die Vergabe der Mandate in der Nationalratswahl findet in drei Ermittlungsverfahren statt. Das erste Ermittlungsverfahren findet auf regionaler Ebene (auf Ebene der Regionalwahlkreise) statt. Das zweite Ermittlungsverfahren findet auf Landesebene (auf Ebene der Landeswahlkreise) statt. Und im dritten Ermittlungsverfahren wird das Grundmandat vergeben. 53) Falsch. Die Vergabe des Grundmandats erfolgt im ersten Ermittlungsverfahren. Voraussetzung für die Teilnahme am zweiten und dritten Ermittlungsverfahren ist, dass im ersten Ermittlungsverfahren zumindest in einem der Regionalwahlkreise ein Mandat (Grundmandat) oder im gesamten Bundesgebiet mindestens vier Prozent (Vier-Prozent-Klausel) der abgegebenen gültigen Stimmen erzielt wurden ( 100 Abs 1 NRWO). 54) Für kleine Parteien, die in keinem Regionalwahlkreis ein Mandat erhalten haben, gilt eine Fünf-Prozent-Klausel. Erreichen sie bundesweit nicht wenigstens diesen Prozentsatz an Stimmen, nehmen sie an der Mandatsverteilung im zweiten und dritten Ermittlungsverfahren nicht teil. 54) Falsch. Es gibt keine Fünf-Prozent-Klausel, sondern eine Vier-Prozent-Klausel für kleine Parteien ( 100 Abs 1 NRWO). FREIES MANDAT; IMMUNITÄT; INKOMPATIBILITÄT, UNVEREINBARKEIT, BEZÜGE [Lehrbuch Rz 732-735, 738-739, 741, 744-746] 55) Die Stellung der Abgeordneten im Nationalrat und im Landtag ist durch das freie Mandat, die Immunität, die Inkompatibilität und die Unvereinbarkeit gekennzeichnet. 56) Das freie Mandat ist Ausfluss der parlamentarischen Demokratie. Im freien Mandat garantiert die Bundesverfassung den Abgeordneten unter anderem, ihre Wahlversprechen nicht halten zu müssen. 57) Mit dem freien Mandat ist der Klubzwang in den Parlamenten rechtlich unvereinbar. Er wird freiwillig von den Abgeordneten dennoch praktiziert. 58) Klubzwang bedeutet die bundesverfassungsgesetzliche Verpflichtung eines Abgeordneten zur Abstimmung nach einem vom Klub bzw der Klubführung vorher festgelegten Abstimmungsverhalten. 58) Falsch. Klubzwang bedeutet die Verpflichtung eines Abgeordneten zur Abstimmung nach einem vom (Parlaments)Klub vorher festgelegten Abstimmungsverhalten. Diese Verpflichtung ist aber keine bundesverfassungsgesetzliche, verfassungsrechtlich existiert kein Klubzwang. Faktisch (freiwillig) unterliegen die Abgeordneten trotz des freien Mandats aber einem Klubzwang, weil ihre politische Karriere vom Wohlwollen ihrer Partei abhängt. 4

DIE PARLAMENTE DES BUNDES UND DES LANDES 12 59) In der Regel bilden die Abgeordneten, die auf einer gemeinsamen Liste kandidierten, eine Parlamentsfraktion (= Parlamentsklub ). 60) Tritt ein Abgeordneter zum Nationalrat aus einem Parlamentsklub aus, kann er sein Nationalratsmandat dennoch bis zum Ende der Legislaturperiode ausüben; wird ein Abgeordneter zum Nationalrat hingegen aus einem Parlamentsklub ausgeschlossen, verliert der Abgeordnete damit auch sein Nationalratsmandat. 60) Falsch. Tritt ein Abgeordneter zum Nationalrat aus dem Klub aus (oder er wird aus dem Klub ausgeschlossen), nimmt er sein Nationalratsmandat dennoch bis zum Ende der Legislaturperiode weiter als wilder Abgeordneter wahr. 61) Die Abgeordneten zum Nationalrat (Art 57 Abs 1 B-VG) und die Abgeordneten zu den Landtagen (Art 96 Abs 1 B-VG) dürfen wegen ihres Abstimmungsverhaltens und wegen ihrer Äußerungen insbesondere in Parlamentsdebatten oder in Ausschüssen weder straf-, noch zivilrechtlich, noch verwaltungsbehördlich belangt werden (= berufliche Immunität ). Für die Mitglieder des Bundesrats gilt die berufliche Immunität nicht. 61) Falsch. Die berufliche Immunität schützt die Rede- und Abstimmungsfreiheit nicht nur der Abgeordneten zum Nationalrat (Art 57 Abs 1 B-VG) und zu den Landtagen (Art 96 Abs 1 B-VG), sondern auch der Mitglieder des Bundesrats (Art 58 B-VG). 62) Für Handlungen außerhalb seiner parlamentarischen Tätigkeit genießt der Abgeordnete grundsätzlich keinen Schutz vor straf-, zivilrechtlichen und verwaltungsbehördlichen Sanktionen. 63) Für eine außerhalb seiner parlamentarischen Tätigkeit begangene strafbare Tat kann ein Abgeordneter strafrechtlich nur belangt werden, nachdem ihn das Parlament ausgegliedert hat. 63) Falsch. Für eine außerhalb seiner parlamentarischen Tätigkeit begangene strafbare Tat kann ein Abgeordneter strafrechtlich nur belangt werden, nachdem ihn das Parlament ausgeliefert hat. Ausgliederung ist vom Begriff der Auslieferung zu unterscheiden. Ausgliederung aus der Verwaltung ist die Auflassung einer nicht-hoheitlichen staatlichen Aufgabe und deren Verlagerung in den gesellschaftlichen Bereich, wobei die Gebietskörperschaft dennoch bestimmenden Einfluss auf die ausgegliederte Tätigkeit behält. 