Untersuchungen über landschaftsprägende Obstarten, insbesondere Most- und Wirtschaftsbirnensorten, mit und ohne spezielle Verwertungseigenschaften Das Untersuchungsjahr 2006 Der kühle März verzögerte die Entwicklung der Vegetation deutlich. Die kühle und feuchte Witterung hielt bis Mitte April an. Erst nach Ostern setzte eine Schönwetterperiode von einer Woche ein, die zur Aufblüte der Birnbäume in den wärmeren Landesteilen führte. Es folgte aber darauf wieder ein Kälterückfall und am 30.04. fielen die Temperaturen unter die Null- Grad-Marke. Diese führten zu starken Spätfrostschäden an den Birnenblüten in Hohenheim. Die Höhe der Schäden war von der Lage des Quartiers abhängig. Es zeigten sich aber in gleicher Lage auch deutliche Sortenunterschiede. Wenig geschädigt wurden bei den Tafelbirnen z. B. die Sorten 'Winternelis', 'Kaiserbirne' und 'Abbé Fetel'. Bei den beiden ersten Sorten ist das auch auf die noch nicht sehr weit entwickelten Blüten zurückzuführen. Sehr starke Schäden wiesen dagegen die Sorten 'Holzfarbige Butterbirne', 'Amanlis Butterbirne', 'Williams Christbirne', 'Winterrusselet' und die 'Rotgraue Dechantsbirne' auf (Tab. 1). Tab. 1: Spätfrostschäden bei Tafelbirnen im Jahr 2006 in Hohenheim Sorte Aufblüte Schäden in % Abbé Fetel 62 10 20 Amanlis Butterbirne 63 90-100 Hochfeine Butterbirne 63 80 90 Holzfarbige Butterbirne 63 90 100 Kaiserbirne 58 0 10 Liegels Winterbutterbirne 64 20 30 Olivier de Serres 64 20 30 Präsident Roosevelt 63 80 Rotgraue Dechantsbirne 63 90 100 Williams Christbirne 63 90 100 Winternelis 58 0 10 Winterrusselet 63 90 100 1
Im Brennbirnenquartier zeigten 'Fässlesbirne' und vor allem die 'Wahlsche Schnapsbirne' kaum Spätfrostschäden. Sehr stark geschädigt waren die 'Sommermuskatellerbirne', 'Nägelesbirne' und 'Williams Christbirne' (Tab. 2). Sorten mit weiter entwickelten Blüten wiesen stärkere Schäden auf, das zeigt sich am Beispiel der 'Nägelesbirne'. Welchen Einfluss der Stand der Blütenentwicklung hat, lässt sich auch am Beispiel der 'Sommermuskatellerbirne' erkennen. Tab. 2: Spätfrostschäden bei Brennbirnen im Jahr 2006 Sorte Aufblüte Schäden in % Karcherbirne 64 ca. 50 % Williams Christbirne 64 ca. 80 % Nägelesbirne 65 ca. 80 90 % Palmischbirne 64 ca. 50 % Wahlsche Schnapsbirne 64 5 10 % Sipplinger Klosterbirne 64 ca. 50 % Fässlesbirne 64 ca. 30 % Sommermuskatellerbirne 63 70 % Sommermuskatellerbirne (im Birnensortiment) 64 90 100 % Der feuchte und sonnenarme August war verantwortlich für die relativ schlechte innere Qualität der früh reifenden Sorten und für das vermehrte Auftreten von Feuerbrand. Hohe Zuckergehalte hatten die Spätsorten durch die günstige Witterung im September. Untersuchungen alter Tafelbirnensorten Bedingt durch die starken Spätfrostschäden im Tafelbirnenquartier war der Fruchtansatz dort nur gering. Die wenigen Früchte waren für aussagefähige Daten nicht geeignet, zudem wurden sie für Sortenausstellungen dringend benötigt. Eine Fruchtuntersuchung in dieser Sortengruppe wurde deshalb nicht durchgeführt. Untersuchungen von Brennbirnen 2
