Grabenumgestaltungs- und pflegekonzept in Heppenheim - Lebensraum für Schlammpeitzger & Amphibien? -

Ähnliche Dokumente
Neue Einblicke in die Rietlandschaft

Die Rückkehr des Bibers eine Chance für Amphibien? Amphibien: Strategien Zum Umgang mit laufenden Veränderungen der Laichgewässer

Wasserstraßen-Neubauamt Magdeburg Kleiner Werder 5c Magdeburg Telefon:

Bayerisches Landesamt für Umwelt. Strategisches Durchgängigkeitskonzept Bayern Sachstand und Ausblick


Artenschutzrechtliche Übersichtsbegehung zum Planungsgebiet Redtenbacher Straße in Pforzheim

Der Bau eines neuen Bahnhofs. Der Erlebnisbericht eines Rechtsberaters der DB AG

Biodiversität Posten 1, Erdgeschoss 3 Lehrerinformation

EIN FLUSS IST MEHR ALS WASSER

2 Wasser als Lebensraum

Die Absenkung des Grundwasserstandes ermöglichte die Trockenlegung der Flächen für eine intensivere landwirtschaftliche

Natur. Leben. Kultur.

Vielfalt lässt sich ordnen

Ökologische Verbesserung bei der Modernisierung von Wasserkraftanlagen

NECKAR-SCHATZSUCHE GEOCACHING IM NECKARBIOTOP ZUGWIESEN / LUDWIGSBURG

Die Bachstelze. Informationen für Bachpaten in Münster

Wie hilft man einem Lurch?

Bedeutung des Geschiebehaushalts für typische Arten des Ökosystems Fluss. Silke Werth Christoph Scheidegger

Ökologie der Wanderfische - mehr als Lachs

Bundeswasserstraßen: Freie Fahrt auch für Fische

Der naturemade star-fonds von ewz. Jeder Rappen zählt.

Kern- und Schulcurriculum für das Fach Biologie Klassenstufe 5/6

Kühler Kopf dank dichtem Laub

SACHSTANDSBERICHT Artenschutzprojekt Knoblauchkröte in der Lippeaue

Die Hase in Osnabrück zentrales Schnittstellengewässer in der Region

Das kleine wasserwirtschaftliche 1x1

Identifizierung, Typisierung, Qualitätszustand und -ziele der Fließgewässer

Kompensationsmaßnahmen aus Sicht eines Vorhabenträgers

Input-Referat Workshop 4: Einsatz flächenbezogener Instrumente. im Naturschutzgroßprojekt Hammeniederung. Projektträger: Landkreis Osterholz

Aufgabe 1 BERG. Lehrerinfo. Wie verständigen sich Tiere?

Gewässerauen als gemeinsames Handlungsfeld von Wasserwirtschaft und Naturschutz. Dr. Ulrike Pfarr Plochingen, 25. Mai 2011

Entwicklung von praxisnahen Renaturierungs- und Pflegekonzepten an Fließgewässern. Abwicklung kompletter Bauprojekte von der Planung bis zur Umsetzung

Was ist eine bipolare Störung?

Biotopschutz für das NABU-Biotop Hillenbarg

Der große Leberegel beim Rind

DE PRIVATBËSCH HËLLEFT! DEN BËSCH ZE ERLIEWEN. Family Forestry Luxembourg

Firmenkunden Umweltschadensversicherung. Sicherheit natürlich auch in Ihrem Interesse

Rekonstruktion des Gigantismus

Anleitung zum Computercheck Windows Firewall aktivieren oder eine kostenlose Firewall installieren

Zahnärztliche Versorgung bei Menschen mit Behinderung

Klimasystem. Das Klima der Erde und wie es entsteht: Definition Klima

Kostengünstige Bausteine zur ökologischen Aufwertung von Fliessgewässern: Instream-Restaurieren. Matthias Mende IUB Engineering AG, Bern

Flussgebiete als Kulturlandschaften Zur Bedeutung von Kulturlandschaftsgewässern Werner Konold

Praktische Umsetzung der Aquakultur Seuchenverordnung Hygienekonzept und Teichbuch

Fischerprüfung. Das gilt im Kanton Zürich. 3. Auflage

Ökonomie und Ökologie im Spannungsfeld

Löst das Elektroauto unsere Mobilitätsprobleme?