64) Zur Inkompatibilität sagen wir auch Unvereinbarkeit oder Indemnität. 64) Falsch. Alle drei Begriffe bedeuten etwas anderes. Die Inkompatibilität meint die Unvereinbarkeit staatlicher Ämter mit der Tätigkeit als Abgeordneter. Die Unvereinbarkeit meint die Unvereinbarkeit öffentlicher Ämter mit Stellungen in der Privatwirtschaft. Und die Indemnität meint die außerberufliche Immunität der Abgeordneten des Parlaments. 65) Die Abgeordneten der Parlamente üben ihre parlamentarische Tätigkeit als Beruf aus. Sie gelten mit den anderen Dienstnehmern des Staats als öffentlich Bedienstete. Sie beziehen für ihre Tätigkeit ein Gehalt. 65) Falsch. Die Abgeordneten zu den Parlamenten sind keine öffentlich Bediensteten. Dieser Begriff ist den in der Vollziehung tätigen Beamten und Vertragsbediensteten vorbehalten. Die Abgeordneten sind gewählte Politiker. Sie bekommen für ihre Tätigkeit ein Entgelt, das wir allerdings nicht Gehalt, sondern Bezug nennen. 2. AUFGABE: KORRIGIEREN SIE DEN TET! A: Aufgabe für Anfänger (3 Fehler) Lösung Österreich ist eine parlamentarische Demokratie, auch ein Bundesstaat. In Österreich gibt es daher neun Landesparlamente und ein Bundesparlament. Das Bundesparlament ist ein Zwei-Kammern-Parlament und besteht aus dem Nationalrat und dem Bundesrat. Die Landesparlamente sind ein Ein-Kammer- Parlament und heißen Landesrat 1). Der Nationalrat hat 183 Abgeordnete, die Landtage haben je nach Bundesland 36 bis 100 Abgeordnete, die vom Bundesvolk bzw vom Landesvolk gewählt werden. Die Wahlen zu den Parlamenten erfolgen nach bestimmten Wahlrechtsgrundsätzen. Wahlrechtsgrundsätze sind das allgemeine Wahlrecht, das gleiche Wahlrecht, das unmittelbare Wahlrecht, das geheime Wahlrecht, das persönliche Wahlrecht und das freiheitliche 2) Wahlrecht. Die gewählten Abgeordneten haben ein freies Mandat, sie sind an ihre Wahlversprechen nicht gebunden. Es gilt die Listenwahl (= Verhältniswahl), das heißt die Wähler wählen namentlich kandidierende Personen, nicht eine Partei. 3) 1) Falsch: Die Landesparlamente heißen nicht Landesrat, sondern Landtage. Ein Landesrat ist ein Mitglied der Landesregierung [Lehrbuch Rz 232, 715, 847]. 2) Falsch: Es gibt keinen freiheitlichen Wahlrechtsgrundsatz. Die Wahlrechtsgrundsätze der Bundesverfassung sind das allgemeine, das gleiche, das unmittelbare, das geheime, das persönliche und das freie Wahlrecht [Lehrbuch Rz 724]. 3) Falsch: Listenwahl bedeutet, dass die Wähler nicht einzelne kandidierende Personen, sondern eine Gruppe von Personen, eine Liste von Personen, eine Partei wählen [Lehrbuch Rz 729]. 5

12 DIE PARLAMENTE DES BUNDES UND DES LANDES B: Aufgabe für Fortgeschrittene (7 Fehler) Lösung (1) Das Bundesparlament ist ein Zwei-Kammern-Parlament und ist insbesondere für die Bundesgesetzgebung zuständig. Das Bundesparlament ist im B-VG geregelt. Die erste Kammer ist der vom Volk gewählte Nationalrat, die zweite Kammer ist der von den Landesregierungen 1) beschickte Bundesrat. Das Bundesvolk wählt die Abgeordneten des Nationalrats nach dem Persönlichkeitswahlrecht 2) auf Listen von (Wahl)Parteien. (2) Das Landesparlament ist der Landtag und der Landesrat 3). Es wird vom Landesvolk nach dem Verhältniswahlrecht gewählt und ist insbesondere für die Landesgesetzgebung zuständig. Die Einzelheiten des Landesparlaments sind nach bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben in den Landesverfassungen und in den einfachen Landesgesetzen geregelt. (3) Die parlamentarische Demokratie schließt bewusst aus, dass das Volk Sachentscheidungen des Staats trifft, sieht statt dessen vor, dass das Volk Abgeordnete in ein Parlament wählt, die dann anstelle des Volks im Parlament die Sachentscheidungen treffen. Konsequenterweise gibt das B-VG den Abgeordneten der Parlamente ein freies Mandat. Die Bundesverfassung gestattet damit den Abgeordneten insbesondere, ihre Wahlversprechen nicht einzuhalten. Aufgrund des freien Mandats ist auch ein Klubzwang in den Parlamenten verfassungsrechtlich unzulässig; in der Praxis jedoch akzeptieren die Abgeordneten freiwillig den Klubzwang. (4) Die Abgeordneten der Parlamente haben Immunität. Für ihre parlamentarische Tätigkeit, insbesondere für die Reden und Abstimmungen im Parlament, droht ihnen niemals eine strafrechtliche, zivilrechtliche, verwaltungsrechtliche oder sonstige rechtliche Sanktion. Wir sprechen von beruflicher Immunität. Für außerparlamentarische Tätigkeiten des Abgeordneten gilt der Schutz der Immunität grundsätzlich nicht. Doch kann für den Fall, dass rechtliche Verfahren gegen einen Abgeordneten wegen außerberuflicher Tätigkeiten stattfinden, der Nationalrat von der Vollziehung die Auslieferung des Abgeordneten an das Parlament verlangen, mit der Folge, dass der Abgeordnete dann straffrei bleibt. 