Luftgetragene Kontaktallergene. häufige Ursache von Ekzemen?

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Transkript:

Luftgetragene Kontaktallergene Luftgetragene Kontaktallergene häufige Ursache von Ekzemen? Wolfgang Straff, II 1.1 Umweltbundesamt Corrensplatz 1, Berlin ÖGD Fortbildung 20.03.2007

Luftgetragene Kontaktallergene? Kontaktekzem normalerweise nur bei direktem Hautkontakt ABER: Einige Kontaktallergene können in Dampfphase oder in Sprühnebel übergehen und so die Haut erreichen und/oder eingeatmet werden

Inhalative Aufnahme von Kontaktallergenen? Exposition über den Luftpfad und verzögerte Reaktion? Zusammenhang Kontaktallergene und Soforttyp-Symptome?

Typ I Allergien TYP IV Reaktion sofort Heuschnupfen allerg. Asthma Urtikaria Angioödem allerg. Schock Reaktion verzögert Kontaktekzem aerogenes Kontaktekzem (Airborne Dermatitis) Photokontaktallergie hämatogenes Kontaktekzem meist polyvalent Umweltassoziation klar meist mono/oligovalent Umweltassoziation nicht immer eindeutig

Typ I Allergien TYP IV Auslöser: meist makromolekular Exposition: Inhalation Orale Aufnahme Dermaler Kontakt Mechanismus: Ig-E vermittelt Auslöser: inkomplett, kleinmolekular Exposition: in der Regel dermal Mechanismus: T-Zell vermittelt grundsätzlich unterschiedliche Pathogenese

Hinweise aus der Literatur Schon früh: Hinweis auf den auslösenden Mechanismus durch C. Barks, Allergic to money (1951)

Intensiver Geld-Kontakt Dagobert Ducks beim Geldbad ausgeprägte Sofort-Typ Reaktion ärztlich diagnostizierte Rhinitis allergica pecuniae

Hinweise aus der (nicht-wissenschaftlichen) Literatur Schon früh: Hinweis auf den auslösenden Mechanismus durch C. Barks, Allergic to money (1951) In öffentlicher Wahrnehmung vorhanden (Beispiel Duftstoffe und Atemwegs- Beschwerden)

Hinweise aus Fallberichten in der (wissenschaftlichen) Literatur bronchiale oder pharyngeale Symptomatik nach dem Einatmen von Chromationen Kolophonium Isothiazolinonen Acrylaten Cortikoiden Wacholderbeeröl

Hinweise aus Fallberichten in der (wissenschaftlichen) Literatur generalisiertes Kontaktekzem nach dem Einatmen von Duftstoffen oder Gewürzen, Terpentinöl, Pflanzenmaterial, Penicillin und Chlorpromazin, Quecksilberdämpfen, Nickelstäuben, Chromat-haltigen Rauchs (beim Schweißen), nach Anwendung eines Corticoid-haltigen Nasensprays, Antiasthmatikum Budesonid

Hinweise aus Vorgänger-UBA Studie über die Bedeutung von Kontaktallergenen im privaten Bereich* Patienten mit generalisiertem Ekzem * Schnuch et al. 2004 hoher Anteil von Duftstoffallergikern und gegenüber Terpentinöl sensibilisierten Personen

Untersuchung der Bedeutung luftgetragener Kontaktallergene (Typ IV -Allergene) bei der Entstehung von Kontaktekzemen* inhalative Verursachung generalisiertes Ekzem Allergen aerogene Verursachung Airborne contact dermatitis *A. Schnuch, W. Uter, H. Lesmann, J. Geier, UBA-Bericht 2006

Methodik der Studie IVDK (Informationsverbund Dermatologischer Kliniken zur Erfassung und wissenschaftlichen Auswertung der Kontaktallergien) 36 Hautkliniken in Deutschland, Österreich, Schweiz Anamnese, Allergenexposition, Epikutantest Klinische Diagnose Spezielle Fragebögen mit Diagnose (insbes. gener. und aerogenes Ekzem) Kontaktstoffkategorien (z.b. Farben/Lacke oder Raumdüfte)

Methodik der Studie Datenerfassung: Juli 2003 bis Dezember 2005 Größe des gesamten Untersuchungskollektivs: 24 000 Patienten bei z.t. deutlich kleineren Subkollektiven Epikutantestungen nach Richtlinien der ICDRG 1 und der DKG 2 Erhebung in den Partner-Allergieabteilungen des IVDK Dokumentation über spez. Software und Weitergabe zur Auswertung an den IVDK 1 International Contact Dermatitis Research Group 2 Deutsche Kontaktallergiegruppe

