Aquakultur: Retten Bauern die Weltmeere?

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Transkript:

Betriebsleitung Aquakultur: Retten Bauern die Weltmeere? Brüssel will die Fischmast stärker fördern und so die Weltmeere entlasten. Entwickelt sich da ein neues Geschäftsfeld für Landwirte? Wir haben zwei Pioniere besucht. Schon im Jahr 2050 könnte es vorbei sein mit der Meeresfischerei. Das sagen zumindest einige Wissenschaftler bei der Umweltorganisation UNEP der Vereinten Nationen. Von der ständigen Überfischung werden sich die Weltmeere nicht mehr erholen, so ihr düsteres Szenario. Einige deutsche Bauern haben das bereits als Geschäftsfeld für sich entdeckt und mästen in ihren Ställen Fische in sogenannten Kreislaufanlagen (KLA). Die deutschen Argarminister haben sie dabei hinter sich. Diese glauben, dass die Kreislaufanlagen in der Lage sein könnten, Fischimporte nach Deutschland zumindest teilweise zu ersetzen. Im Nationalen Strategieplan Aquakultur werden die Vorteile der Fischmast hoch gelobt: Die exzellente Futterver- Foto: Mayer Simon und Rudi Oppmann halten neben ihren Mastschweinen jetzt afrikanische Welse. 48 top agrar 10/2014

Wels aus Aquakultur im Stall: Ein weltrettendes Zukunftskonzept? Foto: Schulze Steinmann wertung der Fische (ca. 1 : 1) und ihr hoher Muskelanteil mache Fische sehr attraktiv im Vergleich zu anderen Masttieren. Außerdem verursache die Fischproduktion in Aquakultur weniger Treibhausgasemissionen als die Fleischproduktion und benötige weniger Land sowie in geschlossenen Kreislaufanlagen weniger Wasser. Obendrein sei Fisch wegen seines hohen Anteils an bestimmten Omega-3-Fettsäuren auch noch gesünder als Fleisch, so das Papier. frisch gebackener Fischmäster und das weit ab vom Meer. Vor drei Jahren hatten er und seine Familie die Idee dazu, weil sie händeringend nach einer Alternative zur Schweinehaltung suchten. Denn mit einer Erweiterung ihres Maststalls mit aktuell 1 500 Plätzen wären sie in ihrem Dorf Burggrumbach wohl auf Widerstand gestoßen. Außerdem wäre unklar gewesen, ob die Oppmanns überhaupt an die notwendigen Flächen kommen. In der Region floriert der Gemüsebau und hat die Pachtpreise in schwindelerregende Höhen getrieben. Damit aber Hofnachfolger Simon (18) auch langfristig von dem Betrieb leben kann, wollten die Oppmanns noch einmal größer investieren. Nur wie?, fragten sie sich. Da geriet ihnen ein Flyer in die Hände, den sie Monate zuvor auf der EuroTier mitgenommen, zunächst aber Schlusslicht Europa: Andere Länder der Welt haben diese Potenziale der Aquakultur längst erkannt. Während die Fangmengen aus dem Meer weltweit stagnieren, hat das Fish Farming in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Entwicklung hingelegt. Mittlerweile stammt ein Drittel des Fisches der Welt aus Aquakultur, das entspricht rund 20 Mio. Tonnen jährlich (siehe Übersichten 1 und 2). An der EU ist diese Entwicklung bislang aber vorbeigegangen. 80 % des Fisches aus Aquakultur werden in Asien produziert. Neue Anlagen werden auch in Südamerika und Afrika gebaut. Da will die EU-Kommission nicht länger untätig zusehen und plant, mit ihrem neuen europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) jetzt auch die heimische Aquakultur stärker zu fördern. Deshalb hat sie die Mitgliedsstaaten aufgefordert, nationale Strategiepläne vorzulegen so wie die deutschen Agrarminister das getan haben. So werden die EU-Gelder sinnvoll eingesetzt und die heimische Fischproduktion neu aufgestellt, hofft die Kommission. Bahnt sich da für Europas Landwirte ein neues, lukratives Geschäftsfeld an? Oder haben wir in Europa und Deutschland den Zug schon verpasst? Alternative zu Schweinen? Rudi Oppmann, Landwirt aus Unterfranken, will das gerade herausfinden. Seit Ende Juni tummeln sich in einer Halle gleich neben seinem Schweinestall afrikanische Welse dicht an dicht. Oppmann ist Übersicht 1: So boomt die Aquakultur weltweit Mio. t 160 Aquakultur 140 Fischfang 120 100 80 60 40 20 0 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2012 Quelle: FAO Übersicht 2: Wer profitiert von der Aquakultur? 70 Mio. t 60 50 Europa Andere Asien 40 30 20 10 0 1970 1980 1990 2000 2009 2010 Quelle: FAO Weil der Fischfang weltweit stagniert, kommt immer mehr Fisch aus Aquakultur. Beim Ausbau der weltweiten Aquakultur ist Europa bislang nur Zuschauer. Rund zwei Drittel der europäischen Produktion stammen zudem aus Norwegen. top agrar 10/2014 49

