Bericht zum Anwendungsprojekt 8 Standortplanung im Klimawandel



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Transkript:

Bericht zum Anwendungsprojekt 8 Standortplanung im Klimawandel Silke Schönwald, EUCC Die Küsten Union Deutschland RADOST Fokusthema Tourismus und Strandmanagement Kontakt: Nardine Stybel (stybel@eucc-d.de) EUCC Die Küsten Union Deutschland e.v. c/o Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde Seestraße 15, 18119 Warnemünde 1

Anwendungsprojekt 8 Standortplanung im Klimawandel Im Verlauf der Projektzeit zeigte sich durch den Austausch mit touristischen Praxispartnern und regionalen Tourismusverbänden, dass Akteure einen Bedarf an konkreteren Aussagen zu lokalen, küstenspezifischen, notwendigen Anpassungen aufgrund prognostizierter Klimawandelfolgen haben. Diesem Wunsch nach detaillierteren Informationen folgend, entschied sich die EUCC-D innerhalb des RADOST-Projektes für eine Neukonzeption seiner inhaltlichen Arbeiten des Anwendungsprojektes Standortplanung im Klimawandel. 1. Idee Um kleinskalige Daten erhalten zu können, wurde entschieden, Nachhaltigkeitsindikatoren auf der Ebene einzelner Tourismusdestinationen anzuwenden. Sie sind ein Versuch dem Bedarf regionaler Akteure an konkreten Aussagen zu entsprechen, der bisher aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht zu Klimawandelfolgen in Küstenregionen kaum zu realisieren war. Der Einsatz der Nachhaltigkeitsindikatoren soll daher in erster Linie der Erfassung des Status quo einzelner Destinationen und deren zukünftiger Entwicklungsmöglichkeiten unter Klimawandelbedingungen dienen. Zusätzlich soll so die weitere thematische Sensibilisierungsarbeit bei den touristischen Akteuren unterstützt werden. Denn wie sich während der Projektlaufzeit herausstellte, ist die Wahrnehmung der allgemeinen Abhängigkeit der touristischen, auf natürlichen Ressourcen aufbauenden Infrastrukturen und touristischen Angeboten bisher noch gering. Mit der inhaltlichen Änderung des Anwendungsprojekts wechselte auch der direkte Praxispartner. Da das Indikatorsystem der Standortplanung und -entwicklung touristischer Küstendestinationen dienen sollte/soll bot sich eine Zusammenarbeit mit dem Bäderverband Mecklenburg-Vorpommern an. Darüber hinaus sind weiterhin verschiedenste regional zuständige Institutionen in den Prozess eingebunden. Einerseits zur allgemeinen Verstetigung der regionalen Vernetzung andererseits als direkte Informanten der durch die Anwendung der Indikatoren benötigten Daten. Die anzuwendenden Indikatoren wurden im Rahmen unterschiedlicher Projekte (national, international) praktisch erprobt, verfeinert und darüber hinaus u.a. um den Aspekt Klimawandel erweitert. Sie gehören konkret zum Label QualityCoast, einem internationalen touristischen Zertifizierungssystem. Dieses, vergeben durch die NGO Coastal and Marine Union (Netherlands), ist eine Auszeichnung für den nachhaltigen Küstentourismus und dient als Anreiz zur Gewinnung der (touristischen) Akteure. Seit 2007 wurden in 23 Ländern bereits mehr als 140 Regionen mit einem QualityCoast Award ausgezeichnet (QualityCoast 2014). Die QualityCoast-Indikatoren sind dabei in sechs Kategorien (Natur, Umwelt, Identität und Kultur, Gastgemeinde und Sicherheit, Gastgewerbe, Regierungsführung) aufgeteilt, die die drei klassischen Nachhaltigkeitssäulen (Wirtschaft, Ökologie, Soziales) mit dem Zusatz des politischen Geschehens repräsentieren. Der Indikatorsatz des QualityCoast Labels ist natürlich nicht das einzige Set, das es auf dem Markt gibt. Seit der Verabschiedung einer Empfehlung zum Integrierten 2