Ergebnisse Airborne contact dermatitis Aerogenes Ekzem wurde nur selten angegeben Gesichtsekzeme waren wesentlich häufiger Frauen: häufig Kosmetika assoziiert: Duftstoffe, Euxyl (R) K 400* Männer: Epoxidharze, Kolophonium, Terpentin *Zusammensetzung: 1,2-Dibrom-2,4-dicyanbutan (A, 20%) und 2-Phenoxyethanol (B, 80%)

Ergebnisse Airborne contact dermatitis Luftkontakt Aerogenes Ekzem wurde nur selten angegeben Gesichtsekzeme waren wesentlich häufiger direkter (Hautkontakt) Frauen: häufig Kosmetika assoziiert: Duftstoffe, Euxyl (R) K 400* Männer: Epoxidharze, Kolophonium, Terpentin *Zusammensetzung: 1,2-Dibrom-2,4-dicyanbutan (A, 20%) und 2-Phenoxyethanol (B, 80%)

Ergebnisse generalisiertes Ekzem 1528 Fälle mit dermaler oder inhalativer Exposition (orale Expo ausgeschlossen) weder Duftstoffe noch Kosmetika kommen in diesem Kollektiv häufiger vor in diesem Kollektiv sign. häufiger: K 2 Cr 2 O 7 Sensibilisierung bei Frauen

Ergebnisse generalisiertes Ekzem % positive Reaktionen (stand.) 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Kaliumdichromat-Sensibilisierungen Generalisiertes Ekzem Kaliumdichromat gesamt Kaliumdichromat bei Frauen Kaliumdichromat bei Männern Kontrollen

Ergebnisse inhalative Allergenaufnahme Nur in 229 Fällen wurde eine inhalative Allergenaufnahme als Ursache verdächtigt (1% der Gesamtpopulation) Lokalisationen: Gesicht und generalisiert Fälle mit atopischer Dermatitis mit 40% besonders häufig (im Vergleich zu 16,6% im Gesamtkollektiv) diese 91 Fälle müssen vom Kollektiv noch abgezogen werden Fazit: solche Ekzeme sind Einzelfälle!

Ergebnisse Überempfindlichkeitsreaktionen an Atemwegen oder allergisches Kontaktekzem der Haut durch Inhalation von allergenen Duftstoffen 20 allergische Probanden Lyral (n=10) Isoeugenol (n=10) 1000 µg/m 3 Inhalationskammer (25m 3 / 22 C und 50% Luftfeuchte) 60 Minuten inhalative Aufnahme Untersuchung: Hautzustand Lungenfunktion Befinden verzögerte Symptome nach 4, 6, 24 u.72 h Nasallavage Studie der LMU-München

Ergebnisse des Experiments inhalative Allergenaufnahme durch Duftstoff-Allergiker 1. bei keinem der 20 Exponierten: subjektive oder objektive Veränderungen in der Atemfunktion messbar 2. bei 2 der 20 Exponierten: Flare up in alten Ekzembezirken 3. Bei Reexposition mit 10µg/m³: keine Hautreaktion Fazit: trotz extremer Konzentrationen keine Typ I - Wirkung und: Typ IV - Wirkung ist möglich

Die bisherige Einschätzung, dass Duftstoffe als Typ IV-Allergene nicht an den Atemwegen wirken, wurde bestätigt, aber bestimmte Personen reagieren auf Duftstoffexposition mit Reizreaktionen* und je mehr Typ IV-Sensibilisierungen, desto häufiger klagen Patienten auch über Atemwegssymptome* * Elberling et al. 2004-2006 bisher unbekannter Mechanismus, möglicherweise eine generell erhöhte Irritabilität Hypothese: Kontaktallergie und vermehrt auftretende respiratorische Symptome sind unabhängige Manifestationen einer Disposition

Schlussfolgerungen Kontaktekzeme nach Inhalation können auftreten, sind aber sehr selten! Sie treten nicht unbedingt als generalisiertes Ekzem auf (sondern auch evtl. als flare up ). über Typ-1-artige Reaktionen durch Kontaktallergene wird berichtet im Experiment aber bisher keine Bestätigung bei Soforttyp-Reaktionen auf Typ-IV-Allergene: erhöhte Irritabilität oder/und psychosomatische Zusammenhänge

Beantwortung der Frage Luftgetragene Kontaktallergene sind bei Inhalation keine häufige sondern eine äußerst seltene Ursache von Kontaktekzemen der prinzipielle Mechanismus scheint zu existieren Aerosole von Kontaktallergenen führen häufiger zu Kontaktekzemen durch direkten Hautkontakt

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Wolfgang Straff wolfgang.straff@uba.de www.umweltbundesamt.de