Betriebsleitung Betriebsspiegel Rudi Oppmann, Burggrumbach, Bayern Fläche: Getreide-, Mais- und Zuckerrübenanbau auf insg. 140 ha Tierzahl: 1 500 Schweinemastplätze, 700 Legehennen Aquakultur: 100 m 3 Kreislaufanlage nicht weiter beachtet hatten. Darauf fiel ihnen das Bild des seltsam aussehenden afrikanischen Welses ins Auge. Der Flyer stammte von der PAL Anlagenbau GmbH, die seit rund 20 Jahren Kreislaufanlagen für die Fischhaltung baut. Die Oppmanns riefen im Herbst 2012 bei der Firma an und fragten, ob die Aquakultur eine Option für sie sein könnte. Reiner Elies, Berater bei PAL, erklärt, für welche Betriebe eine Fischzucht infrage kommt: Wer Energie übrig hat. Denn der afrikanische Wels wird wie übrigens die meisten Fische im Stall in einer Warmwasser-Kreislaufanlage gemästet (siehe Übersicht 3). Und die will beheizt werden, denn der afrikanische Wels bevorzugt Temperaturen von 28 C. Bietet man ihm weniger, so wächst er nicht. Deswegen seien Betriebe, welche die Abwärme aus einer Biogasanlage kostenlos nutzen können, klar im Vorteil. Aber auch für Betreiber von Gasturbinen oder Pflanzenöl-Produzenten kann sich die Abwärmenutzung mittels Fischzucht rentieren, so Elies. Wichtig sei auch eigenes Wasser, fährt er fort. Am besten aus einem leistungsfähigen, eigenen Brunnen. Und die Aquakultur müsse zu den bestehenden Betriebszweigen passen. Die Fische sollten ein ergänzender Betriebszweig Übersicht 3: Prinzip einer Kreislaufanlage Mechanischer Filter Biofilter (Nitrifikation und Entgasung) sein, der neue Synergieeffekte schafft. Sie dürfen aber niemals die Begründung für den Bau z.b. einer Biogasanlage sein, warnt er. Halbe Million Investition: Als typisches Investitionsvolumen für einen Familienbetrieb nennt Elies rund 500 000 bis 600 000 Euro. Damit könne man eine Anlage mit rund 100 Kubikmetern Wasser für eine Jahresproduktion von ca. 100 Tonnen Wels errichten. Die genauen Kosten hängen u.a. davon ab, ob ein neues Gebäude errichtet oder nur ein bestehender Stall umgebaut wird. Außerdem sei entscheidend, wo der Strom herkommt und ob ein Brunnen erst noch gebohrt werden muss oder nicht. Bei den Oppmanns waren sich Elies und Kollegen schnell sicher: Der Betrieb ist geeignet. Durch die Kooperation mit Abwasser Frischwasser Heizung Sauerstoff Damit sich die Fische in der Kreislaufanlage wohlfühlen, müssen Temperatur, ph-wert, Sauerstoff- Ammonium- und Nitritgehalt ständig überwacht werden. O 2 Biogas- Abwärme einer Biogasanlage steht genug kostenlose Wärme zur Verfügung. Der Betreiber bekommt im Gegenzug den KWK-Bonus von 3 Cent pro Kilowattstunde. Und für den Betrieb der KLA, in der Oppmann täglich 15 % der insgesamt 100 Kubikmeter Wasser austauschen muss, würde auch der Hofbrunnen als Wasserquelle ausreichen. Das überzeugte die Oppmanns und sie entschieden sich, in die Fischmast einzusteigen. Sie holten die erforderlichen Genehmigungen ein und schlossen sich der Erzeugergemeinschaft Fisch gut Mitte an, über die sie Setzlinge und Futter beziehen sowie die gemästeten Welse vermarkten. Bei den diversen Anträgen auf Genehmigungen und Förderung musste Oppmann etwas Geduld aufbringen, weil es geschlossene Kreislaufanlagen in Bayern bislang kaum gibt. Bei verschiedenen Ämtern G r a fi k e n :O r b CHECKLISTE Oppmanns fünf Genehmigungen Bau-Genehmigung Brunnenbohr-Genehmigung Brunnenentnahme- Genehmigung Genehmigung für Kläranlage Förderbescheid an Bayern/EU Foto: Mayer Die Fisch-Halle der Oppmanns ist etwas kleiner als der Schweinestall mit 1 500 Mastplätzen. 50 top agrar 10/2014

