Akkumulation von Metallen im Gehirn? Pathomechanismen und klinische Bedeutung. Dr. rer. nat. Katrin Huesker, IMD Berlin

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ph-wert 9,00 8,50 8,00 7,50 7,00 6,50 6,00 5,50 5, GMS1 GMS2 GMS3 GMS4 GMS5 GMS6

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Transkript:

Akkumulation von Metallen im Gehirn? Pathomechanismen und klinische Bedeutung Dr. rer. nat. Katrin Huesker, IMD Berlin

Metallquellen Atemluft Zahnersatz Lebensmittel Trinkwasser Eßgeschirr Kosmetik Endoprothesen

Metallbelastung steigert das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen

Metallbelastung steigert das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen

Amyloide Plaques in Kontakt mit Aluminiumablagerungen im Cortex von Alzheimer-Patienten Amyloide Plaque angrenzende Aluminiumablagerung Mirza et al., J Trace Elements Med Biol 2017

Führt Metallbelastung im Blut zu Aufnahme ins ZNS?

Das Gehirn ist vor dem Eintritt von Fremdstoffen aus dem Blut geschützt Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Blut-Hirn-Schranke Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Blut-Hirn-Schranke Blut-Liquor-Schranke Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Blut-Hirn-Schranke Blut-Liquor-Schranke Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Blut-Hirn-Schranke Blut-Liquor-Schranke Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Die Barrierefunktion der Blut-Hirn-Schranke Astrozyt Perizyt Endothelzelle Basalmembran Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Die Barrierefunktion der Blut-Hirn-Schranke Astrozyt Perizyt Endothelzelle Basalmembran Polare Substanzen (z.b. Metallionen) passieren nur bei aktivem Transport Blut-Hirn-Schranke ist dichter als Blut-Liquor-Schranke Lipophile Substanzen (z.b. Nikotin, Alkohol, Me-hg!) diffundieren jedoch frei Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Die Aufnahme von essentiellen Mineralstoffen über die Blut-Hirn-Schranke reguliert der Metalltransporter DMT-1 Mn Zn Fe Zn Fe Mo Cu Ca Ca Cu Mg Mg Fe Mn Zn Zn Cu Ca Mg Ca DMT1 divalent metal transporter van den Heuvel, PZ 13/2012

Doch auch toxische Metalle werden durch DMT-1 transportiert und verdrängen Mineralstoffe! Pb Cd Pb Cd Pb Cd Pb Mg Zn Ca Zn Mo Fe Mn Cu Ca Mg Pb Cd Pb Cd Ca Zn Cu Fe Mn DMT1 divalent metal transporter van den Heuvel, PZ 13/2012

Doch die Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke ist veränderlich Neurodegenerative Erkrankungen Hirntumore Entzündung, chronische Entzündung, silent inflammation Chronischer Schlafmangel Alter Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Silent inflammation steigert die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke Hurtado-Alvaro et al., J Immunol Res 2016

Bei erhöhten Entzündungswerten ist eine vermehrte Aufnahme von Metallen aus dem Blut ins Gehirn möglich -> Verstärkte Neurotoxizität von Kobalt?

Ausnahme Methyl-Quecksilber: Effiziente Aufnahme ins ZNS auch bei intakter Blut-Hirn-Schranke Hg Zn Fe Cu Mg Ca Fe Ca Mg Met MeHg- Cystein Met Fe Zn Cu Ca Mg Ca Met MeHg- Cystein Zheng, Microsc Res Tech 2001

Methylquecksilber ( MeHg ) im Blut korreliert mit Cortex Björkman, Environ Health 2007

Neurotoxische Wirkung von Methyl-Quecksilber Interferiert mit Neurotransmittern (Glutamat und GABA) Karri et al., Environ Tox Pharm 2016

Neurotoxische Wirkung von Methyl-Quecksilber Interferiert mit Neurotransmittern (Glutamat und GABA) Karri et al., Environ Tox Pharm 2016

Neurotoxische Wirkung von Methyl-Quecksilber Interferiert mit Neurotransmittern (Glutamat und GABA) Schädigt das Zytoskelett Karri et al., Environ Tox Pharm 2016

Neurotoxische Wirkung von Methyl-Quecksilber Interferiert mit Neurotransmittern (Glutamat und GABA), Schädigt das Zytoskelett Erzeugt oxidativen Stress Karri et al., Environ Tox Pharm 2016

Wie hoch ist der Anteil an Methyl-Hg am Gesamt-Quecksilber? Auswertung von 51 Patienten nach Chelattherapie: Mittelwert 55,1 % Min 18,6 % Max 97,9 % Anteil Methyl Hg / Gesamt Hg

Die Barrierefunktion der Blut-Liquor-Schranke Plexus choroideus -> bildet Liquor Endothelzellen (fenestriert) Epithelzellen mit apikalen Tight Junctions Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Toxische Metalle akkumulieren in der Blut-Liquor- Schranke und schädigen ihre feinen Gefäße Arsen Cadmium Quecksilber Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

-> Wirkung auf die Blut-Liquor-Schranke?

