Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg 10.06.2015, Dr. med. Johannes Fechner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVBW
I. Zahlen, Daten, Fakten
Entwicklung Anzahl Substitutionspatienten substituierende Ärzte - II Jahr Jeweils zum 31.12. Anzahl Substitutionspatienten Anzahl Ärzte mit Genehmigung Anzahl tatsächlich substituierende Ärzte 2005 7713 361 320 2006 8261 367 323 2007 8740 353 298 2008 8741 356 284 2009 8762 350 288 2010 9079 346 269 2011 9297 346 271 2012 9570 342 261 2013 9752 329 254 2014 9868 325 251 Datenstand: 31.12.2014 3
Verteilung der Substitutionspatienten in Baden-Württemberg 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 Substitutionspatienten in BW 3547 2570 2249 1502 Freiburg Karlsruhe Stuttgart Tübingen Gesamtzahl: 9868 Datenstand: 31.12.2014 4
5 7. Mai 2015, GB ZS, Frau Winterle
Altersstruktur der substituierender Ärzte in BW Altersdurchschnitt in BW subst. Ärzte mit Fachkunde subst. Ärzte im Konsiliarverfahren gesamt BW 59,0 56,9 FR 59,8 57,4 KA 58,5 55,7 TÜ 58,1 58,0 ST 59,3 56,5 (Datenstand: 31.12.2014) 6
II. Bürokratie, Dokumentation und Qualitätssicherung 7
Vorschriften zur substitutions-gestützten Behandlung Opiatabhängiger GBA-Richtlinie Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) Richtlinien zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger der Bundesärztekammer Weitere Rechtsgrundlagen Betäubungsmittelgesetz (BtMG) Richtlinie der KVBW (QS-Richtlinie Substitution) 8
Genehmigungspflicht der Substitution Facharzt für (Kinder- und Jugend-) Psychiatrie Fachkunde / Zusatzweiterbildung Suchtmedizin Konsiliarverfahren 9
Konsiliarverfahren Allgemeine Informationen zum Altersdurchschnitt, den Patientenzahlen und der Verteilung in Baden-Württemberg 10 7. Mai 2015, GB ZS, Frau Winterle
Konsiliarverfahren Substitutionsbehandlung durch Ärzte ohne die Zusatzweiterbildung Suchtmedizin von bis zu drei Patienten aus Sicherstellungsgründen nach Genehmigung durch die zuständige KV Voraussetzung: Patient ist zu Beginn der Behandlung und zukünftig mind. 1x / Quartal einem beratenden Arzt mit der Zusatzweiterbildung Suchtmedizin vorzustellen (Supervision) 11
Konsiliarverfahren Patientenanzahl bei Ärzten im Konsiliarverfahren 1 Patient 2 Patienten 3 Patienten 12 Datum, Autor
13 Datum, Autor
Meldepflicht an das Substitutionsregister Jeder Arzt, der ein Substitutionsmittel für einen opiatabhängigen Patienten verschreibt, hat unverzüglich dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben zu melden. 14
Dokumentationspflicht / Bescheinigung über Psychosoziale Betreuung Der substituierende Arzt muss gemäß 3 Abs. 4 der Richtlinien für jeden Substituierten ein umfassendes, individuelles Therapiekonzept zu Beginn der Behandlung erstellen und den Verlauf hieran kritisch überprüfen. Der Dokumentation ist eine aktuelle schriftliche Bestätigung der psychosozialen Beratungsstelle über die Aufnahme oder die Fortführung oder Nichterfordernis einer psychosozialen Betreuung beizufügen. 15
Substitution und psychosoziale Betreuung Die psychosoziale Betreuung ist im Rahmen der Substitutionsbehandlung verpflichtend. Der Arzt hat darauf hinzuwirken, dass der opiatabhängige Patient mit der entsprechenden Einrichtung Kontakt aufnimmt, in der der Bedarf an psychosozialer Betreuung in Absprache mit dem behandelnden Arzt abgeklärt wird. Psychosoziale Betreuung und ärztliche Behandlung sollen laufend koordiniert werden. Der substituierende Arzt wirkt darauf hin, dass die aktuell erforderlichen begleitenden Maßnahmen in Anspruch genommen werden. 16
