Pädiatrische Neuroradiologie im Kinderspital Zürich

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Transkript:

Thierry Huismann: Pädiatrische Neuroradiologie im Kinderspital Zürich Die pädiatrische Neuroradiologie nimmt am Kinderspital Zürich eine zentrale Stellung innerhalb der Abteilung Bilddiagnostik ein. Die Expertise und enge Zusammenarbeit mit der pädiatrische Neurologie (Eugen Boltshauser), pädiatrische Neuroonkologie (Michael Grotzer), Neurochirurgie (Yasuhiro Yonekawa), Erwachsenen Neuroradiologie (Anton Valavanis) sowie die hochmoderne Ultraschall-, CT- und MRT-Geräte fördern diese zentrale Stellung. Die exemplarische Unterstützung der Abteilung für Anästhesie garantiert einen reibungslosen Ablauf der zum Teil zeitaufwendigen und komplexen neuroradiologischen Untersuchungen. In Zusammenarbeit mit den Industriepartnern sowie den Physikern des MR-Zentrums (Ernst Martin) fliessen Neuentwicklungen der MRT in die klinische Routine ein. Diffusion Tensor Imaging (DTI) mit Diffusionsgradienten entlang bis zu 64 geometrischen Richtungen, Traktographie, perfusionsgewichtete MRT (PWI), quantitative 1H MR-Spektroskopie (MRS) und funktionelle MRT (fmrt) sind Teil der Routine-Bilddiagnostik. Die Neuro-Ultrasonographie ist weiterhin ein wichtiges First Line Imaging Tool bei Neonaten und wird routinemässig auf der Intensivstation eingesetzt. Die CT beschränkt sich hauptsächlich auf Notfalluntersuchungen, in der Regel nach Trauma und auf Untersuchungen der Schädelbasis sowie Felsenbein und Orbita. Bei unklaren neurologischen Symptomen und einem stabilen klinischen Zustand ist die Schwelle zur MRT-Untersuchung niedrig, da einerseits die Geräte (1.5 und 3-Tesla) innerhalb der Abteilung zur Verfügung stehen und andererseits die Abb. 1a: Hochauflösende axiale, T2-gewichtete fast spin-echo (FSE) MRT-Bilder (1 mm Schichtdicke): fokale Polymikrogyrie frontal links. Abb 1b: Hochauflösende coronare, T2-gewichtete FSE MRT-Bilder des Hippokampus. Die komplexe Architektur des Hippokampus kann leicht erkannt werden und wird häufig mit der Form einer Ente verglichen. flexible Unterstützung der Abteilung Anästhesie dies ermöglicht. Die gleichzeitige anatomische, angiographische und funktionelle Information einer MRT kann die Diagnostikprozedur erheblich kürzen. 27

Abb. 2a: Axiale DWI-, ADC- und FA-Bilder auf Höhe der Stammganglien. In den ADC-Bilder ist die Diffusionsgeschwindigkeit am höchsten im Liquor (hyperintens) und niedriger innerhalb der weissen und grauen Substanz (hypointens). In den FA-Bilder entspricht eine hohe Signalintensität einem hohen Ausmass an anisotroper Diffusion (Fasersysteme der Capsula interna und Corpus callosum). Die anisotrope Diffusion ist gering (hypointens) innerhalb der grauen Substanz der Stammganglien. Abb. 2b: Axiale T1-FSE, DWI- und ADC-Bilder einer akuten, subsegmentalen Arteria cerebri media Ischämie links. Das zytotoxische Ödem ist DWI-hyperintens und ADC-hypointens. Abb. 2c: Axiale T2-FSE, DWI,- ADC- und FA-Bilder eines Abszesses parietal rechts. Der Abszess zeigt eine eingeschränkte Diffusion auf den ADC-Bildern (hypointens) und ist umgeben von einem Saum vasogenem Ödems, welches eine erhöhte Diffusion (ADC-hyperintens) aufweist. Im FA-Bild ist die Anisotropie in der parietalen weissen Substanz durch das Ödem gestört. Der Plexus choroideus ist ebenfalls entzündet. 28 kind & radiologie

