9. Musik. Musik macht man im Allgemeinen nicht mit Stimmgabeln, sondern mit Instrumenten, die im Wesentlichen in 3 Kategorien eingeteilt werden.

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Transkript:

9. Musik 9.1 Tonerzeugung durch Schwingungen 9.2 Grundlagen der Saiteninstrumente. 9.3 Klang von Tönen Fourieranalyse 9.4 Blasinstrumente als schwingende Luftsäulen 9.5 Schwingende Platten Chladnische Figuren 9.6 Biographie: Jean Baptiste Joseph Fourier Musik ist schwingende Luft! Dieser Ausspruch des berühmten Dirigenten Daniel Barenboim ist sicherlich nicht falsch, aber gibt wohl nur einen Aspekt von Musik wieder. Zunächst einmal sind da die Instrumente, die selbst zu Schwingungen angeregt werden und dadurch die Luft in Schwingungen versetzen. Dazu kommt dann noch die subjektive Empfindung der gehörten Schwingungen. Zur Musik - zumindest zu der als angenehm empfundenen - gehören Töne und Klänge, die zu einer Melodie zusammengefügt und in einem bestimmten Rhythmus angeordnet sind. In der heutigen Vorlesung soll nun untersucht werden, wie Töne in Instrumenten erzeugt werden können und wodurch sich der Klang verschiedener Instrumente unterscheidet. 9.1 Tonerzeugung durch Schwingungen Um z.b. einem Chor einen Ton anzugeben oder ein Instrument zu stimmen, benutzt man im Allgemeinen eine Stimmgabel. Dieses einfache Instrument kann durch Anschlagen nur einen einzigen, reinen Ton erzeugen. Dies geschieht dadurch, dass die beiden Zinken der Gabel in relativ schnelle Schwingungen versetzt werden, die sich dann in Form einer Schallwelle fortpflanzen und an unser Ohr gelangen. Versuche: Demonstration der schwingenden Zinken einer Stimmgabel durch stroboskopische Beleuchtung Aufnahme der Schallschwingung durch ein Mikrofon und Darstellung auf einem Oszilloskop (CassyLAB) Eine solche Schwingung kann mathematisch durch eine Funktion der Form y(t) = y m sin (2πf t) beschrieben werden. Hierin kann y(t) z.b. die Auslenkung der schwingenden Stimmgabel oder der momentane Schallwechseldruck in der Luft oder die vom Mikrofon erzeugte Spannung sein, die man mit einem Oszilloskop darstellen kann. Ihr maximaler Wert y m, die sog. Amplitude, ist ein Maß für die Lautstärke. Die Tonhöhe wird charakterisiert durch die Frequenz f, die die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde angibt. Bei der benutzten Stimmgabel, die das eingestrichene a ertönen lässt, sind dies 440 Schwingungen pro Sekunde oder 440 Hertz. Eine durch die obige Gleichung dargestellte Schwingung ist eine sog. harmonische Schwingung, die einen reinen Ton beschreibt. Musik macht man im Allgemeinen nicht mit Stimmgabeln, sondern mit Instrumenten, die im Wesentlichen in 3 Kategorien eingeteilt werden. - 1 -

1. Saiteninstrumente, die gestrichen, gezupft oder angeschlagen werden. Hierzu gehören u.a. die Streichinstrumente, die Gitarre, die Harfe und auch das Klavier. 2. Blasinstrumente, die - wie der Name schon sagt - angeblasen werden. Diese Kategorie umfasst die Holz- und Blechblasinstrumente einschließlich der Orgel. 3. Schlaginstrumente wie z.b. Pauken oder Trommeln. 