Neurotoxische Wirkung von Arsen Glutamaterge Neurotransmission Arsen Glutathion- Stoffwechsel Neuronaler Zelltod Bildung von beta-amyloid / Tau Karri et al., Environ Tox Pharm 2016

Metallbelastung kann die Funktion des Plexus choroideus verändern -> Neurotoxische Wirkung auch ohne Aufnahme ins ZNS! z.b. Blei, Kupfer, Mangan Akkumulieren im Plexus choroideus und beeinträchtigen spezifische Funktionen Steigern aber dabei nicht die Durchlässigkeit Zheng et al., Microsc Res Tech 2001

Bleibelastung stört die Versorgung des Gehirns mit Schilddrüsenhormonen

Der Plexus choroideus produziert Transthyretrin, das Transportprotein, das das Gehirn mit Schilddrüsenhormonen versorgt Plexus choroideus Liquor-Produktion Synthese von Transthyretin Transport von Schilddrüsenhormonen in den Liquor Zheng et al., Microsc Res Tech 2001

Blei hemmt die Transthyretin-Synthese und stört dadurch die Versorgung des Gehirns mit Schilddrüsenhormonen Plexus choroideus Liquor-Produktion Synthese von Transthyretin Blei Transport von Schilddrüsenhormonen in den Liquor Zheng et al., Microsc Res Tech 2001

In vivo belegt: Korrelation zwischen Bleibelastung und niedrigen Spiegeln an T4 und Transthyretin im Liquor 79 Liquorproben: Blei Transthyretin T4 Cheung et al., Toxicol Sci 1999

Blei wirkt toxisch auf glutamat-abhängige neuronale Netzwerke Hemmt die Bildung von intakten NMDA-Rezeptoren Die Blockade der glutamatergen Neurotransmission führt schließlich zum Absterben der Neuronen Karri et al., Environ Tox Pharm 2016

Blei wirkt toxisch auf glutamat-abhängige neuronale Netzwerke Hemmt die Bildung von intakten NMDA-Rezeptoren Die Blockade der glutamatergen Neurotransmission führt schließlich zum Absterben der Neuronen Karri et al., Environ Tox Pharm 2016

Metallwirkung auf die Blut-Liquor-Schranke Strukturelle Schädigung, Steigerung der Permeabilität für sämtliche Fremdstoffe: z.b. Arsen, Cadmium, Quecksilber Funktionelle Beeinträchtigung: z.b. Blei, Kupfer, Mangan Zheng et al., Microsc Res Tech 2001

Metallwirkung auf die Blut-Liquor-Schranke Strukturelle Schädigung, Steigerung der Permeabilität für sämtliche Fremdstoffe: z.b. Arsen, Cadmium, Quecksilber Funktionelle Beeinträchtigung: z.b. Blei, Kupfer, Mangan Anreicherung im Plexus choroideus, pathophysiologische Bedeutung unbekannt: z.b. Gold, Silber Zheng et al., Microsc Res Tech 2001

Gadolinium-Ablagerungen im Gehirn nach MRT, mögliche klinische Bedeutung unklar Feb 2017, e0171704

Toxische Wirkung von Metallen im Gehirn Fehlfaltung von Proteinen Störung der Neurotransmission Oxidativer Stress Zerstörung des Zytoskeletts Verminderte Versorgung mit Schilddrüsenhormonen Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Blut-Hirn-Schranke Passage von Metallen ins Gehirn Durch Verdrängung an Mineralstoff- Transportern Durch Mimikry von Aminosäuren (MeHg) Durch Schädigung der Gefäße des Pl. Choroideus Nach Schädigung der Blut-Hirn- Schranke bei Entzündung u.a. Blut-Liquor-Schranke Neuwelt et al., Nat Rev Neuroscience 2011

Nächste online-fortbildung am 05. April 2017 Der Alterungsprozess des Immunsystems und dessen Einfluss auf den Organismus Dr. Volker von Baehr, IMD Berlin