37 2 Arbeitsdiagnosen und häufigste Krankheitsbilder in der Zentralen Notaufnahme Ina Welk, Claudia Styrski 2.1 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Traumatologie und Orthopädie 39 2.2 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Neurochirurgie 71 2.3 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Neurologie 83 2.4 Arbeitsdiagnosen und fachübergreifende Notfälle in der Allgemeinchirurgie 96 2.5 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der inneren Medizin 115 2.6 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Urologie und Nephrologie 133 2.7 Arbeitsdiagnosen und Notfälle bei diabetischen Stoffwechselentgleisungen 149 I. Welk., Pflege-Pocket Zentrale Notaufnahme, DOI 10.1007/978-3-642-21009-9_2, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
2.8 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Augenheilkunde (Ophthalmologie) 156 2.9 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde 166 2.10 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Dermatologie 171 2.11 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Schwangerschaft und Gynäkologie 187 2.12 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Pädiatrie 198 2.13 Toxikologische Notfälle 210 2.14 Besondere Notfallerkrankungen in der zentralen Notaufnahme 222 Literatur 238
2.1 Arbeitsdiagnosen und Notfälle 39 2 2.1 Arbeitsdiagnosen und Notfälle in der Traumatologie und Orthopädie 2.1.1 Polytrauma Polytrauma Ein Polytrauma ist eine zeitgleich entstandene Verletzung von mindestens zwei Körperregionen oder Organsystemen, die einzeln oder in Kombination lebensbedrohlich sind (nach Tscherne et al.) (. Abb. 2.1). Folgende Behandlungsphasen in der Behandlung des Polytraumas werden unterschieden: 1. Reanimations- und Aufnahmephase im Schockraum 2. Notfallmäßige operative Versorgung vitaler Verletzungen 3. Stabilisierungsphase nach der operativen Primärversorgung auf der Intensivstation (Intensivmedizin und Intensivpflege) 4. Weitere operative Versorgung nichtvitaler Verletzungen 5. Erholungsphase 6. Rehabilitationsphase jursachen Quelle: AWMF-S3_Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung (Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie 2011). kunfallart 44Verkehrsunfälle 44Arbeitsunfälle 44Sportunfälle 44Freizeitunfälle 44Häusliche Unfälle 44Gewaltverbrechen 44Verschüttung
40 Kapitel 2 Arbeitsdiagnosen und häufigste Krankheitsbilder.. Abb. 2.1 Polytrauma (CT-Topogramm). (Mit freundl. Genehmigung von Prof. Heller, UKSH) 44Suizidversuch 44Katastrophen 44Kriegseinwirkungen 44Unfall aufgrund innerer Ursachen (z. B. Herzinfarkt) kunfallmechanismus (Beispiele) 44Dezelerationstrauma (= Verletzung infolge plötzlicher Unterbrechung einer schnellen Bewegung des Körpers, z. B. Aufprall beim Auffahrunfall) 44Absturztrauma
2.1 Arbeitsdiagnosen und Notfälle 41 2 44Überrolltrauma 44Quetschtrauma 44Ausrissverletzung 44Penetrierende Verletzung 44Explosionsverletzung khäufigste Verletzungslokalisation Kombinierte Verletzungen mit Beteiligung von 44Schädel 44Thorax 44Abdomen 44Wirbelsäule/ Rückenmark 44Stütz- und Bewegungsapparat jdiagnostik/therapie Aufgrund des Zeitfaktors laufen Diagnostikmaßnahmen und Therapie im Schockraum parallel. kerstuntersuchung Die erste körperliche Untersuchung nach Eintreffen des Patienten im Schockraum läuft strukturiert vom Kopf (kranial) in Richtung Füße (kaudal). Sie orientiert sich dabei am ATLS-System (7 Kap. 1). Erste Hinweise führen zur Ableitung diagnosesichernder Diagnostik. Bei der Arbeitsdiagnose Polytrauma erfolgt die Orientierung nach folgenden Punkten: 44Schädel/Gesichtsschädel 55Äußere Verletzungen (z. B. Prellmarken, Hämatome) 55Offene Verletzung 55Penetrierende Verletzung 55Blutung 55Augenverletzung 55Blutung aus Mund, Nase, Ohren 55Liquoraustritt 55Austritt von Hirngewebe 55Instabilität Mittelgesicht
42 Kapitel 2 Arbeitsdiagnosen und häufigste Krankheitsbilder 44Thorax/Hals 55Äußere Verletzungen (z. B. Prellmarken, Abdruck Sicherheitsgurt, Hämatome) 55Offene Verletzung 55Penetrierende Verletzung 55Blutung 55Obere Einflussstauung 55Hautemphysem 55Instabilität Thorax 44Abdomen 55Äußere Verletzungszeichen (z. B. Prellmarken, Hämatome) 55Offene Verletzung 55Penetrierende Verletzung 44Becken 55Äußere Verletzungen (z. B. Prellmarken, Abdruck Sicherheitsgurt, Hämatome) 55Offene Verletzung 55Penetrierende Verletzung/Pfählungsverletzung 55Instabilitäten 44Wirbelsäule 55Äußere Verletzungszeichen (z. B. Prellmarken, Hämatome) 55Offene Verletzung 55Penetrierende Verletzung 55Fehlstellung 55Neurologischer Status 44Extremitäten 55Äußere Verletzungszeichen (z. B. Prellmarken, Hämatome) 55Offene Fraktur 55Offener/geschlossener Weichteilschaden 55Fehlstellungen Knochen/Gelenke 55Krepitation 55Blutungen