9.2 Grundlagen der Saiteninstrumente Betrachten wir zunächst einmal die Saiteninstrumente. Hierin sind die zur Tonerzeugung benötigten Saiten zwischen 2 festen Enden eingespannt. Die Tonhöhe ist abhängig von der Dicke, der Länge und dem Material der Saiten sowie von der Kraft, mit der die jeweilige Saite gespannt ist. Die Grundschwingung einer beidseitig befestigten und mit der Kraft F gespannten Saite der Länge l und der Masse m hat die Frequenz f = ½ (F/(l m)) 0,5 Möchte man also auf einer gegebenen Saite einen bestimmten Ton erzeugen, so muss man die Saite stimmen, was man entweder durch Variation der Spannung oder der Länge erreichen kann. Um festzustellen, ob der von der Saite abgegebene Ton genau dem von der Stimmgabel vorgegebenen entspricht, benutzt man die Schwebungsmethode. Wenn beide Töne mit gleicher Lautstärke und den Frequenzen f 1 und f 2 erklingen, dann überlagern sich die beiden Schwingungen y 1 (t) = y m sin (2πf 1 t) und y 2 (t) = y m sin (2πf 2 t) und man erhält y(t) = y 1 (t) + y 2 (t) =2 y m cos(2π(f 1 -f 2 )/2) sin(2π(f 1 +f 2 )/2) Falls die Frequenzen f 1 und f 2 nahezu gleich sind, stellt diese Gleichung eine Schwingung mit der mittleren Frequenz f* = ½ (f 1 +f 2 ) dar, deren Amplitude mit der Frequenz f S = f 1 f 2 an- und abschwillt bzw. schwebt. Man variiert also die Tonhöhe der Saite solange, bis die Schwebungsfrequenz f S immer kleiner wird und schließlich die Schwebung verschwindet. Versuche: Schwebung mit zwei Stimmgabeln und Stimmung eines Instruments Vergleicht man nun den durch die Saite erzeugten Ton mit dem von der Stimmgabel, so stellt man gewisse Unterschiede fest. Diese rühren daher, dass die Saite nicht nur bei einer bestimmten Frequenz angeregt werden kann, sondern neben dem sog. Grundton auch noch Obertöne besitzt. Grund- und Obertöne werden auch Harmonische genannt. Dies soll nun in einem Experiment, in dem ein Gummiband zwischen zwei festen Enden eingespannt ist und von einem Elektromotor bei relativ niedrigen Frequenzen angeregt wird, gezeigt werden. Anregungen von Grund- und Oberschwingungen bei einer Saite (Gummiband) Aus dem Experiment ergibt sich, dass nur bei ganz bestimmten Frequenzen deutliche Schwingungen zu sehen sind. Ferner zeigt sich, dass die Frequenzen der Oberschwingungen Vielfache der Grundfrequenz f 1 sind. Für die k-te Harmonische bzw. (k-1). Oberschwingung gilt: f k = k f 1. Beleuchtet man die schwingende Saite mit einem Stroboskop, so kann man bei geeigneter Blitzfrequenz sehen, wie die verschiedenen - 2 -

Stellen der Saite mit verschiedenen Amplituden schwingen. Eine solche Anordnung nennt man eine stehende Welle, die Stellen mit größter Amplitude heißen Bäuche, die mit verschwindender Amplitude Knoten. Der Abstand zweier benachbarter Knoten bzw. Bäuche beträgt jeweils eine halbe Wellenlänge λ. Da bei einer eingespannten Saite an den Enden immer Knoten vorhanden sein müssen, können sich nur stehende Wellen mit folgenden Wellenlängen auf der Saite ausbilden: l = k λ/2 mit k = 1, 2, 3,... Da andererseits das Produkt aus der Wellenlänge und der Frequenz einer Welle immer gleich der Ausbreitungsgeschwindigkeit c der Welle (auf der Saite) ist, erhält man für die Frequenzen der Harmonischen f k = k c/(2 l). Will man nun die Anteile der verschiedenen Obertöne bei einer Saite ermitteln, so bedient man sich einer genialen Methode, die der französische Mathematiker und Physiker Fourier entwickelt hat. 9.3 Klang von Tönen Fourieranalyse Um den Anteil der Oberschwingungen in einem Ton zu erhalten, macht man sich folgenden mathematischen Lehrsatz zunutze: Jede periodische Funktion f(t), für die f(t + T) = f(t) gilt, lässt sich in eine unendliche Summe von Sinus- und Kosinusfunktionen zerlegen, deren Frequenzen ganzzahlige Vielfache einer Grundfrequenz ω = 2π/T sind: f(t) = a 0 + Σ [a n cos(nωt) + b n sin(nωt)] Bei bekannter Funktion f(t) lassen sich die einzelnen Koeffizienten a n und b n der Reihenentwicklung, die die Amplituden der in f(t) enthaltenen Anteile mit der Frequenz nω angeben, jeweils durch eine Integration bestimmen. Die physikalische Bedeutung ist durch die Quadrate der Amplituden gegeben, die ein Maß für