4) (5) Das Volk wählt die Abgeordneten in die Parlamente. Das Bundesparlament wählt die Bundesregierung 5), das Landesparlament die Landesregierung. Nach der Papierform ist das Parlament im Sinne der parlamentarischen Demokratie die mächtigste Einrichtung des Staats. Die reale Macht aber hat die Verwaltung. Die Verwaltung verfügt über die Waffen des Staats (Bundespolizei, Bundesheer), verwaltet das gesamte Geld und das gesamte Vermögen des Staats, befehligt hunderttausende öffentlich Bedienstete. Das gilt nicht 6) nur für die Verwaltung, sondern auch für die Gerichtsbarkeit 6). Die Verfassung, die das Gesetzmäßigkeitsgebot normiert, versucht durch verschiedene Kautelen, die Verwaltung dem Willen des Parlaments nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich zu unterwerfen. So macht das Parlament nicht nur Gesetze, es kontrolliert darüber hinaus politisch und rechtlich die gesamte Verwaltung und die Gerichtsbarkeit 7) und wirkt an bestimmten Akten der Vollziehung (etwa an Staatsverträgen) mit. 1) Falsch: Die Mitglieder des Bundesrats werden nicht von den Landesregierungen, sondern von den Landtagen entsandt (Art 35 Abs 1 B-VG) [Lehrbuch Rz 703]. 2) Falsch: Das B-VG (Art 26) sieht für die Wahl zum Nationalrat keine Persönlichkeitswahl, sondern die Verhältniswahl vor; dies bedingt immer ein Listenwahlrecht [Lehrbuch Rz 726, 729]. 3) Falsch: Das Landesparlament ist der Landtag (Art 95 B-VG). Der Landesrat hingegen ist ein Mitglied der Landesregierung und damit ein Verwaltungsorgan [Lehrbuch Rz 232, 715, 847]. 4) Falsch: Die Vollziehung darf den Abgeordneten in Fällen der außerberuflichen Immunität nur nach Auslieferung durch das Parlament verfolgen. Die Zustimmung zur behördlichen Verfolgung nennen wir Auslieferung. Über die Auslieferung eines Abgeordneten zum Nationalrat entscheidet der Nationalrat. Durch die Auslieferung wird die strafrechtliche Verfolgbarkeit eines Abgeordneten gerade begründet, von Straffreiheit in Folge Auslieferung kann keine Rede sein [Lehrbuch Rz 741]. 5) Falsch: Die Bundesregierung wird nicht vom Bundesparlament gewählt. Der Bundespräsident ernennt die Bundesregierung (Art 70 Abs 1 B-VG). Im Bund wurde das parlamentarische Regierungssystem (Regierungswahl durch das Parlament) 1929 in Richtung präsidentielles Regierungssystem verändert [Lehrbuch Rz 109, 756, 757]). 6) Falsch: Die Gerichtsbarkeit verfügt nicht über die reale Macht der Verwaltung. Sie hat keine Waffen, kann nicht über Geld der Gebietskörperschaften verfügen und hat im Vergleich zur Verwaltung, die über hunderttausende Personen verfügt, nur eine relativ geringe Anzahl von Richtern [Lehrbuch Rz 127]. 7) Falsch: Die Verwaltung ist der politischen und rechtlichen Kontrolle durch das Parlament unterworfen (Misstrauensvotum, Ministeranklage). Das Handeln der unabhängigen Richter ist allerdings der politischen und der rechtlichen Kontrolle durch das Parlament entzogen [Lehrbuch Rz 112, 123, 128, 130, 713, 714]. 6

DER BUNDESPRÄSIDENT 13 1. AUFGABE: KREUZEN SIE AN! STAATSOBERHAUPT; WAHL UND ABSETZUNG [Lehrbuch Rz 747-749, 751-755] 1) 2) Österreich ist eine demokratische Republik. Staatsoberhaupt ist der Bundespräsident. Der Bundespräsident ist neben den Staatsteilgewalten der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit die vierte Gewalt im Staat. 2) Falsch. Die Gewaltenteilung unterteilt die Staatsorganisation in eine Gesetzgebung, in eine Verwaltung und in eine Gerichtsbarkeit. Der Bundespräsident ist Teil der Bundesverwaltung. 3) Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt. Er kann daher dem Bundeskanzler, der Bundesregierung und allen anderen Verwaltungsorganen des Bundes und der Länder Weisungen erteilen. 