Ziel der Untersuchung ist u. a. die Suche nach interessanten Birnensorten für die Verwertung. Ein weites Feld ist das Gebiet der Brennbirnen, je nachdem, ob auf eine hohe Ausbeute oder auf ein ausgeprägtes Aroma des Destillats Wert gelegt wird. Aus der Vielzahl der Sorten empfehlen sich sechs Sorten ganz besonders für die Herstellung von aromareichen Qualitätsdestillaten. Am frühesten wurde die 'Wahlsche Schnapsbirne' geerntet (Erntetermin am 04.09.). Diese feuerbrandresistente und auch wenig spätfrostanfällige Sorte brachte mit ca. 10 kg pro Baum einen guten Ertrag, Die kleinen bis mittelgroßen Früchte (57 g) hatten einen Zuckergehalt von 69 Oechsle (Tab. 3). Höhere Werte brachten die später reifenden Sorten, wie z. B. die 'Wilde Eierbirne' mit 75 Oechsle und die 'Schneiderbirne' mit 77 Oechsle. Tab. 3: Daten auserwählter Brennbirnen Sorte Ernte Ertrag Gewicht in g Zucker Oe. Wahlsche Schnapsbirne 04.09. 6 7 57 69 Palmischbirne 19.09. 5 66 80 Gelbmöstler 20.09. 7 93 68 Herrenholzer Aromatische 30.09. 5 44 73 Schneiderbirne (Sielmingen) 18.10. 2 95 77 Wilde Eierbirne 18.10. 4 5 104 75 Untersuchungen von Sorten für die Herstellung von Birnenschaumwein Eine herausragende Rolle bei der Herstellung von Birnenschaumwein hat die berühmte 'Champagner Bratbirne'. Leider ist diese wertvolle Sorte sehr anfällig für Feuerbrand und auch für den immer mehr um sich greifenden Birnenverfall (pear decline). Untersuchungen zu dem Befall mit pear decline bei dieser Sorte wurden auf der Filderebene von Hohenheim und im Raum Göppingen vom "Verein zur Förderung und Erhaltung alter Obstsorten" durchgeführt. Der Nachweis des Erregers ist nicht ganz einfach. Von der Landesanstalt für Pflanzenschutz in Stuttgart wurde deshalb eine Nachweismethode im Fruchtstiel entwickelt. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass der Befall auf der Filderebene deutlich höher als im Raum Göppingen ist (Tab. 4 und Abb. 1). Von den 13 Proben waren 9, das entspricht 70 %, infiziert. 3
Im Göppinger Raum lag die Infektionsrate nur bei 35 %. Sicherlich spielt die Probennahme dabei auch eine Rolle. Tab. 4: 'Champagner Bratbirne' und Birnenverfall Ergebnisse einer Untersuchung im Jahr 2005 Standorte Proben-Anzahl Ergebnis positiv % LK Göppingen 23 8 35 Filderebene 13 9 70 Abb. 1: 'Champagner Bratbirne', links: gesund, rechts: Birnenverfall Basierend auf dieser Anfälligkeit der Sorte 'Champagner Bratbirne' konzentrierte sich unsere Untersuchungen auf andere hochwertige Sorten für diesen Verwertungsbereich. Vier Birnensorten eignen sich nach unserer Einschätzung gut für die Herstellung von Schaumwein. Die Untersuchungsdaten dieser Sorten ergeben sich aus Tabelle 5. Tab. 5: Birnensorten für die Schaumweinherstellung Sorte Ernte Ertrag Gewicht in g Zucker Oe. Karcherbirne 05.10. 1 152 74 Bogenäckerin 06.10. 8 81 59 Champagner Bratbirne 06.10. 4 79 58 Prevorster Bratbirne 16.10. 7 86 78 4
Den höchsten Zuckergehalt hatte die spätreife 'Prevorster Bratbirne' (Abb. 2). Die Früchte auf der Unterlage Quitte in der Hohenheimer Versuchsanlage waren deutlich größer als diejenigen aus dem Streuobstbau. Von Bäumen dieser Sorten aus dem Streuobstbau (Abb. 3) wurden ca. 350 kg Früchte zusammengelesen und der Manufaktur Geiger in Schlat zur Herstellung von Schaumwein übergeben. Wir sind gespannt auf das gewonnene Produkt. Abb. 2: Prevorster Bratbirne Abb. 3: Die 'Prevorster Bratbirne' im Streuobstbau 5
Die 'Prevorster Bratbirne' ist identisch mit einer unter dem Arbeitsnamen ``Bonländer Späte Bratbirne bezeichneten Sorte. Alte Bäume der 'Prevorster Bratbirne' wurden jetzt anlässlich von Begehungen im Rahmen des PLENUM-Projektes "Streuobstoffensive Heckengäu" bei Wimsheim gefunden (Abb. 4). Abb. 4: Ein altes Exemplar der 'Prevorster Bratbirne' Untersuchungen von Kochbirnensorten Die früher beliebten und für die Ernährung der Bevölkerung wichtigen Kochbirnen werden heute vielfach als Mostbirnen verwendet, da Kochbirnen kaum noch auf dem Speiseplan stehen. Auch hier wäre es angebracht, nach neuen Verwertungsmöglichkeiten zu suchen. Die Untersuchungsdaten von fünf, früher sehr bekannten Kochbirnen, ergeben sich aus Tabelle 6. Die Sorte 'St. Remy' konnte jetzt pomologisch zugeordnet werden. Sie wurde in den 50er Jahren durch verschiedene Baumschulen vertrieben. Wahrscheinlich wurde die Sorte damals als 'Großer Katzenkopf' verkauft, denn eine 'St. Remy' taucht in den Baumschullisten der damaligen Zeit nicht auf. Die Sorte hat mit 300 bis 350 g (Abb. 5) ähnlich große Früchte wie der 'Große Französische Katzenkopf'. 6