die Intensität bzw. Lautstärke der einzelnen Harmonischen sind. Eine solche Zerlegung einer periodischen Funktion in ihre harmonischen Schwingungsanteile wird Fourieranalyse genannt. Nimmt man den vom Saiteninstrument abgegebenen Ton mit Hilfe eines Mikrofons auf und registriert die zugehörige f(t)-funktion auf einem Speicheroszilloskop, so kann man mit Hilfe eines Programms schnell die einzelnen Obertonanteile ermitteln. Diese werden dann bei dem verwendeten CassyLAB-System in Abhängigkeit von der Frequenz dargestellt. Versuche: Aufnahme und Fourieranalyse von Schallschwingungen Hierbei wird eine Saite an verschiedenen Stellen angeregt. Die erhaltenen Fourierspektren werden untereinander und mit dem der Stimmgabel verglichen. Vergleicht man nun den vom Saiteninstrument erzeugten Ton mit dem von der Stimmgabel, so sieht man, dass der Anteil der Obertöne verschieden ausgeprägt ist. Während bei der Stimmgabel nahezu keine Obertonanteile vorhanden sind, d.h., ein reiner Ton erzeugt wird, zeigt das Saiteninstrument deutliche Beimischungen von Obertönen. Und diese hängen auch noch davon ab, an welcher Stelle die Saite in Schwingungen versetzt wird. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, den gleichen Ton von verschiedenen Blasinstrumenten (z.b. Blockflöte und Trompete) und von verschiedenen menschlichen - 3 -

Stimmen (Frauen- und Männerstimme) anzustimmen, aufzunehmen und zu analysieren. Versuche: Fourieranalyse eines von verschiedenen Instrumenten gespielten Tons Es wird derselbe Ton von einer Flöte, einer Trompete gespielt sowie von einer Frauen- und einer Männerstimme gesungen. Auch hierbei fallen die verschiedenen Anteile der Obertöne auf: eine Flöte hat relativ wenig Obertöne, eine Trompete dagegen viel. Die Beimischungen der Obertöne machen also den Klang aus. Je weniger Obertöne, desto reiner ist der Ton, aber desto weniger warm oder angenehm wird er empfunden. Bei den Spektren der menschlichen Stimmen fällt auf, dass der Grundton ein verschiedener ist, obwohl beide Stimmen subjektiv den gleichen Ton gesungen haben. Bei der Männerstimme ist die Grundfrequenz nur gleich der Hälfte oder einem Viertel von der bei der Frauenstimme. 9.4 Blasinstrumente als schwingende Luftsäulen Während man bei einem Saiteninstrument das schwingende Element sehen kann, ist dies bei den Blasinstrumenten nicht so einfach. Damit ergibt sich die Frage, was denn da eigentlich schwingt. Die Antwort soll durch einen Versuch gegeben werden: Versuch: Anregung einer Luftsäule in einer beidseitig offenen Glasröhre Ein Sondenmikrofon wird zunächst vor eine ca. 60 cm lange Glasröhre gestellt und mit einem Oszilloskop verbunden. Von einem in gewisser Entfernung stehenden Lautsprecher wird ein Sinuston abgestrahlt, der jedoch auf dem Oszilloskop kaum registriert wird. Hat man die Frequenz entsprechend gewählt, so wundert man sich beim Hineinschieben des Mikrofons ins Innere der Glasröhre: Obwohl das Mikrofon zusätzlich durch das Glas abgeschirmt wird, spricht es nun stark an und auf dem Oszilloskop wird eine deutliche Sinuskurve sichtbar. Des Rätsels Lösung liegt darin, dass die vom Lautsprecher ausgehenden Schallwellen auch ins Innere der Röhre gelangen, dabei an den offenen Enden reflektiert werden und sich für gewisse Frequenzen konstruktiv überlagern, d.h. verstärken. Dieses Phänomen wird als Resonanz bezeichnet, und die zugehörigen Frequenzen heißen Resonanzfrequenzen. Auch hier bilden sich stehende Wellen aus mit vorgegebenen Bedingungen an den Rändern: dort muss der Druck gleich dem äußeren Luftdruck sein, d.h. der Schallwechseldruck ist dort Null, er besitzt dort