3) Falsch. Der Bundespräsident ist Staatsoberhaupt, insbesondere aus der Sicht der internationalen Beziehungen (Art 65 Abs 1 B-VG). Die Aufgaben des Bundespräsidenten sind in der Bundesverfassung beschrieben. Weitere Aufgaben kommen ihm nicht zu. Insbesondere ist er nicht gegenüber der Bundesregierung oder anderen Verwaltungsorganen weisungsberechtigt. 4) Als Staatsoberhaupt ist der Bundespräsident Chef der Verwaltung. Ihm obliegt die Leitung der Verwaltung des Bundes und der Länder. 4) Falsch. Der Bundespräsident zählt zwar zu den obersten Verwaltungsorganen (Art 19 Abs 1 B-VG), Chef der Verwaltung ist er dennoch nicht. Die Leitung der Verwaltung liegt bei den Regierungen des Bundes und der Länder bzw bei deren Mitgliedern. 5) Die vom Bundespräsidenten erlassenen Bescheide nennt man Entschließungen, Gesetze des Bundespräsidenten nennt man Allgemeine Entschließungen. 5) Falsch. Die Rechtsnormen des Bundespräsidenten heißen Entschließungen. Entschließungen können Bescheide, allgemeine Entschließungen Verordnungen sein. Gesetze (im formellen Sinn) kann nur das Parlament, nicht der Bundespräsident, der Teil der Verwaltung ist, erlassen. 6) Zum Bundespräsidenten ist jede Person wählbar, welche die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsbürgerschaft eines anderen EU-Mitgliedstaates besitzt und (spätestens) am Wahltag das 35. Lebensjahr vollendet hat. 6) Falsch. Zum Bundespräsidenten wählbar sind nur österreichische Staatsbürger, welche am Wahltag das 35. Lebensjahr vollendet haben (Art 60 Abs 3 B-VG). Staatsbürger eines anderen EU-Mitgliedstaates können nicht zum (österreichischen) Bundespräsidenten gewählt werden. 7) Die Amtsperiode des Bundespräsidenten beträgt sechs Jahre. Eine Wiederwahl ist unzulässig. 7) Falsch. Die Wiederwahl für eine unmittelbar folgende Funktionsperiode ist zulässig, allerdings nur einmal (Art 60 Abs 5 B-VG). 8) Der Bundespräsident wird seit der B-VG-Novelle 1929 vom Volk gewählt. Der Vizepräsident wird von der Bundesversammlung gewählt. 8) Falsch. Die österreichische Bundesverfassung kennt keinen Vizepräsidenten. 9) Der Bundespräsident ist dem Parlament politisch verantwortlich. 9) Falsch. Der Bundespräsident ist nicht dem Parlament, sondern dem Bundesvolk politisch verantwortlich, was in einer demokratischen Republik unverzichtbar ist. Der Bundespräsident kann vor Ablauf seiner Funktionsperiode durch Volksabstimmung abgesetzt werden (Art 60 Abs 6 B-VG). 10) Die Bundesversammlung kann die Durchführung einer Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten beschließen. 11) Wegen Verletzung der Bundesverfassung kann der Bundespräsident beim Verfassungsgerichtshof angeklagt werden (Staatsgerichtsbarkeit). Die Anklageerhebung setzt die Durchführung einer Volksabstimmung voraus. 11) Falsch. Die Geltendmachung der rechtlichen Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten durch Anklage beim Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung der Bundesverfassung (Staatsgerichtsbarkeit) ist Aufgabe der Bundesversammlung (Art 68 ivm 142 Abs 2 lit a B-VG), einer Volksabstimmung bedarf es dazu nicht. BILDUNG DER BUNDESREGIERUNG [Lehrbuch Rz 756, 758-760, 762] 12) Seit der B-VG-Novelle 1929 wählt nicht der Nationalrat die Bundesregierung, sondern der Bundespräsident ernennt den Bundeskanzler und über dessen Vorschlag die Bundesminister (und Staatssekretäre). 7

13 DER BUNDESPRÄSIDENT 13) Die wichtigste Aufgabe des Bundespräsidenten ist die Bildung der Bundesregierung. Der Bundespräsident ernennt frei den Bundeskanzler und über Vorschlag des Bundeskanzlers die Mitglieder der Bundesregierung. In gleicher Weise bildet der Bundespräsident die Landesregierungen. 13) Falsch. Der Bundespräsident bildet die Bundesregierung (Art 70 Abs 1 B-VG), nicht aber die Landesregierungen. Die Landtage wählen die Landesregierungen (Art 101 Abs 1 B-VG). In den Ländern herrscht ein parlamentarisches Regierungssystem, im Bund hat das parlamentarische Regierungssystem seit der B-VG-Novelle 1929 einen präsidentiellen Einschlag. 14) Die Bundesverfassung sieht vor, dass der Bundespräsident die Bundesregierung nach jeder Nationalratswahl neu bildet. 14) Falsch. Zwischen der Nationalratswahl und der Bestellung der Bundesregierung besteht rechtlich kein Zusammenhang. Die Bundesregierung ist auf unbestimmte Zeit ernannt. Es ist allerdings üblich, dass die Bundesregierung aus Anlass einer Nationalratswahl demissioniert und so von sich aus dem Bundespräsidenten die Möglichkeit einer Neugestaltung der Bundesregierung gibt. Das neu gewählte Parlament könnte mit Misstrauensvotum eine nicht weichende Bundesregierung jederzeit aus dem Amt entfernen. 