Alter. Der Sinn der Primärprävention: Compression of Morbidity Fries James, Stanford University. Wichtiger als länger leben ist länger gesund leben

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Anlage zur Pressemitteilung vom ZUSAMMENFASSUNG DES BERICHTS ZUM KREBSGESCHEHEN IN DEUTSCHLAND 2016

Früherkennung. Ihre Chance. Mammographie-Screening. für alle Frauen zwischen. 50 und 69 Jahren

Erklären Sie: falsch-negative und falsch-positive Testbefunde; Sensitivität und Spezifität der Screeninguntersuchung, Überdiagnose und Übertherapie

KREBS-RISIKO (TUMORMARKER)

Transkript:

Was Sie erwartet: 1. Was will, was kann Prävention 2. Probleme der Krebsvorsorge 3. Ein Kommentar zum Bericht: «Einführung eines Programms zur Früherfassung von Brustkrebs» 4. Welche Quellen sind zur Beurteilung der Krebsvorsorge zuverlässig? 5. Zahlen zur Früherkennung von Brustkrebs 6. Factsheet des Harding Center for Risk Literacy am Max Planck Institut 7. Noch ein Kommentar zum Bericht: «Einführung eines Programms.» 8. Schlussgedanken Unter Mitarbeit von: Rolf Ritschard, lic.phil.i, langjähriger Mitarbeiter am Bundesamt für Statistik Hans Heinrich Glättli, dipl. Physiker ETH forscht seit 10 Jahren auf dem Gebiet Prostata-Krebs

Der Sinn der Primärprävention: Compression of Morbidity Fries James, Stanford University Wichtiger als länger leben ist länger gesund leben gesund Probleme gebrechlich Primärprävention Sekundärprävention Checkup, Krebsfrüherkennung Alter

Krebs Tod infolge Krebs Tumorvolumen Symptomatische Phase \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\ /////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////// Tumor nachweisbar, Keine Symptome //////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////// Tumor nicht nachweisbar Tod infolge anderer Ursache Krebsentstehung Alter Screeningfenster

Length time bias: Zu viele Diagnosen (Überdiagnosebias, falsch positive Diagnosen) Beginn langsam wachsende Tumoren Symptome/Therapie Screeningfenster gross, Screening findet vieletumoren Beginn aggressive Tumoren Symptome/Therapie Screeningfenster kurz, Screening findet wenig Tumoren Die Chance, durch Screening langsam wachsende Tumoren zu finden, ist statistisch viel grösser als einen aggressiven Tumor zu finden. Viele dieser «langsamen Tumoren» hätten nie Symptome gemacht.

Lead time bias: «Vorlaufbias» Überlebensrate steigt, Sterberate mit und ohne Screening gleich Diagnose infolge Screening Überlebenszeit Krebsentstehung Lead time bias Tod Klinische Diagnose Überlebenszeit 2005 2009 2011 2013 Durch ein Screening wird die Diagnose meist langsam wachsender Tumoren vorverlegt, die Patientin lebt länger MIT DEM KREBS.

Einführung eines Programms zur Früherfassung von Brustkrebs bei Frauen zwischen 50 und 70 Jahren mittels Mammografie-Screening; Kredit für die Periode 2015 bis 2018 Seite 2: «Es darf erwartet werden, dass die Brustkrebssterblichkeit bei den untersuchten Frauen mit dem Früherkennungsprogramm um 15 bis 20 % gesenkt werden kann». Kein normaler Mensch wäre gegen ein Screening, das zwischen 15 und 20 von 100 Frauen den Krebstod ersparen würde! Die 15 bis 20% sind nicht falsch aber GROB IRREFÜHREND.

