Das Hamburger Modell der Grundstücksvergabe Grundstücksvergabe für gemeinschaftliches Wohnen FORUM Gemeinschaftliches Wohnen e.v. Frankfurt 16.06.2017 Verena Wein-Wilke, Amt für Wohnen, Stadterneuerung und Bodenordnung Agentur für Baugemeinschaften
Konzeptausschreibungen Vergabe städtischer Flächen nach Konzeptqualität Prinzip: nicht nur der Preis, sondern die Qualität des Konzepts bestimmt mit über die Vergabe / den Verkauf eines städtischen Grundstücks Bewertung der Gebote: 30 % Höhe des Gebots 70 % Konzeptqualität Kriterien für die konzeptionelle Qualität: Wohnungspolitik (Integrationsleistungen, Anteil geförderte Wohnungen, Anteil Wohnungen für besondere Personengruppen etc.) Städtebau Energetische Standards
Beispiel Konzeptausschreibung Drosselstraße zentrale Lage in Barmbek Potenzial für ca. 100 WE Grundstück voll erschlossen Schaffung von Baurecht erforderlich vorgeschaltetes Wettbewerbsverfahren mit 5 7 Teilnehmern Ziel: 5 Vollgeschosse + Staffel
Beispiel Konzeptausschreibung Drosselstraße Wohnungspolitische Vorgaben insgesamt 280 Punkte min. 30 %, max. 50 % öffentlich geförderter Mietwohnungsbau; bis zu 100 Punkte min.10% der Wohnungen mit WA-Bindung, ein höherer Anteil bis max. 15 % wird besser bewertet 50 Punkte längere Sozialbindung und Nichtumwandlung in Eigentumswohnungen bei Nichtüberschreiten des Mietenspiegel-Mittelwerts werden besser bewertet 50 Punkte Besondere Angebote, Wohnungsmix, Baugemeinschaften 80 Punkte W o h n u n g s p o l i t i k
Beispiel Konzeptausschreibung Drosselstraße Städtebauliche Vorgaben insgesamt 280 Punkte Gutachterverfahren mit 5 Teilnehmern zwingend Städtebaulich-hochbaulicher Wettbewerb nach RPW mit 5 Teilnehmern 200 Punkte mit 7 Teilnehmern 280 Punkte W o h n u n g s p o l i t i k S t ä d t e b a u
Beispiel Konzeptausschreibung Drosselstraße Energetische Vorgaben Mindeststandard ist der gesetzliche Standard. Bessere werden wie folgt bewertet: KfW-Effizienzhaus 70 20 Punkte KfW-Effizienzhaus 55 50 Punkte IFB-Effizienzhaus 40 80 Punkte IFB Passivhaus 100 Punkte IFB Effizienzhaus Plus 120 Punkte nachhaltige Dämmstoffe mit Gütesiegel 10 Punkte innovativer Techniken oder Zertifikat nachhaltiges Bauen (DGNB oder NaWoh*) insgesamt 140 Punkte 10 Punkte Energiestandards W o h n u n g s p o l i t i k S t ä d t e b a u Energetische Standards
Konzeptausschreibungen Billanz Verkäufe und Anhandgaben in 2016 Verkäufe insgesamt: 50 Grundstücke für den Geschosswohnungsbau für ca. 3.290 WE davon 22 Konzeptausschreibungen für 1.263 WE, davon 540 gefördert (42%) 125 WE Stadthäuser/RH, frei finanziert Anhandgaben insgesamt: 17 Grundstücke für ca. 1.545 WE davon 13 Konzeptausschreibungen für 1.285 WE, davon 453 gefördert (35%) 30 WE Stadthäuser/RH, frei finanziert
Neuausrichtung der Grundstückspolitik Entscheidung, die Grundstückspolitik stärker sozial auszurichten Bei Ausschreibung von städtischen Grundstücken nach Konzeptqualität muss regelhaft mindestens ein Drittel der Wohnungen öffentlich gefördert und bis zu 10% der Wohnungen für vordringlich Wohnungsuchende realisiert werden. Option einer verlängerten Bindung der öffentlich geförderten Wohnungen auf bis zu 30 Jahre möglich. Bei Sozialwohnungen 30-jähriger Verzicht der Umwandlung der Mietwohnung in eine Eigentumswohnung und nach dem Auslaufen der Bindung die Begrenzung der Miete (nettokalt) auf den Mittelwert des Hamburger Mietenspiegels.
