BESCHRÄNKUNG DER MIETMINDERUNG IM WOHNRAUMMIETRECHT

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Transkript:

1 BESCHRÄNKUNG DER MIETMINDERUNG IM WOHNRAUMMIETRECHT 11. Saarländischer Immobilientag des IVD West 23. Juni 2017

Ausgangslage 2 Flut von Gerichtsentscheidungen zur Mietminderung kaum eine systematische Darstellung über die Tatbestände, die eine Minderung ausschließen Kenntnis von diesen Ausschlusstatbeständen für jeden Immobilienverwalter unerlässlich, um sachgerecht auf Mietminderung reagieren zu können

Rechte des Mieters bei Mängeln der Mietsache 3 Mangelbeseitigungsanspruch, 535 I 2 BGB* Verletzung der Vermieterpflicht des 535 Abs. 1 BGB Zurückbehaltung der Miete, 320 BGB Mietminderung, 536 I BGB Schadensersatz, 536 a I BGB Selbstvornahme / Aufwendungsersatz, 536 a II BGB fristlose Kündigung, 543 I, II Nr. 1 BGB

Der Mangelbegriff im Sinne von 536 Abs. 1 BGB als Dreh- und Angelpunkt 4 Mangel = negative Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit der Mietsache Es gilt der subjektive Fehlerbegriff. Danach sind es allein die Vertragsparteien, die bestimmen, welchen Zustand die Mietsache spätestens bei Überlassung an den Mieter während der gesamten Vertragsdauer haben muss. Nur wenn ein Mangel i. S. v. 536 Abs. 1 BGB vorliegt, ist der Anwendungsbereich des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts eröffnet bzw. ein Mangelbeseitigungsanspruch gegeben.

Verwaltertipp Nr. 1 (NEGATIVE) BESCHAFFENHEITSVEREINBARUNG: 5 Weist der Mietgegenstand einen Zustand auf, der negativ von dem abweicht, was im Verkehr üblich ist, so ist der Verwalter gut beraten, diesen Zustand als vertragliche Sollbeschaffenheit im Mietvertrag ausdrücklich zu vereinbaren.

Mietminderung 536 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB wissenswert 6 Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. tritt automatisch kraft Gesetzes ein Mieter muss sich nicht darauf berufen rechtsvernichtende Einwendung, die von Amts wegen zu beachten ist verjährt nicht, da kein Anspruch unabhängig davon, ob der Vermieter den Mangel zu vertreten hat oder ihn beheben kann unabhängig davon, ob der Mieter die Sache, wäre sie vertragsgemäß gewesen, verwendet hätte oder nicht.

Ausschluss der Minderung im Wohnraummietrecht - Überblick 1. Vertraglicher Ausschluss 2. Unerheblichkeit des Mangels, 536 Abs. 1 Satz 3 BGB 3. bei energetischen Modernisierungen, 536 Abs. 1a BGB 4. Kenntnis des Mangels bei Vertragsschluss, 536 b Satz 1 BGB 5. Grobfahrlässige Unkenntnis des Mangels bei Vertragsschluss, 536 b Satz 2 BGB 6. Vorbehaltslose Annahme trotz Mangelkenntnis, 536 b Satz 3 BGB 7

Ausschluss der Minderung im Wohnraummietrecht - Überblick 7. Verletzung der Mangelanzeigepflicht, 536 c BGB 8. Mängel vom Mieter zu vertreten, 326 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. 9. Verwirkung der Minderung aufgrund vorbehaltsloser Mietzahlung 10. Verhinderung der Mangelbeseitigung durch Mieter 11. Mangel aufgrund vom Mieter gewünschter Maßnahmen 8

Ausschlussgrund Nr. 1: Vertraglicher Minderungsausschluss 9 536 Abs. 4 BGB wissenswert Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. Der Wortlaut spricht dafür, dass 536 Abs. 4 jede Vereinbarung über das Minderungsrecht erfasst. Jedenfalls bei Abschluss des Mietvertrages ist ein Ausschluss oder eine Beschränkung der Minderung nicht zulässig. Aber was gilt im laufenden Mietverhältnis?

Verwaltertipp Nr. 2 10 Trotz 536 Abs. 4 BGB können sich die Mietvertragsparteien im laufenden Mietverhältnis beispielsweise in Ansehung konkreter Baumaßnahmen auf eine bestimmte Minderungshöhe oder gar den Minderungsausschluss jedenfalls dann einigen, wenn es sich um einen befristeten Zeitraum handelt. Hiervon sollte der Verwalter zwecks Streitvermeidung und Planungssicherheit Gebrauch machen.

