I. Aufgabe: Klassisches Modell (30 Punkte) Eine kleine offene Volkswirtschaft sei durch folgende Gleichungen beschrieben: Y = Y = 24.000 Realeinkommen C = 6.000 + 0,6YV 150r Konsumfunktion mit Y V = verfügbares Einkommen r = r * = 15 realer Zinssatz G = G = 4.800 Staatsausgaben T = T = 3600 Steueraufkommen NX = 3900 3900ε Nettoexportfunktion mit ε = realer Wechselkurs I = 5400 250r Investitionsfunktion a) Bestimmen Sie für diese Volkswirtschaft die gleichgewichtigen Werte der folgenden Variablen: Gesamtwirtschaftliche Ersparnis, Investitionen, Konsum, Leistungsbilanzsaldo und realer Wechselkurs. (5 Punkte) S = 3210 I = 1650 C = 15990 LBS = 1560 = 0,6
b) Definieren Sie den realen Wechselkurs und erläutern Sie kurz verbal den Zusammenhang zwischen realem Wechselkurs und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sowie dem Leistungsbilanzsaldo einer Volkswirtschaft. (5 Punkte) = relativer Preis der Güter zweier Länder gemessen in ausländischer Währung >1 Inländische Güter teurer als ausländische Güter, d.h. Wettbewerbsnachteil, also LBS<0 < 1 Inländische Güter billiger als ausländische Güter, d.h. Wettbewerbsvorteil, also LBS>0 = 1 Inländische Güter genauso teuer wie ausländische Güter, also LBS = 0 c) Die Regierung plant eine steuerfinanzierte Staatsausgabenerhöhung in Höhe von 1.200 Geldeinheiten. Wie ändert sich die gesamtwirtschaftliche Ersparnis? Erläutern Sie Ihr Ergebnis kurz. (5 Punkte) S= S p + S g = 3930+ (-1200) S sinkt auf 2730 bzw um 480 Geldeinheiten. S g bleibt unverändert (-1200), da steuerfinanzierte Staatsausgabenerhöhung Steuererhöhung impliziert aber für private Haushalte eine Y v Reduzierung (-1200), so dass C sinkt (um -0,6 1200) und auch S p sinkt (um -0,4 1200).
d) Gehen Sie von der Ausgangssituation (ohne Staatsausgabenerhöhung!) aus. Wie hoch muss der Weltrealzinssatz sein, damit die Leistungsbilanz der Volkswirtschaft ausgeglichen ist? (5 Punkte) LBS = 0, wenn S = I. r = 11,1 e) Gehen Sie wiederum von der Ausgangssituation aus. Nehmen Sie an, dass der Weltrealzinssatz sinkt. i) Erläutern Sie graphisch und verbal die Auswirkungen der Realzinssenkung auf dem Kreditmarkt (5 Punkte) r r = r* S > I!""""#""""$ S= Kreditangebot r = r* I=Kreditnachfrage I
Reduzierung von r=r* erhöht die inländische Kreditnachfrage (I) und verringert das inländische Kreditangebot (S) Die Nettoauslandsinvestitionen (S-I) reduzieren sich. ii) Erläutern Sie graphisch und verbal die Auswirkungen der Realzinssenkung auf dem Devisenmarkt. (5 Punkte) (S-I) neu (S-I) alt alt NX = Euronachfrage NX Reduzierung der NFI verringert das Euroangebot. Euronachfrage> Euroangebot impliziert eine Aufwertung, so dass die Nettoexporte sinken, also Leistungsbilanzverschlechterung.
II. Aufgabe: Wachstum Musterlösung (30 Punkte) a) Wie unterscheiden sich das Harrod Domar Modell mit Bevölkerungswachstum und das Solow-Modell mit Bevölkerungswachstum in Bezug auf die Produktionsfunktion? (3 Punkte) Das Harrod Domar Modell nimmt eine Leontief-Produktionsfunktion mit konstanten Grenzerträgen an, und es ist keine Substitution zwischen den Produktionsfaktoren möglich. Aufgrund dieser Annahmen tendiert die Wirtschaft nicht automatisch auf ein Gleichgewicht zu und das Modell ist gekennzeichnet durch säkulare Instabilität, wenn n nicht genau gleich s/ ist, kommt es zwangsläufig langfristig zu Arbeitslosigkeit von Arbeitern oder Kapital. Wohingegen das Solow Modell von einer Neo-klassischen Produktionsfunktion mit fallenden Grenzerträgen ausgeht. Aufgrund dieser Annahme gibt es immer ein Gleichgewicht (Steady State) auf das die Wirtschaft sich zubewegt. b) Definieren Sie den Steady State für das Solow Modell mit Bevölkerungswachstum mathematisch und verbal. Welche Bedingung muss erfüllt sein, damit sich die Volkswirtschaft im Steady State befindet. (7 Punkte) Das Steady State ist dadurch definiert, dass sich der Kapitalstock pro Kopf und folglich auch das Prokopfeinkommen nicht mehr verändern. Diese ist nur der Fall wenn die Ersparnisse pro Kopf gleich dem break-even Investment pro Kopf sind. Mathematisch: k = 0 oder k t+1 = k t = k* da y = f(k) y = 0 oder y t+1 = y t = y* dies ist nur der Fall wenn sf(k) = (n+)k
c) Nehmen Sie an, dass eine Volkswirtschaft durch die folgende Produktionsfunktion gekennzeichnet ist: Y = F(K, L) = K L 1- i) Zeichnen Sie das relevante Diagramm für das Solow Modell mit Bevölkerungswachstum (ohne technologischen Fortschritt) inklusive Produktionsfunktion, Sparfunktion und Break-even-Investmentfunktion. Zeichnen Sie graphisch den Steady State ein. (5 Punkte) y y* y = f(k) y* (n + )k sf(k) s f(k) k* k* k ii) Welche Auswirkung hat eine permanente Verringerung der Sparquote auf: (1) Den Steady State (graphisch in das obere Diagramm einfügen und verbal erläutern), (3 Punkte) Eine permanente Verringerung der Sparquote führt zu einer Verschiebung der Sparfunktion nach unten (von sf(k) nach s f(k)), da nun ein geringerer Anteil des Prokopfeinkommens gespart wird. Dies bedeutet, dass nun das break-even Investment pro Kopf größer ist als unsere Ersparnisse pro Kopf ((n+)k > s f(k)).
