Anästhesieempfehlungen für Patienten mit Neuromyelitis optica und verwandten Erkrankungen (neuromyelitis optica spectrum disorder - NMOSD)

Ähnliche Dokumente
Zusammengefasster Beitrag:* Familiäre Neuromyelitis optica

Mycophenolatmofetil als Behandlungsoption bei Neuromyelitis Optica

Erstes Auftreten einer NMOSD im späten Lebensalter von über 75 Jahren 1

D. M. Wingerchuk, MD, FRCP(C); V.A. Lennon, MD, PhD; S.J. Pittock, MD; C.F. Lucchinetti, MD; B.G. Weinshenker, MD, FRCP(C)

Plasmaaustausch zur Behandlung von neurologischen Erkrankungen: Richtlinie der American Academy of Neurology

Anwendung von Rituximab in der Behandlung von Neuromyelitis optica

Neuroimmunologische Erkrankungen des zentralen Nervensystems

Vorgehensweise bei akuter oder subakuter Myelopathie

Akuttherapien für MS und andere neuroimmunologischen Erkrankungen

Immunogene Myelitis. Update Diagnostik und Therapie. Elke Voß. 15. Autoimmuntage Bernau 22. Und 23. Mai 2013

Verbundradiologie. Wirbel und Spinalkanal. 7.Bremer MR Workshop

Kennzeichnende Eigenschaften der NMO, die helfen, sie von der klassischen MS zu unterscheiden:

Neue diagnostische Kriterien. Warum früh diagnostizieren? Wie sicher! - diagnostizieren?

Multiple Sklerose. Priv.-Doz. Dr. med. Zaza Katsarava Oberarzt Neurologische Universitätsklinik Essen

Internationale Konsensempfehlungen zur Diagnose von Neuromyelitis optica- Spektrum-Erkrankungen (neuromyelitis optica spectrum disorders - NMOSD) 1

Multiple Sklerose (MS)

Differentialdiagnostik autoimmuner. ZNS-Erkrankungen. Teil 1 paraneoplastische Syndrome und Neuromyelitis optica

tritt ein für die akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM), Neuromyelitis optica, Optikusneuritis und Transverse Myelitis (TM)

Autoimmunerkrankung Erkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen körpereigenes Gewebe richtet.

Warum der Hype um Enzephalitis und Epilepsie?

Biopsie bei tumorverdächtiger spinaler Raumforderung: Fallstrick Neuromyelitis optica

Diagnostik und Therapie der Neuromyelitis optica

Adoptive cell transfer

Daten bestätigen Bedeutung einer frühen Behandlung von Patienten mit Multipler Sklerose (MS)

GEBRAUCHSINFORMATION: INFORMATION FÜR ANWENDER

HIV Diagnostik und Symptome

Neuromyelitis optika und Susac-Syndrom Seltene, aber wichtige Differenzialdiagnosen der MS

Anhang III. Änderungen der Entsprechenden Abschnitte der Zusammenfassung der Merkmale des arzneimittels und der Packungsbeilage

Kombinierte Allgemein- und Epiduralanästhesie

GEBRAUCHSINFORMATION: INFORMATION FÜR ANWENDER

Neue Medikamente bei der progredienten MS. Brigitte Wildemann, Neurologische Klinik Universitätsklinikum Heidelberg

WS 2015/16 Vorlesung Neuropathologie. Multiple Sklerose und andere demyelinisierende Erkrankungen. Tanja Kuhlmann Institut für Neuropathologie

B. Wildemann 1 S. Jarius 1 F. Paul 2 1. offenbar das klinische Erscheinungsbild und den Schweregrad der Erkrankung. Geschichtlicher Hintergrund

Periodisches Fieber mit Aphthöser Stomatitis, Pharyngitis und Adenitis (PFAPA)

GEBRAUCHSINFORMATION: INFORMATION FÜR ANWENDER. Nr. 17 Schultropfen für Jugendliche Mag. Doskar Strophanthus gratus D4, Ambra grisea D3.

PATIENTENAUFKLÄRUNG UND EINVERSTÄNDNISERKLÄRUNG zur Basistherapie mit Abatacept

CIDP- Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie. Stefanie Müller Oberärztin Klinik für Neurologie Kantonsspital St.

