K 7.1 RECHTSSCHUTZ. Rechtsschutz 7



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Transkript:

7 RECHTSSCHUTZ Wogegen kann ein Rechtsmittel ergriffen werden? Wie ge stal tet sich das Verfahren und wie lange dauert es? Kann das Beschaffungsvorhaben trotz einer Beschwerde weitergeführt werden? K 7.1 Der Ablauf eines Beschwerdeverfahrens, dargestellt an einem Beispiel K 7.2 Handbuch für Vergabestellen 2004 Seite 7-1

Anfechtbare Entscheide Zuschlag Auswahl der Teilnehmenden im selektiven Verfahren Ausschluss aus dem Verfahren Abbruch des Verfahrens Ausschreibung Widerruf des Zuschlags Sanktionen Nicht-Aufnahme in eine ständige Liste oder Streichung aus einer ständigen Liste Beschwerdeverfahren Entscheid/Verfügung der Vergabestelle Eröffnung/Mitteilung Beschwerde an Verwaltungsgericht (Frist 10 Tage ab Eröffnung), Gerichtsferien gelten nicht Gründe: Rechtsverletzungen/Ermessensüberschreitung bzw. -missbrauch unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsfeststellung nicht aber Unangemessenheit! Aufschiebende Wirkung Grundsatz: keine Zuerkennung von Amtes wegen Zuerkennung auf Gesuch Entscheid des Gerichts (bei gutgeheissener Beschwerde) Vertrag schon abgeschlossen Vertrag noch nicht abgeschlossen Aufhebung der Verfügung und selbständiger Sachentscheid Feststellung der Rechtswidrigkeit Rückweisung mit oder ohne Anordnung Handbuch für Vergabestellen 2004 Seite 7-2

1. Wogegen kann Beschwerde erhoben werden? Anfechtbar sind: Zuschlag (bei allen Verfahren; es kann auch gerügt werden, es sei das falsche Verfahren angewendet worden, z.b. freihändiges statt offenes Verfahren) Art. 15 Abs. 1 bis IVöB Auswahl der Teilnehmenden im selektiven Verfahren (Abschluss der 1. Stufe) Ausschluss aus dem Verfahren (wegen verspäteter Eingabe, Unvollständigkeit, Nichteignung) Abbruch des Verfahrens (z.b. wegen Absprachen, wesentlichen Projektänderungen, Verzicht auf Vorhaben infolge Kreditverweigerung) Ausschreibung (Veröffentlichung) im offenen und selektiven Verfahren Widerruf des Zuschlages (z.b. wegen nachträglich bekannt werdender Nichteignung) Sanktionen (Verwarnung, Widerruf, Ausschluss von künftigen Vergabeverfahren) Nicht-Aufnahme in eine ständige Liste oder Streichung aus einer ständigen Liste* 4b Abs.1 BeiG 2. Wer kann Beschwerde erheben**? Beschwerdeberechtigt sind nur Anbietende, die bei Gutheissung der Beschwerde eine realistische Chance auf den Zuschlag haben, oder Anbietende, die an der Ausschreibung teilnehmen können, wenn sie noch einmal neu durchgeführt werden muss. Kein Beschwerderecht haben Arbeitnehmende von nicht berücksichtigten Anbietenden, Subunternehmen oder Zulieferfirmen, Berufsverbände, paritätische Kommissionen oder allgemein Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. * Vergabestellen können ständige Listen über qualifizierte Anbietende führen ( 23 SVO). Solche ständigen Listen sind bisher im Kanton Zürich nicht eingeführt worden. ** Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich schwergewichtig auf den häufigsten Fall der Beschwerden gegen einen Zuschlag. Bei Beschwerden z.b. gegen die Ausschreibung, den Ausschluss oder gegen einen Widerruf ergeben sich Besonderheiten, auf die im Rahmen dieses Handbuchs nicht eingegangen wird. Handbuch für Vergabestellen 2014 Seite 7-3