Konventionelle MR-Bilddiagnostik Sämtliche Bildsequenzen sind auf eine maximale räumliche Auflösung bei optimiertem Signalrauschverhältnis optimiert. Die Sequenzparameter werden dem Alter des Kindes angepasst. In Abhängigkeit Diffusion-Tensor-Imaging (DTI) Im Routineprogramm wird bei sämtlichen MRT-Untersuchungen eine gekürzte DTI-Sequenz durchgeführt. In dieser verkürzten DTI-Sequenz werden Diffusiongradienten entlang 16 geometrischen Achsen Abb. 2d: Axiale T2-FSE, ADC- und FA-Bilder von einem 13-jährigen Knaben mit Adrenoleukodystrophie. Die T2-FSE Bilder zeigten keine signifikante Läsion. Die quantitative ADC- und FA-Analyse zeigte erhöhte ADC- und reduzierte FA-Werte in der paratrigonalen weissen Substanz hinweisend auf eine beginnende Demyelinisierung. Der Junge hatte keine neurologischen Symptome, der Bruder war jedoch bereits symptomatisch. (AJNR Am J Neuroradiol. 2003 May;24(5):819-24). der klinischen Fragestellung wird die Schichtdicke auf 1 mm reduziert (Abb. 1a). Insbesondere bei der Abklärung von Kindern mit Epilepsie werden hochauflösende Dünnschichtaufnahmen akquiriert, welche je nach Epilepsie-Fokus und Epilepsie-Form fokussiert wird. Bei Temporallappenepilepsie wird z.b. eine koronare Schichtebene gewählt welche senkrecht zum Verlauf des Hippokampus ist (Abb. 1b). Kontrastmittelverstärkte Sequenzen werden je nach Fragestellung eingesetzt, am häufigsten bei fraglichen Entzündungen oder Tumoren. eingeschaltet, isotrope DWI-Bilder, apparent diffusion coefficient (ADC) maps und fraktionelle Anisotropie (FA-maps) werden routinemässig rekonstruiert (Abb.2a). Die angewandten b-werte werden dem Alter des Kindes angepasst. Die diffusionsgewichteten Sequenzen sind u. A. von grosser Bedeutung in der Abklärung der perinatalen Asphyxie, akuter fokaler Ischämie, Differenzierung zwischen Abszess und Tumor, Schädel-/Hirntrauma sowie einer Vielfalt von Pathologien des zentralen Nervensystems (Abb. 2b,c). Die quantitativen Auswertungen der ADC- und FA-Werte können eingesetzt werden um De- und Dysmyelinisierungen zu quantifizieren und werden benutzt um den Zeitpunkt einer eventuellen Knochenmarktransplantation, z. B. bei Adrenoleukodystrophie-Patienten, zu bestimmen (Abb. 2d). Des Weiteren kann die quantitative Analyse der ADC- und FA-Werte eingesetzt werden um die Myelinisierung des Gehirns zu beurteilen. Eine quantitative Region-of-Interest (ROI) Analyse von anatomischen Landmarks zeigt sich als besonders hilfreich in Fällen von einer diffusen De- oder Dysmyelinisierung, da die visuelle Evaluation der ADC- und FA-Bilder unauffällig erscheinen kann. Eine quantitative ROI-Analyse kann z.b. eine globale ADC-Erhöhung bei einer verzögerten Myelinisierung zeigen. 29