Autoimmun und mehr! - aus neuroradiologischer Perspektive! G.Schuierer Zentrum Neuroradiologie Regensburg

Hindernisse, die das Verständnis neuroimmunologischer Erkrankungen einschränken

HIV und Schwangerschaft

Aktuelles therapeutisches Vorgehen bei Multipler Sklerose. Dr. J. Gößling Vortrag Bremen

Vorwort zur dritten Auflage Vorwort zur zweiten Auflage o Vorwort zur ersten Auflage

Placeboforschung. Beschreibung der Studie. Berücksichtigt wurden nur die Placebo-Daten aus vielen Placebokontrollierten

Innovative Neuro-Bildgebung unterstützt frühe Diagnose und maßgeschneiderte Therapiestrategien

Eine Krankheit die auf die Nerven geht neurologische Beteiligung bei Sjögren-Syndrom

Neuroimmunologische Erkrankungen des zentralen Nervensystems: ein Überblick

Homepage: Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche

Migräne bei Erwachsenen Unterschätzt, unterdiagnostiziert, unterbehandelt. Ein Update.

Aktuelle Behandlung bei M. Parkinson: Update Früh - bis Spätphase. Prof. Dr. J. Kassubek Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Ulm

IMMUNTHERAPIE 2017 JETZT AUCH BEI CHRONISCHER MS? Brigitte Wildemann, Neurologische Klinik Universitätsklinikum Heidelberg

ACR-Nachlese 2007: ANCA assoziierte Vaskulitiden

Curriculum Vitae Professor Dr. Hans Lassmann

Herzlich Willkommen zum

Diagnostik der Multiplen Sklerose 2010 Revision der McDonald-Kriterien

Der Schlaganfall: Von der Forschung zur verbesserten. Versorgung in Berlin. Prof. Dr. med. Matthias Endres

GEBRAUCHSINFORMATION: INFORMATION FÜR ANWENDER

Gebrauchsinformation: Information für Patienten. Tabletten gegen Magen-Darm-Beschwerden Similasan

15. FSME (Frühsommer-Meningo-Encephalitis) Tick-borne Encephalitis (TBE)

MS- Multiple Sklerose:

WICHTIGE INFORMATIONEN FÜR PATIENTEN. denen STELARA zur Behandlung des mittelschweren bis schweren aktiven Morbus Crohn verschrieben wurde

MRT bei MS. CME 3: Früherkennung einer PML - MRT optimal eingesetzt und genutzt. um zusätzliche Informationen zu erhalten.

Multiple Sklerose DIE KRANKHEIT MIT TAUSEND GESICHTERN

Schwanger? GEHT DAS? Neun Antworten zum Thema Schwangerschaft bei rheumatischen Systemerkrankungen. SLE und APLAS

Homepage: Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche

Aquaporin-4 (AQP4) Ab ELISA

Multiple Sklerose. Encephalomyelitis disseminata(ed)

Gebrauchsinformation: Information für Patienten. Aesculus hippocastanum D 8, Lycopodium clavatum D 12, Graphites D 10, Lachesis D 12

Merck beantragt Zulassung in den USA für Cladribin-Tabletten als mögliche orale Kurzzeitbehandlung der Multiplen Sklerose

Venenthrombose. Daniel Staub Angiologie. Dimitrios Tsakiris Hämostasiologie

Leben mit chronischer Erschöpfung CFS

Akute disseminierte Enzephalomyelitis

Voruntersuchungen. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin

Gebrauchsinformation: Information für Patienten

Anästhesiologie. Dr. med. Sebastian Krayer Vizepräsident Schweizerische Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation

Aktualisierung zum Stand der Diagnostik und Behandlung der Neuromyelitis optica: Empfehlungen der Studiengruppe Neuromyelitis optica (NEMOS)

Neue Leitlinien zur Dissektion hirnversorgender Arterien: Was ändert sich im klinischen Alltag?

Gebrauchsinformation: Information für Patienten. Osanit Blähungskügelchen Wirkstoff: Matricaria recutita (Chamomilla) D12

WICHTIGE INFORMATIONEN FÜR PATIENTEN

Gebrauchsinformation: Information für Patienten. Graphites D 12, Jodum D 15, Petroleum rectificatum D 12, Thallium sulfuricum.

Das Lennox- Gastaut-Syndrom

Können wir die Nervenzellen mit Medikamenten reparieren?

