Für eine starke gesetzliche Rentenversicherung

Ähnliche Dokumente
Ziele der Alterssicherung in Deutschland

ALTERSSICHERUNG IN DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH: VOM NACHBARN LERNEN?

Änderungen im Rentenrecht - Aktuelle Konflikte in der Rentenpolitik

DIE GRUNDSICHERUNG IM ALTER UND BEI ERWERBSMINDERUNG

RENTENPOLITIK: STAND DER DINGE UND OPTIONEN

Rentenpolitik im Herbst 2012

Die Gesetzliche Rentenversicherung: Leistungsziele und Reformoptionen

Input: Altersarmut. 2. Jahrestagung der FSA: Armut im Sozialraum Gelsenkirchen, Lina Zink

Hat der Generationenvertrag eine Zukunft?

Rentenversicherung: In der Krise bewährt und dann weiter abgewickelt?

Für eine Rente mit Niveau! Lebensstandardsichernd und armutsfest!

Rentenversicherung 2017 aktuelle Bestandsaufnahme

Rentenpolitik nach der Bundestagswahl

Heute die Rente von morgen sichern - mit engagierten Selbstverwalter*innen!

Vermeidung von Altersarmut in der Rentenversicherung oder der Grundsicherung?

Herausforderungen für die Alterssicherung

Prekarisierung der Arbeit und Entwicklung der Alterssicherung in Baden-Württemberg Was muss geschehen?

Akzeptanz in Gefahr Erwerbsminderungsrenten im Sinkflug Dr. Johannes Steffen Berlin

Kurswechsel in der Rentenpolitik

ver.di Themen 1. Tarifrunde Rentenkampagne 3. Veranstaltungshinweis

Betrifft: Bitte um Auskunft über Ihre rentenpolitischen Ziele

Für den Neuaufbau einer solidarischen Alterssicherung

Rente/Altersübergänge

Die gesetzliche Rentenversicherung. Gundula Roßbach. Aktueller Stand und Perspektiven. Mitglied des Direktoriums der Deutschen Rentenversicherung Bund

Die Sozialordnung der BLIndesrepublik Deutschland

Bundestagswahl 2017 Die wichtigsten Aussagen der Wahlprogramme zur Alterssicherung

Altersarmut in Deutschland

Die (Teil-)Privatisierung der Alterssicherung in Deutschland

Informationen aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Die finanzielle Absicherung bei Erwerbsminderung

Die Renten steigen jedes Jahr wo ist das Problem? Rente muss für ein gutes Leben reichen. Was passiert, wenn nichts passiert?

Einführungsbeitrag von Dr. Heidi Knake-Werner

Deutschland hat Zukunft Soziale Sicherung demografische Herausforderung

BÜNDNIS LEBENSSTANDARDSICHERNDE RENTE HEILBRONN REICHT DIE RENTE FÜR EIN WÜRDIGES LEBEN IM ALTER? DATEN UND FAKTEN ZUM AKTUELLEN STAND

VERSICHERUNG ODER FÜRSORGE DIE WEICHENSTELLUNG IN DER ALTERSSICHERUNGSPOLITIK

Erwerbsminderung: Gesundheitliche und soziale Risiken für Beschäftigte in Bremen Carola Bury, Referentin für Gesundheitspolitik

Zukunft der Alterssicherungssysteme die Perspektive der privaten Versicherungswirtschaft

ALTERSARMUT Bekämpfung und Vermeidung. Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender SoVD Hamburg

Rentenpolitik jetzt und zukünftig

Dr. Nadine Zeibig, Referat Arbeits- und Sozialrecht, WSI Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf

Rentenbeträge. Junge Abgeordnete Union/FDP. Regierung Lebensleistungsrente. SPD Solidarrente. CDU: Oberhalb höchster Grundsicherung, ca.