3. Wo und innert welcher Frist ist Beschwerde zu erheben? Die Beschwerde ist direkt beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich einzureichen. Ein verwaltungsinternes Rechtsmittel (Einsprache oder Rekurs) steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde muss innert 10 Tagen seit Eröffnung der Verfügung erhoben werden. Eine Erstreckung dieser Frist ist nicht möglich. Die Gerichtsferien gelten nicht. Wird ein Zuschlag im freihändigen Verfahren erteilt und erfolgt keine Veröffentlichung dieses Zuschlages, läuft die Rechtsmittelfrist von 10 Tagen erst ab Kenntnis der Vergabe. Eine Beschwerdeführerin oder ein Beschwerdeführer kann in einem solchen Fall z.b. vorbringen, das freihändige Verfahren sei fälschlicherweise gewählt worden. Art. 15 IVöB 4. Welche Wirkungen hat eine Beschwerdeerhebung? Grundsatz Eine Beschwerde hat nicht automatisch aufschiebende Wirkung. Diese wird in der Regel nur dann gewährt, wenn sie von der Beschwerdeführerin oder vom Beschwerdeführer ausdrücklich verlangt wird; wenn die Beschwerde ausreichend begründet ist (d.h. wenn Chancen auf Gut - heissung der Beschwerde bestehen) und wenn keine wesentlichen öffentlichen Interessen insbesondere eine von der Ver gabestelle unverschuldete zeitliche und sachliche Dringlichkeit dagegen sprechen. Steht die Erteilung der aufschiebenden Wirkung zur Diskussion, lädt das Verwaltungsgericht die Vergabestelle zur Stellungnahme ein und untersagt ihr, einen Vertrag abzuschliessen, bis über das Gesuch entschieden ist. Art. 17 IVöB Der Entscheid über die aufschiebende Wirkung erfolgt aufgrund einer Interessenab - wägung zwischen den Anliegen der Beschwerdeführerin oder des Beschwerdeführers und der Vergabestelle. Wichtig ist deshalb, dass die Vergabestelle die Dringlichkeits - gründe präzise darstellt und/oder die geringen Erfolgsaussichten der Beschwerde darlegt. Bei Beschwerden gegen den Widerruf des Zuschlags oder gegen den Abbruch des Verfahrens wird grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung erteilt. Handbuch für Vergabestellen 2011 Seite 7-4

Folgen für das Vergabeverfahren Wird einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt, ist der Entscheid des Verwaltungsgerichtes abzuwarten, und das Vergabeverfahren darf nicht weiter geführt werden. Wird der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt, kann der privatrechtliche Vertrag abgeschlossen und das Projekt weiter geführt werden. Richtet sich die Beschwerde gegen den Präqualifikationsentscheid im selektiven Verfahren (1. Stufe), steht der Vergabebehörde bei Gewährung der aufschiebenden Wirkung die Möglichkeit offen, den Beschwerdeführenden vorläufig am Submissionsverfahren teilnehmen zu lassen. Sie kann ihn provisorisch zur Offertstellung einladen, damit das Vergabeverfahren wie vorgesehen weiter geführt werden kann. 5. Welches sind die zulässigen Beschwerdegründe? Mit einer Beschwerde können Rechtsverletzungen (auch Ermessensüberschreitung und Ermessensmissbrauch) sowie fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen gerügt werden. Nicht gerügt werden kann aber Unangemessenheit. Solange die Vergabestelle ihren Entscheid innerhalb des ihr zustehenden Ermessensspielraumes getroffen hat, ist dem Verwaltungsgericht eine Korrektur des angefochtenen Entscheides verwehrt, selbst wenn es einen anderen Entscheid als zweckmässiger erachtet. Art. 16 IVöB 6. Wie läuft ein Beschwerdeverfahren ab? Das Verfahren vor Verwaltungsgericht ist in der Regel schriftlich. Eine anwaltliche Vertretung ist nicht vorgeschrieben. 2 BeiG Wesentliche Verfahrensschritte: Das Gericht teilt der Vergabestelle den Eingang einer Beschwerde unverzüglich mit und fordert sie auf, innert einer angesetzten Frist (z.b. 10 oder 20 Tagen) zur Beschwerde und soweit beantragt zur aufschiebenden Wirkung Stellung zu nehmen. Das Gericht entscheidet über die aufschiebende Wirkung und teilt den (nicht anfechtbaren) Entscheid den Parteien mit. Die Beschwerdeführerin/der Beschwerdeführer erhält die Gelegenheit, gestützt auf die Ausführungen der Beschwerdeantwort, die Beschwerde noch ohne Kostenfolge zurückzuziehen. Will sie oder er die Beschwerde aufrecht erhalten, ist in einer zweiten Eingabe (= Replik) zu den Ausführungen in der Beschwerdeantwort Stellung zu nehmen. Anschliessend kann auch die Vergabestelle noch eine zweite Eingabe (= Duplik) einreichen. Nach Abschluss des Schriftenwechsels fällt das Verwaltungsgericht innert ca. 2 12 Monaten seinen Entscheid. Beschwerden mit aufschiebender Wirkung werden vom Gericht in der Regel schneller behandelt als solche ohne aufschiebende Wirkung. Handbuch für Vergabestellen 2011 Seite 7-5