Welt Lymphom Tag Seminar für Patienten und Angehörige 15. September 2007 Wien

Prähospital-Phase: Time is Brain Erkennen des cerebrovaskulären Ereignisses und schnelle Zuweisung an eine Stroke Unit

Akuter muskuloskeletaler Schmerz

Gebrauchsinformation: Information für Anwender. Apozema Dreiklang Globuli bei sekretreichem Husten Ipecacuanha D4/D6/D12

Symptome und Diagnosestellung des Morbus Parkinson

GEBRAUCHSINFORMATION: INFORMATION FÜR ANWENDER. Neurobion 100 mg 100 mg 1 mg / 3 ml Injektionslösung Vitamine B 1 + B 6 + B 12

Kopfschmerz durch Übergebrauch von Schmerzmittel

Dresdner Forscher identifizieren wesentlichen Akteur bei der Entstehung

Schwanger? GEHT DAS? Neun Antworten zum Thema Schwangerschaft bei entzündlichen Gelenkserkrankungen. RA, PsA und axspa

Narkoseverfahren besteht am nächsten Tag Flugtauglichkeit? Jürgen Graf Medizinischer Dienst, Lufthansa

Sklerose verlangsamen

Das Lennox-Gastaut-Syndrom

Transkript:

Anästhesieempfehlungen für Patienten mit Neuromyelitis optica und verwandten Erkrankungen (neuromyelitis optica spectrum disorder - NMOSD) Name der Erkrankung: Neuromyelitis optica und verwandte Erkrankungen (neuromyelitis optica spectrum disorder - NMOSD) ICD 10: G36.0 Synonyme: Devic-Krankheit, Devic-Syndrom, Neuromyelitis optica, NMO, NMOSD NMOSD bezieht sich auf Erkrankungen aus dem Formenkreis der Neuromyelitis optica, mit den Merkmalen einer wiederkehrende Optikusneuritis und/oder einer längs ausgedehnten transversen Myelitis. Erst kürzlich als eigenständige klinische Entität in Abgrenzung zur Multiplen Sklerose erkannt, gibt es für diese Erkrankung bisher wenige Veröffentlichungen über angemessene anästhetische und perioperative Maßnahmen. Die Erkrankungen aus dem Formenkreis der Neuromyelitis optica (NMOSD) werden häufig als idiopathische, wiederkehrende, schwere demyelinisierende Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) beschrieben, die vorwiegend Optikusnerv und Rückenmark betreffen, obwohl die Pathologie präziser eine Astrozytopathie mit sekundärer Demyelinisierung ist. Sie wurde kürzlich als von der Multiplen Sklerose unterschiedliche Erkrankung erkannt [1]; die meisten, wenn auch nicht alle, betroffenen Patienten weisen einen Aquaporin-4 spezifischen IgG-Antikörper, Aquaporin-4 ist ein Wasserkanal der ZNS-Astrozyten [2]. Die typischen Krankheitszeichen sind wiederholte Anfälle von Optikusneuritis und/oder längs ausgedehnter Myelitis, die sich über drei oder mehr Wirbelsegmente erstreckt, ebenfalls erkannt wurden ein Area postrema-syndrom mit unstillbarer Übelkeit und/oder Schluckauf durch medulläre Beteiligung [3]. Kurzbild der Krankheit Kürzlich wurden die Diagnosekriterien für NMOSD erweitert. Demzufolge ist ein AQP4-IgG seropositiver Status nicht mehr für eine NMOSD-Diagnose erforderlich [4-6]. NMOSD-Diagnosekriterien mit AQP4-IgG: 1. Mindestens 1 klinisches Kernmerkmal 2. Positiver Test auf AQP4-IgG bei Verwendung der besten verfügbaren Erkennungsmethode (zellbasierte Assays nachdrücklich empfohlen)