Küstenzonenmanagement (IKZM) (BMU 2002/413/EC) sowie der Strategie für nachhaltige Entwicklung (European Council 2006) durch das Europäische Parlament wurden eine Bandbreite an Indikatorsätzen als Werkzeuge entwickelt. So auch im Rahmen des europäischen Interreg-IVC-Projektes SUSTAIN. In dem Bewusstsein, dass die Akzeptanz der bisherigen Indikatorsets, speziell bei Küstengemeinden und -regionen sehr begrenzt ist, ging die internationale Gruppe von Regional- und Behördenvertretern einen anderen Weg. Sie entwickelten zusammen mit Wissenschaftlern ein zweistufiges Verfahren, welches Küstengemeinden die Messung (Indikatorset) und Selbsteinschätzung (Gewichtung) ihres Handelns im Hinblick auf Nachhaltigkeit erlaubt (SUSTAIN-Partnership, 2012). Es entstand eine benutzerfreundlich, in Form von computergestützten Tabellen zur Eingabe und automatischen Auswertung aufbereitete Matrix, die eine zielführende Indikatoranwendung erlaubt. Um die Vorteile beider Systeme, den wirtschaftlichen Anreiz für den Tourismus (QualityCoast) als auch die benutzerfreundliche Matrix (SUSTAIN) nutzen zu können, wurden beide Ansätze kombiniert. Es entstand das im Folgenden als QualityCoast-Indikator-Tool bezeichnete Werkzeug. Zur Nutzung eines derartigen Indikator-Werkzeugs, zur Unterstützung touristischer Standortplanung (an der deutschen Ostseeküste), ist neben der theoretischen Entwicklung die Akzeptanz entscheidender Akteure von Nöten. Als dienliches Format für eine thematische Einstiegsveranstaltung für die entsprechenden Akteure lieferte der Kurdirektorentalk des Bäderverbands M-V. In Kooperation mit diesem organisierte und nutzte die EUCC-D die Veranstaltung zum Wissensaustausch und zur Diskussion unter dem Titel Gut geflaggt ist halb gewonnen? Im Ostseebad Graal-Müritz (10/2013) informierten und diskutierten Behördenvertreter, Wissenschaftler und Kurdirektoren der deutschen Ostseeküste über Flaggen, Auszeichnungen und deren Kommunikation von Qualitätsmerkmalen für den Gast. Mittels Impulsvorträgen wurden bereits touristisch bekannte, aktuell angewandte Indikatorsysteme (z.b. Blaue Flagge) sowie das für den Ostseeraum neue Label QualityCoast vorgestellt und deren Vor- und Nachteile im Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung thematisiert. Ein klarer Vorteil der QualityCoast- Indikatoren diesbezüglich ist, das sie die Bandbreite möglicher Faktoren durch eine Aufschlüsselung in Ökonomie, Ökologie, Soziales und politisches Geschehen ermöglichen. Somit unterstützen sie eine ganzheitliche Analyse einer touristischen Destination. Eine sich direkt an die Vorträge anschließende Diskussion machte deutlich, dass Maßnahmen zur Anpassung an künftige Herausforderungen von Seiten der Akteure als notwendig angesehen, es jedoch noch an klaren Beispielen mangelt, die der Orientierung dienen können. Eine derartige Orientierung bot der Erfahrungsvortrag über Indikatoranwendungen der Gemeinde Mönkebude (Stettiner Haff), der den Nutzen des Austausches mittels sogenannter best practice. Die Schilderungen der Vertreterin des Bauamtes Stettiner Haff verbesserten das Verständnis der Anwesenden und sensibilisierten (am persönlichen Beispiel) für die Chance der Thematik. 3