füllte er deswegen Formulare für Teichwirtschaften mit Forellen aus. Die Beamten wussten zunächst nicht, wie sie damit umgehen sollten. Oppmann formuliert es passend: Die fischen auch im Trüben. Sein Durchhaltevermögen hat sich aber ausgezahlt: Die Anlage wurde genehmigt, und sowohl der Europäische Fischereifonds (EFF bald EMFF) als auch der Freistaat Bayern beteiligten sich mit jeweils 20 % an den Baukosten (s. a. Checkliste auf S. 50). Jetzt, zwei Jahre nach Beginn der Planungen, haben die ersten afrikanischen Welse ihr Quartier in Unterfranken bezogen. Ein Mastdurchgang mit den außergewöhnlichen Tieren dauert fünf bis sechs Monate. Zu Weihnachten werden also die ersten Welse schlachtreif sein. Die Oppmanns sind vorsichtig optimistisch, dass sie schon nach einigen Durchgängen schwarze Zahlen schreiben. Ihnen ist aber auch klar, dass es ein enges Geschäft ist und sie die Kreislaufanlage über 25 Jahre abbezahlen werden. Zwar haben sie sich mit dem Wels für einen sehr robusten Fisch entschieden, der auch einmal einen Fehler verzeiht. Manche in der Branche bezeichnen ihn als Anfängerfisch. Dennoch ist der Betrieb einer Kreislaufanlage eine hochkomplizierte Angelegenheit. Die Fütterung muss genauso passen wie die Temperatur; die Ammonium-, Nitrit- und Sauerstoffkonzentration muss ständig im Auge behalten werden. Oppmann geht davon aus, dass er in den ersten Jahren auch mal Lehrgeld bezahlen wird. Dschungel an Vorschriften: Aquakultur ist keine einfache Angelegenheit, geben auch die Autoren des nationalen Strategieplans zu. Dass sie hierzulande bisher nicht aus den Kinderschuhen gekommen ist, habe handfeste Gründe, sagen die Autoren. Allen voran die schwierigen Genehmigungsverfahren. Schnell gelesen EU und Bund wollen die Aquakultur stärker fördern. Für Landwirte kann die Fischmast im Stall eine Alternative zu Schweinen, Rindern oder Hähnchen sein. Bislang stehen aber niedrige Renditen hohen Risiken in Produktion und Vermarktung gegenüber. Die Genehmigungsverfahren sind kompliziert und bundesweit uneinheitlich. STANDPUNKT Nicht Fisch, nicht Fleisch Claus Mayer, top agrar Es ist bezeichnend, dass kein staatlicher Experte von der Fischmast im Stall überzeugt ist. Sie haben zu oft Wer in die Aquakultur einsteigen möchte, der sieht sich mit den verschiedensten Gesetzen und Verordnungen konfrontiert von Raumordnungsprogrammen und allgemeinem Baurecht über Natur- und Tierschutzgesetze bis hin zu wasserrechtlichen Vorschriften. Diese sind noch dazu von Bundesland zu Bundesland verschieden und stehen teilweise sogar in Widerspruch zu Bundesgesetzen. Als wäre das noch nicht verwirrend genug, legen die einzelnen Landkreise gleiche Gesetze häufig auch noch unterschiedlich aus. Wer sich durch diesen Dschungel an Vorschriften schlagen möchte, braucht also einen langen Atem zu lang, als dass mit einem schnellen Ausbau der Aquakultur in Deutschland zu rechnen wäre, so die Autoren. Weitere Hemmschuhe seien bislang der internationale Konkurrenzdruck und der Mangel an qualifizierten Fachkräften gewesen, heißt es in dem Papier weiter. erlebt, wie das Bauern ihre Existenz gekostet hat. Zugegeben: Wer eine Alternative zu Schweinen, Kühen oder Hähnchen sucht, für den kann der Bau einer Kreislaufanlage eine verlockende Idee sein. Und selbstverständlich ist nicht jedes Projekt automatisch zum Scheitern verurteilt. Gleichzeitig ist aber klar, dass eine minimale Rendite einem maximalen Risiko gegenübersteht. Die staatlichen Experten sehen die Zukunft der Aquakultur ohnehin eher in der Teich- und Flusswirtschaft als in Kreislaufanlagen. Eine Investition in die Fischmast im Stall fällt daher wohl unter die Kategorie: nicht Fisch, nicht Fleisch. Experten