COMOS Enterprise Server

Konzept zur naturnahen Entwicklung

Das Abbauvorhaben Zwei Länder See Suderwick Naturhaushalt Claudia Lebbing, Planungsbüro Lange GbR Zweiter Info Abend, TextilWerk Bocholt,

WoltersPartner Architekten & Stadtplaner GmbH

Dem Fluss ein neues Bett geben Die Verlegung des Weißen Schöps. Zur Ausgangslage

Die Neue Paußnitz - die Chance für den Erhalt des Elsterstausees und die Verbesserung des Wasserhaushalts in Leipzigs südlicher Aue von Karl Heyde

Finanzierungsbeispiel für Eigennutzer

Wie viel Fläche braucht ein Bach? Festlegung eines Entwicklungskorridors

Spezifikation des Gruppenprojekts SII. (1) Gruppe Beautiful Gaming Sammel-Spiel. (1.1) Ansprechpartner: Zoe Schubert. (1.2) Weitere Gruppenmitglieder:

Bundesinventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung

Informationen und Empfehlungen zur Inspektion und Benutzung der TRAC PLUS- und TRAC-Seilrollen

Haftung und Versicherung

Natur & Technik 6. Sie verstehen wichtige Beziehungen zwischen Körperbau und Lebensweise bei Wirbeltieren.

Unsere TurboWind Energie GmbH

Anleitung.

Fazit aus wissenschaftlicher Sicht und Ausblick auf zukünftige Untersuchungen

Bericht der Verwaltung für die Sitzung der Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung und Energie (S) am 03. Juli 2014

Der biologische Kreislauf im Aquarium

Seminar Wasserrecht I. Grundlagen

Gewässerentwicklungsprojekt des Kreises Höxter Informationsblatt und Planungshilfe

über den geschützten Landschaftsbestandteil Südbach in der Stadt Lingen (Ems), Landkreis Emsland

Baumeister mit Biss. Tekst 1. Eindexamen havo Duits 2013-II

Lebensraum erhalten, planen und gestalten

Fachtagung Otter & Fischerei in Mitwitz Projektziele

Bewerbung U Ortsgruppe Niederselters e.v. zum Umweltpreis 2013

Koi Juwelen im Gartenteich. Tipps für die richtige Haltung von Koi

Gewässerunterhaltung, ein Instrument zur Zil Zielerreichung ih der Wasserrahmenrichtlinie? Praktische Beispiele aus Niedersachsen

Patienteninformation. der beginn einer neuen ära. Die Laserbehandlung des Grauen Stars so einzigartig wie Ihre Augen

Arbeitsberatung der ehrenamtlichen Naturschutzmitarbeiter im Landkreis Vorpommern - Greifswald Anklam, den

Ergebnisse ONLINE- Befragung Flussdialog Untere Salzach Freilassinger Becken. Dialogveranstaltung Bergheim 28. Februar 2012

Die Amphibien der Umgebung von Zürich

Autorin: Dr. med. Christiane Schmidt-Blecher Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiatrische Gastroenterologin/ päd. Ernährungsmedizinerin

Weiterbildung und Familie- der steinige Weg zum Facharzt. Nadine Vogelsang Sprecherrat der Weiterzubildenden des Marburger Bundes

Change Management Prozesse umsetzen am Beispiel einer Fusion

Agentur Naturentwicklung Marburg-Biedenkopf

Lage: - Das Küchenpersonal bietet gesundes und abwechslungsreiches Essen. Vegetarische Vorlieben können selbstverständlich berücksichtigt werden.

Gentechnisch verändert?

So sehen Sie beim Zahnarzt gut aus.

Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen. Markus Schmaus 5. April 2012

1 Einleitung. 1.1 Motivation und Zielsetzung der Untersuchung


Naturschutzgebiet ELLERGRONN

Fachanwälte für Familienrecht

Erweiterung der Haftung für Umweltschäden. Umweltschadensgesetz (USchadG) und Umweltschadensversicherung (USV) 1. Vorbemerkung 2

Gegenüberstellung von 2 Fledermaus- Gutachten für ZAKB Windradprojekt in Lampertheim-Hüttenfeld

Modernste Roboterchirurgie

3 Untersuchungsgegenstand

Protokoll der 8. Sitzung des Arbeitskreises

Entsiegelungspotenziale in Berlin

Studie zu unabhängige Vermögensverwalter Die Großen erwirtschaften die Erträge, die Kleinen sind effizient

Risiken und Revisionsoperationen nach einem künstlichen Kniegelenksersatz

1. Vorüberlegungen zu visueller und auditiver Eigenwahrnehmung. 2. Auditive Eigenwahrnehmung/ Eigenwahrnehmung der Stimme

Transkript:

Grabenumgestaltungs- und pflegekonzept in Heppenheim - Lebensraum für Schlammpeitzger & Amphibien? - Auenamphibien Aktuelle Maßnahmen im LOR-Projektgebiet Dr. Egbert Korte, Maßnahmenbetreuer Hessen

Was versteht man unter einem Graben? Gräben sind vom Menschen zum Zweck der Ent- oder Bewässerung geschaffene Gewässer, die sich wesentlich von natürlichen Bächen und Flüssen unterscheiden. Gräben sind, wenn sie auch nur zeitweise Wasser führen oberirdische Gewässer im Sinne des WHG 1. Sie sind als kulturbedingte Biotope auf den Eingriff des Menschen durch Unterhaltungsmaßnahmen angewiesen. Die Bewirtschaftung und Unterhaltung muss jedoch so gestaltet werden, dass ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit erhalten wird, dies gilt auch dem Erhalt als Lebensraum für Tiere und Pflanzen ( 6 WHG). Ziel ist es daher eine ökologische angepasste Unterhaltung und Pflege der Gräben unter Beibehaltung der hydraulischen Funktionen.

Der Graben als Lebensraum Gräben übernehmen als Sekundärlebensräume vielfältige Funktionen der Flussaue: Temporärer Graben (Drainagegraben) => ersetzt Druckwassertümpel und, Überflutungsbereiche, Lebensraum beherbergt eine Vielzahl von Sumpf- und Röhrichtpflanzen. Diese Gräben sind wichtiges Laichbiotop für Amphibien, da die Temporär bespannt Gräben meist fischfrei oder nur periodisch von Fischen besiedelt werden. Beispiele: Kammmolch, Knoblauchskröte, z.t. Schlammpeitzger. (Meist) Permanent wasserführender Graben (Sammelgraben, Hauptgraben) => ersetzt je nach Wasserführung, Substrat und Strömung Altwasser und Altarmstrukturen unterschiedlicher Sukzessionsstadien. Der Lebensraum beherbergt einer äußerst vielfältige Tier und Pflanzenwelt. Ökologisches Potential ist sehr hoch jedoch sehr stark vom Pflegekonzept abhängig. Beispiele: Wasserfeder, Schlammpeitzger

Der Graben als Lebensraum für Fische & Amphibien gleichzeitig - geht das? Existenz nur eingeschränkt möglich, die meisten Qaulquappen werden von den Fischen gefressen. Lebensraum für den Schlammpeitzger & Amphibien gleichzeitig geht das? Warum nicht!? Schlammpeitzger werden nicht sleten in potentiellen Amphibiengewässern nachgewiesen. Und viel Amphibien (Kammmolch, Knoblauchskröte werden in potentiellen Schlammpeitzgergewässern nachgewiesen. Warum? Der Schlammpeitzger ist gegenüber anderen Fischarten konkurrenzschwach und braucht bestimmte Voraussetzungen, um sich fortzupflanzen. In Hessen (Wetterau) kommt er in renaturierten Grabensystemen der Wetterau (Horloffaue, Nidderaue, Niddaaue zusammen mit den Amphibien vor). Gräben Im Normalzustand bieten jedoch weder für die Amphibien noch für den Schlammpeitzger optimale Bedingungen, selbst wenn wie schonend geräumt werden. Sie können daher nur eingeschränkt von den Arten als Lebensraum genutzt werden, haben aber eine ganz wichtige Funktion bei der Verbeitung/Ausbreitung der Arten.