- 2-3. Ausschluss alternativer Diagnosen NMOSD-Diagnosekriterien ohne AQP4-IgG oder NMOSD mit unbekanntem AQP4-IgG-Status: 1. Mindestens 2 klinische Kernmerkmale in Folge eines oder mehrerer Anfälle; Erfüllen sämtlicher folgenden Anforderungen: a. Mindestens 1 klinisches Kernmerkmal muss Optikusneuritis oder akute Myelitis mit längs ausgedehnten Schädigungen (longitudinally extensive transverse myelitis LETM) sein. b. Örtliche Streuung (2 oder mehr unterschiedliche klinische Kernmerkmale) c. Erfüllung zusätzlicher MRT-Anforderungen, wie jeweils zutreffend 2. Negative Tests auf AQP4-IgG bei Verwendung der besten verfügbaren Erkennungsmethoden oder keine Testmöglichkeit verfügbar 3. Ausschluss alternativer Diagnosen Klinische Kernmerkmale 1. Optikusneuritis 2. Akute Myelitis 3. Area postrema-syndrom: Episode von anderweitig unerklärlichem Schluckauf, Übelkeit, Erbrechen 4. Akutes Hirnstamm-Syndrom 5. Symptomatische Narkolepsie oder akutes dienzephales klinisches Syndrom mit NMOSD-typischen Läsionen des Dienzephalus im MRT 6. Symptomatisches Zerebralsyndrom mit NMOSD-typischen Hirnläsionen Zusätzliche MRT-Anforderungen für NMOSD ohne AQP4-IgG und NMOSD: 1. Akute Optikusneuritis: erfordert MRT mit (a) normalem Ergebnis oder nur nicht spezifischen Läsionen der weißen Substanz ODER (b) ein MRT der Optikusnerven mit T2-hyperintenser Läsion oder T1-gewichteter, Gadolinium hervorhebender Läsion mit einer Ausdehnung über >1/2 der Nervenlänge oder Beteiligung der Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum) 2. Akute Myelitis: erfordert verbundene intramedulläre MRT-Läsion, mit Ausdehnung über 3 oder mehr benachbarte Segmente (LETM) ODER 3 oder mehr zusammenhängende Segmente mit Rückenmarksatrophie bei Patienten, deren Krankengeschichte mit akuter Myelitis kompatibel ist

- 3-3. Area postrema-syndrom: Läsionen des dorsalen Rückenmarks/Area postrema müssen vorhanden sein 4. Akutes Hirnstamm-Syndrom: Läsionen des periependymalen Hirnstamms NMOSD betrifft weniger als 1% aller demyelinisierenden Erkrankungen des ZNS in der kaukasischen Population, aber 20-48% dieser Erkrankungen in bestimmten nicht-kaukasischen Populationen, besonders in Asien und Afrika [7]. Seit nachgewiesen ist, dass NMOSD eine andere Pathophysiologie als Multiple Sklerose hat, wird festgestellt, dass NMOSD sich auch anders verhält. Immunmodulierende Behandlungen, die bei Multiple Sklerose hilfreich sind, haben sich bei NMOSD als ineffektiv erwiesen, das Umgekehrte trifft ebenfalls zu [8]. Typische chirurgische Eingriffe Bei NMOSD-Patienten besteht weder ein erhöhtes Risiko chirurgischer Eingriffe im Allgemeinen noch spezifischer Eingriffe, da alle Behandlungen auf die Modulierung des Immunsystems durch Arzneimittel konzentrieren. In schweren Fällen, auf die Standardtherapien nicht ansprechen, hat sich eine Transplantation autologer blutbildender Stammzellen als hilfreich erwiesen, zumindest vorübergehend [9], wofür die Verabreichung eines Narkosemittels erforderlich wäre. Arten der Narkose Sowohl über neuraxiale (d.h. spinale oder epidurale Anästhesie) als auch über Allgemeinanästhesie wird bei NMOSD-Patienten berichtet [10-15], wobei die Mehrzahl der Fälle schwangere Frauen betrifft, wenn auch nicht alle. In zweien dieser Fälle wird nach einer spinalen Anästhesie über ein Aufflackern der Symptome berichtet [10,11], folgende Fallberichte haben gezeigt, dass eine spinale Anästhesie keine neurologischen Folgen hat. Da die Erkrankung schubförmig verläuft, ist es schwierig zu erkennen, ob diese Fallberichte zufällige Erkenntnisse beobachten und einen nicht zutreffenden kausalen Nexus zwischen der Verabreichung einer Rückenmarksbetäubung und der Entwicklung der Krankheit oder einem Rückfall herstellen. Die Verwendung von Regionalanästhetika hat sich bei MS-Patienten als sicher erwiesen [16, 17], es liegt daher nahe zu vermuten, dass sie dies auch bei NMOSD- Patienten ist. Obwohl dafür keine Nachweise vorliegen, erscheint es vernünftig eine Regionalanästhesie nur dann zu vermeiden, wenn es dafür erforderlich wäre, die Nadel durch eine bestehende Läsion während eines Aufflackerns der NMOSD zu legen.