Neuausrichtung der Grundstückspolitik Modellvorhaben zum kostensparenden Bauen Konzeptausschreibungsverfahren freifinanzierter Mietwohnungsbau mit Bindung an eine Nettokaltmiete von maximal 8,00 /m² Wfl Erweiterung des bisherigen Angebots bezahlbaren Wohnungsbaus ohne Förderung und Belegungsbindung, Mietstabilität garantiert für 5 Jahre (danach BGB und Mietspiegel) Angebot für Haushalte, knapp über der Einkommensgrenze derzeit Ausschreibung von zwei Grundstücken als Modellvorhaben im Verfahren, ergänzend ein weiteres Grundstück durch SAGA GWG Einhaltung der Standards (hinsichtlich Bauqualität, Energie und Gestaltung) unter Einbezug möglicher Baukostenreduzierung (als Bewertungskriterium)
Grundstücke für Baugemeinschaften Baugemeinschaften in Hamburg Zusammenschluss von Bauwilligen, die gemeinsam Wohnraum zur Selbstnutzung schaffen wollen quantitativ kein hoher Stellenwert auf dem Wohnungsmarkt qualitativer Mehrwert (z.b. familienfreundlich, integrativ, besonderer Quartiersbezug, engagiert, hohe ökologische Standards) Wesentlicher Unterschied bei der Bereitstellung von Grundstücken über die Agentur ist die Vergabe zum Verkehrswert, also Konzeptausschreibung mit Festpreis
Grundstücke für Baugemeinschaften Welche Erfahrungen lassen sich daraus ableiten? Was funktioniert und was wird adaptiert die soziale Mischung mit unterschiedlichen Einkommensgruppen, Kulturkreisen, Altersgruppen Diskussionsprozesse sind selbstverständlich Bürgerbeteiligung Aufbrechen der Anonymität Integration Welche Nutzergruppen werden erreicht junge Familien SeniorInnen zunehmend mehr Wohngemeinschaften welche nicht Immigranten alleinstehende Senioren
Akteure am Baugemeinschafts-Prozess beteiligte Akteure die Baugemeinschaft (Gruppen) selbst Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen die Baubetreuer die Architektinnen und Architekten die Hamburgische Investitions- und Förderbank die Fachämter der Bezirke weitere Fachbehörden und weitere Institutionen ggf. Baugenossenschaften
Agentur für Baugemeinschaften seit 2003 übernimmt die Agentur für Baugemeinschaften die Aufgabe, die verwaltungsinternen Fachaufgaben zu steuern die Agentur ist zentrale Anlaufstelle für Baugemeinschaften die Baugemeinschaften können sich hier registrieren lassen die Agentur berät Interessenten hinsichtlich der Verfahrenswege und der Förderbedingungen 10 Jahre Agentur für Baugemeinschaften Jubiläum am 22.08.2013 die Agentur unterstützt Baugemeinschaften bei der Grundstückssuche und vergibt städtische Grundstücke
Agentur als zentrale Anlaufstelle Baugemeinschaftsprojekte werden in Hamburg zumeist auf städtischen Grundstücken realisiert Hamburg bietet Baugemeinschaften einen Anteil von 20 % der verfügbaren städtischen Wohnbauflächen für Geschosswohnungsbau an die Vergabe erfolgt nach einem zwischen Finanzbehörde und Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen festgelegten Verfahren die Disposition des Flächenanteils für Baugemeinschaften erfolgt zunächst zu Gunsten der Agentur für Baugemeinschaften die Agentur bietet das Grundstück den Baugemeinschaften zum Festpreis (Verkehrswert) an
Kriterien für die Grundstücksvergabe Nach welchen Kriterien erfolgt die Vergabe von Grundstücken an Baugruppen? Kriterien für die Baugemeinschaften an die Grundstücksvergabe Gruppenbezogene Kriterien, z.b.: Inhaltliches & soziales Konzept Stabilität der Gruppe Teamfähigkeit & Belastbarkeit Objekt bezogene Kriterien, z.b.: Originalität des Konzeptes Ökologisches Konzept Finanzierungskonzept ergänzende Auswahlkriterien, z.b.: Wohnungsanzahl erfolglose Bewerbungen
