Weshalb Wachstum? Dr. Simon Jäggi Leiter Ressort Wachstum und Wettbewerbspolitik. 29. Oktober 2015, Forum Kirche und Wirtschaft, Kappel am Albis

Ähnliche Dokumente
Warum Wachstum oft eine unverdient schlechte Presse hat

Die Ökosteuer. Wie entwickelt sich die Ökosteuer in Deutschland und welche Wirkung hat sie?

Verordnung über die Koordination der Politik des Bundes zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen

Was verträgt unsere Erde noch?

WACHSTUM UND ENTWICKLUNG Arbeitsauftrag

Berner Wohlstandsindex BWX. Definition und Vereinheitlichung der Indikatoren. Bern, April Berner Wohlstandsindex BWX

STATISTIK JUGEND IMPFUNGEN KINDER & BASEL-STADT

Weltwirtschaft: Chancen und Risiken. Dr. Klaus W. Wellershoff

Was erklärt das tiefe Produktivitätswachstum

(Materielles) Wachstum eine Grundbedingung für Wirtschaft und Wohlstand? Mag. Karin Steigenberger, BA Wirtschaftskammer Österreich

Schuleigener Lehrplan für das Fach Arbeitslehre Wirtschaft auf der Grundlage der Rahmenvorgabe Ökonomische Bildung in der Sekundarstufe I

Datenblatt: Gesundheitsbezogene Millenniumsziele 1

Messung ökonomischer Aktivität: BIP und Arbeitslosigkeit

Langfristige Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt


Jahresmedienkonferenz Die beste Reform: Weniger Staat. Forum Gesundheit Schweiz Bern, 2. Dezember 2013

Nachhaltigkeit was ist das und was soll das eigentlich?

6. Einheit Wachstum und Verteilung

Degrowth Ziele, Visionen und Herausforderungen

Hunger und die globale Entwicklung Wie isst die Welt heute und morgen? Ringvorlesung Konflikte der Gegenwart und Zukunft

Kennzahlen und Wettbewerbsfähigkeit. Regionalökonomie Frühlingssemester 2016 Dr. Benjamin Buser, Dr. Christof Abegg

Inflationsbereinigung von wirtschaftlichen Variablen

Nachhaltiges Wirtschaftswachstum: Kann dies in der Praxis funktionieren?

WEGE AUS DER ARMUT. "Dein Hunger wird nie gestillt, dein Durst nie gelöscht, du kannst nie schlafen, bis du irgendwann nicht mehr müde bist"

Taschenstatistik Öffentliche Finanzen 2015

Der Minergie-Boom unter der Lupe

GRUNDWISSEN WIRTSCHAFT UND RECHT Jgst. Peutinger-Gymnasium Augsburg

Was ist Mikroökonomie? Kapitel 1. Was ist Mikroökonomie? Was ist Mikroökonomie? Themen der Mikroökonomie

Die Industrialisierung: wirtschaftliche, gesellschaftliche und technische Entwicklungen (Teil 2)

ERLÄUTERUNGEN ZUM AUSFÜLLEN VON SCHICHTPLÄNEN

Mehr Wert(e): Nachhaltige Innovationen für nachhaltigen Konsum. Stephan Füsti-Molnár 31. August 2015

Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Wachstum Möglichkeiten wirtschaftspolitischer Steuerung

Vom Exportweltmeister zur Stärkung der Binnenwirtschaft Wo können neue Arbeitsplätze entstehen? Berlin, 29. April 2010 Dr. Michael Dauderstädt

Einführung 1. Einführung S. 14. Was versteht man unter dem Begriff Wirtschaft? Unter dem Begriff Wirtschaft verstehen wir

Kleinbäuerliche Landwirtschaft im Globalen Süden. Können Kleinbauern die Welternährung sichern? Rostock,

Mobilität in der Schweiz. Wichtigste Ergebnisse des Mikrozensus 2005 zum Verkehrsverhalten

Bern mehr Dynamik wagen

Die Grenzen des Wachstums

Dienstleistungsmanagement Grundstudium Prof. Dr. B. Stauss. Kapitel 1 Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Dienstleistungen

Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass mit neuen Technologien der CO 2 -Ausstoss bei Flugzeugen reduziert werden kann.

Corporate Responsibility 2012

Unterrichtsmaterialien in digitaler und in gedruckter Form. Auszug aus:

Direktinvestitionen der international tätigen Unternehmen als Schlüsselfaktor für Wachstum und Wohlstand in der Schweiz

Bevölkerung Die neue Volkszählung. Strukturerhebung. Registererhebung. Omnibus. Erhebungen. Neuchâtel, 2011

Schwerpunkte der Tourismuspolitik des Bundes

Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone der Schweiz Die Zahl der Personen im Rentenalter nimmt stark zu

Die Sanktionen der Schweiz gegenüber Iran: Perspektiven durch das Nuklearabkommen (JCPOA)

Auswirkungen der Zuwanderung auf Verkehr und Siedlung

Einflussfaktoren (Kostenhemmer und Kostentreiber) Demographischer Wandel Strukturwandel im Arbeitsmarkt Föderalistische Sozialpolitik

Impfungen. Die HPV-Impfung: Schutz vor Gebärmutterhalskrebs

Berufsbildung und Weiterbildung der Weg zu qualifiziertem Personal

Rohstoff. Fiskalquote Datum:

Klausur Basismodul Einführung in die Volkswirtschaftslehre

Gesundheit ist gewiss nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.