Abb. 2e: Die Direktionalität der Hauptdiffusionskomponente ist mittels Vektoren für jedes einzelne Voxel im FA-Bild dargestellt. Die Gruppierung der Vektorausrichtung erlaubt die dreidimensionale Darstellung der Fasern des Tractus corticospinalis (Traktographie). Abb. 2f: Beispiel einer Corpus callosum-agenesie. Die Fasern, welche normalerweise beide Grosshirnhemispären verbinden, verlaufen jetzt anterior-posterior (Probst- Fasern) und sind in der Traktographie einfach erkennbar (rot und grün projiziert über einen axialen MR-Schnitt). DTI-Sequenzen mit Diffusionkodierung entlang bis zu 64 geometrische Richtungen werden vor allem in ausgewählten Fällen, wo eine Traktographie erwünscht wird, eingesetzt. Traktographie-Studien werden u.a. in der Abklärung von Malformationen des Gehirns eingesetzt, z. B. bei der Corpus callosum Agenesie und bei seltener Fehlbildungen wie z. B. das Joubert-Boltshauser-Syndrom (Abb. 2e,f). Des Weiteren kann die Traktographie eingesetzt werden, um die normale, fehlende, zerstörte oder kompensatorische Vernetzung zwischen funktionellen Zentren zu studieren. Perfusionsgewichtete MR-Bildgebung Mittels der kontrastmittelverstärkten perfusionsgewichteten MR-Bildgebung in Bolustechnik ist es möglich, die Mikroperfusion des Gehirns qualitativ, minimal-invasiv zu untersuchen. Die räumliche Verteilung der cerebral blood flow (CBF), cerebral blood volume (CBV), mean transit time (MTT) und time to peak (TTP) können als Schnittbilder dargestellt werden (Abb. 3a). Diese Methode wurde an verschiedenen Zentren innerhalb der Vereinigten Staaten und Europa entwickelt und kann heutzutage routinemässig beim Erwachsenen eingesetzt werden. Zunehmend wird diese Technik ebenfalls beim Kind eingesetzt. Die perfusionsgewichtete Bildgebung ist besonders vorteilhaft und aussagekräftig bei der Abklärung von akuten Ischämien und können eine Aussage über die potentielle Reversibilität der Ischämie und der Hirnareale machen, welche kritisch in ihrer Perfusion bedroht sind. 30 kind & radiologie

Aktuell wird die perfusionsgewichtete Bildgebung für den Einsatz beim Neugeborenen optimiert, damit bei der perinatalen Asphyxie zukünftig Areale mit einer reaktiven Hyperperfusion von denen mit einer Hypoperfusion unterschieden werden können (Abb. 3b,c). Die reaktive Hyperperfusion könnte möglicherweise eine Rolle spielen bei der secondary energy failure, bzw. sekundärer Hirnparenchymverletzung durch überschiessende Reperfusion. Der perfusionsgewichteten Bildgebung wird ebenfalls eine Rolle bei der Differenzierung von Hirntumoren sowie deren Malignitätsgrad zugedacht. Abb. 3a: Rekonstruierte Hirnperfusionsbilder. Die Perfusion des Kortex und zentralen grauen Substanz ist höher (hyperintens) als die der weissen Substanz. Quantitative Protonen MR-Spektroskopie Die quantitative 1H MR-Spektroskopie (MRS) erlaubt die qualitative und quantitative in-vivo Evaluation von wichtigen Metaboliten im Gehirn. Klassischerweise werden vor allem folgende Metaboliten beurteilt: n-acetyl-aspartat (Marker der neuronalen Dichte), Cholin (Zellmembran-Marker) und Kreatin (Marker des Energiemetabolismus) (Abb. 4a). Laktat kann bei verschiedensten Pathologien erkannt und quantifiziert werden. Laktat wird z. B. bei der Ischämie beobachtet sowie innerhalb nekrotischer Tumoren, als auch Abszesshöhlen. Zusätzlich kann Lactat bei guter Qualität der MRS in kleinen physiologischen Mengen identifiziert werden. Abb. 3b: Axiale DWI- und ADC-Bilder in einem termingeborenen Neonat mit hypoxischischämischer Verletzung der Stammganglien. Eingeschränkte Diffusion (DWI-hyperintens, ADC-hypointens)in ischämischen Arealen vereinbar mit zytotoxischem Ödem. Die quantitative MR-Spektroskopie wird sowohl in der Routine als auch in der Forschung eingesetzt, bei der pränatalen Asphyxie, bei metabolen Erkrankungen, bei fokalen Ischämien, als auch bei Hirntumoren. Insbesondere können in der pränatalen Asphyxie das Auftreten eines Laktat-Peaks sowie eine Reduktion des n-acetyl-aspartat, Cholin- und Kreatin-Peaks, bei der Einschätzung des zu erwarteten Outcome hilfreich sein (Abb. 4b). Bei metabolen Erkrankungen kann die Reduktion einzelner Peaks auf bestimmte Erkrankungen hinweisend sein. Zum Beispiel kann bei unauffälligem konventionellem MRT ein Kreatinmangel-Syndrom problemlos mittels MRS identifiziert werden. 31