7. Welches sind die Wirkungen der Gutheissung einer Beschwerde gegen einen Zuschlagsentscheid? Wenn der Vertrag noch nicht abgeschlossen wurde (z.b. wegen erteilter aufschiebender Wirkung), weist das Gericht in der Regel die Angelegenheit zur nochmaligen ganzen oder teilweisen Durchführung des Verfahrens an die Vergabeinstanz zurück oder weist die Vergabestelle an, der Beschwerdeführerin oder dem Beschwerdeführer den Zuschlag zu erteilen. Selten entscheidet das Verwaltungsgericht auch direkt über den Zuschlag. Wenn der Vertrag bereits abgeschlossen wurde, stellt das Gericht nur noch fest, dass die Vergabe rechtswidrig war. Die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer kann gestützt auf das Urteil von der Vergabestelle Schadenersatz fordern. Der Schadenersatzanspruch beschränkt sich auf die Aufwendungen der Offertausarbeitung und die Kosten des Gerichtsverfahrens. Entgangener Gewinn wird nicht entschädigt. Da das Verwaltungsgericht selbst keinen Schadenersatz zuspricht, muss die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer wenn keine aussergerichtliche Einigung erfolgt den Anspruch in einem zweiten Gerichtsverfahren vor dem Zivilgericht geltend machen. Art. 18 Abs. 1 IVöB Art. 18 Abs. 2 IVöB 3 BeiG 8. Welche Kosten fallen an? Verfahrensgebühr Grundsätzlich muss die unterliegende Partei die Verfahrenskosten des Gerichtes tragen. Diese richten sich nach dem Zeitaufwand des Gerichtes, der Schwierigkeit des Falles und dem tatsächlichen Streitinteresse. Je höher der Auftragswert der strittigen Vergabe ist, umso höher ist in der Regel auch die Verfahrensgebühr. Für materiell beurteilte Fälle bewegen sich die Verfahrensgebühren zwischen ca. CHF 2'000 bis CHF 3'500. Bei hohem Streitinteresse sind aber Verfahrensgebühren von mehreren zehntausend Franken möglich. Keine Verfahrensgebühr wird erhoben, wenn die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer erstmals im Rahmen der Beschwerdeantwort eine aussagekräf - tige Begründung des Vergabeentscheides erhält und in der Folge die Beschwerde zurückzieht. Parteientschädigung Das Verwaltungsgericht spricht in aller Regel der Beschwerdeführerin oder dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zu, wenn diese oder dieser obsiegt und der Beizug einer Anwältin oder eines Anwaltes erfolgte. Die Festlegung der Parteientschädigung richtet sich nach der Bedeutung der Streitsache, der Schwierigkeit des Verfahrens und dem Zeitaufwand. Einer Vergabestelle spricht das Verwaltungsgericht in aller Regel keine Parteientschädigung zu, wenn sie obsiegt. Ausnahmen werden nur bei sehr anspruchsvollen Verfahren gemacht. Handbuch für Vergabestellen 2011 Seite 7-6