Folglich sinkt unser Kapitalstock pro Kopf bis es den neuen Steady State erreicht (k* ) mit dem neuen geringeren Steady State Prokopfeinkommen (y* ). In diesem neuen Steady State verändert sich der Kapitalstock pro Kopf nicht mehr (k = y = 0). Es gibt also einen kurzfristigen Leveleffekt, aber keine langfristige Veränderung der Wachstumsrate des Kapitalstocks, Prokopfeinkommens oder Gesamtwirtschaftlicheneinkommens. (für die folgenden Unterpunkte reicht ein Diagramm die Entwicklung der jeweiligen Variablen über die Zeit, wobei der Achsenabschnitt klar beschriftet sein muss) (je 2 Punkte) (2) Entwicklung des Prokopfeinkommens über die Zeit y y* y* t t
(3) Entwicklung des volkswirtschaftlichen Gesamteinkommens über die Zeit Y Y t = Y 0 e nt Y t = Y 0 e nt t t Da Y = yl. L wächst unverändert mit der Rate n aber y sinkt etwas ab, daher kommt es zu einem kurzfristigen absinken der Wachstumsrate des Gesamtwirtschaftlicheneinkommens und graphisch zu einer Parallelverschiebung des Wachstumspfades. Langfristig wächst Y aber wieder mit n sobald der neue Steady State erreicht ist). d) Was versteht man unter absoluter Konvergenz der Prokopfeinkommen. Kann die folgende Regression absolute Konvergenz der Prokopfeinkommen der Nicht-Öl Länder bestätigen? Welcher Wert ist hier zu beachten ist er statistisch signifikant und hat er das erwartete Vorzeichen? (5 Punkte) Dependent variable: log difference GDP per working-age person in 1960-85 Sample Non-oil Observations: 98 Constant: -0,266 (0,380) lny(60) 0,0943 (0,0496) 2 0,03
Standard errors are in parentheses. Y60 is GDP per working-age person in 1960. Quelle der Tabelle: Mankiw, Romer, Weil (1992) Absolute Konvergenz der Prokopfeinkommen würde bedeuten, dass sich die Prokopfeinkommen der Welt über Zeit aufeinander zubewegen. Damit es zu dieser Konvergenz kommt, müssten die ursprünglich ärmeren Länder schneller wachsen als die ursprünglich reicheren (catch-up). In anderen Worten, wir würden eine negative Korrelation zwischen dem ursprünglichen Einkommen und den folgenden Wachstumsraten der nächsten 25 Jahre erwarten. g (1960-1985) LnY(60) (Diagramm wurde nicht verlangt) Die Regression besagt, dass eine solche absolute Konvergenz unter Nicht-Öl Ländern nicht stattfindet, da der Koeffizient vor dem Konvergenzterm lny(60) positiv und nicht, wie erwartet, negativ ist. Der t-wert des Koeffizienten ist: /SE = 0,0943/0,0496 = 1,9012, d.h. wir können die H 0 Hypothese, dass = 0 ist, nicht mit 95%ger Sicherheit ablehnen. e) Was sagen endogene Wachstumsmodelle bezüglich der Konvergenz des Prokopfeinkommens voraus? Erläutern Sie verbal. (3 Punkte)
Endogene Wachstumstheorien gehen oft von konstanten Grenzerträgen auf Kapital aus, so dass eine Volkswirtschaft nie auf ein Steady State (es sei den sy=(n+)k, dann sind wir immer im Steady State) hintendiert, sondern es möglich ist, dass die Pro Kopf Ersparnisse immer größer sind als das break-even Investment. y y =Ak sy (n+)k k (Diagramm wurde nicht verlangt) Folglich kann es auch dauerhaft eine Divergenz der Prokopfeinkommen geben, obwohl zwei Länder dieselbe Produktionsfunktion, Sparquote und Bevölkerungswachstumsrate haben, wenn sie mit einem unterschiedlich großen Anfangskapitalstock pro Kopf ausgestattet sind. III. Aufgabe: Konsum und Investition (30 Punkte) a) Geben Sie die Konsumfunktionen der folgenden Ansätze aus der Konsumtheorie an und benennen Sie kurz die einzelnen Komponenten: i) die keynesianische Konsumfunktion (2 Punkte) C C + MPC * Y = oder C = C + c * Y C = Konsum C = autonomer Konsum (Konstante) MPC = marginale Konsumneigung Y = Einkommen