Wieso GROB IRREFÜHREND? Weil statt der ABSOLUTEN die RELATIVE Risikoreduktion verwendet wird. In zehn Jahren sterben MIT SCREENING 4 von 1000 Frauen Im gleichen Zeitraum sterben OHNE SCREENING 5 von 1000 Frauen In 10 Jahren sterben dank Screening nur 4 statt 5 Frauen an Brustkrebs, einer von 1000 Frauen wird der Brustkrebstod erspart. Die ABSOLUTE Risikoreduktion beträgt ein Promille in 10 Jahren RELATIVE Risikoreduktion: ohne Screening sterben 5 Frauen = 100% mit Screening sterben 4 Frauen = 80% Risikoreduktion: 20%

Zuverlässige Quellen zur Beurteilung des Nutzens sog. Krebsfrüherkennung Cochrane Collaboration Harding Center für Risikoforschung am Max Planck Institut United States Preventive Services Task Force (USPSTF) Swiss Medical Board (Systematisches Mammographie-Screening, Bericht vom 15. Dezember 2013)

Breast Screening: the facts or maybe not British Medical Journal 2009;338:446 von 1000 während 10 Jahren regelmässig gescreenten Frauen 1 Brustkrebstodesfall abgewendet. von diesen 1000 Frauen werden 5 unnötig behandelt (Chirurgie/Chemo- und Radiotherapie). bei 200 wird mammografisch eine Krebsdiagnose gestellt und später aufgrund weiterer Abklärungen fallen gelassen (falsch positive Mammografien, Fehldiagnosen).

Breast Screening: the facts or maybe not British Medical Journal 2009;338:446 von 2000 während 10 Jahren regelmässig gescreenten Frauen 1 Brustkrebstodesfall abgewendet. von diesen 1000 Frauen werden 5 unnötig behandelt (Chirurgie/Chemo- und Radiotherapie). Durch Screening gefundene Tumoren können feingeweblich alle Kriterien einer bösartigen Geschwulst aufweisen, verhalten sich klinisch aber wie ein gutartiger Tumor. bei 200 wird mammografisch eine Krebsdiagnose gestellt und später aufgrund weiterer Abklärungen fallen gelassen.

Screeningprogramm kein Screeningprogramm Theoretisch müsste eine Reduktion fortgeschrittener oder metastasierender Tumoren nachweisbar sein. Konnte bisher NIE nachgewiesen werden Auch hier fehlt der Nachweis! 1. Die unmittelbar nach Diagnosestellung anfallenden Kosten möglicherweise, für die Gesamtkosten bis zum Tod fehlen Daten. 2. Nehmen Sie die Kosten für die Abklärung falsch positiver Mammografien und für unnötige Behandlungen dazu, steigen die Kosten eines Screening-Programms massiv!

Screeningprogramm kein Screeningprogramm Überdiagnose ist nicht «sogenannt»! Überdiagnose ist (neben Fehldiagnosen) das Kardinalproblem des Screenings. Und «irrelevant» ist es schon gar nicht, wenn Frauen als Krebspatientinnen behandelt werden, die ohne Screening nie etwas von ihrem Krebs gewusst hätten, nie behandelt worden wären und an etwas Anderem verstorben wären. Eine erhöhte Nachweisrate wäre erwünscht, wenn die Lebensqualität verbessert und das Leben der Frau verlängert würde. Beides ist nicht der Fall.

Schlussgedanken Was intuitiv gut ist muss nicht gut sein! Prävention kann «ins Auge gehen»: «Prävention» mit Hormonen bei Frauen in der Menopause, Sauerstoff bei Neugeborenen, Appetitzügler, Betablocker in der Chirurgie, Ernährung einzige bisher fast uneingeschränkt erfolgreiche Präventionsmassnahmen sind Impfungen. teilweise/vorübergehend erfolgreich: Karies- und HIV-Prävention wirksame Krebsprävention: Gebärmutterhals-Krebs, Dickdarmkrebs Schaden grösser als Nutzen: Prostata-Krebs, Brustkrebs Oberstes Prinzip in der Medizin: nihil nocere. Ein Programm, das mehr schadet als nützt, ist ethisch abzulehnen. Aufgrund gültiger Daten ist der Schaden durch Mammografie fünf mal grösser als der Nutzen. Vorsorge (Primärprävention) ist besser als Früherkennung!

Sie können diese Präsentation anfordern jkuoni@heartcheck.ch

1000 g Screeningfenster 1 kg Krebszelle 1 10 weitere Zellteilungen (Verdoppelungen): 1 kg 1 g 30 Zellteilungen = Verdoppelungen 10 9 Zellen = 1ml= 1 g 30 Zellzyklen à 3 Monate = ~ 7 ½ Jahre 2 ½ Jahre