Sicherheit für den Auftragnehmer Bauhandwerkersicherheit nach 648 a BGB Zeitpunkt: Jederzeit nach Vertragsabschluss in Höhe des ausstehenden Vergütungsanspruchs (einschließlich eventueller Nachtragsforderungen) zzgl. 10 % pauschal für Nebenforderungen (Zinsen oder Rechtsverfolgungskosten). Nachtragsforderungen müssen ebenso wie ein Vergütungsanspruch nach Kündigung des Bauvertrages lediglich schlüssig dargelegt werden. Vorhandene Mängel oder streitige Gegenforderungen sind unbeachtlich ( 648 a Abs. 1 Satz 4 BGB). Sicherheit kann auch nach der Abnahme verlangt werden ( 648 a Abs. 1 Satz 3 BGB). Vorgehensweise: Aufforderung zur Sicherheitsleistung innerhalb angemessener Frist (regelmäßig: ca. 7 10 Arbeitstage) Nach fruchtlosem Fristablauf: Leistungsverweigerung Kündigung des Vertrages Klage auf Stellung der Sicherheit (gegebenenfalls parallel zur Leistungsverweigerung oder Kündigung) neben der Klage auf Vergütung. Abrechnung nach Kündigung: Vergütung der ausgeführten Leistung wegen kündigungsbedingt nicht ausgeführter Leistung: 5 % pauschal oder nach den Grundsätzen des 649 BGB ( 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B) Kosten der Sicherheit trägt AN bis max. 2 % pro Jahr ( 648 a Abs. 3 BGB) Art der Sicherheit: regelmäßig Bürgschaft ( 648 a Abs. 2 Satz 1 BGB) Voraussetzungen einer Inanspruchnahme der Sicherheit ( 648 a Abs. 2 Satz 2 BGB) - Anerkenntnis oder erstinstanzliches Urteil, wobei die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen müssen. Ausnahmen von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung ( 648 a Abs. 6 BGB) - Besteller ist eine natürliche Person und beauftragt Arbeiten an einem Einfamilienhaus max. mit Einliegerwohnung - öffentliche Auftraggeber Unabdingbarkeit der Regelung wegen 648 a Abs. 7 BGB
Sachverhalt in Anlehnung an die BGH-Entscheidung vom 06.03.2014 (VII ZR 349/12) Pauschalvertrag über die Errichtung einer Fabrikhalle mit Büroräumen über ca. 2 Mio. Aufgrund verzögerten Baubeginns wegen Beantragung einer Förderung und Klärung der Finanzierung bietet AG eine Vorauszahlung in Höhe von 130.000 an. Nach Baubeginn werden die ersten drei Abschlagsrechnungen vereinbarungsgemäß bezahlt. Bei der 4. Abschlagsrechnung kommt es zu Kürzungen wegen angeblicher Mängel und Verzug mit der Leistung. Die 5. und 6. Abschlagsrechnung werden nicht mehr bezahlt. In den Mangelrügen des AG wird eine Kündigung wegen 4 Abs. 7 i. V. m. 8 Abs. 3 VOB/B angedroht. Diese wird dann allerdings erst Wochen später und einen Tag vor Ablauf einer vom AN gesetzten Frist zur Beibringung einer Sicherheit nach 648 a BGB ausgesprochen. AN macht in seiner Schlussrechnung ca. 1. Mio. Werklohn geltend. AG wendet hauptsächlich Mängel auch wesentliche, Fertigstellungsmehrkosten und einen Vertragsstrafenabzug i. H. v. insgesamt ca. 1,4 Mio. ein. Der Bauprozess beginnt im Juli 2013 mit umfangreichen Schriftsätzen der Parteien. Streitig sind u. a. folgende Fragen: Qualität der Kündigung Prüfbarkeit der Schlussrechnung Mengen und Massen Mängel Verzug mit der Leistung Fertigstellungsmehrkosten und weitere Gegenforderungen AN verlangt daraufhin nochmals Sicherheit nach 648 a BGB, kündigt nach fruchtlosem Fristablauf die Verpflichtung zur Mangelbeseitigung und klagt den Anspruch nach 648 a BGB im Dezember 2013 ein. Das Landgericht erklärt im Termin zur mündlichen Verhandlung im Juni 2014, dass es dem Anspruch auf Sicherheitsleistung aufgrund der BGH-Entscheidung vom 06.03.2014 stattgeben werde. Daraufhin kommt es zu einer Gesamteinigung unter Klärung aller streitigen Fragen und zur Zahlung der Vergleichssumme binnen vier Wochen.