bremsen Euphorie: Da ist es nicht verwunderlich, dass die Fachwelt in Deutschland auf die Euphoriebremse tritt, wenn es um den Einstieg von Landwirten in die Fischmast geht. Im Norden warnt Christina Hiegel von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, dass grundlegende Fragen des Bauund Wasserrechts beim Bau von Kreislaufanlagen nicht geklärt seien bzw. von den Genehmigungsbehörden unterschiedlich bewertet werden. Wer es dennoch tue, gehe hier ein großes Risiko ein. Im Süden verweist Dr. Helmut Wedekind, Leiter des Instituts für Fischerei an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, auf die komplexen biologischen Prozesse in den Anlagen. Daran habe sich schon so mancher Betriebsleiter die Zähne ausgebissen. Wedekind ist vom Zukunftspotenzial der KLA überzeugt, hat aber auch festgestellt: Neueinsteiger unterschätzen neben der Komplexität der Anlagen oft die Arbeitsbelastung. Und wer die Technik im Griff hat, muss seine Fische auch noch gewinnbringend verkaufen. In Baden-Württemberg sind in den vergangenen Jahren fünf Landwirte, die KLA errichtet hatten, an der Vermarktung gescheitert. Unzureichende Fachkenntnisse und die hohen Investitionskosten taten ihr übriges. Der dortige Leiter der Fischereiforschungsstelle, Dr. Alexander Brinker, rät daher zu einer nüchternen Betrachtung der möglichen Gewinne und Risiken, bevor man eine KLA baut. Er hat schon zu oft erlebt, dass der Einstieg von Landwirten in die intensive Fischzucht fehlschlug. Sein Fazit: Nur wer gut kalkuliert hat und herbe Rückschläge einstecken kann, sollte das Wagnis Kreislaufanlage eingehen. Claus Mayer Lesen Sie auf den folgenden Seiten über die Zandermast in KLA. top agrar 10/2014 51

Betriebsleitung Die Diva unter den Fischen Fisch-Neuling Steffen Florin hat sich gleich an einen der anspruchsvollsten Fische getraut: den Zander. In seinem ehemaligen Jungviehstall mästet Steffen Florin jetzt Zander. Gerade hat er den ersten Durchgang beendet. Steffen Florin (43) aus der Lüneburger Heide hat sich trotz aller Unsicherheiten getraut, in die Fischmast einzusteigen. Gerade hat er den ersten Mastdurchgang beendet und ist zufrieden: Der Zander hat sich als eine passende Ergänzung zu seinem Biogas- und Ackerbaubetrieb herausgestellt. Florin setzt auf eine Zandermastanlage der F & M Aqua. Weil die Firma bereits neun dieser Anlagen gebaut hatte, wusste sie, welche Genehmigungen Florin einholen muss und wie er sie bekommt. Nach dem Bau war Florin nicht auf sich alleine gestellt, als er zum ersten Mal das Zusammenspiel zwischen ph-wert, Temperatur, Nitratund Sauerstoffkonzentration überwachen musste. Diese Unterstützung war auch dringend nötig, denn mit dem Zander hat sich Florin einen der anspruchsvollsten Fische auf den Hof geholt. Er reagiert schon auf die kleinsten Stressfaktoren mit Leistungsdepression Betriebsspiegel Steffen Florin, Fintel, Niedersachsen Fläche: 250 ha Ackerbau, 50 ha Grünland, 530 kw Biogasanlage, 400 kw Satellit Aquakultur: 200 m 3 Kreislaufanlage Fotos: Mayer oder gar Rückenschwimmen. Das ist die Diva unter den Fischen, hat der Niedersachse festgestellt. Florin meisterte diese Herausforderungen mit Bravour und nach zwölf Monaten schwammen einige Tausend schlachtreife Prachtexemplare des Zanders in seinen Tanks. Doch wie so viele Fisch-Züchter musste auch er feststellen: Die Fische zu verkaufen ist mindestens genauso schwer, wie sie aufzuziehen. Anfangs verkaufte er stets kleinere Mengen an den lokalen Einzelhandel. Mittlerweile klappt aber auch die Vermarktung über seine Erzeugergemeinschaft, die Norddeutsche Fischhandelsgesellschaft GmbH (NDF), immer besser. So kommen öfters LKWs aus Österreich oder Frankreich, die seine Zander tonnenweise und lebend mitnehmen. Die Spitzengastronomie entdeckt den Aquakultur-Zander immer mehr für sich. Denn das Konkurrenzprodukt, der wild gefangene Zander aus Osteuropa, kommt wegen der