Die Fokussierung auf den Indikator Gewässerqualität im zweiten Teil des Kurdirektorentalks belegte zusätzlich, das die mittels der Indikatoren angestrebte Interdisziplinarität auch in der Kommunikation innerhalb einer Kommune/Region (zwischen Ämtern, Tourismusbranche, Wissenschaft, etc.) im Hinblick auf künftige Herausforderungen dringend notwendig ist. Diese zwei Punkte: der Möglichkeit einer besseren Sensibilisierung mittels konkreter praktischer Beispiele und der Wunsch nach interdisziplinärer Kommunikation, bestärkten den Ansatz der EUCC-D, die QualityCoast Indikatoren im Rahmen wissenschaftlicher Analyse exemplarisch an der deutschen Ostseeküste anzuwenden. 2. Umsetzung/Anwendung Das Quality-Indikator-Tool wurde am Institut für Ostseeforschung (IOW) sowohl im Rahmen von drei Abschlussarbeiten (Master of Science) im Ostseebad Kühlungsborn, im Untersuchungsgebiet Zingst (auf dem Darß) und in der Gemeinde Markgrafenheide, als auch in der Lehre getestet. Dies geschah sowohl mit nationalen Studenten (Warnemünde) als auch mit internationalen, an der litauischen Ostseeküste (Klaipeda) im Rahmen der Bemühungen um ein Integriertes Küstenzonenmanagements (IKZM). Dessen Ziel ist es mittels Managementmaßnahmen im Küstenraum Konflikte lösen und nachhaltige Umweltqualität gewährleisten zu können. Am Beispiel des Seebads Kühlungsborns, des größten Bade- und Erholungsortes in Mecklenburg-Vorpommern, wurden die Indikatoren getestet, um zu erörtern, inwiefern sich der Ort heute (2012) im Vergleich zum Jahr 2000 in Richtung Nachhaltigkeit entwickelt hat. Dabei von besonderem Interesse waren der Einfluss der seit 2004 existierenden neuen Marina (Boothafen) sowie von Küstenschutzmaßnahmen (z.b. Buhnenbau) auf das Indikatorendergebnis. Die dafür benötigten Daten wurden u.a. durch Befragungen von Mitarbeitern der entsprechenden Behörden (z.b. Stadtverwaltung) und Recherche vor Ort (z.b. Auswertung von Bildmaterial) ermittelt. In der Betrachtung der Zahlenwerte der Indikatoren ist für Kühlungsborn ein positiver Aufwärtstrend in Richtung nachhaltigem Management erkennbar. Ein weiteres Indiz dafür, so die Autorin, ist die gemeindeinterne mehrjährige Tourismus-Strategie (seit 2010), da sie auf das Interesse an einer langfristigen (Tourismus-)Konzeption hinweist. Hier kommen ganz im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens soziale, ökologische und ökonomische, regionalspezifische Belange zur Sprache (Pakleppa 2014). Eine Anwendung der Indikatoren im Untersuchungsgebiet Zingst (Darß) geschah ebenfalls im Vergleich zwei verschiedener Zeitpunkte, dem heutigen mit dem Jahr 2026. Von Interesse war hier, ob sich die im Untersuchungsgebiet (OT Zingst und Sundische Wiesen) durchgeführten bzw. noch auszuführenden Sturmflutschutz- und Renaturierungsmaßnahmen (2016 Baustopp plus zehn Jahre Entwicklungszeitraum) im Indikatorergebnis niederschlagen. Die benötigten Daten wurden neben der Internetrecherche, ebenfalls telefonisch und durch Expertengespräche ermittelt. Bei dieser Arbeit wurden in der 4