- 4 - Notwendige zusätzliche Diagnoseverfahren (vor der Operation) Falls ein Regionalanästhetikum während eines NMOSD-Anfalls in Betracht gezogen wird und die aktuellen Symptome auf neurologische Schädigungen im selben allgemeinen Bereich, in dem auch das neuraxiale Betäubungsmittel verabreicht werden soll, schließen lassen, so ist ein MRT des Bereichs zur Vermeidung aktiver NMOSD-Läsionen dringend zu empfehlen. Eine umfassende präoperative neurologische Untersuchung, einschließlich neurologischer Beratung, ist von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des aktuellen Verlaufs der Erkrankung des Patienten, wie es beim eventuellen Auftreten neurologischer Symptome erforderlich ist. Besondere Vorbereitung für das Atemwegsmanagement Das Vorliegen von NMOSD an sich hat keinen Einfluss auf das Atemwegsmanagement. Besondere Vorbereitung für Transfusion oder Verabreichung von Blutprodukten Da NMOSD-Patienten in der Regel mit immunmodulierenden Medikamenten behandelt werden, ist ein klares Verständnis der Immunfunktion des Patienten erforderlich, um die angemessene Bestrahlung, Leukozytreduktion und Tests auf Zytomegalievirus der Spenderprodukte einschätzen zu können Besondere Vorbereitung für Antikoagulation Das Vorliegen von NMOSD an sich hat keinen Einfluss auf die Antikoagulation. Besondere Vorkehrungen für Positionierung, Transport und Mobilisierung Patienten mit aktiven Symptomen einer transversen Myelitis können motorische und/oder sensorische Defizite aufweisen, daher sollte die Positionierung sehr vorsichtig vorgenommen werden; Unterstützung kann bei der Mobilisierung vor und nach der Narkose erforderlich sein. Wahrscheinliche Wechselwirkungen zwischen Betäubungsmitteln und langfristiger Medikation des Patienten Die Behandlung eines NMOSD-Anfalls beginnt typischerweise mit hochdosiertem i.v. Methylprednisolon [18,19]. Falls die anfängliche Behandlung mit Methylprednisolon nicht erfolgreich ist, kommt als nächste Behandlungswahl Plasmaaustausch in Betracht.

- 5 - Um Ausbrüche der NMOSD zu vermeiden, werden den Patienten in der Regel Azathioprin [20], Mycophenolat [21], Rituximab [22], Methotrexat [23], Mitoxantron [24] und orale Corticosteroide verabreicht [25]. Zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen sind nicht erforderlich, es sei denn, es werden Wechselwirkungen der Betäubungsmittel mit den genannten Medikamenten bekannt, was gegenwärtig nicht der Fall ist. Anästhesiologisches Verfahren NMOSD-Patienten leiden häufig unter chronischen Schmerzen durch die Optikusneuritis und/oder die transverse Myelitis. Unabhängig davon, ob eine allgemeines, neuraxiales oder regionales Anästhetikum gewählt wird, sollten Patienten, die unter chronischen Schmerzen leiden, schmerzlindernde und antihyperbolische (gegen übermäßige Schmerzempfindlichkeit wirkende) Therapien angeboten werden; dazu kann die perioperative Verabreichung von NMDA- Antagonisten (Lachgas, Ketamin) gehören, wie jene, über die bei einer Patientin mit schwerem NMOSD-Rückfall während einem Kaiserschnitt bei spinaler Anästhesie berichtet wurde [15]. In diesem Fallbericht erfuhr die Patientin deutliche Erleichterung durch die akute Zufuhr von 50%igem Lachgas über Gesichtsmaske zur Linderung einer schweren hyperalgesischen Reaktion auf viszeral vermittelte Schmerzen. Besondere oder zusätzliche Kontrolle Das Vorliegen von NMOSD an sich weist nicht auf ein Erfordernis zusätzlicher perioperativer Kontrollen hin. Mögliche Komplikationen Trotz eines Fallberichts, der einen möglichen kausalen Zusammenhang zwischen neuraxialer Anästhesie und einem Auftreten oder Aufflammen der NMOSD sieht [10], wird dieser Zusammenhang durch spätere Berichte nicht bestätigt [11-15]. Die Behandlung sollte sich darauf konzentrieren, die perioperative Entzündung zu minimieren und das aktuelle Immunsystem des Patienten berücksichtigen. Postoperative Versorgung Eine umfassende postoperative neurologische Untersuchung ist empfohlen, besonders falls der Patient über Veränderungen zum präoperativen neurologischen Untersuchung berichtet.