WEGE ZUM BREITBANDAUSBAU

Von der Abfall- zur Kreislaufwirtschaft. Die Strategie des Bundes

Brauchen wir Wirtschaftswachstum?

Brexit.

Arbeitsmarkt Schweiz: Von der Wertschöpfungsproduktion zur Umverteilungsmaschine?

1 Gesellschaft in Deutschland 11

Der Stellenwert der KMU aus Sicht des Bundes

FORSCHUNGSTELEGRAMM 3/2012

Einstieg und Schlüsselbegriffe 10

Kann eine Wirtschaft auch ohne Wachstum funktionieren? Prof. Dr. Mathias Binswanger

Grüne Wirtschaft Eine Notwendigkeit für die Welt eine Chance für die Schweiz

Zahlenspiegel 2005 STROM IN DER SCHWEIZ

Die neue Agrarpolitik und ihre Wechselwirkungen mit dem Wald

ÖKOTOPIA EINE FIKTIVE GESCHICHTE

Makroökonomik. Gliederung. Fallstudie 1: Die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland

Kyoto Zielerreichung Klimapolitik 2020

BAYERISCHE ENERGIESZENARIEN 2050

HEINZ Hamburger Entwicklungs- INdikatoren Zukunftsfähigkeit. Hamburg, Oktober 2012

Titel einfügen. Wachstumsquiz

Im Fokus: Privathaushalte in Deutschland

Rohstoffe und Wirtschaft Sonderausstellung «BodenSchätzeWerte Unser Umgang mit Rohstoffen» Lucas Bretschger, D-MTEC

Kapitalmärkte in Brasilien Ausgabe: Januar 2007

Verschärfter Wettbewerb und gesellschaftliche Verantwortung Chance oder Widerspruch?

Grundlagen der Ökonomie (Teil II) Grundlagen der Makroökonomik und der Wirtschaftspolitik Wirtschaftswachstum

Öffentlicher Schuldenstand*

VWL Zusammenfassung. 1 Einleitung. 2 Wohlstand Zentrale Themen in der Volkswirtschaftslehre Ho1 F Preismechanismus und Marktwirtschaft

printed by

Ausgaben nach Aufgabengebieten 2017

Regionale Disparitäten in der Schweiz

7 Innovation und Marktstruktur

KSL W5 Leipzig Haushalt 1 / Seite 1 OEKOWI. Alinekati Geschäftsjahr

Zur Rolle von Wirtschaftswachstum im Lichte der modernen Glücksforschung

Strategische Stossrichtungen zur Modernisierung von Infrastrukturnetzen

Wie erfolgreich waren Deutschland, Österreich und die Schweiz in der Vergangenheit beim Klimaschutz?

Eine Reise um die Welt

Europäische Wirtschaftspolitik: Was läuft falsch?

Information macht den Punkt. Cluster Economics & Information Infoveranstaltung zweiter Studienabschnitt 12. Januar 2015

Absenzen managen und Gesundheit fördern im Betrieb

7. Einheit Nachhaltigkeit

Prävention. Was kann ich selber tun und was tut mein Hausarzt/meine Hausärztin für mich?

Aktuelle Herausforderungen an die Familienpolitik

Mobilitätsmanagement bei der Zurich Versicherung am Beispiel SkyKey

Überbevölkerung? Demographie und Bedeutung der Migration für die Schweiz

Einführung 1. Einführung S. 14. Was versteht man unter dem Begriff Wirtschaft? Unter dem Begriff Wirtschaft verstehen wir

Nachhaltige Mobilität durch Kostenwahrheit

Nachhaltigkeit und das außenwirtschaftliche Gleichgewicht

Transkript:

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Wachstum und Wettbewerbspolitik Weshalb Wachstum? Dr. Simon Jäggi Leiter Ressort Wachstum und Wettbewerbspolitik 29. Oktober 2015, Forum Kirche und Wirtschaft, Kappel am Albis

Auf diese Frage gibt es offensichtliche Antworten: Weniger Armut Mehr Wohlstand Etwas mehr Freizeit Womöglich etwas mehr Glück? Bessere Verarbeitung Strukturwandel Wahrscheinlich weniger soziale Konflikte? Trotzdem ist Wachstumskritik seit Jahrzehnten präsent (z.b. Club of Rome) WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 2

