Die Steuerstatistik in in der Wissenschaft am Beispiel der Armuts- und Reichtumsberichte Joachim Merz* Merz* Nutzung und und Perspektiven der dersteuerstatistiken für fürpolitikberatung und und Wissenschaft --Nutzerkonferenz Steuerstatistik, Statistisches Bundeamt, Wiesbaden, Humboldt-Universität zu zuberlin und und Forschungsdatenzentrum des des Bundes, 11. 11. und und 12. 12. Oktober 2012, 2012, Berlin, Berlin, Humboldt-Universität *Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Universität Lüneburg, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Professur Statistik und Freie Berufe Campus: Scharnhorststr. 1, Geb. 4, 21332 Lüneburg, Tel.: 04131 / 677 2051, Fax: 04131 / 677 2059, e-mail: merz@uni.leuphana.de, www.leuphana.de/ffb 1 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Aussagekräftige Informationen über die individuelle Einkommens- und Steuersituation sind für entsprechende gehaltvolle Analysen und darauf aufbauende Politikevaluation unabdingbare Voraussetzungen. Mein Thema: Bedeutung der Steuerdaten als Mikrodatenbasis am Beispiel der Armuts- und Reichtumsberichtserstattung der Bundesregierung zu verdeutlichen. Lohn- und Einkommensteuerdaten für Deutschland sind die aussagekräftigsten Informationen für hohe Einkommen und die Einkommen der Selbständigen und sind besondere Datenbasis für die Wirkungsanalyse alternativer Steuersysteme mit dem Instrument der Mikrosimulation. Mein Beitrag zeigt dabei auch die Unterschiede zu anderen Datenbasen auf und illustriert das Thema anhand konkreter Ergebnisse zur Einkommensverteilung und Einkommensreichtum. 2 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Zentrale inhaltliche Frage: Wie hat sich die Einkommensverteilung insgesamt, wie haben sich hohe Einkommen von Selbständigen (Freie Berufe und Unternehmer) und abhängig Beschäftigten seit den neunziger Jahren entwickelt? Zentrale Datenbasis: Mikrodaten der Lohn- und Einkommensteuer 1. Armuts- und Reichtumsbericht: Merz, J. (2001), Hohe Einkommen, ihre Struktur und Verteilung, Lebenslagen in Deutschland, Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Bonn 2. Armuts- und Reichtumsbericht: Merz, J., Hirschel, D. und M. Zwick (2004), Struktur und Verteilung hoher Einkommen Mikroanalysen auf der Basis der Einkommensteuerstatistik, Beitrag zum zweiten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Berlin 3 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Lebenslagen in Deutschland: Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, Stand 17.09.2012 17:00,BMAS, Berlin Quelle: Lebenslagen in Deutschland, Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, Stand 17.09.2012 17:00, BMAS, Berlin 4 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
4. Armuts- und Reichtumsbericht: Reichtum Quelle: Lebenslagen in Deutschland, Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, Stand 17.09.2012 17:00, BMAS, Berlin 5 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
4. Armuts- und Reichtumsbericht: Reichtum Quelle: 6 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
4. Armuts- und Reichtumsbericht 2012: Reichtum Quelle: Lebenslagen in Deutschland, Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, Stand 17.09.2012 17:00, BMAS, Berlin, 323 7 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
4. Armuts- und Reichtumsbericht 2012: Reichtum Ursachenanalyse durch komplexe Modellrechnungen des IAW Tübingen Quelle: Lebenslagen in Deutschland, Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, Stand 17.09.2012 17:00, BMAS, Berlin, 326 8 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Lebenslagen in Deutschland: 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2008 Quelle: Lebenslagen in Deutschland, Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, Stand 17.09.2012 17:00, BMAS, Berlin, XVI 9 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
3. Armuts- und Reichtumsbericht 2008 Quelle: Lebenslagen in Deutschland, Entwurf des 3. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung, Stand 17.09.2012 17:00, BMAS, Berlin, XVI 10 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
3. Armuts- und Reichtumsbericht 2008 11 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Agenda 1 Arm und Reich in der Diskussion 2 Datenbasis: Neue Mikrodaten der Steuerstatistik 3 Ergebnisse 1: Aktuelle Einkommensverteilung 4 Ergebnisse 2: Einkommensdynamik Einkommensverteilung im Zeitverlauf 1992, 1995, 1998, 2003 5 Ergebnisse 3: Reichtum, Hohe Einkommen 6 Fazit insgesamt 12 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