- 6 - Information über Notsituationen / Differenzialdiagnose verursacht durch die Erkrankung, zur Unterscheidung zwischen einer Nebenwirkung des Narkoseverfahrens und einer Erscheinung der Erkrankung. Es gibt bei NMOSD keine spezifischen Not- oder Krisensituationen. Während Fehldiagnosen unwahrscheinlich sind, so legen ähnliche Präsentationsmuster bei Multipler Sklerose, akuter disseminierter Enzephalomyelitis, systemischem Lupus erithematodes (SLE) und Morbus Behçet vor [26-28]. Ambulante Narkose Das Vorliegen von NMOSD an sich wirkt sich in keiner speziellen Weise auf die ambulante Pflege oder auf die Erholung von der Narkose aus, abgesehen von der Behandlung der chronischen Schmerzen. Anästhesie während der Schwangerschaft Es liegen einerseits Fallberichte [10;11;13-15] über das Management von Schwangeren mit NMOSD vor, andererseits eine Fallserie [12] mit NMOSD- Patienten, die über verschiedene Erkenntnisse bei der Verabreichung von Allgemeinund Regionalanästhesie berichten. Im Gegensatz zur Multiplen Sklerose, neigt die NMOSD dazu, sich bei schwangeren Frauen mit bestehender NMOSD dazu, sich zu verschlimmern, sowohl was die Häufigkeit als auch die Schwere der Episoden betrifft. Zwei Fallberichte haben einen kausalen Zusammenhang zwischen einer neuraxialen Anästhesie und der Verschlimmerung der NMOSD vermutet, dieser Zusammenhang wurde aber durch spätere Fallberichte nicht bestätigt. Sowohl bei Multipler Sklerose als auch bei NMOSD ist eine höhere Rückfallquote nach der Geburt erwiesen, daher besteht ein Klärungsbedarf, welche Folgen durch das Anästhetikum bedingt sind (und typischerweise vor der Geburt eintreten) und welche durch die Geburt selbst [29-31]. Es liegen nicht genügend Nachweise vor, um die Möglichkeit eines Zusammenhangs eindeutig bestätigen oder widerlegen zu können. Literaturliste und Internet-Links 1 Barnett MH, Sutton I. Neuromyelitis optica: not a multiple sclerosis variant. Current opinion in neurology. 2012;25(3):215-220 2 Ransohoff RM. Illuminating neuromyelitis optica pathogenesis. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. 2012;109(4):1001-1002 3 Wingerchuk DM. Neuromyelitis optica. Advances in neurology. 2006;98:319-333 4 Krupp LB, Banwell B, Tenembaum S. Consensus definitions proposed for pediatric multiple sclerosis and related disorders. Neurology. 2007;68(16 Suppl 2):S7-12 5 Wingerchuk DM, Lennon VA, Pittock SJ, Lucchinetti CF, Weinshenker BG. Revised diagnostic criteria for neuromyelitis optica. Neurology. 2006;66(10):1485-1489 6 Wingerchuk DM, Banwell B, Bennett JL, et al. International consensus diagnostic criteria for neuromyelitis optica spectrum disorders. Neurology. 2015;85(2):177-189 7 Wingerchuk DM, Lennon VA, Lucchinetti CF, Pittock SJ, Weinshenker BG. The spectrum of