Schlammpeitzger Der Schlammpeitzger ist eine typische Auenart. Primärlebensräume sind neben langsam fließenden Tieflandbächen und -flüssen, verlandende Altarme, Altwässer und Seitengerinnen im Überflutungsbereich. Beispiele für solche Primärlebensräume in Hessen sind Gundbach, Schwarzbach, die Untere Weschnitz und der Oberrhein mit seinen Altarmen und Altwässern. Als Sekundärlebensräume werden meist Grabensysteme, aber auch immer wieder Teiche als Lebensraum des Schlammpeitzgers angeführt (Hofman et al. 1995, Kussmaul et al. 1991, Schadt 1993). Hinrichs (1996) fand den Schlammpeitzgers in vernetzten Altarmen mit ausgeprägten Überflutungsbereichen vor allem aber in Meliorationsgräben, nicht jedoch in ausgepolderten Altwassern und gibt als Hauptgefährdungsgrund neben der Gewässerunterhaltung die fehlende Vernetzung der Gewässer und nicht mehr vorhandene Mobilität des Schlammpeitzgers als einen Hauptgefährdungsgrund an. Ḋa der Schlammpeitzger zur erfolgreichen Rekrutierung eine Kombination verschiedenster Habitatstruktureigenschaften (juvenil, adult) benötigt, die die Gräben aber nur bedingt aufweisen, darf die Ausbreitung des Schlammpeitzgers im Gewässersystem nicht eingeschränkt sein. Dies ist heute nur noch an wenigen Standorten gegeben. Dies sind heute vor allem ausgeprägte Grabensysteme als Sekundärlebensraum.

Sukzession eines Grabens Quelle: GfG 2002 (verändert nach Leiders & Röske 1996) Der Graben wird immer wieder beeinflusst (Räumungen. Ist Stoßbelastungen ausgesetzt (Verschmutzung, hydraulischer Stress) Weist in der Regel keine Uferabflachungen auf. Diese sind jedoch enorm wichtig sowohl für den Schlammpeitzger aber auch Amphibien. Daher sind Gräben für Amphibien als Lebensraum nur eingeschränkt geeignet. Ähnliches gilt für den Schlammpeitzger (Altersaufbau gestört), viele alte wenig jung Tiere.

Entwicklung der Grabenfunktion unter Beibehaltung und Aufwertung der ökologischen Funktionen => Biotopkomplex Graben Beispiel Heppenheim Der Gräben werden bisher zum Teil schonend geräumt (jedes Jahr zu einem Drittel). Frage ist das wirklich schonend, da der Abschnitt wo es wieder zu größeren Sedimentauflagen mit einer entsprechenden Besiedlung (Wirbellose, Pflanzen) gekommen ist wird entfernt => Gewässerunterhaltung oder Eingriff. Ist es nicht sinnvoller Grabenabschnitte, wo eine Unterhaltung erfolgen muss unattraktiv zu gestalten und dafür in der Perpherie Maßnahmen durchzuführen, die sich ungestört entwickeln

Vorgesehene Maßnahmen Die Maßnahmen sollten die Auswirkungen der Gewässerunterhaltung nicht nur ausgleichen, sondern auch gute Habitatstrukturen (Laich-, Aufwuchs- Winterhabitat) sorgen. Wie sehen diese Maßnahmen aus? Können auch die Amphibien davon profitieren?

Aufweitung (Seitentasche, Abflachung etc.) Die typische Grabenstruktur Trapezprofil wird in diesem Bereich aufgelöst. Es kommt zu großflächigen Abflachungen, strömungsberuhigten Bereichen, die keiner intensiven Pflege unterliegen. Der Graben wird bisher schonend (jedes Jahr zu einem Drittel geräumt. Frage ist das wirklich schonend, da der Abschnitt wo es wieder zu größeren Sedimentauflagen mit einer entsprechenden Besiedlung (Wirbellose, Pflanzen) gekommen ist wird entfernt => Gewässerunterhaltung oder Eingriff. Ist es nicht sinnvoller Grabenabschnitte, wo eine Unterhaltung erfolgen muss unattraktiv zu gestalten und dafür in der Perpherie Maßnahmen durchzuführen, die sich ungestört entwickeln können.

Altarmstruktur

Seitengewässer

Anschluss von Stichgräben

Vielen Dank