Mängeleinwendungen im Bauprozess auf Zahlung der Vergütung Fallkonstellation 1: Abnahme erfolgt; AG macht Zurückbehaltungsrechte wegen Mängeln geltend Beispiel: Anspruch aus Schlussrechnung: 200.000 Behauptete einfache Mangelbeseitigungskosten: 100.000 Folgen im Vergütungsprozess: Patt-Situation wegen 641 Abs. 3 BGB Klärung der Mängel durch Sachverständige Möglichkeiten des AN: Sicherheitsverlangen nach 648 a BGB oder + Klage nach 648 a BGB, falls AG die Stellung der Sicherheit verweigert
Konsequenzen : Bei LVR des AN: - Entscheidung über das Sicherheitsverlangen kann ohne Klärung der Mängel ergehen ( 648 a Abs. 1 Satze 3 und 4 BGB). - Möglichkeit der Kontenpfändung aufgrund des Urteils nach 648 a BGB. - Bei erfolgreicher Vollstreckung aus dem Urteil auf Sicherheitsleistung besteht die Verpflichtung zur Mangelbeseitigung fort. Mängel müssen im Vergütungsprozess geklärt und gegebenenfalls beseitigt werden. - Hat der AG bereits Mängel beseitigen lassen, besteht aufgrund des auftragnehmerseitigen Leistungsverweigerungsrechts kein Kostenerstattungsanspruch. Bei Kündigung der Mangelbeseitigungsverpflichtung: - Mangelbeseitigungsverpflichtung ist erloschen. Dennoch besteht die Möglichkeit der Kontenpfändung aufgrund des Urteils nach 648 a BGB. - Der Vergütungsanspruch wird um die gegebenenfalls ersparten Aufwendungen der Mangelbeseitigung gekürzt ( 648 a Abs. 5 Satz 2 BGB). - Nicht maßgeblich sind die beim AG für die Mangelbeseitigung entstehenden Kosten.
Fallkonstellation 2: AG hat den Bauvertrag wegen Mängeln oder Verzug mit der Leistung nach 8 Abs. 3 VOB/B gekündigt. Die Kündigungsgründe sind streitig Beispiel: Anspruch aus der Schlussrechnung des AN: 700.000 für erbrachte Leistungen und 300.000 wegen kündigungsbedingt nicht erbrachter Leistungen ( 8 Abs.1 Nr. 2 VOB/B). AG wendet Restfertigstellungsmehrkosten i. H. v. 800.000 ein ( 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B). Darüber hinaus behauptet er wesentliche Mängel und Mangelbeseitigungskosten i. H. v. 500.000. Daneben macht er eine Vertragsstrafe i. H. v. 100.000 geltend Folgen im Vergütungsprozess: Patt-Situation bis zur Klärung aller streitigen Fragen Besteht ein wesentlicher Mangel, ist der Vergütungsanspruch aus der Schlussrechnung nicht fällig. Möglichkeiten des AN: Sicherheitsverlangen nach 648 a BGB in voller Höhe. Verweigert AG die Sicherheit: Kündigung der Mangelbeseitigungsverpflichtung und Klage gemäß 648 a BGB. Auch hier kann die Entscheidung ohne Klärung der Mängel oder streitiger Gegenansprüche ergehen ( 648 a Abs. 1 Sätze 3 und 4 BGB). Nach stattgebendem Urteil: Vollstreckungsmöglichkeit durch Kontenpfändung wie in Fallkonstellation 1. Wird aus dem Urteil erfolgreich vollstreckt, kann der Vergütungsprozess ohne Insolvenzausfallrisiko geführt werden. Vergütungsanspruch ist jetzt fällig (Abrechnungsverhältnis), aber um gegebenenfalls ersparte Mangelbeseitigungsaufwendungen des AN zu kürzen ( 648 a Abs. 5 Satz 2 BGB). Alle streitigen Gegenansprüche müssen im Vergütungsprozess geklärt werden.