Indikatoranwendung mögliche Konfliktfelder zwischen touristischem Expansionsgedanken (Wellnessresort) und Naturschutzbehörden sichtbar. Dennoch war auch hier ein positiver Trend in Richtung zu mehr Nachhaltigkeit zum Jahr 2026 in den Zahlenwerten erkennbar. Dies besonders im kulturellen, sozialen Bereich und dem Destinationsmanagement (sanfter Tourismus) durch die Etablierung eines langfristigen Konzepts (Völzke 2014). In der Gemeinde Markgrafenheide wurde ein Vergleich der Jahre 1980, 2000 und 2013 durchgeführt, um zu prüfen, ob sich die Renaturierung des Hütelmoors in den Indikatorergebnissen widerspiegelt. Die Renaturierung kombiniert Küstenschutz und Naturschutz und stellt auch eine Anpassung an den Klimawandel da. Die Indikatorenergebnisse spiegelten diese Maßnahme allerdings nur begrenzt wider, da Klimawandelanpassung nur einen sehr kleinen Bereich innerhalb des Indikatorsets darstellt und eine Bewertung, bzw. Vergleich schwierig ist (Schumacher, 2014). Bei den testweisen Anwendungen im Rahmen von Lehrveranstaltungen (Blockwochen) mit deutschen bzw. litauisch/internationalen Studenten wurden je kleine Arbeitsgruppen gebildet, die im Vergleich zu den obigen Masterstudenten nur einen Bruchteil der Recherchezeit (im Durchschnitt zwei bis drei Tage) erhielten. Beim Vergleich der finalen Indikatorergebnisse der Kleingruppen untereinander zeichnete sich ein eher homogenes Bild ab. Obwohl eine klare Dominanz einzelner Säulen (Ökologie, Ökonomie, Soziales, Politik/Verwaltung) der Nachhaltigkeit fehlten, waren wie bei den Recherchen der MasterstudentInnen einzelne markante gebietsspezifische Unterschiede auszumachen. 3. Evaluierung Dieses testweise angewendete Indikator-Werkzeug ermöglicht eine strukturierte Auseinandersetzung mit Zielen und Inhalten nachhaltiger Entwicklung in und mit Küstenregionen und -gemeinden. Auch wenn die Indikatorergebnisse im Detail teilweise fragwürdig sein können, stellen sie eine wichtige Diskussionsgrundlage dar. Von den Nutzern angesprochene Probleme bei der Anwendung der Indikatoren bezogen sich hauptsächlich auf Datenverfügbarkeit, Datenqualität und den Raumbezug. Um eine detaillierte erkenntnisbringende Anwendung realisieren zu können, sollte zudem Zeit zur Verfügung stehen. Um dem Fakt der Objektivität rechnen tragen zu können, müssten die Erhebungen an unterschiedlichen Orten von einem/r Bearbeiter/in durchgeführt werden. Die Idee die Indikatorergebnisse untereinander vergleichen zu wollen, sollte verworfen werden. So sollten auch die Daten nicht im Sinne vergleichender Messungen sondern aus analytischer Sicht gesammelt werden. Eine ganzheitliche Betrachtung anstatt einer vergleichenden Messung der Nachhaltigkeit ist anzustreben, da die Säulen der Nachhaltigkeit nicht voneinander getrennt betrachtet werden können. Am Beispiel der Masterarbeiten war erkennbar, das Nutzungsformen sich über längere Zeiträume verändern und somit kein homogenes Bild (als möglicherweise angestrebten gemeindeinternen Idealzustand) in den unterschiedlichen Säulen entstehen kann. 5

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Arbeit mit Indikatoren die Selbsteinschätzung fördert, hilft Probleme zu erkennen, Ziele zu fokussieren und die Tragweite von Beschlüssen einzuschätzen. So können Indikatoren als Planungswerkzeug, in der Analyse und bei politischen Endscheidungsprozessen dienlich sein. Durch Indikatoranwendungen im mehrjährigen Abstand können Veränderungen und deren Richtung möglicherweise frühzeitig erkannt und entsprechend darauf reagiert werden. Ihre Anwendung regt darüber hinaus zum internen Austausch (zwischen Interessengruppen) sowie zur aktiven (Mit-) Gestaltung der äußeren Bedingungen an und somit einer zukünftigen nachhaltigen Entwicklung. Die Anwendungen im Rahmen der Lehre zeigten zudem, dass der Aspekt der Weiterbildung und Sensibilisierung auch im