Tab. 6: Daten von Kochbirnensorten Sorte Ernte Ertrag Gewicht in g Zucker Oe. Sipplinger Klosterbirne 16.10. 6 139 75 Schorndorfer Dornbirne 18.10. 7 119 73 Pflästerlesbirne 18.10. 3 4 88 72 St. Remy 18.10. 5 6 325 60 Grüne Pfundbirne 18.10. 2 3 288 59 Abb. 5: St. Remy Untersuchungen von Dörrbirnensorten Dörrobst ist als gesunde Süßigkeit wieder im Kommen. Die Chance Früchte von alten, bekannten Dörrobstsorten im Streuobstbau wieder sinnvoll zu verwerten, sollte viel besser genutzt werden. Klangvolle Namen wie 'Gelbe Wadelbirne', 'Brunnenbirne' oder 'Weidenblättrige Herbstbirne' lassen sich gut vermarkten. Die Untersuchungsdaten einiger alter, bekannter Dörrbirnensorten sind aus Tabelle 7 ersichtlich. Der Zuckergehalt dieser Sorten lag zwischen 55 und 72 Oechsle. 7
Tab. 7: Daten von Dörrbirnensorten Sorte Ernte Ertrag Gewicht in g Zucker Oe. Knausbirne 21.09. 5 111 71 Brunnenbirne 27.09. 4 238 66 Lenderling 16.10. 7 100 55 Weidenblättrige Herbstbirne 18.10. 7 8 82 72 Kotäckerle 16.10. 4 5 44 67 Während die 'Knausbirne' früher die bekannteste und auch am weitesten verbreitete Birne in Württemberg war, ist der 'Lenderling' (Abb. 6) eine bekannte Dörrbirnensorte aus Baden. Abb. 6: Lenderling Untersuchungen bei Mostbirnen Mostbirnen wurden im Zeitraum vom 21.09. bis 18.10. geerntet. Die Untersuchungsdaten von früh reifenden, typischen Mostbirnen sind aus Tabelle 8 ersichtlich. Die Früchte dieser Reifegruppe wurden zwischen 21.09. und 06.10. geerntet. Die Zuckergehalte der Früchte dieser Sorten lag zwischen 53 und 72 Oechsle. 8
Tab. 8: Daten früh reifender Mostbirnen (Ernte 21.09. 06.10.) Sorte Ernte Ertrag Gewicht in g Zucker Oe. Masselbacher Mostbirne 21.09. 4 38 61 Egnacher Spitzbirne 27.09. 7 8 52 67 Grünmöstler 27.09. 5 94 72 Rote Tettnanger Mostbirne 27.09. 6 102 53 Große Rommelter 06.10. 6 150 68 Schweizer Wasserbirne 06.10. 5 213 68 Die größten Früchte hatte mir 213 g die 'Schweizer Wasserbirne', die kleinsten die 'Masselbacher Mostbirne' mit 38 g (Abb. 7), die aber für ihre ausgezeichnete Qualität besonders im Hohenloher Raum geschätzt wird. Abb. 7: Masselbacher Mostbirne Die Ernte der später reifenden Mostbirnen lag zwischen dem 16. und 18.10. Der Zuckergehalt dieser Früchte war hoch und lag zwischen 55 und 86 Oechsle (Tab. 9). Bei neu der zwölf Sorten wurden über 70 Oechsle gemessen. Einen sehr hohen Zuckergehalt hatten die 'Knollbirne' und die 'Kittemer'. Enttäuschend war dagegen der niedrige Zuckergehalt der kleinen 'Sülibirne' mit nur 55 Oechsle. Beeindruckend die hohen Werte der 'Kirchberger Birne' mit 79 Oechsle, bei hohem bis sehr hohem Ertrag. 9
Tab. 9: Daten spät reifender Mostbirnen (Ernte 16. 18.10.) Sorte Ernte Ertrag Gewicht in g Zucker Oe. Marxenbirne 16.10. 7 128 68 Sülibirne 16.10. 5 55 55 Würgelesbirne 16.10. 5 49 77 Egnacher Mostbirne 18.10. 6 172 70 Grüne Jagdbirne 18.10. 6 7 139 78 Kirchberger Birne 18.10. 8 103 79 Kittemer 18.10. 5 7 57 86 Knollbirne 18.10. 6 123 82 Landshäuser Brunnenbirne 18.10. 3 5 111 68 Luxemburger Mostbirne 18.10. 5 6 120 77 Ottenbacher Schellerbirne 18.10. 2 122 75 Wildling von Einsiedel 18.10. 7 45 84 10