15) Der Bundespräsident kann jede Person zum Bundeskanzler ernennen, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, das 18. Lebensjahr vollendet hat und vom Wahlrecht zum Nationalrat nicht ausgeschlossen ist, sofern diese in den Nationalrat gewählt wurde. 15) Falsch. Der Bundespräsident kann jede Person zum Bundeskanzler ernennen, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, das 18. Lebensjahr vollendet hat und vom Wahlrecht zum Nationalrat nicht ausgeschlossen ist, also das passive Wahlrecht zum Nationalrat besitzt (Art 70 Abs 2 B-VG). Die zum Bundeskanzler zu ernennende Person muss nicht in den Nationalrat gewählt worden sein, für den Nationalrat kandidiert haben oder einer politischen Partei angehören. 16) Bei Bestellung des Bundeskanzlers ist der Bundespräsident zwar an keinen Vorschlag gebunden, allerdings darf er nur den Listenführer der aus der Nationalratswahl hervorgegangenen stimmenstärksten Partei zum Bundeskanzler ernennen. 16) Falsch. Dass der Bundespräsident idr tatsächlich den Listenführer der aus der Nationalratswahl hervorgegangenen stimmenstärksten Partei zum Bundeskanzler ernennt, ist zwar politische Usance, rechtlich aber nicht zwingend. Der Bundespräsident ist bei Ernennung des Bundeskanzlers nicht nur an keinen Vorschlag gebunden, er ist auch frei, irgendeine zum Nationalrat wählbare Person zum Bundeskanzler zu ernennen (Art 70 Abs 2 B-VG). 17) Der Bundespräsident ernennt den Bundeskanzler und darf diesen ohne an einen Vorschlag gebunden zu sein entlassen. Eine Entlassung des Bundeskanzlers ist aber nur zulässig, wenn der Bundeskanzler rechtswidrige Handlungen gesetzt hat. 17) Falsch. Der Bundespräsident kann den Bundeskanzler jederzeit ohne an Vorschläge gebunden zu sein aus seinem Amt entlassen (Art 70 Abs 1 zweiter Satz B-VG). Die Abberufung bedarf keiner Begründung, der Abberufung müssen auch keine rechtswidrigen Handlungen des Bundeskanzlers vorausgegangen sein. 18) Der Bundeskanzler und die Bundesminister sind nur dem Bundespräsidenten, der sie ernennt und abberufen kann, politisch verantwortlich. Österreich ist in diesem Sinn eine präsidentielle Demokratie. 18) Falsch. Der Bundespräsident ernennt zwar die Bundesregierung, die Bundesregierung ist aber (auch) dem Nationalrat politisch verantwortlich (Misstrauensvotum). Das parlamentarische Regierungssystem ist auf Bundesebene daher nicht aufgehoben, wohl aber eingeschränkt. Das parlamentarische Regierungssystem hat einen präsidentiellen Einschlag. 19) Die Bundesregierung ist eine Mehrheitsregierung, wenn sie von allen Parlamentsabgeordneten aktiv politisch unterstützt wird. 19) Falsch. Eine Mehrheitsregierung ist eine Regierung, welche die Abgeordneten einer Partei, welche im Parlament die Mehrheit bilden, politisch hinter sich weiß und daher ein Misstrauensvotum in der Regel nicht fürchten muss. 20) Die Bundesregierung ist eine Koalitionsregierung, wenn sie eine aus mehreren Parteien gebildete Mehrheit im Parlament hinter sich hat. GEBUNDENE ZUSTÄNDIGKEITEN; ABSCHLUSS DER STAATSVERTRÄGE [Lehrbuch Rz 763-764, 766, 772, 775] 21) Der Bundespräsident darf alle Zuständigkeiten nur auf Vorschlag der Bundesregierung oder einer Landesregierung setzen. 21) Falsch. Alle Akte des Bundespräsidenten erfolgen zwar grundsätzlich auf Vorschlag der Bundesregierung oder des von ihr ermächtigten Bundesministers (Art 67 Abs 1 B-VG), die Bundesverfassung kennt allerdings Abweichungen, etwa die nicht an Vorschläge gebundene Ernennung des Bundeskanzlers (Art 70 Abs 1 B-VG). 22) Gebundene Zuständigkeiten des Bundespräsidenten, die er nur über Vorschlag eines anderen Staatsorgans ausüben darf, sind etwa der Abschluss von Staatsverträgen, die Auflösung des Nationalrats, das Notverordnungsrecht, ua. 8