9. Was gilt betreffend Akteneinsicht? Das Verwaltungsgericht fordert die Parteien auf, dem Gericht die massgeblichen Akten einzureichen und Akten, an denen die Parteien ein Geheimhaltungsinteresse haben, entsprechend zu bezeichnen. Das Gericht entscheidet im Rahmen einer Interessenabwägung über den Umfang der Akteneinsicht der jeweiligen Gegenpartei. M 17 18 SVO 10. Ist eine Wiedererwägung möglich? Kommt eine Vergabestelle nach Anhebung eines Beschwerdeverfahrens zum Schluss, ihre ursprüngliche Verfügung sei fehlerhaft gewesen, kann es angezeigt sein, den Entscheid in Wiedererwägung zu ziehen und neu zu verfügen. Das Beschwerdeverfahren wird dann in der Regel gegenstandslos. Gegen die neue Verfügung ist wiederum das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig. 11. Gibt es weitere Rechtsbehelfe? Bei Verstössen einer Vergabestelle gegen die Bestimmungen des öffentlichen Beschaffungswesens kann auch der Rechtsbehelf der Aufsichtsbeschwerde (z.b. gegenüber Gemeinden beim Bezirksrat) in Anspruch genommen werden. Die Aufsichtsbeschwerde kommt allerdings nur subsidiär zur Anwendung, d.h. nur dann, wenn das beanstandete Vorgehen nicht mit einer Submissionsbeschwerde an das Verwaltungsgericht gerügt werden kann bzw. gerügt werden konnte. Handbuch für Vergabestellen 2004 Seite 7-7

Beispiel 7.2 K Beispiel: Beschwerde gegen einen Zuschlag Zustellung der Zuschlagsverfügung, Eingang bei der Anbieterin/dem Anbieter am 1.9. Die Rechtsmittelfrist beginnt am 2.9. und endet am 11.9. 1.9. Die Anbieterin/der Anbieter verlangt bei der Vergabestelle eine ausführliche Begründung des Entscheides. 3 Tage später (am 4.9.) Die Vergabestelle beginnt mit der Ausarbeitung der ausführlichen Begründung. Die Anbieterin/der Anbieter konsultiert eine Anwältin/einen Anwalt. Die ausführliche Begründung der Vergabestelle liegt noch nicht vor. Die Anwältin/der Anwalt arbeitet die Beschwerdeschrift aus. 5 Tage später (am 6.9.) 8 Tage später (am 9.9.) Die Beschwerde wird mit dem Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung eingereicht. 10 Tage später (am 11.9.) Das Verwaltungsgericht verfügt, dass die Vergabestelle bis zum Entscheid über die aufschiebende Wirkung keinen Vertrag abschliessen darf; die Vergabestelle innert 20 Tagen zum Gesuch betr. aufschiebende Wirkung und zur Beschwerde Stellung nehmen muss. 2 Wochen später (am 15.9.) Die Vergabestelle nimmt zum Gesuch betr. aufschiebende Wirkung Stellung und erstattet die Beschwerdeantwort mit ausführlicher Begründung des Zuschlages. 3 4 Wochen später Das Verwaltungsgericht entscheidet, dass keine aufschiebende Wirkung gewährt wird. Die Beschwerdeführerin/der Beschwerdeführer erhält eine 20tägige Frist für die Replik. Da die aufschiebende Wirkung nicht gewährt wurde, kann die Vergabestelle den Vertrag mit der Anbieterin/dem Anbieter, der/dem sie den Zuschlag erteilt hat, abschliessen. 4 5 Wochen später Die Beschwerdeführerin/der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit jetzt wo die ausführliche Begründung des Vergabeentscheides bekannt ist, die Beschwerde ohne Kostenfolgen zurückzuziehen. 6 7 Wochen später Wird an der Beschwerde festgehalten, ist eine Replik zu erstatten. Die Vergabestelle kann ihrerseits eine Duplik einreichen. Bis zum Entscheid dauert es ca. 2 Monate bis 1 Jahr. 2 12 Monate Handbuch für Vergabestellen 2007 Seite 7-8