weiten Transportstrecke meist tiefgefroren in Mittel- und Westeuropa an ein echter Vorteil für die Fische von Florin und Kollegen. Auch als Besatzfisch für Anglerteiche wird der Zander immer gefragter. All das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vermarktung über die NDF noch in den Kinderschuhen steckt. Florin hatte auch nach 14 Monaten einige Exemplare aus seinem ersten Durchgang noch nicht verkauft. Immerhin, so resümiert er, sei es beim Zander aufgrund der langen Mastdauer nicht so wichtig, ob man ihn ein paar Wochen früher oder später verkauft. Für ihn sei es sehr ungewöhnlich gewesen, ein Angebot auch mal abzulehnen, um auf bessere Preise zu warten. Denn bis zum Jahr 2010 hatte er 130 Milchkühe gehalten. Da sei es eine Umstellung, wenn nicht mehr automatisch alle zwei Tage der Milch-Lkw kommt, sondern man selbst telefonieren und Preise aushandeln müsse, sagt er. Jungvieh raus, Fische rein: Für Florin war das genau die Herausforderung, die er gesucht hatte. Die Kühe hatte er aufgegeben, weil er seine Flächen profitabler über die Biogasanlage verwerten konnte. Ohne Tiere fehlte mir einfach eine Herausforderung, die über die täglichen Routinearbeiten hinausgeht, erinnert er sich. Nach einigen Besuchen bei anderen Zandermast-Anlagen baute er seinen ehemaligen Jungviehstall mitten im Dorf um. Die Baugenehmigung bekam er schnell und unkompliziert; das Wasserrecht machte ihm keinen Strich durch die Rechnung, weil er durch die Lage im Dorf ohnehin sein Wasser von den Stadtwerken beziehen und sein Abwasser dort abliefern muss. Förderung bekam er keine, weil das Land Niedersachsen diese nur ausgebildeten Fisch wirten zugesteht. Aber auch ohne Zuschuss hielt seine Bank das Projekt für so interessant, dass sie schnell die Zusage zur Finanzierung gab. Sowohl Florin als auch die NDF würden sich wünschen, dass noch ein paar 52 top agrar 10/2014

Florins Anlage steht mitten im Dorf. Weil die Fische weder riechen noch laut sind, haben die Nachbarn nichts dagegen. Landwirte den Einstieg in die Aquakultur wagen. Die NDF würde gerne mehr Fische vermarkten, um auch langfristige Lieferverträge zu guten Preisen mit den Kunden abschließen zu können. Allerdings müssten sich neue Partner im Klaren sein, dass man in der Tierproduktion 365 Tage im Jahr gebraucht wird und nicht mit übertriebenen Margen rechnen darf. Trotz seines unkomplizierten Starts rät auch Florin Kollegen, die einen Einstieg in die Aquakultur erwähnen, zur Vorsicht. Man solle die Zahlen nüchtern durchrechnen und auch einplanen, dass man in den ersten Jahren den Betrieb erst hochfahren muss. Für seine Anlage rechnet er mit einem künftigen Jahresgewinn von 20 000 bis 30000 wenn alles glatt läuft (siehe Übersicht 4). In seinem ersten Jahr als Fischmäster hat er aber auch gesehen, von wie vielen Faktoren der Erfolg in der Aquakultur abhängig ist. Die Euphorie, die derzeit von Politik und Anlagenbauern verbreitet wird, helfe einem nicht weiter, wenn man plötzlich eine Havarie erleidet. Steffen Florin wiegelt ab: Das ist nicht die eierlegende Wollmilchsau, die manche gerne darin sehen würden. Wie für alle Betriebszweige gelte aber: Wer sich gut um seine Fische kümmert, der wird anschließend auch den Lohn einfahren, gibt er mit auf den Weg. -cm- Übersicht 4: Kosten und Erlöse der Zandermast Element Stallgebäude, Heizung F & M-Anlage, 10 Module Kosten 150 000 450 000 Diverses 30 000 Baukosten 630 000 Jahresleistung Variable Kosten* Erlös Gewinn ca. 15 bis 25 t Zander, abhängig von der Vermarktungsgröße und -art der Zander ca. 4,00 bis 5,00 /kg ca. 8,50 bis 25,00 /kg Zander, abhängig von der Vermarktungsgröße und -art der Zander ca. 1,50 bis 4,00 /kg Zander, abhängig von der Vermarktungsgröße und -art der Zander * Je nach Standort (Besatzfisch, Futter, Sauerstoff, Wasser) Diese Zahlen gibt die F & M Aqua als Richtwerte an, verweist aber auf starke Schwankungen.