Vortragstagung zu "Erfahrungen mit alternativen Legehennenhaltungssystemen!" am 03. Mai 2004 im Landwirtschaftszentrum Haus Düsse in Bad Sassendorf - Kurzfassung der Vorträge - Erfahrungen mit der Freilandhaltung Ulrike Elbe, Landwirtschaftskammer Weser-Ems Erfahrungen mit der Bodenhaltung unter Berücksichtigung der Eignung der verschiedenen Legehennen- Herkünfte Dr. Klaus Damme, Institut für Tierhaltung und Tierschutz, Kitzingen Erfahrungen mit der Kleingruppenhaltung Dr. Michael Lüke, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen Erfahrungen mit alternativen Legehennenhaltungssystemen aus tierärztlicher Sicht Dr. Manfred Pöppel, Fachtierarzt für Geflügel, Delbrück
- 2 - Vorwort Erfahrungen mit alternativen Legehennenhaltungssystemen! Wie eine Sturmfront rückt das Datum 01. Januar 2007 für die Deutsche Legehennenhaltung näher. Nach diesem Zeitpunkt ist gemäß der ersten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, (der sog. Hennenhaltungsverordnung) die Legehennenhaltung in herkömmlichen Käfigen in Deutschland verboten. Mit dieser Verordnung ist die Deutsche Bundesregierung weit über die EU-Richtlinie hinausgegangen, was erhebliche Wettbewerbsnachteile für die Deutschen Legehennenhalter zur Folge haben wird. Nach derzeitiger Rechtssituation darf ab diesem Datum die Deutsche Eierproduktion nur noch in Boden- und Freilandhaltung erfolgen. Gerade in den 60iger und 70iger Jahren haben sowohl große als auch kleine Eiererzeuger bewusst auf die Käfighaltung umgestellt, um krassen Leistungseinbußen aufgrund hohen Krankheitsdruckes und hohen Tierverlusten, durch deutlich verbesserte Hygienestandards zu begegnen. Auch wenn heute versucht wird, die Haltungsbedingungen in der Boden- und Freilandhaltung zu optimieren, haben diese Krankheitsgeschehnisse eine genauso große Aktualität wie damals. Infolge dessen wurde in den vergangenen Jahren sowohl von wissenschaftlicher, als auch von Praxisseite daran gearbeitet, die Vorteile der Käfighaltung mit den Vorteilen für das Tierverhalten in den alternativen Haltungssystemen, zu kombinieren. Daraus entwickelt wurde der sog. ausgestaltete Käfig, der den Hühnern ein Ausleben vielzähliger Verhaltensweisen erlaubt, gleichzeitig einen hohen Hygienestandard aufweist und den Legehennenhaltern und dessen Betreuungspersonal einen schadstoffarmen Arbeitsplatz bietet. Nach den Beschlüssen der Agrarministerkonferenz am 26. März 2004 in Osnabrück soll die sog. Kleinvoliere als drittes alternatives Haltungssystem zugelassen werden. Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist aufgefordert, die Eckpunkte zu den tierschutzrechtlichen Anforderungen an die Kleinvolierenhaltung als auch für die sonstigen Haltungsformen in der Hennenhaltung, im Sinne der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes, bis zur nächsten Agrarministerkonferenz festzulegen. Die nunmehr schon seit Jahren bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich noch zugelassener Haltungsformen in Deutschland werden dazu führen, dass größere Eiererzeuger, die in Deutschland keine Wettbewerbschancen mehr sehen, ihre Eierproduktion ins nahe gelegene Ausland verlagern. Viele ältere Berufskollegen haben bereits signalisiert, dass sie unter den gegebenen politischen Rahmenbedingungen, aufgrund ihrer gemachten Erfahrungen in den 60iger und 70iger Jahren nicht mehr bereit sind, in alternative Legehennenhaltungsformen zu investieren, und somit die Legehennen-
- 3 - haltung aufgeben werden. Als Folge dieser Entscheidungen, wird Deutschland im erheblichen Maße Marktanteile sowie einige Tausend Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich der Eiererzeugung verlieren. Diejenigen Betriebsleiter, die auch zukünftig Eier in Deutschland produzieren wollen, sind mit vielzähligen offenen Fragen bezüglich der Freiland- und Bodenhaltung konfrontiert. Die Tagung soll dazu dienen, den Legehennenhaltern Orientierungs- und Entscheidungshilfen bezüglich notwendiger Umgestaltungsmaßnahmen im Hinblick auf alternative Haltungssysteme zu geben. Ingrid Simon
- 4 - Erfahrungen mit der Freilandhaltung Ulrike Elbe, Landwirtschaftskammer Weser-Ems Erfahrungen mit der Bodenhaltung unter Berücksichtigung der Eignung der verschiedenen Legehennen-Herkünfte Dr. Klaus Damme, Institut für Tierhaltung und Tierschutz, Kitzingen