1 Arm und Reich in der Diskussion Reicher Mann und armer Mann standen da und sahn sich an und der Arme sagte bleich: Wär ich nicht arm, wärst Du nicht reich Bertolt Brecht 13 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Einkommensverteilung : Armut und Reichtum in der Diskussion - Globale Armuts- und Reichtumsentwicklung - Geschichtliche und geographische Aspekte - Ethische Aspekte - Materielle/Immaterielle Aspekte - Soziale und politische Aspekte - Ökonomische Aspekte: Vermögensentwicklung - Ökonomische Aspekte: Einkommensentwicklung - Wachstum und Einkommensverteilung 14 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
2 Datenbasis: Neue Mikrodaten der Steuerstatistik 15 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Anforderungen an eine Datenbasis für Einkommensanalysen - Erfassung des relevanten Personenkreises - Erfassung der relevanten Einkommen Probleme bei der Messung der Einkommen insbesondere von Selbständigen: Unterschiedliches Antwortverhalten Zeitliches Auseinanderfallen von Geschäfts- und Umfrageperiode Unterschiedliche Meßkonzepte von Einkommen und Gewinnen Zahlungsweise von Steuern Untererfassung des Einkommens Definition von Selbständigkeit Kleine Grundgesamtheit und Stichprobenanteile... 16 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Amtliche und nichtamtliche Datenquellen für die Einkommensanalyse auf der Individualebene nichtamtliche Quellen - Sozio-ökonomisches Panel (SOEP) - Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) - Finanzierungsrechnungen Deutsche Bundesbank -... amtliche Quellen - Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) - Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) - Mikrozensus (MZ) - EU-SILC - Lohn- und Einkommensteuerstatistik (EstS) -... 17 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Generelle Probleme: keine der oben genannten Erhebungen deckt die gesamte Spannbreite von Armut bis Reichtum ab: - Repräsentationsgrad - Gliederungstiefe - Sozio-ökonomische Gruppen: Selbständige - Einkommensabgrenzung -... aber: Die Lohn- und Einkommensteuer Ist besonders geeignet für die Analyse hoher Einkommen und Einkommen der Selbständigen als Freiberufler und Unternehmer generell 18 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Die Einkommensteuerstatistik: Allgemeine Charakteristika Totalerhebung aller Steuerpflichtigen (über 30 Millionen) Aktualität (z.zt. alle drei Jahre) Erhoben durch die Statistischen Landesämter und überarbeitet durch das Statistische Bundesamt Mikroeinheit: Steuerpflichtige/r (einzelne oder gemeinsame Veranlagung) 19 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Ausgeschlossene Personengruppen die geringfügige Einkünfte bezogen und weder eine Lohnsteuerkarte noch eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt abgegeben haben, oder die eine Einkommensteuererklärung zwar abgegeben haben, aber wegen zu geringer Einkünfte nicht veranlagt wurden (Einkünfte unterhalb des Grundfreibetrags/Existenzminimums und keine Pflichtveranlagung), oder für die ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte vom Arbeitgeber ausschließlich eine pauschale Lohnsteuer an das Betriebsfinanzamt entrichtet worden ist. der größte Teil der Rentenbezieher nur unvollständig Einkünfte aus Kapitalvermögen (Sparfreibetrag,...) Insgeamt: Detaillierte und präzise Informationen über alle Einkunftsarten, Einkommen und Steuern Neue Entwicklungen: FAST, Taxpayer Panel, 20 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Lohn- und Einkommensteuerstatistik Vorteile/Pros: Totalerhebung aller Steuerpflichtigen Alle Einkommensquellen und detaillierte Steuerbestandteile Analyse auch kleinerer Gruppen Analyse spezieller Gruppen, die Probleme bei Umfragen aufwerfen (Selbständige, hohe Einkommen ) Mikroanalysen nun mit den FDZ Mikrodaten (FAST, Taxpayer Panel ) möglich 21 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Lohn- und Einkommensteuerstatistik Probleme/Shortcomings: Mikroeinheit: Steuerpflichtige und nicht Haushalte/Familien (Konstruktionen aber möglich) Relative veraltete Daten (3 Jährliche Auswertung, ca. 5 Jahre danach Mikrodaten, aber...?) Wenige