Baugemeinschaftsprojekte Fertig gestellt 1990-2002 31 Projekte mit 600 Wohnungen 2003 2017 68 Projekte mit 1.662 Wohnungen Im Bau 14 Projekte ca. 313 Wohnungen In Planung 47 Projekte mit ca. 1060 Wohnungen (Stand: Mai 2017)
Baugemeinschaften in Mitte Altona Baublock: Ia.02 (Nordfläche) ca. 100 WE auf vier Baufeldern (davon drei im Eigentum der FHH) Eigentumsformen: öffentlich geförderte, genossenschaftliche Mietwohnungen Eigentumswohnungen Baublock: Ib.03 (Südfläche) rund 160 WE auf vier Baufeldern sowie eine Kindertagesstätte und ein Integrationsprojekt Eigentumsformen: öffentlich geförderte, genossenschaftliche Mietwohnungen Eigentumswohnungen
Baugemeinschaften in Mitte Altona Auswahlkriterien für Mitte Altona Liste aller Mitglieder der Baugemeinschaft ausgefülltes Bewerbungsformular mit den wesentlichen Angaben Finanzierungskonzept einschl. Eigenkapitalnachweis Inhaltliches Konzept der Baugemeinschaft (Barrierefreiheit, Integrationsleistungen etc.) Angaben über energetischen Standard Vorvertrag mit Baubetreuer Durchführung eines Workshopverfahrens
Baugemeinschaften in Mitte Altona Eine ausgewählte Baugemeinschaft 38 Wohnungen im genossenschaftlich geförderten Mietwohnungsbau (Hamburger Wohnen eg) Baubetreuer Stattbau Hamburg Zusätzlich 2 3 WE für Erwachsene mit psychischen, geistigen oder körperlichen Einschränkungen über Insel e.v. Weitere 2 WE für Flüchtlinge (Koop. f&w) im EG inklusive Kita sowie Stadtdorf-Kontor (für Freiberufler und zur Organisation für Quartiersveranstaltungen) IFB-Effizienzhaus-40-Standard Carsharing-PKW-Stellplatz
Pergolenviertel in Barmbek
Pergolenviertel insgesamt ca. 1.400 Wohnungen Ziel: 60% öffentlich gefördert 40% freifinanziert 20% für Baugemeinschaften www.forum-pergolenviertel.de
Pergolenviertel Pergolenviertel Baufeld 10 Insgesamt ca. 157 Wohnungen + 1 WG + Nachbarschaftscafé
Konzeptausschreibung Sportplatzring Quartiersentwicklung in Stellingen Insgesamt ca. 680 WE 50 % öffentlich gefördert, davon 200 WE SAGA 10% mit WA-Bindung Quartiersmanagement und Einzelhandel zentraler Grünzug 2 Baugemeinschaften 23
Baugemeinschafts-Grundstücksangebote Elfenwiese in Marmstorf: 20 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
Baugemeinschafts-Grundstücksangebote Sanitasstraße in Wilhelmsburg: ca. 20 bis 25 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
andere Grundstücksangebote Kolbenschmidt-Areal in Altona: Verpflichtung eines privaten Investors zur Berücksichtigung von Baugemeinschaften
Fazit Bilanz - seit Einführung der Konzeptausschreibungsverfahren für städtische Grundstücke in 2010 über 75 Grundstücke (ohne HafenCity) für über 5.000 WE sind Anhand gegeben/verkauft worden 20 Grundstücke sind parallel (nur) für Baugemeinschaften vergeben (Anhandgabe/Verkauf) worden (ca. 470 WE) ca. 10 Grundstücke sind in Vorbereitung ca. 5 Grundstücke sind im Verfahren (nur) für die Zielgruppe vordringlich Wohnungssuchende (100% mit Belegungsbindung), sowie weitere (kleine) Grundstücke für soziale Projekte 2 Grundstücksausschreibungen im Verfahren mit Vorgabe 8 /m²wfl (ohne Förderung) und ein weiteres von SAGA
weitere Rückfragen Verena Wein-Wilke Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Amt für Wohnen, Stadterneuerung und Bodenordnung Verena.wein-wilke@bsw.hamburg.de