- 5 - Erfahrungen mit der Kleingruppenhaltung Dr. Michael Lüke, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen Mit der Verabschiedung der EU-Richtlinie 1999/74 EG im Jahr 1999 wurden Mindestanforderungen für die in Europa künftig möglichen Haltungssysteme für Legehennen festgeschrieben. Danach dürfen Legehennen ab 2012 außer in alternativen Haltungsformen nur noch in ausgestalteten Käfigen gehalten werden. Da zu dieser Form der Haltung bis dato nur einige wenige wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen aus Schweden und Großbritannien vorlagen, wurde bereits 1999 auf Initiative des damaligen Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, des Deutschen Bauernverbandes und der deutschen Geflügelwirtschaft ein Modellvorhaben zur praktischen Erprobung verschiedener Modelle des ausgestalteten Käfigs ins Leben gerufen. Darüber hinaus wurden in den folgenden Jahren z. B. auch in Haus Düsse weitere Anlagen mit derartigen Käfigen installiert. Waren zu Beginn nur einige wenige Modelle von ausgestalteten Käfigen am Markt vorhanden, so bietet heute praktisch jeder größere Hersteller von Einrichtungen eine Lösung für dieses Haltungssystem an. Zunächst entsprachen die angebotenen Systeme dabei lediglich den Mindestanforderungen, die sich aus der Richtlinie ergaben. Neben dem erhöhten Platzangebot von 750 cm² und 15 cm Sitzstange je Henne bildet das Angebot einer Fläche zum Scharren und Picken sowie der Einbau eines Nestes die wichtigsten Neuerungen im Vergleich zum konventionellen Käfig. Erkenntnisse zur optimalen Ausgestaltung der einzelnen Funktionsbereiche oder auch zur Frage zur möglichen bzw. optimalen Gruppengröße lagen noch nicht vor. Die Variation zwischen den angebotenen Systemen bestand vor allem in der Anordnung und Größe des Nestes und/oder des Scharrbereiches sowie des verwendeten Einstreumaterials und in der Form und Anordnung der Sitzstangen. Aber auch die Positionierung der Fütterungstechnik und Eiersammlung wurde zunächst unterschiedlich vorgenommen. Die Gruppengrößen variierten zwischen 10 und bis zu 60 Tieren pro Abteilung. Die am Modellvorhaben beteiligten Betriebe haben im Verlauf des Vorhabens auf Grund von Beobachtungen eine ständige Weiterentwicklung der Funktionsbereiche
- 6 - vorgenommen und so den ursprünglichen ausgestalteten Käfig zu der heutigen Kleingruppenhaltung oder auch Kleinvoliere weiterentwickelt. Im Hinblick auf die Gruppengröße pro Abteil ist nach den bisherigen Erfahrungen zu erkennen, dass man auch mit Gruppen von 20 Tieren und mehr deutlich weniger Probleme im Sozialverhalten feststellt, als aus alten Erkenntnissen mit Großgruppen zu erwarten war. Welches die optimale Gruppengröße ist, kann nach jetzigem Erkenntnisstand jedoch noch nicht abschließend gesagt werden. Bei der Anordnung der Fütterungs- und Eiersammeltechnik hat sich auf Grund der deutlich besseren Übersichtlichkeit die Variante am Versorgungsgang durchgesetzt. Auch im Hinblick auf die räumliche Anordnung der Sitzstangen ist eine Vereinheitlichung zwischen den Systemen zu erkennen. Nach den vorliegenden Berichten werden die Sitzstangen von den Tieren sehr gut angenommen. Nach den bisherigen Erfahrungen wird heute in allen angebotenen Systemen die parallele Anordnung vorgenommen. Dagegen ist die optimale Form für die Sitzstange und das richtige Material noch nicht abschließend gefunden. Die eingebauten Nester für die Eiablage werden überraschend gut angenommen, wobei über Unterschiede zwischen weißen und brauen Herkünften berichtet wird. Da über 90 % der Eier im Nest gelegt werden, muss zur Vermeidung von Staus vor dem Eierband und den damit verbundenen Beschädigungen an den Eiern ein durch Zeitschaltuhren gesteuerter periodischer Bandvorlauf während der Hauptlegezeit vorgenommen werden. Der Abrollweg vom Nest zum Eiersammelband wurde durch Veränderung der Positionierung bzw. Vergrößerung des Nestes verkürzt, um den Anfall von Knick- und Brucheiern zu verringern. Die Erfahrungen zur Gestaltung des Nestbodens zeigen, dass hier ein Kompromiss zwischen Nestkomfort und Nesthygiene gefunden werden muss, denn bei zu stark geschlossenem Nestboden besteht die Gefahr der Verschmutzung. Nach ersten Versuchen mit schuhkartonartig ausgestalteten Scharrmöglichkeiten hat sich das Angebot einer Kunstrasenmatte mit Scharrmaterial besser bewährt. Allerdings sind hier noch Fragen zur notwendigen Größe dieser Matten und zu möglichen Einstreumaterialien nicht abschließend geklärt. Betrachtet man die bislang erfassten biologischen Leistungen, so ist festzustellen, dass nicht zuletzt auf Grund der niedrigen Verlustzahlen die untersuchten Systeme auch
- 7 - wirtschaftlich sind. Zu dieser Erkenntnis tragen neben dem vergleichsweise geringen Krankheitsdruck sicherlich auch die im Modellvorhaben in den Kleingruppenhaltungen gefundenen guten stallklimatischen Verhältnisse bei. Sowohl der Abschlussbericht des Modellvorhabens als auch die Ergebnisse der vergleichenden Versuche in Haus Düsse zeigen, dass mit der Kleingruppenhaltung in den Bereichen Tierverhalten, Tiergesundheit, Stallklima und aber auch Wirtschaftlichkeit Verbesserungen im Vergleich zu anderen Haltungsalternativen erreicht werden können. Die Erfahrungen mit der Prüfung in Praxisbetrieben haben schon jetzt die Weiterentwicklung des ausgestalteten Käfigs zur Kleingruppenhaltung oder Kleinvoliere ermöglicht. Jedes Haltungssystem unterliegt jedoch der ständigen Weiterentwicklung, so dass die möglicherweise noch vorhandenen Nachteile durch weitere Untersuchungen auch abzustellen sein müssten.
- 8 - Erfahrungen mit alternativen Legehennenhaltungssystemen aus tierärztlicher Sicht Dr. Manfred Pöppel, Fachtierarzt für Geflügel, Delbrück