2.1 Arbeitsdiagnosen und Notfälle 43 2 55Amputationsverletzung 55Motorik/Sensibilität kapparative Diagnostik 44Sonografie 55Abdomen 55Thorax 44Röntgendiagnostik 55Thorax a.-p. 55Becken a.-p. 55HWS seitlich 55Ergänzend CT klaborchemische Untersuchungen in der Erstversorgung (unbedingt notwendig) 44Blutbild 44Blutgruppe 44Gerinnung 44Elektrolyte 44Kreuzblut 44Blutgasanalyse jerste Maßnahmen im Schockraum nach Eintreffen/ Übergabe des Patienten 44Reanimationsmaßnahmen (einleiten/weiterführen) 44Intubation bzw. Überprüfen der Tubuslage bei bereits intubierten Patienten 44Anlage peripherer (möglichst großvolumiger) Venenzugänge 44Zentral-venöser Zugang 44Arterieller Zugang 44Infusionstherapie 44Stillung peripherer Blutungen durch Kompressionsverbände 44Ggf. sofortige Blutsubstitution (ggf. der Blutgruppe 0 Rh neg.) bei schwerem Volumenmangelschock Indikationsbezogen ggf. sofortige:
44 Kapitel 2 Arbeitsdiagnosen und häufigste Krankheitsbilder 44Notthorakotomie 44Notlaparotomie 44Thoraxdrainage 44Versorgung stammnaher Massenblutung (Notoperation) 44Blutstillung/Stabilisierung bei Beckenzerreißung»Openbook-Phänomen«(z. B. Beckenzwinge, Beckengurt) 44Tetanusprophylaxe 44Antibiotikaprophylaxe jpolytrauma Scores kgcs (Glasgow Coma Scale) Zur Beurteilung eines Schädel-Hirn-Traumas bzw. der Bewusstseinslage. kiss (Injury Severity Score) Anatomische Verletzungsgradtabelle zur Einordnung der Schwere einer Verletzung. Bewertungsgrundlage ist dabei die jeweilige Überlebenswahrscheinlichkeit bei den Einzelverletzungen gemäß der vereinfachten Verletzungsskala Abbreviated Injury Scale (AIS). Es wird in 6 ISS-Körperregionen unterteilt: 1. Head and Neck = Kopf und Nacken (inkl. knöcherne Verletzungen des Schädels (ohne Gesichtsschädel), Halswirbelsäule, Verletzungen des Groß- und Kleinhirns sowie Verletzungen der Medulla oblongata). Auch Ersticken (Asphyxie) wird in dieser Rubrik codiert. 2. Face = Verletzungen des Gesichts einschließlich Mund, Nase, Augen, Ohren und Gesichtsschädel. 3. Chest = Brustkorbverletzungen einschließlich Verletzungen der Brustwirbelsäule, der Rippen und der inneren Organe im Brustbereich, einschließlich dem Zwerchfell (Diaphragma). Ertrinken wird als Brustkorbverletzung codiert. 4. Abdomen = Verletzungen im Bauchraum (ohne Zwerchfell), im großen und kleinen Becken sowie an der Lendenwirbelsäule.
2.1 Arbeitsdiagnosen und Notfälle 45 2 5. Extremities/ Pelvis = Verletzungen inkl. Fraktur, Luxation und Amputation der Extremitäten, einschließlich Verletzungen des Beckens. 6. External = Schürfungen, auch mit Defektstellen, Schnittverletzungen, Prellungen und Verbrennungen sowie Unterkühlung (Hypothermie) und Verletzungen durch Strom. Bei einem ISS-Wert von über 15 spricht man von einem Polytrauma. Insbesondere die modernen Polytrauma-Definitionen bauen auf dem ISS auf. 2.1.2 Thoraxtrauma Thoraxtrauma Verletzung des Brustkorbs, seiner Organe oder angrenzender Strukturen durch mechanische Gewalteinwirkung. Unterschieden wird zwischen stumpfen und penetrierenden (in den Thorax eindringende) Verletzungen. Das Ausmaß der Verletzungen kann von einer Rippenprellung bis hin zu lebensbedrohlichen Lungen-, Herz- und intrathorakaler Gefäßverletzungen liegen. Thoraxtraumen können isoliert oder als Begleitverletzungen beim Polytrauma auftreten. jsymptome kbei wachen, ansprechbaren Patienten 44Rippenfrakturen 55Schmerzen beim Atmen (Schonatmung) 55Ggf. Prellmarken 55Lokaler Druckschmerz 44Pneumothorax 55Schmerzen 55Luftnot
46 Kapitel 2 Arbeitsdiagnosen und häufigste Krankheitsbilder 55Unruhe 55Angst 55Abgeschwächtes/fehlendes Atemgeräusch auf der betroffenen Seite 55Ggf. Hautemphysem kbei Thoraxverletzungen im Rahmen der Polytraumabehandlung 44Auffälligkeiten der Beatmungsparameter und respiratorische Störungen (z. B. Spannungspneumothorax) 44Schocksymptomatik/Kreislaufinstabilität (z. B. Hämatothorax, Verletzung intrathorakaler Gefäße 44Herzrhythmusstörungen (z. B.Herzkontusion, Herzbeuteltamponade, Mediastinalverschiebung) 44Blut aus dem Endotracheltubus (z. B. Lungenverletzung) 44Haut- und Mediastinalemphysem (z. B. Tracheobronchialverletzung) jdiagnostik 44Patientenanamnese 44Unfallgeschehen 44Beschwerdebild 44Körperliche Untersuchung (Inspektion, Auskultation) 44Ggf. EKG, z. B. bei V. a. Herzkontusion (Contusio cordis) 44CT 44Röntgen-Thorax 44Sonografie/Echokardiografie jursachen (Beispiele) 44Auffahrunfall 44Fausthiebe 44Tritte 44Bei penetrierenden Verletzungen meistens Messerstichoder Schussverletzungen
http://www.springer.com/978-3-642-21008-2