Überprüfung gem. Richtlinien durch QS-Kommission/ Entscheidung des Arztes über Substitutionsindikation Für folgende Behandlungen ist eine Überprüfung gem. 9 Abs. 4 der Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger vorgesehen: bei Jugendlichen unter 18 Jahren bei Patienten, die weniger als 2 Jahre abhängig sind bei Patienten, die mit Codein/DHC substituiert werden In diesen Fällen hat der Arzt die patientenbezogenen Dokumentationen mit den jeweiligen umfassenden Therapiekonzepten sowie den Behandlungsdokumentationen unverzüglich mit Aufnahme der Substitutionsbehandlung an die Qualitätssicherungskommission zur Prüfung zu übermitteln. Im Übrigen entscheidet der behandelnde Arzt gem. 3 der Richtlinien über das Vorliegen einer Substitutionsindikation. 17
Verschreibung ( 5 BtMVV) 3 verschiedene Verschreibungsweisen: 1. Sichtbezug: Rezeptkennzeichnung S ; wird vom Arzt oder Praxispersonal direkt in die Apotheke gebracht. 2. Zwei-Tage (Zusatz)-Verordnung: Rezeptkennzeichnung S und Z und Angabe der Reichdauer in Tagen, für den Bedarf von bis zu zwei Tagen; darf dem Patienten maximal einmal pro Woche ausgehändigt werden; wird vom Patienten in die Apotheke gebracht. 3. Take-Home -Verordnung: Rezeptkennzeichnung S und Angabe der Reichdauer in Tagen; für den Bedarf von bis zu 7 Tagen (Ausnahme Auslandsaufenthalte der Patienten bis zu 30 Tage pro Jahr, meldepflichtig bei Regierungspräsidium); wird vom Patienten in die Apotheke gebracht. 18
Vertretung Bei Weiterbetreuung eines substituierten Patienten während Abwesenheit des substituierenden Arztes ist für die Vertretung eine Substitutionsbescheinigung gemäß 5 Abs. 9 der BtMVV zu erstellen. Die Vertretung eines substituierenden Arztes sollte nach Möglichkeit nur von einem Arzt übernommen werden, der die Mindestanforderungen an die suchttherapeutische Qualifikation erfüllt. Ist dies in Einzelfällen nicht möglich, so kann die Vertretung zur Sicherstellung der kontinuierlichen Betreuung der Patienten auch durch einen Arzt übernommen werden, der diese Mindestanforderungen nicht erfüllt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertreter vom federführenden Arzt unterwiesen wird und in die vom federführenden Arzt zu verantwortende Substitutionsbehandlung nur nach Rücksprache verändernd eingreift. Diese Vertretung kann für einen Zeitraum von bis zu vier Wochen und längstens insgesamt 12 Wochen im Jahr erfolgen ( 5 Abs. 3 Satz 4 BtMVV). 19
Diamorphingestützte Behandlung In Stuttgart wurde nach Karlsruhe im Juli letzten Jahres die zweite diamorphingestützte Einrichtung in Baden-Württemberg für die Behandlung Schwerstabhängiger eröffnet. Zwischenzeitlich sind mit Stand vom 05.05.2015 in Karlsruhe und Stuttgart 71 Patienten in Diamorphinsubstitution. 20
Abschnittsfolie was tut die KV 21
Stichprobenüberprüfungen und Überprüfungen nach 5 Behandlungsjahren Überprüfung der Substitutionen durch die QS-Kommission im Rahmen von Stichprobenprüfungen von mindestens 2 % der abgerechneten Fälle je Quartal. Ferner Überprüfung pro Patient nach Ablauf von 5 Behandlungsjahren. Bei Bedarf kann die Kommission zusätzlich einzelne Ärzte für eine umfangreichere Prüfung auswählen. 22
Qualitätssicherungs-Kommission - I Die Qualitätssicherungs-Kommission prüft folgende Aspekte: Indikation nach den Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung Eingangs-Urinkontrolle/Verlaufsurinkontrollen Bescheinigung psychosoziale Betreuung Therapieziele/Perspektive Dokumentation der Begleiterkrankung Take-Home-Verordnung Beigebrauch Orientierung an Richtlinien Bundesärztekammer Im Fall Diamorphinsubstitution, die gesetzliche vorgesehenen Voraussetzungen 23