Knoten. In Innern der Röhre können sich nun ein oder mehrere Bäuche und entsprechend auch Knoten ausbilden, wobei - ähnlich wie bei der schwingenden Saite - folgende Bedingung für die k-te Harmonische erfüllt sein muss. f k = k c/(2 l). Hierin ist l die Länge der Röhre und c 340 m/s die Schallgeschwindigkeit in Luft. Für eine Länge l = 0,64 m ergibt sich dann als Grundfrequenz f 1 = 266 Hz. Bei dieser Frequenz kann die Schalldruckverteilung im Innern der Röhre mit dem Mikrofon nachgewiesen werden. Bei allen Vielfachen der Grundfrequenz werden die entsprechenden Oberschwingungen angeregt, d.h. bei 2 f 1 die 1. Oberschwingung, bei 3 f 1 die zweite usw.. Versuch: Demonstration der Druckverteilung bei verschiedenen Harmonischen Es wird jeweils die Frequenz einer Harmonischen eingestellt. Dann wird das Mikrofon entlang der Röhrenachse von der Mitte bis zum Rand herausgefahren, wobei z.b. für die 1. und 2. Oberschwingung die Bäuche und Knoten des Schalldrucks sichtbar hervortreten. - 4 -

Versuch: Staubfiguren in der Kundtschen Röhre Ähnliche Überlegungen gelten, wenn ein Ende der Röhre geschlossen ist. An diesem Ende muss dann allerdings der Schallwechseldruck einen Bauch haben. Daraus resultiert, dass die Grundfrequenz bei gleicher Röhrenlänge nur halb so groß ist und dass nur die ungeradzahligen Vielfachen dieser Grundfrequenz angeregt werden können. Zum Schluss bleibt die Frage, wie bei einem richtigen Blasinstrument die Töne erzeugt werden; einen Lautsprecher zur Anregung gibt es schließlich nicht. Bei der Orgel z.b. geschieht dies dadurch, dass ein Luftstrom gegen eine Kante geblasen wird, so dass dort ein Gemisch von Tönen entsteht. Jedoch nur die Frequenzen, für die sich in der Röhre stehende Wellen ausbilden können, werden verstärkt. 9.5 Schwingende Platten Chladnische Figuren Bislang haben wir uns bei den Instrumenten auf eindimensionale Wellenträger endlicher Länge beschränkt und gesehen, dass sich bei Anregung an gewissen Stellen Bäuche bzw. Knoten ausbildeten. Bei den Schlaginstrumenten ist der Wellenträger auch endlich, aber zweidimensional. Dass sich auch hier ähnlich wie bei den Saiten und Luftsäulen - Zonen starker Anregung und Linien der Ruhe ausbilden, soll in einem weiteren Experiment gezeigt werden. Versuch: Anregung einer Platte und Aufnahme des Fourierspektrums Eine in der Mitte eingespannte rechteckige Platte wird mit einem Klöppel angeschlagen. Ein dicht über der Platte angeordnetes Mikrofon leitet den Klang an das Messwertaufnahmesystem weiter, wo er einer Fourieranalyse unterzogen wird. Hierbei zeigt sich ein komplexes Spektrum, bei dem allerdings bei einigen Frequenzen starke Anteile herausragen. Das lässt darauf schließen, dass auch endliche zweidimensionale Wellenträger zu Eigenschwingungen angeregt werden können, wobei allerdings die Ausbildung der Knoten und Bäuche komplizierter sein dürfte. Ihre Lage wird wohl sicher von der Art der Einspannung und auch von der Stelle der Anregung abhängen. Um für die gegebene Einspannung gewisse Knotenlinienmuster zu demonstrieren, soll nun durch einen Lautsprecher die Platte in Schwingungen versetzt werden, und zwar bei einigen der aus der obigen Fourieranalyse auffälligen Frequenzen. Versuch: Anregung einer eingespannten Platte Chladnische Figuren Die Platte wird zunächst mit feinem Sand bestreut und dann durch einen unter der Platte angebrachten Lautsprecher bei vorgegebenen Frequenzen in Schwingungen versetzt. Dabei zieht sich der Sand auf die Stellen zusammen, an denen keine Bewegung herrscht. Es bildet sich jeweils ein Muster von Knotenlinien aus. Diese Knotenlinien schwingender Platten wurden zum ersten Mal von dem Physiker Ernst Chladni (1756-1827) sichtbar gemacht und sind unter dem Namen Chladnische Klangfiguren bekannt. 9.6 Biographie: Jean Baptiste Joseph Fourier (1768-1830) - 5 -