sozio-ökonomische Variablen zur Erklärung und Tests von Hypothesen (Link möglich und genutzt: EVS/EstSt Merz 2003, SOEP/EstSt Bach, Corneo und Steiner 2009, DIW 22 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Verknüpfung EVS und Lohn- und Einkommensteuerstatistik Merz, J. (2003), Was fehlt in der EVS? Eine Verteilungsanalyse hoher Einkommen mit der verknüpften Einkommensteuerstatistik für Selbständige und abhängig Beschäftigte, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Vol. 223/1, 58-90 Merz, J. (2001), Was fehlt in der EVS? Eine Verknüpfung mit der Einkommensteuerstatistik für die Verteilungsanalyse hoher Einkommen, in: Becker, I., Ott, N. und G. Rolf (Hg.), Soziale Sicherung in einer dynamischen Gesell-schaft, Campus Verlag, Frankfurt/New York, 278-300, 2001 23 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Ein ökonomischer Einkommensbegriff für die Analyse hoher Einkommen Einkommensteuerstatistik: Einkommen nach steuerlichen Belangen Gesucht wird: ein neuer ökonomischer Einkommensbegriff, der als Bruttoeinkommen ein Markteinkommen verkörpert, und der über die diversen steuerlichen Abgaben und staatlichen Transfers schließlich zu einem Nettoeinkommen im Sinne eines verfügbaren Einkommens führt. Konkret: es werden diverse Abschreibungen, Veräußerungsgewinne und Varianten zum Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt; Bereiche also, die besonders bezüglich hoher Einkommen von besonderem Interesse und materieller Bedeutung sind. 24 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Neue Mikrodatenbasis: Anonymisierte Individualdaten als erweiterte 10%- Stichproben der Lohn- und Einkommensteuerstatistik 1992, 1995, 1998, 2003 Mikrosimulation (demographische und steuerliche Fortschreibung der ESt-Statistik 1998) - Lohn- und Einkommensteuerstatistik: rund 30 Mio. Einzeldatensätzen mit zum Teil über 400 Merkmalen. - 10% Stichproben mit jeweils ca. 3 Mio. Einzeldatensätzen - Mikrodatenbasis: Um ökonomische Einkommensvaraiablen erweiterte 10%-Stichproben 25 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
3 Ergebnisse 1: Aktuelle Einkommensverteilung 26 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Overall Net Income Distribution 2003 Steuerstatistik in der Wissenschaft am Beispiel der AR-Berichte All Entrepreneurs Professions Employees Taxpayer share 100,00 10,62 1,78 87,6 Income share 100,00 13,67 2,86 83,47 Central Tendency Mean ( ) 29.030 37.354 46.822 27.660 Median ( ) 22.782 13.752 21.938 23.518 Income shares / Income share limits 1. Decile: share(%) limit ( ) 0,88 4.879 0,58 3.489 0,47 3.812 0,98 5.599 10. Decile: share(%) limit ( ) 31,59 51.236 56,51 68.608 40,15 111.775 26,59 49.300 27 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Net Income Distribution ESt 2003 by Occupational Status % 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 % 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Entrepreneurs Professions Employees Entrepreneurs Professions Employees 28 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Overall Net Income Distribution 2003 All Entrepreneurs Professions Employees Distribution 90/10 Relation 36 97 85 27 Gini (%) 43,8 68,3 59,3 38,5 Decomposition Theil 0,4687 1,3559 0,6848 0,3066 Inequality share Within share Between share 100,0 98,34 1,66 40,2 - - 4,3 - - 55,5 - - Re-Distribution Blackburn s R (%) -4,2-5,3 2,8-3,1 k ( ) -1.684,19-3.051,92 2.061,17-1.166,35 n 2.824.195 778.773 171.881 1.873.541 N 28.310.679 3.006.811 502.852 24.801.016 29 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Fazit Aktuelle Einkommensverteilung 2003: Stark ausgeprägte Ungleichheit bei den Selbständigen: Median: Unternehmern (13.752 ) geringer als bei abhängig Beschäftigten (23.518 ) 50% ärmsten Selbständigen verdienen deutlich weniger als die 50% ärmsten abh. Beschäftigten Konzentration auf hohe und höchste Einkommen vor allem bei den Selbständigen 10% reichsten Unternehmer haben 56% aller Einkommen der Unternehmer 10% reichsten Freiberufler haben 40% aller Einkommen der Freiberufler 10% reichsten abh. Beschäftigten haben 27% aller Einkommen abh. Beschäftigten Stärkste Spreizung bei den Selbständigen 90/10-Relation: 97 fache vs. 27 fache bei den abh. Beschäftigten Gini: Unternehmer 68,3, Freiberufler 59,3, abh. Beschäftigte 38,5 30 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
