Für eine starke gesetzliche Rentenversicherung Alterssicherung heute und morgen: Probleme und Lösungen Dr. Magnus Brosig Referent für Sozialversicherungs- und Steuerpolitik brosig@arbeitnehmerkammer.de
Was ist im Alter und bei Erwerbsminderung erforderlich? Statuserhalt Armutsvermeidung Und zwar dauerhaft! Aber: Nur einer dieser drei Punkte wird allgemein problematisiert, und keiner wird im derzeitigen Modell systematisch verfolgt
Und wie wäre diese Absicherung zu gewährleisten? Durch Gerechte und stabile Finanzierung Effiziente Organisation Umfassenden Versichertenkreis Realistischen Zugang Insgesamt aber erhebliche Defizite auch in der Systemstruktur grundsätzliche Reformen sind überfällig
Entwicklung ins Nirgendwo Nach 1957 Leistungsfähige gesetzliche Rentenversicherung mit Umlagefinanzierung Lebensstandardsicherung und strukturelle Armutsvermeidung Seit den 1990ern Demografischer Wandel als Totschlagargument : starke GRV angeblich nicht mehr langfristig finanzierbar Wandel der Debatte: von Leistungs- zu Beitragsorientierung Seit den 2000ern Umbau Richtung Mehrsäulenmodell : Leistungseinschnitte in die GRV und Ausbau privater und betrieblicher Vorsorge Leistungsziele sind zunehmend prekär: Armutsvermeidung ist für viele gefährdet, Lebensstandardsicherung für praktisch alle
Abstrakte Entwicklung: Nettorentenniveau vor Steuern 60 50 40 30 20 10 0 1992 1997 2002 2007 2012 2017 2025 2035 2045 Renten werden nicht gekürzt, aber die Leistungsfähigkeit der GRV sinkt drastisch!
Sozialhilfe-break-even (Beitragsjahre) Abstrakte Entwicklung: Grundsicherungsschwelle 67,7 70 50,8 58,9 60 45,1 50 33,8 39,2 44,2 40 48,0% (2016) 22,5 29,4 30 41,7% (2045) 20 19,6 10 160 140 120 100 80 60 Durchschnittliche Entgeltposition im Erwerbsleben in Prozent (Standardrentner = 100) 0 40
Konkrete Entwicklung: Löhne, Preise und Renten 140,0 135,0 130,0 125,0 120,0 115,0 110,0 Löhne (Bremen) Preise (Deutschland) Renten (alte Länder) 105,0 100,0 95,0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 RentnerInnen werden nicht nur von der Lohnentwicklung abgekoppelt (besonders stark im Land Bremen), sondern haben sogar an Kaufkraft verloren!
Konkrete Entwicklung: Rentenzugang in Bremen Sinkendes Rentenniveau Schlechte Erwerbsverläufe Reduktion des sozialen Ausgleichs Stagnation / Sinkflug 1000 900 800 700 600 Altersrente (m) Altersrente (w) EM-Rente (m) EM-Rente (w) Bruttobedarf in der Grundsicherung 500 400
Konkrete Entwicklung: Altersarmut 20% 18% 16% 14% 12% 10% 8% 6% Armutsgefährdung (Deutschland) Armutsgefährdung (Bremen) Grundsicherungsbezug (Deutschland) Grundsicherungsbezug (Bremen) 4% 2% 0% 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Hohe Dunkelziffer vermutlich stark verbreiteter Verzicht auf Grundsicherung trotz bestehenden Anspruchs
Lückenschluss durch kapitalgedeckte Vorsorge? Abdeckung Belastung Nebenwirkung Kosten Risiken Dynamisierung Stabilität Lückenhaft, Bekräftigung von Ungleichheiten Einseitige Kostenverlagerung auf die Arbeitnehmer Entgeltumwandlung zulasten der GRV Deutlich höhere Effizienz der GRV Lückenhafter Schutz klarer Fokus auf Alter Üblicherweise unzureichend Niveauerhalt prekär Kapitaldeckung nicht überlegen, ggf. Schwankungen
Mehrsäulensystem: Wem nützt es, wem nützt es nicht? Gewinner: Arbeitgeber (Kostendeckel) und Versicherungswirtschaft (Ausweitung des Marktes) Verlierer: Aktuelle Rentner (Einschnitte ohne Ausgleichsmöglichkeit) und insbesondere die heute Jüngeren (hohe Kosten ohne verlässliche Leistungen) Aber: Quelle: IG Metall-Beschäftigtenbefragung 2017 Quelle: Die Illusion von der Lebensstandardsicherung
In guter Gesellschaft? 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Langfristiges Bruttorentenniveau aus Pflichtvorsorge (OECD 2015) USA Deutschland Frankreich Österreich Ein gutes Rentenniveau ist finanzierbar, ein niedriges keineswegs zwangsläufig Notwendig sind klare politische Richtungsentscheidungen!
Deshalb für Deutschland: Rolle rückwärts in die Zukunft Gerechte und stabile Finanzierung Effiziente Organisation Umfassender Versichertenkreis Realistischer Zugang Statuserhalt Armutsvermeidung Stabile Leistungen Paritätische Umlagefinanzierung + Bundeszuschuss Sozialversicherung Erwerbstätigenversicherung Schaffung sozialer Altersübergänge Vollständige Abschaffung der Zwangsverrentung Rückkehr zur starken GRV mit NvS nicht unter 50% EM: Zurechnung bis zur Altersgrenze, keine Abschläge RnMEP und bessere Absicherung bei Arbeitslosigkeit Freibetrag in der Grundsicherung, gerade auch für GRV Regelmäßige Rentenanpassung nach Lohnentwicklung
Vielen Dank! Fragen? Arbeitnehmerkammer zu Fragen der sozialen Sicherung: http://www.arbeitnehmerkammer.de/politikthemen/arbeitsoziales/soziale-sicherung-/ KammerPosition Alterssicherung Für eine starke gesetzliche Rente: http://www.arbeitnehmerkammer.de/publikationen/kammerposi tion.html