Fouriers Vater war ein Schneider in Auxerre, einer etwa 170 km südöstlich von Paris gelegenen Stadt. Joseph war das neunte von zwölf Kindern aus der zweiten Ehe seines Vaters. Die Mutter starb, als er neun Jahre alt war, ein Jahr später auch sein Vater. Dennoch konnte Joseph eine Schule besuchen, wo er bald durch seine Begabung auffiel. Mit zwölf Jahren kam er auf die königliche Militärschule in Auxerre, wo er sein Interesse für Mathematik entdeckte. Schon zwei Jahre später, mit vierzehn, arbeitete er Bezouts sechsbändiges Werk Cours de Mathematique durch. Mit neunzehn Jahren beschloss er, Priester zu werden, kam aber zwei Jahre später wieder von diesem Plan ab und ging nach Paris. Dort trug er vor der Academie Royale des Sciences eine Arbeit über algebraische Gleichungen vor. Dass er von seinen Qualitäten überzeugt war, zeigt ein Briefzitat: Gestern war mein 21. Geburtstag; in diesem Alter hatten Newton und Pascal schon viele Ansprüche auf Unsterblichkeit erfüllt. Mit 22 Jahren wurde er Lehrer an der Militärschule in Auxerre. Die französische Revolution brach 1789 aus, und Fourier wurde bald von deren Ideen angezogen: Als die natürlichen Ideen der Gleichheit entwickelt wurden, konnte man hoffen, dass eine freie Regierung ohne Könige und Priester geschaffen würde, und damit der lang beherrschte Boden Europas von diesem doppelten Joch befreit würde. Ich wurde sofort von dieser Aufgabe begeistert. Bei seinem politischen Engagement kam Fourier der Guillotine gefährlich nahe. Als 1795 in Paris die Ecole Normale eröffnet wurde, schrieb sich Fourier dort ein und hatte Lagrange und Laplace als Lehrer. Schon 1795, also mit 27 Jahren, wurde er selbst Professor für Analysis und Mechanik an der Ecole Polytechnique. Als im Jahre 1798 Napoleon aufbrach, um Ägypten zu erobern, wurde Fourier einer seiner wissenschaftlichen Berater, und übernahm in Ägypten verschiedene Verwaltungsaufgaben. Als Fourier wieder nach Frankreich zurückgekommen war, ernannte ihn Napoleon 1801 zum Präfekten des Departements Isere mit der Hauptstadt Grenoble. Dort hatte Fourier endlich Zeit, sich wissenschaftlichen Studien zu widmen. Dort begann er auch mit den mathematischen Studien zur Ausbreitung von Wärme in festen Körpern, die ihn berühmt machten. Er leitete die Wärmeleitungsgleichung ab und führte zu ihrer Lösung die nach ihm benannten Fourier Reihen ein. Diese sind die Entwicklung einer allgemeinen Funktion als Reihe von trigonometrischen Funktionen. Nach dem Ende der Herrschaft Napoleons widmete Fourier sich ganz der Wissenschaft und wurde 1817 zu Mitglied der Akademie des Sciences erwählt, deren permanenter Sekretär der mathematischen Klasse er 1822 wurde. Damals wurde dann auch sein Werk Analytische Theorie der Wärme, für das er auch einen Preis bekommen hatte, veröffentlicht. Fourier beschäftigte sich in den letzen Jahren seines Lebens mit verschiedenen mathematischen Problemen. Es heißt auch, dass Fourier das Phänomen des Treibhauseffektes entdeckt haben soll. Alexandre Gustave Eiffel, der Erbauer des Eiffelturms hat in Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Beiträge die Nachnamen von 72 Wissenschaftlern bis auf den Schweizer Breguet und den gebürtigen Italiener Lagrange alles Franzosen in den - 6 -

Eiffelturm eingravieren lassen. Sie erstrecken sich in goldenen Lettern über die Peripherie der ersten Etage. Fourier ist einer der so geehrten Wissenschaftler. - 7 -