Ausschlussgrund Nr. 2: unerheblicher Mangel 11 536 Abs. 1 Satz 3 BGB wissenswert Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht. Nur eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit liegt vor, wenn der Mangel leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann. In der Praxis hilft diese Definition nicht.

536 Abs. 1 Satz 3 BGB Beispiele aus der Rechtsprechung 12 fehlende Fußleisten in einer Wohnung kurzzeitige Unterschreitung der üblichen Raumtemperatur um 1 Grad Celsius ist Defekt an der oberen Verriegelung des Feststellflügels des Küchenfensters fehlende "blaue Tonne" zur Altpapierentsorgung Sprung in der äußeren Scheibe eines Doppelfensters, wodurch weder die Dichtigkeit noch die Pflege des Fensters beeinträchtigt wird verwitterte Zustand des Außenanstrichs der Holzfenster einer Mietwohnung kurzzeitiger Baulärm nicht abschließbare Badezimmertür

Verwaltertipp Nr. 3 536 Abs. 1 Satz 3 BGB soll kleinliche Streitigkeiten verhindern, die den Frieden in der Hausgemeinschaft stören und damit dem Gedanken einer Partnerschaft entgegenstehen würden, so dass eine großzügige Handhabung der Regelung geboten ist. 13 An dieses gesetzgeberische Ziel darf man auch Gerichte erinnern.

Ausschlussgrund Nr. 3: energetische Modernisierung 536 Abs. 1a BGB wissenswert 14 Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach 555b Nummer 1 dient. Der Ausschluss der Mietminderung in den ersten drei Monaten nach 536 Abs. 1a BGB gilt nur für Maßnahmen der energetischen Modernisierung i.s.v. 555b Nr. 1 BGB. Deshalb muss der Vermieter hinreichend substantiiert vortragen, dass und in welchem Umfang die Baumaßnahmen die Voraussetzungen des 555b Nr. 1 BGB erfüllen.

Verwaltertipp Nr. 4 15 Handelt es sich nicht ausschließlich um energetische Maßnahmen, soll es nach der Gesetzesbegründung darauf ankommen, welche Beeinträchtigungen auf die jeweiligen Maßnahmen entfallen. Deshalb muss vom Verwalter / Vermieter genauer Vortrag hinsichtlich Art, Umfang und Zeitraum der Maßnahmen erfolgen.

Ausschlussgrund Nr. 4: Mangelkenntnis bei Vertragsschluss 536 b Satz 1 BGB wissenswert 16 Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus den 536 und 536a nicht zu. positives Wissen um die Mangelhaftigkeit und deren Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit erforderlich keine Untersuchungspflicht bei mehreren Mietern genügt die Kenntnis eines Mieters Vermieter trägt die Beweislast Mangelkenntnis schließt Anspruch auf Mangelbeseitigung nicht aus!

536 b Satz 1 BGB Beispiele aus der Rechtsprechung 17 schon bei Vertragsschluss mangelhafter Bodenbelag undichte Wohnungseingangstür, wenn dem Mieter deren Zustand bei Anmietung bekannt war Abgrenzungsproblem: Wann ist ein schlechter Zustand als vertragsgemäß vereinbart (dann kein Mangelbeseitigungsanspruch) und wann ist er dem Mieter nur bekannt?

Verwaltertipp Nr. 5 Der Anwendungsbereich des 536 b Satz 1 BGB ist nicht auf die Zeit vor Mietvertragsabschluss beschränkt. 536 b BGB greift auch ein, wenn die Parteien im laufenden Mietverhältnis eine Vertragsverlängerung vereinbaren ( bei Vertragsschluss ) und der Mieter sich seine Rechte wegen zwischenzeitlich eingetretener Mängel nicht vorbehält. Also prüfen, ob der Mangel schon vor Abschluss einer Verlängerungsvereinbarung bekannt war! 18

Ausschlussgrund Nr. 5: grobfahrlässige Unkenntnis 536 b Satz 2 BGB wissenswert 19 Ist ihm (dem Mieter) der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. grob fahrlässig handelt der Mieter, wenn er die bei Vertragsschluss erforderliche Sorgfalt in einem ungewöhnlich hohen Maß verletzt und dasjenige unbeachtet lässt, was jedem hätte einleuchten müssen. z. B. Vertragsschluss ohne vorherige Wohnungsbesichtigung oder leicht erkennbare Mängel bei Besichtigung übersehen

Ausschlussgrund Nr. 6: vorbehaltlose Annahme 536 b Satz 3 BGB wissenswert 20 Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache an, obwohl er den Mangel kennt, so kann er die Rechte aus den 536 und 536a nur geltend machen, wenn er sich seine Rechte bei der Annahme vorbehält. Gemeint ist der Fall, dass der Mieter den Mangel zwar noch nicht bei Vertragsschluss, wohl aber bei Wohnungsübergabe kannte.