DER BUNDESPRÄSIDENT 13 23) Dem Bundespräsidenten obliegt die Vertretung der Republik Österreich nach außen (= Außenvertretungsbefugnis ). 24) Der Bundespräsident schließt die Staatsverträge des Bundes ab, die Staatsverträge der Länder schließt der Landeshauptmann ab. 24) Falsch. Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt des Gesamtstaats Republik Österreich. Der Landeshauptmann ist im Land Regierungschef, nicht Staatsoberhaupt. Die Länder haben kein eigenes Staatsoberhaupt. Als Staatsoberhaupt ist der Bundespräsident für den Abschluss aller völkerrechtlichen Verträge zuständig, sowohl für den Abschluss der Staatsverträge des Bundes als auch für den Abschluss der Staatsverträge der Länder (Art 65 Abs 1 B-VG, Art 16 Abs 2 B-VG). 25) Staatsverträge des Bundes können in allen Angelegenheiten abgeschlossen werden, auch in solchen, die nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung in die Zuständigkeit der Länder fallen. 26) Die Republik Österreich schließt Staatsverträge mit anderen Staaten und internationalen Organisationen. Die vom Bundespräsidenten abgeschlossenen Staatsverträge des Bundes können sowohl den Kompetenzbereich des Bundes als auch den Kompetenzbereich des Landes betreffen. Das Land ist verpflichtet, seine Rechtsordnung den Staatsverträgen anzupassen. 27) Der Bundespräsident ist für den Abschluss von Staatsverträgen zuständig. Bestimmte Staatsverträge insbesondere den Aufgabenkreis der Parlamente berührende Staatsverträge darf der Bundespräsident allerdings nur mit Genehmigung des Parlaments abschließen. 28) Das Bundesparlament wirkt beim Abschluss der Staatsverträge des Bundes mit. Ihm obliegt die Genehmigung der politischen, gesetzändernden und gesetzesergänzenden Staatsverträge sowie der die vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union ändernden Staatsverträge. 2. AUFGABE: KORRIGIEREN SIE DEN TET! A: Aufgabe für Anfänger (6 Fehler) Lösung Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt des Bundes, das Staatsoberhaupt eines Landes ist der Landeshauptmann 1). Der Bundespräsident wird im gewaltenteilig organisierten Staat der Gesetzgebung 2) zugeordnet. Die Bundesversammlung, das ist Nationalrat und Bundesrat gemeinsam, 3) wählt den Bundespräsidenten für eine Funktionsperiode von sechs Jahren. Der Bundespräsident kann mehrfach 4) wiedergewählt werden. Zum Bundespräsident kann gewählt werden, wer am Wahltag das 65. 5) Lebensjahr vollendet hat. Die wichtigste Aufgabe des Bundespräsidenten ist die Bildung der Bundesregierung. Der Bundespräsident ernennt frei, ohne an einen Vorschlag gebunden zu sein, den Bundeskanzler. Die Bundesminister wählt der Nationalrat 6). 1) Falsch: Die Republik Österreich hat nur ein Staatsoberhaupt, den Bundespräsidenten. Die Länder haben kein eigenes Staatsoberhaupt [Lehrbuch Rz 747]. 2) Falsch: Der Bundespräsident ist nicht Teil der Gesetzgebung, er ist ein Verwaltungsorgan [Lehrbuch Rz 749]. 3) Falsch: Die Bundesversammlung besteht zwar aus Nationalrat und Bundesrat; sie wählt aber nicht den Bundespräsidenten. Der Bundespräsident wird vom Bundesvolk gewählt (Art 60 Abs 1 B-VG) [Lehrbuch Rz 752]. 4) Falsch: Die Wiederwahl des Bundespräsidenten für die unmittelbar folgende Funktionsperiode ist nur einmal, nicht mehrfach, zulässig. Ein Bundespräsident, der zwei aufeinander folgende Funktionsperioden im Amt war (zwölf Jahre), darf aber wieder kandidieren, nachdem ein anderer das Amt des Bundespräsidenten bekleidete (Art 60 Abs 5 B-VG) [Lehrbuch Rz 751]. 5) Falsch: Der Bundespräsident muss das 35. Lebensjahr vollendet haben, nicht das 65. Lebensjahr (Art 60 Abs 3 B-VG) [Lehrbuch Rz 751, 752]. 6) Falsch: Die Bundesminister werden nicht gewählt. Der Bundespräsident ernennt den Bundeskanzler ohne an Vorschläge oder an irgendein Wahlergebnis gebunden zu sein. Der Bundeskanzler unterbreitet dem Bundespräsidenten dann Vorschläge für die Ernennung der übrigen Mitglieder der Bundesregierung, die Bundesminister. Aufgrund dieses Vorschlags ernennt der Bundespräsident die Bundesminister (Art 70 Abs 1 B-VG) [Lehrbuch Rz 756, 863]. 9

13 DER BUNDESPRÄSIDENT B: Aufgabe für Fortgeschrittene (7 Fehler) Lösung (1) Österreich ist eine demokratische Republik, Staatsoberhaupt ist kein Monarch, sondern ein Bundespräsident. Der Bundespräsident wird unmittelbar vom Bundesvolk (= österreichische Staatsbürger und nicht-österreichische Unionsbürger, die in Österreich wohnen 1) ) gewählt. Die Wahl erfolgt für eine sechsjährige Amtsperiode vom Bundesvolk gewählt. Zum Bundespräsidenten kann nur ein österreichischer Staatsbürger gewählt werden, der das 35. Lebensjahr vollendet hat und einer politischen Partei angehört 2). Eine Wiederwahl für eine unmittelbar folgende Funktionsperiode ist nur einmal zulässig. Der Bundespräsident kann durch Volksabstimmung vor Ende seiner Amtsperiode abgesetzt werden. Eine Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten findet aufgrund eines bezüglichen Volksbegehrens 3) statt. (2) Einen Vizepräsidenten