Abb. 3c: Korrespondierende Perfusionsbilder zu Abb. 3b. Die ischämischen Areale zeigen eine deutlich erhöhte Perfusion auf den CBF- und CBV-Bilder. Des Weiteren kann die MRS eingesetzt werden um einen so genannten Fingerprint von Tumoren zu bestimmen. Diese Fingerprints erlauben im Verlauf, postoperative Veränderungen entlang des Operationsgebiets von Rezidivtumorgewebe zu differenzieren. Funktionelle MR-Tomographie Die funktionelle MRT (fmrt) erlaubt die nicht invasive Untersuchung von funktionellen Zentren im sich entwickelnden kindlichen Gehirn. Die Kopplung zwischen Hirnaktivierung und Hirnperfusion wurde bereits vor längerem beschrieben, das BOLD-Phänomen (Blood Oxygenation Level Dependent Contrast) bildet die Grundlage der fmrt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Radiologen, Physiker, Neurophysiologen, Neuropsychologen, Neuroanatomen sowie Entwikklungsforscher, bildet die Grundlage der MR-tomographischen, nichtinvasiven Exploration des Gehirns sowie der funktionellen Zentren und Netzwerke. Verschiedene Forschungsprojekte des MR-Zentrums (Leitung: Ernst Martin) am Kinderspital Zürich fokussieren sich auf die Entwicklung des visuellen Systems, Entwicklung der Sprache sowie des Rechnens. Zusätzlich können Funktionsstörungen, wie z. B. Dyslexie oder Dyskalkulie, erforscht werden. Die fmrt wird auch eingesetzt um die Plastizität des Gehirns nach z. B. Ischämien oder Traumata zu erforschen. Als letzteres befassen sich einige Forschungsprojekte mit der Abklärung von therapieresistenten Epilepsien. Kombinierte MRT- und EEG-Untersuchungen vereinigen die Vorteile der Elektroenzephalographie: hohe zeitliche Auflösung, und die der fmrt: hohe räumliche Auflösung. Spezielle post-processing Programme bereinigen die EEG-Ableitungen von störenden MR-Interferenzen. Insbesondere sollten kombinierte EEG-fMRT- Untersuchungen Information über die Ausbreitung der epileptischen Potentiale zu den verschiedenen funktionellen Zentren geben. Diese Information kann benutzt werden um gezielt eine Epilepsie-Chirurgie zu planen. 1.5-/3-Tesla Das höhere Signal zum Rauschverhältnis bei 3-Tesla MR-Tomographen ist bei sämtlichen funktionellen MR-Techniken besonders vorteilhaft. Zusätzlich kann bei der höheren Feldstärke eine höhere räumliche Auflösung erzielt werden. Der wesentliche Nachteil ist der schlechtere T1-Kontrast. Des Weiteren können die ausgeprägteren Fluss- und Liquorpulsationsartefakte die Bildqualität einschränken. Für die neuroradiologische Diagnostik wählen wir an unserem Spital primär die höhere Feldstärke, insbesondere bei den Forschungsprojekten. Dr. med. Thierry Huismann Abteilung Bilddiagnostik Universitätsspital Zürich Steinwiesstraße 75, CH-8032 ZÜRICH 32 kind & radiologie

Abb. 4a: Quantitative 1H-MRS der weissen Substanz: NAA (2.0 ppm), Creatin (3.0 ppm) und Cholin (3.2 ppm). Abb. 4b: Quantitative 1H MRS in einem Neonat nach schwerer Asphyxie. NAA, Kreatinin und Cholin hochgradig reduziert, ausgeprägter Laktat-Peak bei 1.3 ppm. 33