Verwaltertipp Nr. 6 21 Alle Mängel ins Übergabeprotokoll aufnehmen! Ist dies nämlich geschehen und hat sich der Mieter hinsichtlich dieser Mängel seine Gewährleistungsrechte nicht vorbehalten, so ist er mit der Minderung ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die Mangelbeseitigung zugesichert.

Ausschlussgrund Nr. 7: Verletzung der Anzeigepflicht 536 c BGB wissenswert 22 (1) Zeigt sich im Laufe der Mietzeit ein Mangel der Mietsache ( ), so hat der Mieter dies dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen. ( ). (2) ( ) 2 Soweit der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige nicht Abhilfe schaffen konnte, ist der Mieter nicht berechtigt, die in 536 bestimmten Rechte geltend zu machen, ( ). Anzeigepflicht besteht nicht, wenn der Vermieter den Mangel bereits kennt. Minderung entfällt nur für den Zeitraum, in dem der Vermieter infolge der fehlenden Mängelanzeige den Mangel nicht beseitigen konnte. Mieter ist für Anzeige beweisbelastet (str.)

Verwaltertipp Nr. 7 Die Mangelanzeige muss gegenüber dem Vermieter oder einem zur Entgegennahme von Mängelanzeigen Bevollmächtigten erfolgen. Es genügt nicht, wenn die Mängel einem vom Vermieter häufig beauftragten Handwerker angezeigt werden. Ebenfalls reicht es nicht aus, wenn der Mieter eine bevorstehende Gefährdung lediglich bei der Polizei anzeigt. 23

Ausschlussgrund Nr. 8: Mangel vom Mieter zu vertreten 326 Abs. 2 BGB wissenswert 24 Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ( ), so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Hat der Mieter den Mangel selbst verursacht, kann er die Miete nicht mindern. Gleiches gilt, wenn der Mangel durch ein Verhalten eines Dritten (z. B. Untermieter) eingetreten ist, das sich der Mieter gemäß 278 BGB zurechnen lassen muss.

25 Ausschluss der Minderung Klassiker aus der Rechtsprechung Mieter verursacht Schimmelpilzbildung durch mangelndes Lüften/Heizen selbst (LG Frankfurt, Urteil vom 07. Februar 2012 2-17 S 89/11; AG Dortmund, Urteil vom 29. September 2015 425 C 7665/14). weiterführender Hinweis: Der Mieter hat dem Vermieter gemäß 280 Abs. 1 BGB auch die Kosten für das von ihm eingeholte Gutachten über die Schadensursachen zu erstatten, weil es zur Wahrnehmung der Rechte des Vermieters erforderlich war.

Verwaltertipp Nr. 8 26 Da es gerade bei Schimmelpilzfällen nur auf die Klärung tatsächlicher, nicht aber rechtlicher Fr agen anko mmt, ist es für beide Parteien besser, sich auf der Grundlage einer vorab geschlossenen Schiedsgutachtervereinbarung dem Votum eines neutral durch eine Handwer kskammer oder I HK gefundenen Sachverständigen zu unterziehen und nach dessen Er mittlungsergebnissen den Fall abzuwickeln. Bis dahin kann der Mieter unter Vorbehalt zahlen, o hne dass er eine zahlungsver zugsbedingte Kündigung oder die Verpflichtung zu weiterem Schadensersatz riskiert.

Ausschlussgrund Nr. 9: Verwirkung der Minderung Es geht um die Frage, ob ein Mieter, der nach Vertragsschluss Kenntnis eines Mangels der Mietsache erlangt und die Miete dennoch vorbehaltlos weiterzahlt, sich auch für die Zukunft nicht auf Mängel der Mietsache berufen kann. 536b BGB regelt dieses Problem nur für die Kenntnis des Mieters bei Vertragsschluss. 27

Ausschlussgrund Nr. 9: Verwirkung der Minderung vor der Mietrechtsreform 2001 seit der Mietrechtsreform 2001 28 Vor der Mietrechtsreform wendete die ganz h.m. bei nachträglichen Mängeln 539 BGB a.f. analog an. Danach verlor der Mieter sein Recht zur Minderung, wenn er einen bekannten Mangel längere Zeit nicht gerügt und die Miete ungekürzt und vorbehaltlos weiter gezahlt hat. Seither ist zu prüfen, ob der Mieter sein Minderungsrecht bei ungekürzter Weiterzahlung der Miete und fehlendem Vorbehalt unter den Voraussetzungen der Verwirkung nach 242 BGB oder des stillschweigenden Verzichts verloren hat.