- 7 - neuromyelitis optica. Lancet neurology. 2007;6(9):805-815 8 Wingerchuk DM. Neuromyelitis optica. International MS journal / MS Forum. 2006;13(2):42-50 9 Greco R, Bondanza A, Oliveira MC, et al. Autologous hematopoietic stem cell transplantation in neuromyelitis optica: a registry study of the EBMT Autoimmune Diseases Working Party. Mult Scler. 2015;21(2):189-197 10 Hosseini H, Brugieres P, Degos JD, Cesaro P. Neuromyelitis optica after a spinal anaesthesia with bupivacaine. Mult Scler. 2003;9(5):526-528 11 Facco E, Giorgetti R, Zanette G. Spinal anaesthesia and neuromyelitis optica: cause or coincidence? European journal of anaesthesiology. 2010;27(6):578-580 12 Bourre B, Marignier R, Zephir H, et al. Neuromyelitis optica and pregnancy. Neurology. 2012;78(12):875-879 13 Gunaydin B, Akcali D, Alkan M. Epidural anaesthesia for Caesarean section in a patient with Devic's Syndrome. Anaesthesia. 2001;56(6):565-567 14 Sadana N, Houtchens M, Farber MK. Anesthetic management of a parturient with neuromyelitis optica. International journal of obstetric anesthesia. 2012;21(4):371-375 15 Greene N, Dinges E, Ciliberto C, Sedensky M, Landau R. Spinal anesthesia for cesarean delivery in a woman with neuromyelitis optica. A A Case Rep. 2014;2(9):108-110 16 Drake E, Drake M, Bird J, Russell R. Obstetric regional blocks for women with multiple sclerosis: a survey of UK experience. International journal of obstetric anesthesia. 2006;15(2):115-123 17 Vukusic S, Hutchinson M, Hours M, et al. Pregnancy and multiple sclerosis (the PRIMS study): clinical predictors of post-partum relapse. Brain : a journal of neurology. 2004;127(Pt 6):1353-1360 18 Trebst C, Jarius S, Berthele A, et al. Update on the diagnosis and treatment of neuromyelitis optica: recommendations of the Neuromyelitis Optica Study Group (NEMOS). Journal of neurology. 2014;261(1):1-16 19 Merle H, Olindo S, Jeannin S, et al. Treatment of optic neuritis by plasma exchange (add-on) in neuromyelitis optica. Arch Ophthalmol. 2012;130(7):858-862 20 Costanzi C, Matiello M, Lucchinetti CF, et al. Azathioprine: tolerability, efficacy, and predictors of benefit in neuromyelitis optica. Neurology. 2011;77(7):659-666 21 Huh SY, Kim SH, Hyun JW, et al. Mycophenolate mofetil in the treatment of neuromyelitis optica spectrum disorder. JAMA neurology. 2014;71(11):1372-1378 22 Kim SH, Jeong IH, Hyun JW, et al. Treatment Outcomes With Rituximab in 100 Patients With Neuromyelitis Optica: Influence of FCGR3A Polymorphisms on the Therapeutic Response to Rituximab. JAMA neurology. 2015;72(9):989-995 23 Kitley J, Elsone L, George J, et al. Methotrexate is an alternative to azathioprine in neuromyelitis optica spectrum disorders with aquaporin-4 antibodies. Journal of neurology, neurosurgery, and psychiatry. 2013;84(8):918-921 24 Cabre P, Olindo S, Marignier R, Jeannin S, Merle H, Smadja D. Efficacy of mitoxantrone in neuromyelitis optica spectrum: clinical and neuroradiological study. Journal of neurology, neurosurgery, and psychiatry. 2013;84(5):511-516 25 Watanabe S, Misu T, Miyazawa I, et al. Low-dose corticosteroids reduce relapses in neuromyelitis optica: a retrospective analysis. Mult Scler. 2007;13(8):968-974 26 Graham D, McCarthy A, Kavanagh E, O'Rourke K, Lynch T. Teaching NeuroImages: longitudinally extensive transverse myelitis in neuro-behcet disease. Neurology. 2013;80(18):e189-190 27 White C, Leonard B, Patel A. Longitudinally extensive transverse myelitis: a catastrophic presentation of a flare-up of systemic lupus erythematosus. CMAJ : Canadian Medical Association journal = journal de l'association medicale canadienne. 2012;184(3):E197-200. 28 Kitley JL, Leite MI, George JS, Palace JA. The differential diagnosis of longitudinally extensive transverse myelitis. Mult Scler. 2012;18(3):271-285 29 Zare-Shahabadi A, Langroodi HG, Azimi AR, Sahraian MA, Harirchian MH, Baghbanian SM. Neuromyelitis optica and pregnancy. Acta Neurol Belg. 2016. 30 Fabian M. Pregnancy in the Setting of Multiple Sclerosis. Continuum (Minneap Minn). 2016;22(3):837-850 31 Levesque P, Marsepoil T, Ho P, Venutolo F, Lesouef JM. [Multiple sclerosis disclosed by spinal anesthesia]. Ann Fr Anesth Reanim. 1988;7(1):68-70.