«Eine wachsende Wirtschaft übernutzt und zerstört unsere natürlichen Grundlagen.» WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 3

«Hört auf mit dem Wachstumsstreben, uns geht es bereits gut. Wachstum ist sowieso endlich.» WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 4

Treffen die Thesen zu? WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 5

Was ist Wachstum? BIP = Gesamte Produktion (Güter & Dienstleistungen) = Alle Einkommen = Verwendung des Einkommens Wachstum = Zunahme des BIP in der langen Frist «Wachstum» ist die Veränderungsrate einer gemessenen aber «künstlichen» Grösse Jahrzehntealte Diskussion, ob Konzept des BIP angemessen ist WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 6

Was ist Wachstum? Mehr Menschen produzieren mehr Produkte & Dienstleistungen. Bevölkerungswachstum Nebenwirkungen Nullwachstum & Bevölkerungswachstum = soziale Probleme Gleich viele Menschen produzieren mit neuen Methoden mehr Produkte & Dienstleistungen. Automatische Folge von Innovation Verringerung von Nebenwirkungen Mehr Einkommen bei gleichem Arbeitseinsatz erlaubt (je nach Lebensmodell) mehr Freizeit WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 7

Was ist Wachstum? Früher Heute WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 8

Was ist Wachstum? Gestiegene Lebenserwartung 1 1880: 40 Jahre 2013: 80,5 Jahre (Männer) / ca. 84,7 Jahre (Frauen) Reduzierte Säuglingssterblichkeit 1 1876: 22% 2012: 0,4% Impfungen gegen Krankheiten Pocken (ausgerottet), Starrkrampf, Keuchhusten, Kinderlähmung, Masern, Mumps, Röteln, etc. Gestiegene Mobilität 1 Vor 100 Jahren: 280 km pro Jahr (~ Zürich-Genf) Heute: 17 400 km pro Jahr (alle Verkehrsmittel) 1) Angaben für die Schweiz. Quellen: TNW, BfS, BAG WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 9

Was ist Wachstum? Besserer Umweltschutz - Phosphorbelastung im Greifensee (1976-2010: - 82%) - Feinstaubbelastung in Zürich in den letzten 20 Jahren halbiert - Waldfläche Schweiz 1891: 7 714km2, 2014: 12 800 km2 (+66%) Effizienter Ressourcenverbrauch - Verbrauch VW Golf (I, 1974): 6,4 l/100km; GTE Hybrid (2014): 1,5 l/100km Geringere Wochenarbeitszeit Mehr Einkommen - Arbeitstag 1830: ca. 15 Stunden, heute: 8,3 Stunden - Einkommen (bereinigt um Inflation) heute 3 Mal höher als noch 1939 Quellen: BAFU, VW, BFS, Historisches Lexikon der Schweiz WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 10

Treffen die Thesen zu? WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 11

Treffen die Thesen zu? «Eine wachsende Wirtschaft übernutzt und zerstört unsere natürlichen Grundlagen.» Mehr Menschen brauchen mehr Nahrung, Arbeit, Wohnung, Ressourcen, etc. Ethisch heikle Frage nach Regulierung des Bevölkerungswachstums! Aber: durch die zweite Form von Wachstum verringern wir gerade die Übernutzung und Zerstörung unserer natürlichen Grundlagen. These ist in ihrer Absolutheit falsch! WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 12

Treffen die Thesen zu? «Hört auf mit dem Wachstumsstreben, uns geht es bereits gut. Wachstum ist sowieso endlich.» Will man kein Wachstum, so muss man letztendlich Fortschritt und Innovation verhindern. Frage nach der Endlichkeit von Wachstum ist daher auch eine Frage nach der Endlichkeit von Innovation! Ich würde es begrüssen, wenn Armut durch Wachstum weiter verringert wird. Ich persönlich würde es ebenfalls begrüssen, wenn sich meine Kinder einmal mit weniger Arbeitseinsatz das selbe Wohlstandsniveau leisten können. Die These kann ich deshalb nicht unterschreiben. WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 13

Was tut der Bundesrat? 1. Arbeitsproduktivität 2. Resilienz 3. Nebenwirkungen Öffnung / Marktzugang Verschuldung Haushalte Kostenwahrheit Verkehr Administrative Belastung Fachkräfte Wettbewerb im Binnenmarkt Parallelimporte Staat als Wettbewerber Sozialversicherungen Systemrelevante Unternehmen Anreize Zersiedelung Regulierung Mietwesen Int. Koordination Klima Klima- und Energielenkungssystem Beihilfen Netzwerkindustrien WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 14

Kontakt bei Fragen: Dr. Simon Jäggi Leiter Ressort Wachstum und Wettbewerbspolitik Staatssekretariat für Wirtschaft Holzikofenweg 36 3003 Bern Tel 058 462 21 18 Mail simon.jaeggi@seco.admin.ch WBF/SECO/DPWW Simon Jäggi 15