ii) die Konsumfunktion der Lebenszyklus-Hypothese von Modigliani (2 Punkte) C = (1/T)W + (R/T)Y C = Konsum T = noch verbleibende Lebenszeit R = noch verbleibende Arbeitszeit Y = Einkommen iii) die Konsumfunktion der Permanenten-Einkommens-Hypothese von Friedman (2 Punkte) Y = Y P +Y T C = Y P C = Konsum YP = permanentes Einkommen YT = transitorisches Einkommen = Konstante b) Die Bundesregierung will die Steuern senken, um die Nachfrage zu stimulieren. Diskutieren Sie verbal, wie sich das Konsumverhalten im Rahmen der Lebenszyklus-Hypothese von Modigliani verändert, i) wenn eine temporäre Steuersenkung stattfindet. (4 Punkte) In der Lebenszyklushypothese von Modigliani versuchen die Individuen, ihren Konsum über den Zeitablauf zu glätten. Wenn sie erwarten, dass eine Steuersenkung nur temporär ist und sie das Ende der Steuersenkung noch erleben, dann werden sie das zusätzliche, aus der Steuersenkung resultierende EK hauptsächlich sparen und nicht/sehr gering das Konsumniveau erhöhen. Das Vermögen W wird also mehr ansteigen als der Konsum C.
ii) wenn eine permanente zukünftige Steuersenkung angekündigt wird. (4 Punkte) Eine permanente Steuersenkung führt zu einer permanenten EK-Erhöhung. Die Individuen passen dann ihr Konsumniveau bis zu ihrem Lebensende diesem höheren erwarteten EK an. Zugleich sparen sie auch absolut mehr Vermögen, damit sie dieses höhere Konsumniveau auch im Alter aufrechterhalten können. Es findet also eine Erhöhung des Konsumniveaus und des Vermögens statt. iii) Wie würde die Konsumentscheidung einer Person aussehen, die ihre Konsumentscheidungen gemäß der keynesianischen Konsumfunktion trifft? (4 Punkte) Laut Keynes hängt die Konsumentscheidung nur vom laufenden Einkommen ab. Für den Fall i) bedeutet das, dass die Konsumenten ihren Konsum um c*y erhöhen. Die Kurzfristigkeit der Steuersenkung wird nicht berücksichtigt. Da in der keynesianischen Konsumfunktion keine Erwartungen über die Höhe des zukünftigen Einkommens eingehen, ändert der Konsument im Fall ii) seinen Konsum nicht, da die Steuersenkung noch nicht eingetreten ist.
c) Sie sind Manager bei der Ken Krawasch AG und stehen vor einer Investitionsentscheidung. i) Stellen Sie die neoklassische Investitionsfunktion formal dar und erläutern Sie kurz die einzelnen Komponenten. (4 Punkte) I N PK = I N MPK δ P ( r + ) I N = Netto-Investitionen MPK = Grenzproduktivität des Kapitals, Y/K P K = Kapitalpreis P = Preise der anderen Güter P K /P = realer Kapitalpreis r = realer Zinssatz = Abschreibungsrate ii) In der Musikindustrie wird zurzeit an der Entwicklung eines neuen, revolutionären Tonträgers gearbeitet, der 2005 auf den Markt kommen soll. Die Ken Krawasch AG produziert Musik-CDs. Wie werden die Investitionsentscheidungen für den Ausbau der CD-Produktion des Unternehmens für 2004 aussehen, wenn das Management der neoklassischen Investitionstheorie folgt? Und wie, wenn es den keynesianischen Investitionstheorie-Ansatz für richtig hält? (8 Punkte) Die neoklassische Investitionstheorie berücksichtigt keine Erwartungen über zukünftige Gewinne. Daher geht die zukünftige Entwicklung und Vermarktung neuer Tonträger nicht in die heutigen Investitionsentscheidungen ein. Hier gilt die Regel, dass nur investiert wird, wenn MPK >reale Kapitalkosten. Die keynesianische Investitionstheorie berücksichtigt erwartete zukünftige Absatzänderungen, daher werden bei Verwendung des keynesianischen Investitions- Ansatzes die Manager die zukünftige Absatzminderung berücksichtigen und die Investitionen in die herkömmlichen Produktionsanlagen stark reduzieren. Eventuell werden sie ebenfall in Forschung und Entwicklung investieren.