Armut im Alter. Aktueller Stand und Perspektiven. 11. Juni Dipl. Soz. Brigitte L. Loose

Die Bedeutung der zusätzlichen Altersversorgung für die Angemessenheit eines Altersrentensystems Betriebliche und private Vorsorge in Deutschland

Reformbedarf und Reformoptionen im deutschen Sozialsystem aus versorgungs- und verteilungspolitischer Perspektive

Altersarmutsvermeidung als Problemverstärker? Reformoptionen und ihre Konsequenzen

Pressekonferenz Perspektiven für die Rente Vorschläge der IG Metall für den Neuaufbau einer solidarischen Alterssicherung

Ursachen der Altersarmut und Bekämpfungsmöglichkeiten. Ursula Engelen-Kefer

Sehr geehrte Damen und Herren,

DIE BEDEUTUNG VON MINDESTRENTEN IN EINEM BEITRAGSSYSTEM UND DIE ROLLE VON BEITRAGSFREIEN MINDESTGARANTIEN

Für eine Rente mit Niveau

Keiner lebt für sich allein - Altersversorgung beim Prälaturtag der LageS

Gut in Rente für ein sorgenfreies Alter. Für einen Neuen Generationenvertrag

Konflikt um Weichenstellungen - Stehen wir vor einer neuen Debatte um die Zukunft der Alterssicherung?

Solidarisch und gerecht

1. Sicherungsziele der gesetzlichen Rentenversicherung

KURSWECHSEL: DIE GESETZLICHE RENTE STÄRKEN!

Zukunft der Alterssicherung - gesetzliche Rente versus Privatvorsorge

position Rente 4.0 Gerecht, krisensicher und solidarisch Grundsätzliche Positionierung jugend.dgb.de 1/7

Lebensstandardsicherung Solidarität Generationengerechtigkeit. Herausforderungen und Lösungsansätze zur Reform des Rentensystems

Axel Gerntke Erster Bevollmächtigter IG Metall Wiesbaden-Limburg. Rede. Sozialstaat verteidigen Renten erhöhen

Pressekonferenz Perspektiven für die Rente Vorschläge der IG Metall für den Neuaufbau einer solidarischen Alterssicherung

Für einen Kurswechsel in der Rentenpolitik

Trotz des Bemühens um einen Ausbau der betrieblichen

Rente: Wahlprogramme im Vergleich mit VdK-Forderungen

RENTE: DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH IM VERGLEICH

12 Alterssicherung. Statistik der Deutschen Rentenversicherung. 12 Alterssicherung. Rentenversicherung in Zeitreihen

BULLETIN DER BUNDESREGIERUNG

Sozialstaat Renteneintritt

Alterssicherung vor Herausforderungen. Vermeidung von Altersarmut, Sicherung des Lebensstandards

Grußwort. von. Ministerialdirektor Michael Höhenberger. Vertreterversammlung der DRV Nordbayern. Bayreuth, den Es gilt das gesprochene Wort

Was macht eigentlich die zweite Säule?

u.di informiert 2/08 Das Drei-Funktionen-Modell der Betrieblichen Altersvorsorge Ergänzungs-, Ersatz- und Ausgleichsfunktion

Die Rentenbeiträge werden steigen

MARKUS KURTH MDB WIE WEITER MIT DER RENTE? ÜBER DIE ARBEIT DER RENTENKOMMISSION UND ERSTE ERGEBNISSE

Rente realistisch gerechnet

LEITANTRAG 01/II/2012

Perspektiven der Alterssicherung. Armutskongress, Berlin,

Wir schaffen neues Vertrauen in die gesetzliche Rente

Alterssicherungskonferenz NRW. FRAUEN IM FOKUS

Die Rentenkampagne von ver.di und des DGB

Altersarmut mein Thema

Materialien zur Bundestagswahl 2017

Rente muss zu leben in Würde reichen! Klare Worte von Bündnis gegen Altersarmut Baden-Württemberg 31 Verbände machen schon mit

Inhaltsverzeichnis. Vorwort. 1. Theorie und Institutionen der Sozialpolitik 1

Für eine Rente mit Niveau! Lebensstandardsichernd und armutsfest!