4 Ergebnisse 2: Einkommensdynamik Einkommensverteilung im Zeitverlauf 1992, 1995, 1998, 2003 31 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Inequality Dynamics: Mean Net Income (Index) 1992-2003 140 130 120 110 100 90 80 70 60 1992 1995 1998 2003 All Entrepreneurs Professions Employees 32 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Inequality Dynamics: Gini-Coefficients Net Income (Index) 1992 2003 110 108 106 104 102 100 98 96 94 92 90 1992 1995 1998 2003 All Entrepreneurs Professions Employees 33 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Inequality Dynamics: 90/10 Relation Net Income (Index) 1992 2003 160 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 1992 1995 1998 2003 All Entrepreneurs Professions Employees 34 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
5 Ergebnisse 3: Reichtum, Hohe Einkommen 35 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Armut und Reichtum Armut und Armutsgrenze - breite Armutsdiskussion: Zentrale Armutsrisikogrenze: 60% des mittleren Einkommens bzw. des Medians (Laaken-EU Indikator) Reichtum und Reichtumsgrenzen - Akzentuiert seit dem ersten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2000/2001 36 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Reichtumsgrenze nach Plato (427-347 v. Chr.) (744b) So empfiehlt es sich aus verschiedenen Gründen, da ja auch die Gelegenheit zum Emporkommen bei der geschilderten Ordnung der Dinge für alle gleich ist, vier verschiedene Vermögensklassen zu bilden als Grundlage für abgestufte staatliche Pflichten und Rechte. Die Grenze des Reichtums für die oberste Klasse, welche nicht überschritten werden darf, soll der vierfache Wert des Landanteils eines Bürgers sein; die Grenze der Armut nach unten bildet eben dessen Wert selbst, der ja nicht verringert werden darf. Wer auf irgend welche Weise mehr erwirbt, als innerhalb der bezeichneten Grenze liegt, hat den Überschuß dem Staat zu übergeben. Platos Gesetze, S. 43 37 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Reichtumsgrenze nach Plato (427-347 v. Chr.) der Landanteil jedes Bürgers muß so groß sein, dass es einem bescheidenen Haushalt eben genügt, und die Gesamtzahl der Teile muß so groß sein, dass deren Besitzer mit einander ein genügend starkes Heer bilden können, um jeden Angriff abzuweisen und auch ungerecht angegriffenen Nachbarn mit Erfolg helfen zu können. Platos Gesetze, S. 39 Platos Gesetze, 5. Buch, c.11-14, zitiert nach: Constantin Ritter, Platos Gesetze, Neudruck der Ausgabe Leipzig 1896, Scientia Verlag Aalen, S. 43 38 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Einkommens-Reichtum: Alternative Grenzen hoher Einkommen 1 Million - Millionäre 200% des Mittelwertes Reichtumsgrenze in Anlehnung an Meßkonzepte der Armut Reichsten 10% - Relative Position Reichsten 1% - Relative Position Reichsten 0,1% - Relative Position Reichtumsgrenzen 2003 200%-Reichtumsgrenze: monatlich 4.838 10% Reichsten, Reichstumsgrenze: monatlich 4.270 1% Reichsten, Reichstumsgrenze: monatlich 10.601 0,1% Reichsten, Reichstumsgrenze: monatlich 36.230 39 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Alternative Overall Absolute Richness Limits Population Shares and Income Shares 2003 (All, Net Income) in % 50 40 30 20 4.838 Limits of wealth monthly 4.270 5.629 10.601 10 36.230 0 200% of the mean Richest 10 % Richest 5 % Richest 1 % Richest 0.1 % Population shares Shares in income 40 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Richness 2003: Population and Income Shares of Alternative Richness Limits Net Income - All, Entrepreneurs, Professions and Employees Population share (%) All Entrepreneurs Professions Employees 200% of mean 7,4 12,8 27,4 6,3 300% of mean 2,5 7,0 16,4 1,7 Millionaires 0,03 0,22 0,05 0,01 Income share (%) 200% of mean 27,6 62,1 71,6 20,4 300% of mean 16,0 51,3 54,8 8,9 Millionaires 3,2 18,1 2,8 0,8 Richest 10% 32,5 65,5 75,4 25,6 Richest 5% 22,5 57,9 66,2 15,2 Richest 1% 10,6 42,4 35,1 4,6 Richest 0,1% 4,7 25,0 6,2 1,3 n 2.824.195 778.773 171.881 1.873.541 N 28.310.679 3.006.811 502.852 24.801.016 41 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
200 Richness 1992-2003 Net Income (Index) Richest 10%, Income Share 180 160 140 120 100 80 60 40 1992 1995 1998 2003 All Entrepreneurs Professions Employees 42 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