kennt das B-VG nicht, der Bundespräsident wird bei einer Verhinderung bis zu zwanzig Tagen vom Bundeskanzler, ansonsten vom Präsidium des Nationalrats als Kollegium vertreten. (3) Das B-VG sieht vor, 4) dass der Bundespräsident nach jeder Nationalratswahl eine neue Bundesregierung bildet. Der Bundespräsident ist frei, irgendeine zum Nationalrat wählbare Person zum Bundeskanzler zu bestellen. Er muss dabei aber auf das Parlament politisch Rücksicht nehmen. Der Nationalrat kann eine Regierung, die ihm nicht genehm ist, jederzeit ohne Angabe von Gründen durch Misstrauensvotum aus dem Amt entfernen. Der Bundespräsident wird daher bestrebt sein, nur eine Regierung zu ernennen, die von einer Mehrheit der Abgeordneten im Nationalrat politisch getragen wird, wir sprechen von einer Mehrheitsregierung. Wenn eine Regierung zwar nicht das politische Vertrauen der Mehrheit der Abgeordneten des Nationalrats hat, aber eine Mehrheit vereinbart, den vom Bundespräsidenten ernannten Bundeskanzler und seine Bundesregierung wenigstens nicht durch Misstrauensvotum sofort wieder abzuberufen, sprechen wir von einer Minderheitsregierung. Gehören einer Bundesregierung Mitglieder aller im Parlament vertretenen politischen Parteien an, so sprechen wir von einer Koalitionsregierung 5). (4) Eine einmal ernannte Regierung kann der Bundespräsident nicht 6) wieder abberufen. Die Abberufung der Bundesregierung aus politischen Gründen ist ausschließlich dem Nationalrat durch Misstrauensvotum vorbehalten. 7) (5) Neben der Regierungsbildung hat der Bundespräsident noch weitere Aufgaben. So vertritt er die Republik Österreich nach außen, insbesondere schließt er die Staatsverträge ab. Er führt den Oberbefehl über das Bundesheer; er kann den Nationalrat auflösen; er kann mit Zustimmung des Bundesrats den Landtag auflösen; er ernennt die Bundesbeamten; er übt das Begnadigungsrecht aus; er hat ein Notverordnungsrecht; ua. Alle zuletzt genannten Kompetenzen übt der Bundespräsident nicht frei aus, er ist an Vorschläge in der Regel der Bundesregierung gebunden. 1) Falsch: Der Bundespräsident wird vom Bundesvolk gewählt. Der Begriff Bundesvolk in Art 60 Abs 1 B-VG (auch in Art 26 B-VG) meint nur österreichische Staatsbürger, nicht auch nicht-österreichische Unionsbürger [Lehrbuch Rz 719, 752]. 2) Falsch: Zum Bundespräsidenten kann jede Person gewählt werden, die das passive Wahlrecht zum Nationalrat besitzt (ein österreichischer Staatsbürger, der vom Wahlrecht nach Art 26 Abs 5 B-VG nicht ausgeschlossen ist) und am Wahltag das 35. Lebensjahr vollendet hat (Art 60 Abs 3 B-VG); die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei ist keine Voraussetzung des passiven Wahlrechts [Lehrbuch Rz 719, 752]. 3) Falsch: Eine Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten ist durchzuführen, wenn die Bundesversammlung es verlangt (Art 60 Abs 6 B-VG). Ein Volksbegehren ist für diesen Zweck nicht vorgesehen [Lehrbuch Rz 754, 1069]. 4) Falsch: Das B-VG sieht nicht vor, dass der Bundespräsident nach jeder Nationalratswahl eine neue Bundesregierung bildet. Die Bestellung des Bundeskanzlers und der übrigen Mitglieder der Bundesregierung hängt formal mit keinen Wahlen, auch nicht mit der Nationalratswahl zusammen. Dass der Bundespräsident dennoch in der Regel nach jeder Neuwahl des Nationalrats eine neue Bundesregierung bestellt, ist eine politische Usance, keine rechtliche Verpflichtung [Lehrbuch Rz 758-759]. 5) Falsch: Gehören einer Bundesregierung Mitglieder aller im Parlament vertretenen politischen Parteien an, so sprechen wir von einer Konzentrationsregierung. Unter einer Koalitionsregierung versteht man hingegen eine Regierung, die eine aus mehreren Parteien bestehende Mehrheit im Parlament hinter sich hat [Lehrbuch Rz 760]. 6) Falsch: Der Bundespräsident kann eine einmal ernannte Bundesregierung jederzeit ohne Bindung an Vorschläge und ohne Begründung wieder abberufen (Art 70 Abs 1 B-VG). Nur zur Abberufung einzelner Mitglieder der Bundesregierung ist der Bundespräsident an den Vorschlag des Bundeskanzlers gebunden [Lehrbuch Rz 756]. 7) Falsch: Die Abberufung der Bundesregierung ist nicht allein dem Nationalrat vorbehalten (Art 74 B-VG), auch der Bundespräsident kann die Bundesregierung absetzen (Art 70 Abs 1 B-VG) [Lehrbuch Rz 756, 759]. 10