Qualitätssicherungs-Kommissionen - II 4 regionale QS-Kommissionen paritätisch besetzt mit 3 Ärzten und 3 Kassenvertretern 1 landesweite QS-Kommission paritätisch besetzt mit den 4 Vorsitzenden der regionalen Kommissionen und 4 Kassenvertretern. Diese Kommission hat die Verfahrensweisen in den vier Bezirksdirektionen zu koordinieren und gemeinsame Instrumente zur Qualitätssicherung zu entwickeln. 24
Unterstützende Maßnahmen für substituierende Ärzte von Seiten KVBW - I Initiative KVBW Übernahme der Kursgebühr für den Erwerb der Zusatzbezeichnung Voraussetzung: der Vertragsarzt verpflichtet sich, mindestens zwei Jahre Substitutionen in eigener Praxis durchzuführen Ausweitung des Angebots auf angestellte Ärzte Mitteilungsblatt Aktuelles zu Substitution Die substituierenden Ärzte werden einmal im Jahr schriftlich über Neuigkeiten, Wissenswertes und Aktuelles aus dem Themenbereich der Substitution informiert. 25
Unterstützende Maßnahmen für substituierende Ärzte von Seiten KVBW - II Jährliche Erfahrungsaustausche für substituierende Ärzte und medizinische Fachangestellte der KVBW in Zusammenarbeit mit den QS-Kommissionen Diskussion von Problemfälle im Rahmen der Substitution und von schwierig zu betreuenden Patientengruppen Informationen über aktuelle Substitutionsthemen sowie neueste Entwicklungen und Therapieansätze im Bereich der Substitution durch fachkundige Referenten 26
Unterstützende Maßnahmen für substituierende Ärzte von Seiten KVBW - III Suchtgipfel KVBW (Vorstand der KVBW, Vorsitzende der regionalen QS-Kommissionen, Vertreter der Ärztekammer) Diskussion von Versorgungsproblemen Sicherstellungsthemen Nachwuchsgewinnung und Motivation der substituierenden Ärzte durch Schaffung von finanziellen und strukturellen Anreizen (EBM-Änderungen) 27
Unterstützende Maßnahmen für substituierende Ärzte von Seiten KVBW - VI Substitutionsausweis Gemeinsam mit dem Sozialministerium und der Landesärztekammer gibt die KVBW einen für Baden-Württemberg einheitlichen Substitutionsausweis heraus. Hierdurch wird der Schutz substituierter Patienten deutlich verbessert, da dokumentiert wird, dass sich der Patient in einer Substitutionsbehandlung befindet, mit welchem Präparat und bei welchem Arzt die Behandlung durchgeführt wird und wer die psychosoziale Betreuung übernimmt. So kann sich der Patient z.b. bei polizeilichen Kontrollen oder akuten Krankenhausaufenthalten als Substitutionspatient ausweisen. 28
Unterstützende Maßnahmen für substituierende Ärzte von Seiten KVBW - IV Beratung durch QS-Kommission Bei Fragen bezüglich der Substitution können sich die Vertragsärzte an die Qualitätssicherungs-Kommission wenden und erhalten eine schriftliche Antwort, ferner stehen die jeweiligen Vorsitzenden der Kommissionen auch für telefonische Anfragen zur Verfügung. Ansprechpartner BD Freiburg: Frau Müller, Tel.: 0761 / 884-4162 BD Karlsruhe: Frau Biedermann, Tel.: 0721 / 5961-1167 BD Reutlingen: Frau Schleeh, Tel.: 07121 / 917-2386 BD Stuttgart: Frau Weisenstein, Tel.: 0711 / 7875-3336 29
Diskussionsaspekte zur Substitution aus Sicht der KV 30
Praktische Erfahrungen und Probleme von Substitutionsärzten oftmals fehlende Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit von Substitutionspatienten Vertuschung des Beikonsums von Alkohol, anderen Medikamenten etc. Nichteinhaltung von vereinbarten Terminen alkoholisiertes (oder unter Einnahme anderer Drogen) Erscheinen in der Praxis hoher Aufwand alle rechtlichen Vorgaben (BtMG, BtMVV, G-BA RL, QS-RLen usw.) einzuhalten Probleme bei der Verordnung für einen längeren Zeitraum bei Reisen innerhalb Deutschlands (in der BtMVV ist explizit nur der Auslandsaufenthalt geregelt: der Patient muss sich demnach am besten schon vor der Anreise einen Arzt zur Substitutionsbehandlung am Urlaubsort suchen) 31
32
33
34
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 35