200 Richness 1992-2003 Net Income (Index) Richest 5%, Income Share 180 160 140 120 100 80 60 40 1992 1995 1998 2003 All Entrepreneurs Professions Employees 43 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
200 Richness 1992-2003 Net Income (Index) Richest 1%, Income Share 180 160 140 120 100 80 60 40 1992 1995 1998 2003 All Entrepreneurs Professions Employees 44 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
200 Richness 1992-2003 Net Income (Index) Richest 0,1%, Income Share 180 160 140 120 100 80 60 40 1992 1995 1998 2003 All Entrepreneurs Professions Employees 45 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Fazit Reichtum, hohe Einkommen: Dynamik 1992-2005 Entwicklung insgesamt 1992-1995 (Index jeweils 1992=100) Alle 132 Unternehmer 104 Freie Berufe 66 abhängig Beschäftigte 185 Entwicklung insgesamt gruppenspezifisch, Wachstum der höchsten Einkommen besonders bei abhängig Beschäftigten (allerdings bei deutlichen Niveauunterschieden) Wachstum besonders in der zweiten Hälfte der 90er Jahre Wachstum vor allem der höchsten Einkommen 46 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
6 Fazit insgesamt 47 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Zur Bedeutung der Steuerstatistik in der Wissenschaft am Beispiel der Armuts- und Reichtumsberichte Als Totalerhebung im Vergleich zu Umfragen stehen umfassende und aussagekräftige Informationen zu vielen Gruppen der Gesellschaft zur Verfügung: Steuerpflichtige: z.b. Selbständige als Unternehmer und Freiberufler, abhängig Beschäftigte Detaillierte Informationen zu Steuern und Einkommen für Analysen und für eine zielgerichtete Politik Mikrodaten FAST (PUF und SUF) besonders brauchbar (für die Analyse kleinerer Gruppen, Verteilungsanalysen ) Taxpayer Panel eröffnet neue Analysen zur wirtschaftlichen Dynamik Neben der pros auch cons : Zu wenig sozio-ökonomischer Hintergrund, nicht zeitnah genug 48 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Overall: YES, Micro data of income tax payers not only supply household survey inequality analyses but add additional features not given before. Thus, use it! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Joachim Merz merz@uni.leuphana.de, www.leuphana.de/ffb 49 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg
Literatur (Auswahl) Atkinson, A.B. and T. Piketty (eds.), 2007, Top incomes over the 20th century, Oxford University Press, Oxford Bach, S. and V. Steiner, 2007, Zunehmende Ungleichheit der Markteinkommen: Reale Zuwächse nur für Reiche, DIW Wochenbericht Nr. 13, Berlin Bach, S., Corneo, G and V. Steiner, 2009, From Bottom to Top: The Entire Income Distribution in Germany, 1992-2003, in: Review of Income and Wealth, 55/2, 303-330 Dell, F., 2007, Top Incomes in Germany Throughout the Twentieth Century: 1891-1998, in: Atkinson and Piketty Merz, J., 2001, Hohe Einkommen, ihre Struktur und Verteilung, Lebenslagen in Deutschland, Der erste Armuts- und Reich-tumsbericht der Bundesregierung, Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Bonn Merz, J., Hirschel, D. and Markus Zwick, 2005, Struktur und Verteilung hoher Einkommen - Mikroanalysen auf der Basis der Einkommensteuerstatistik, Gutachten zum zweiten Armuts- und Reichtumsbericht 2004 der Bundesregierung, Lebenslagen in Deutschland, Der zweite Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, Berlin (http://www.bmgs.bund.de/download/broschueren/a341.pdf) Merz, J., 2004, Einkommens-Reichtum in Deutschland - Mikroanalytische Ergebnisse der Einkommensteuerstatistik für Selbständige und abhängig Beschäftigte, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, Vol. 5, Issue 2, 105-126 Merz, J. and M. Zwick, 2005, Hohe Einkommen: Eine Verteilungsanalyse für Freie Berufe, Unternehmer und abhängig Beschäftigte mit Mikrodaten der Einkommensteuerstatistik, in: Schmollers Jahrbuch Journal of Applied Social Science Studies, Jg. 125/2 Merz, J., 2006, Polarisierung der Einkommen von Selbständigen? Zur Dynamik der Einkommensverteilung von Freiberuflern und Unternehmern, in: Merz, J. (Ed.), Fortschritte der MittelstandsForschung, Merz, J., Schulte, R. and J. Wagner (Series Eds.), Entrepreneuship, Professions, Small Business Economics, CREPS-Schriftenreihe Vol. 3, Lit Verlag, Münster, 395-415 50 Univ.-Prof. Dr. Joachim Merz, Forschungsinstitut Freie Berufe (FFB), Leuphana Universität Lüneburg