Ausschlussgrund Nr. 9: Verwirkung der Minderung 29 Voraussetzungen wissenswert Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Recht verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Vermieter bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Mieters entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Vermieter im Vertrauen auf das Verhalten des Mieters in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Man kann nur subjektive Rechte verwirken. Bei der Minderung handelt es sich aber um eine rechtsvernichtende Einwendung. Die h. M. übersieht dies.

Kondiktionsausschluss 814 BGB 30 Die Verwirkungsproblematik ist nicht mit der Frage zu verwechseln, ob der Mieter, der in Kenntnis des Mangels vorbehaltslos die volle Miete weiterbezahlt, diese später auch für die Vergangenheit zurückfordern kann. Nach 814 BGB ist die Rückforderung der Mietzahlungen dann ausgeschlossen, wenn der Mieter wusste, dass er nicht hätte zahlen müssen. Bei dem heutigen Kenntnisstand der Mieter ist im Regelfall davon auszugehen, dass dem Mieter sein Recht zur Herabsetzung der Miete bekannt ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16.07.2003, VIII ZR 274/02).

Ausschlussgrund Nr. 10: Verhinderung der Mangelbeseitigung 31 242 BGB wissenswert Verhindert der Mieter unberechtigt die Mangelbeseitigung durch den Vermieter, folgt aus Treu und Glauben gemäß 242 BGB (und hierbei aus dem Verbot des venire contra factum proprium), dass der Mieter grundsätzlich wieder die ungeminderte Miete zu entrichten hat. Hinsichtlich der geschuldeten Miete soll der Vermieter so gestellt werden, als ob er die Mangelbeseitigung durchgeführt hätte. Dann können die Grundsätze von Treu und Glauben nach 242 BGB aber nur dazu führen, dass sich der Mieter ab dem Zeitpunkt nicht mehr auf die Minderung berufen kann, ab dem die Mangelbeseitigung ohne sein verhinderndes Verhalten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre und der Vermieter wieder die ungeminderte Miete hätte verlangen dürfen. Darlegung- und Beweislast beim Vermieter

Beispiele aus der Rechtsprechung. 32 Mieter lässt den Vermieter den gemeldeten Mangel nicht besichtigen Mieter lässt schuldhaft Handwerkertermine platzen Mieter duldet entgegen 555a Abs. 1 BGB die vom Vermieter beabsichtigten Mangelbeseitigungsarbeiten nicht Mieter macht Mangelbeseitigungsarbeiten des Vermieters von ungerechtfertigten Forderungen (Hotelkosten) abhängig Mieter führt erforderliche Vorbereitungsarbeiten ( Baufreiheit ) nicht aus

Verwaltertipp Nr. 9 33 Der Verwalter / Vermieter muss ein tatsächliches Mangelbeseitigungsangebot unterbreiten ( 294 BGB). Es genügt nicht, dem Mieter Name und Telefonnummer des Handwerkers zu geben. Die Mitteilung an den Mieter sollte so erfolgen, dass ihm 2 Termine vorgeschlagen werden und eine Frist gesetzt wird, binnen derer er einen der beiden Termine annehmen oder einen Ausweichtermin benennen muss.

Ausschlussgrund Nr. 11: Mangel aufgrund Mieterwunsch 34 Grundsatz Der Mieter hat regelmäßig gemäß 242 BGB dann kein Gewährleistungsrecht, wenn durch eine von ihm gewünschte Veränderung der Mietsache ohne Verschulden des Vermieters die Mietsache mangelhaft wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. Dezember 1991 10 U 10/91) Beispiel Beweist der Vermieter, dass die Mietwohnung frei von Baumängeln zur Verfügung gestellt worden ist und treten Smogerscheinungen erst nach baulichen Veränderungen (Bodenbelag) des Mieters auf, die zumindest als Risikofaktoren für den Foggingeffekt eingestuft werden können, so steht dem Mieter kein Minderungsrecht zur Seite (AG Pinneberg, Urteil vom 19. Oktober 2001 68 C 346/99)