UNGLEICHHEIT IN DER ALTERSSICHERUNG. Dr. Florian Blank WSI-Herbstforum November 2015, Berlin

Perspektiven für eine sozialstaatliche Erneuerung

Einkommensgerechtigkeit heute für morgen

Es gilt das gesprochene Wort! Annelie Buntenbach Geschäftsführender Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Übergänge vom Erwerbsleben in Rente: Empirische Entwicklung in den letzten Jahren

Gute Rente das geht! Die Rentenkampagne der Gewerkschaften

WIE WEITER MIT DER RENTE? MODELL ÖSTERREICH LEISTUNGSFÄHIGE RENTENVERSICHERUNG FÜR ALLE GENERATIONEN AK WIEN I JOSEF WÖSS I 27.4.

Erzielen jüngere Geburtsjahrgänge niedrigere Rentenanwartschaften?

Arm im Alter? Nicht mit mir!

13. Frauen-Alterssicherungskonferenz von ver.di und SoVD. Die Rente ist sicher. Zu Niedrig. am 5. September 2017 in der ver.di Bundesverwaltung

März Das Rentenmodell der katholischen Verbände. Kurzfassung der Ergebnisse der ifo-studie

Antworten der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU) auf die Fragen des Dachverbandes

Was kann die deutsche Reformdebatte vom schwedischen System lernen und was nicht?

DGB-Bundesvorstand VB 04 / Sozialpolitik. Rentenbeitrag und Rentenniveau. Aussichten

3. Sie können das Renteneintrittsalter erhöhen:

Transkript:

Für eine starke gesetzliche Rentenversicherung Alterssicherung heute und morgen: Probleme und Lösungen Dr. Magnus Brosig Referent für Sozialversicherungs- und Steuerpolitik brosig@arbeitnehmerkammer.de

Was ist im Alter und bei Erwerbsminderung erforderlich? Statuserhalt Armutsvermeidung Und zwar dauerhaft! Aber: Nur einer dieser drei Punkte wird allgemein problematisiert, und keiner wird im derzeitigen Modell systematisch verfolgt

Und wie wäre diese Absicherung zu gewährleisten? Durch Gerechte und stabile Finanzierung Effiziente Organisation Umfassenden Versichertenkreis Realistischen Zugang Insgesamt aber erhebliche Defizite auch in der Systemstruktur grundsätzliche Reformen sind überfällig

Entwicklung ins Nirgendwo Nach 1957 Leistungsfähige gesetzliche Rentenversicherung mit Umlagefinanzierung Lebensstandardsicherung und strukturelle Armutsvermeidung Seit den 1990ern Demografischer Wandel als Totschlagargument : starke GRV angeblich nicht mehr langfristig finanzierbar Wandel der Debatte: von Leistungs- zu Beitragsorientierung Seit den 2000ern Umbau Richtung Mehrsäulenmodell : Leistungseinschnitte in die GRV und Ausbau privater und betrieblicher Vorsorge Leistungsziele sind zunehmend prekär: Armutsvermeidung ist für viele gefährdet, Lebensstandardsicherung für praktisch alle

Abstrakte Entwicklung: Nettorentenniveau vor Steuern 60 50 40 30 20 10 0 1992 1997 2002 2007 2012 2017 2025 2035 2045 Renten werden nicht gekürzt, aber die Leistungsfähigkeit der GRV sinkt drastisch!