GRUNDSÄTZE DER VERWALTUNGSORGANISATION 14 1. AUFGABE: KREUZEN SIE AN! VERWALTUNGSSPRENGEL; ORGANISATION, ORGAN, ORGANWALTER; BERUFSBEAMTE [Lehrbuch Rz 778-787, 790, 792] 1) Die Staatsgewalt ist im gewaltenteiligen Rechtsstaat in eine Gesetzgebung und in eine Vollziehung, die Vollziehung in eine Verwaltung und in eine Gerichtsbarkeit geteilt. 2) Weil Österreich ein Bundesstaat ist, gibt es eine Bundesverwaltung und eine Landesverwaltung. 3) Die Verwaltungsorganisationen des Bundes und des Landes sind Teil der Gebietskörperschaften Bund und Land. 4) Die Gebietskörperschaften Bund, Land und Gemeinde verfügen über eine jeweils eigene Verwaltungsorganisation. Der Bund hat neben seiner Verwaltungsorganisation auch ein Parlament und eine Gerichtsorganisation. Das Land hat neben seiner Verwaltungsorganisation auch ein Parlament, aber keine Gerichtsorganisation. Die Gemeinde hat kein Parlament, nur eine Verwaltungsorganisation und eine Gerichtsorganisation. 4) Falsch. Der Bund und das Land sind Staaten, sie haben jeweils eine eigene Staatsgewalt, sie haben jeweils ein eigenes Parlament, eigene Gesetzgebungsbefugnisse. Die Gemeinde hingegen ist kein Staat, sondern ein (Selbst)Verwaltungskörper, sie hat daher kein Parlament, keine eigenen Gesetzgebungsbefugnisse, als Verwaltungskörper ist sie den Gesetzen des Bundes und des Landes unterworfen. Die Gemeinde hat aber auch keine eigene Gerichtsorganisation, weil das B-VG (Art 82 Abs 1) die gesamte Gerichtsbarkeit dem Bund vorbehält. Die Gemeinde hat nur eine Verwaltungsorganisation, kein Parlament und keine Gerichtsorganisation. 5) Die Zuständigkeit der Bundesverwaltung und die Zuständigkeit der Landesverwaltung ergeben sich aus der Kompetenzverteilung (Art 10 bis 15 B-VG). 6) Eine Verwaltungsorganisation besteht aus vielen Verwaltungsorganen. Die Verwaltungsorganisation wird durch die ihr von der Rechtsordnung zugewiesenen Zuständigkeiten bestimmt. Die der Verwaltungsorganisation zugewiesenen Zuständigkeiten nennen wir Organisationszuständigkeit (= Verbandszuständigkeit) oder Organzuständigkeit. 6) Falsch. Die Begriffe Organisationszuständigkeit und Organzuständigkeit sind zu unterscheiden. Die einer Organisation zugewiesenen Zuständigkeiten nennt man Organisationszuständigkeit (= Verbandszuständigkeit). Organzuständigkeit nennt man die einem (Verwaltungs)Organ zugewiesenen Zuständigkeiten, die Teil der Organisations(Verbands)zuständigkeit sind. 7) Die Verbandszuständigkeit einer Verwaltungsorganisation und die Organzuständigkeit eines Verwaltungsorgans ergeben sich aus dem Gesetz. 8) Eine Verwaltungsorganisation besteht aus vielen Verwaltungsorganen. Ein Verwaltungsorgan wird durch die ihr durch die Rechtsordnung zugewiesenen Zuständigkeiten bestimmt. Die einem Verwaltungsorgan zugewiesenen Zuständigkeiten nennen wir Organzuständigkeit. 9) Die Verwaltungsorganisation und die Verwaltungsorgane sind abstrakte Konstrukte der Rechtsordnung. Die Verwaltungsorganisation handelt durch ihre Verwaltungsorgane. Als abstraktes Zuständigkeitskonstrukt kann ein Verwaltungsorgan keine wirklichen Handlungen setzen. Jedem Verwaltungsorgan muss daher ein Mensch als Organwalter zugeordnet sein, der die Zuständigkeiten des Verwaltungsorgans tatsächlich wahrnimmt. 10) Weil die Verwaltungsorgane abstrakte Konstrukte der Rechtsordnung sind, gehört zu jedem Verwaltungsorgan eine natürliche Person, welche die Zuständigkeiten des Organs wahrnimmt. Diese Organwalter nennt man monokratische Organe. 10) Falsch. Die Organisation und die Organe sind abstrakte Konstrukte der Rechtsordnung. Tatsächlich handeln kann aber nur eine natürliche Person. Zu jedem Organ gehört daher eine natürliche Person, die als Organ für die Organisation handelt und die man Organwalter nicht monokratisches Organ nennt. 11) In der Verwaltungsorganisation gibt es Einzelorgane und Kollegialorgane. Die Einzelorgane gehen von einer Person als Organwalter aus, die Kollegialorgane umfassen mehrere Personen als Organwalter. 12) In der Verwaltungsorganisation fungieren insbesondere öffentlich Bedienstete als Organwalter. Alle öffentlich Bediensteten sind Beamte. 12) Falsch. Öffentlich Bedienstete sind entweder Beamte oder Vertragsbedienstete. 13) Das besondere Rechtsverhältnis eines Organwalters zu seiner Verwaltungsorganisation, zu seiner Gebietskörperschaft, nennen wir Organwalterhaftung. 13) Falsch. Das besondere Rechtsverhältnis eines Organwalters zu seiner Organisation, zu seiner Gebietskörperschaft, nennen wir nicht Organwalterhaftung, sondern Organwalterverhältnis. 11