schulischen und universitären erfüllbar ist. Anwendungen in Kursen verdeutlichen den Teilnehmern Vorteile und Funktion von Indikatoren als Werkzeug und fördern eine kritische Auseinandersetzung mit methodischen Ansätzen im Bereich IKZM und Nachhaltigkeit. Darüber hinaus kann es zudem für eine Gemeinde ein erster Schritt hin zur Formulierung einer spezifischen Entwicklungsvision sein, z.b. für die nächsten 30 Jahre. Mit der gedanklichen Vorausschau können Beteiligte bereits heute testen, ob und wie sie sich für eine Verbesserung des Status der Nachhaltigkeit einsetzen können. Hinzu kommt, dass die ermittelten Daten im Rahmen des QualityCoast Programms zur Bewerbung um das QualityCoast-Label bei der Coastal and Marine Union eingereicht werden können. Kommt es zu einer Zertifizierung, dient diese der öffentlichen Honorierung der kommunalen Anstrengungen in Sachen Nachhaltigkeit und zur werbenden Verbraucherinformation im Tourismus. Wirtschaftlich betrachtet, kann ein derartiges Ecolabel einen erheblichen Wettbewerbsvorteil darstellen. Die wissenschaftliche Anwendung im Rahmen des RADOST-Projektes (auf Ebene einzelner Praxispartner) lieferte einen ersten wichtigen Schritt, der folgend nun mit den Partnern evaluiert werden wird. Die durch die Indikatorarbeit ermittelten regionalen Ergebnisse und Erfahrungen werden auch über das Projektende hinaus, z.b. in Form von best practice in der (Umwelt-) Kommunikation genutzt werden. Diese Indikatoranwendung dient dem langfristigen Ziel der EUCC-D Veränderungen auf lokaler/regionaler Ebene im Hinblick auf eine Klimawandelanpassung messen und quantifizieren zu können. 6

Publikationen Schernewski, G.; Schönwald, S.; Katarzyteb, M. (2014): Application and evaluation of an indicator set to measure and promote sustainable development in coastal areas; Ocean and Coastal Management 2014, 1-12. Schönwald, S., Schernewski, G. (2014): Nachhaltige Entwicklung an der Küste messen und bewerten; Geographische Rundschau, 03/2014. Quellen BMU, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2002): Integriertes Küstenzonenmanagement in Deutschland - Nationale Strategie für ein integriertes Küstenzonenmanagement ; Bestandsaufnahme, Stand 2006, nach der EU- Empfehlung 2002/413/EG vom 30. Mai 2002, Kabinettsbeschluss vom 22.03.2006 http://www.ikzm-strategie.de/ikzm.php (Stand 03/2014) European Council (2006): Current Sustainable Development Strategy. DOC 10917/06 Pakleppa, Stephanie (2014): Messung von nachhaltiger Entwicklung und Anpassung an den Klimawandel eine Untersuchung am Beispiels des Seebads Kühlungsborn, Masterarbeit im Fernstudium Umweltschutz, Universität Rostock QualityCoast Programme, c/o EUCC, P.O. Box 11232, NL-2301 EE Leiden, The Netherlands, http://www.qualitycoast.info/ (Stand 04/2014) Schumacher, J. (2014): Measuring Sustainability and Climate Change Adaptation in Coastal Communities an Application of the QualityCoast Indicators for Markgrafenheide/Hütelmoor, University of Akureyri, Island SUSTAIN Partnership (2012): Measuring Coastal Sustainability. A guide for the selfassessment of sustainability using indicators and a means of scoring them. http://www.sustain-eu.net/de/what_are_we_doing/guide1_measuring_de.pdf Völzke, M. (2014): Messbarkeit der Nachhaltigkeit sowie der Anpassung an den Klimawandel an der Küste. Eine Untersuchung am Beispiel der Region Zingst, Masterarbeit im Fernstudium Umweltschutz, Universität Rostock 7