Sozialhilfe-break-even (Beitragsjahre) Abstrakte Entwicklung: Grundsicherungsschwelle 67,7 70 50,8 58,9 60 45,1 50 33,8 39,2 44,2 40 48,0% (2016) 22,5 29,4 30 41,7% (2045) 20 19,6 10 160 140 120 100 80 60 Durchschnittliche Entgeltposition im Erwerbsleben in Prozent (Standardrentner = 100) 0 40

Konkrete Entwicklung: Löhne, Preise und Renten 140,0 135,0 130,0 125,0 120,0 115,0 110,0 Löhne (Bremen) Preise (Deutschland) Renten (alte Länder) 105,0 100,0 95,0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 RentnerInnen werden nicht nur von der Lohnentwicklung abgekoppelt (besonders stark im Land Bremen), sondern haben sogar an Kaufkraft verloren!

Konkrete Entwicklung: Rentenzugang in Bremen Sinkendes Rentenniveau Schlechte Erwerbsverläufe Reduktion des sozialen Ausgleichs Stagnation / Sinkflug 1000 900 800 700 600 Altersrente (m) Altersrente (w) EM-Rente (m) EM-Rente (w) Bruttobedarf in der Grundsicherung 500 400

Konkrete Entwicklung: Altersarmut 20% 18% 16% 14% 12% 10% 8% 6% Armutsgefährdung (Deutschland) Armutsgefährdung (Bremen) Grundsicherungsbezug (Deutschland) Grundsicherungsbezug (Bremen) 4% 2% 0% 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Hohe Dunkelziffer vermutlich stark verbreiteter Verzicht auf Grundsicherung trotz bestehenden Anspruchs

Lückenschluss durch kapitalgedeckte Vorsorge? Abdeckung Belastung Nebenwirkung Kosten Risiken Dynamisierung Stabilität Lückenhaft, Bekräftigung von Ungleichheiten Einseitige Kostenverlagerung auf die Arbeitnehmer Entgeltumwandlung zulasten der GRV Deutlich höhere Effizienz der GRV Lückenhafter Schutz klarer Fokus auf Alter Üblicherweise unzureichend Niveauerhalt prekär Kapitaldeckung nicht überlegen, ggf. Schwankungen

Mehrsäulensystem: Wem nützt es, wem nützt es nicht? Gewinner: Arbeitgeber (Kostendeckel) und Versicherungswirtschaft (Ausweitung des Marktes) Verlierer: Aktuelle Rentner (Einschnitte ohne Ausgleichsmöglichkeit) und insbesondere die heute Jüngeren (hohe Kosten ohne verlässliche Leistungen) Aber: Quelle: IG Metall-Beschäftigtenbefragung 2017 Quelle: Die Illusion von der Lebensstandardsicherung

In guter Gesellschaft? 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Langfristiges Bruttorentenniveau aus Pflichtvorsorge (OECD 2015) USA Deutschland Frankreich Österreich Ein gutes Rentenniveau ist finanzierbar, ein niedriges keineswegs zwangsläufig Notwendig sind klare politische Richtungsentscheidungen!

Deshalb für Deutschland: Rolle rückwärts in die Zukunft Gerechte und stabile Finanzierung Effiziente Organisation Umfassender Versichertenkreis Realistischer Zugang Statuserhalt Armutsvermeidung Stabile Leistungen Paritätische Umlagefinanzierung + Bundeszuschuss Sozialversicherung Erwerbstätigenversicherung Schaffung sozialer Altersübergänge Vollständige Abschaffung der Zwangsverrentung Rückkehr zur starken GRV mit NvS nicht unter 50% EM: Zurechnung bis zur Altersgrenze, keine Abschläge RnMEP und bessere Absicherung bei Arbeitslosigkeit Freibetrag in der Grundsicherung, gerade auch für GRV Regelmäßige Rentenanpassung nach Lohnentwicklung

Vielen Dank! Fragen? Arbeitnehmerkammer zu Fragen der sozialen Sicherung: http://www.arbeitnehmerkammer.de/politikthemen/arbeitsoziales/soziale-sicherung-/ KammerPosition Alterssicherung Für eine starke gesetzliche Rente: http://www.arbeitnehmerkammer.de/publikationen/kammerposi tion.html