OGH Beschluss vom 25.3.2003, 4 Ob 42/03k rtl.at



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Transkript:

OGH Beschluss vom 25.3.2003, 4 Ob 42/03k rtl.at 1. Das Interesse, unter einem Firmenschlagwort in Verbindung mit der Top Level Domain ".at" im Internet auffindbar zu sein, ist nicht selbständig geschützt. Nur wer (z.b.) in seinem Namensrecht oder Firmenrecht verletzt ist, hat Anspruch darauf, dass ein diese Rechte verletzender Gebrauch unterbleibt, so dass die Domain von ihm genutzt werden kann. Die bloß aus den Initialen der Vornamen und dem Familiennamen gebildete Pseudonym einer natürlichen Person (hier: rtl ) begründet eine Verwechslungsgefahr zum verkehrsbekannten Radio- und Fernsehsender RTL. 2. Die Netzbezeichnungen "www." und die Top-Level-Domains (z.b. ".at" und ".com"), die ja keinen zwingenden Hinweis auf den Namensträger geben, sind namensrechtlich ohne Belang. Sie sind nicht geeignet, eine Verwechslungsgefahr zu einem verkehrsbekannten Namensträger zu beseitigen. 3. Nach 43 ABGB und 9 UWG sind auch schlagwortartig gebrauchte Bestandteile von Etablissementbezeichnungen geschützt. In beiden Fällen sind aber diese Zeichen zufolge der ihnen innewohnenden Namensfunktion grundsätzlich schon (aber auch nur) dann schutzfähig, wenn sie Unterscheidungskraft (Kennzeichnungskraft) besitzen, was auf die Domain rtl.at zutrifft. 4. Auch ein an sich befugter Namensgebrauch kann rechtswidrig sein, wenn das damit verfolgte Interesse wesentlich geringer zu bewerten ist als das Interesse eines Gleichnamigen, den Namen uneingeschränkt (d.h. auch für die Registrierung als Domain) zu verwenden. In diesem Sinne muss das Interesse des Beklagten unter einer aus seinen Initialen gebildeten Domain im Internet auffindbar zu sein, gegenüber dem bekannten Namensschutz eines weltweit tätigen Medienunternehmens zurücktreten. Auf die (ältere) Priorität des Pseudonyms kommt es dabei nicht an. Leitsätze verfasst von RA Dr. Clemens Thiele, LL.M. Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** s.a., *****, vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Franz P*****, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren des Rupert Thomas L*****, vertreten durch DDr. Meinhard Ciresa, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 21.801,85 EUR), Beseitigung (Streitwert 21.801,85 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.633,64 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. November 2002, GZ 1 R 211/02k-29, den Beschluss gefasst: Die außerordentliche Revision wird gemäß 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen ( 510 Abs 3 ZPO). Begründung: Auch Bezeichnungen mit Namensfunktion sind Objekt des Namensschutzes; eine Bezeichnung hat Namensfunktion, wenn sie auf einen Namensträger als solchen oder auf ein

Unternehmen hinweist (ÖBl 2001, 237 - Rechnungshof; zur Etablissementbezeichnung vgl ÖBl 1995, 219 Klasse statt Masse mwn). Im Streit um die Domain "rtl.at" stehen einander die Namensrechte der in der Medienbranche tätigen, unter der Bezeichnung "RTL" im Inland verkehrsbekannten Klägerin und des unter dem - aus den Anfangsbuchstaben seiner beiden Vornamen und des Nachnamens gebildeten - Decknamen (Pseudonym) rtl oder RTL oder r.t.l. als Werbefachmann, Journalist und Buchautor auftretenden Beklagten gegenüber. Erst jüngst (4 Ob 207/02y - ams) hat der erkennende Senat im Domainstreit gleichnamiger Parteien ausgesprochen, dass auch ein an sich befugter Namensgebrauch rechtswidrig sein kann, wenn das damit verfolgte Interesse wesentlich geringer zu bewerten ist als das Interesse eines Gleichnamigen, den Namen uneingeschränkt zu verwenden. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, wonach dem Beklagten untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen "rtl.at" als Internet-Adresse zu verwenden und ihm aufgetragen wird, in die Löschung dieser Domain einzuwilligen, entspricht im Ergebnis der hier gebotenen Interessenabwägung. Die Klägerin hat mit der überragenden Bekanntheit ihres Namens einen wertvollen und schutzwürdigen Besitzstand erreicht. Ihr Interesse als weltweit tätiges Medienunternehmen daran, dass ihr Name nicht gebraucht wird, um die Aufmerksamkeit auf Aktivitäten zu lenken, mit denen sie nichts zu tun hat (ÖBl 2002, 142 - bundesheer.at II), also etwa hier, dass unter diesem Zeichen nicht Dritte im Internet auffindbar sind, ist wesentlich höher zu bewerten als das Interesse des mit dem strittigen Zeichen - losgelöst von seinen Dienstleistungen - nicht in Verbindung gebrachten Beklagten, gerade unter einer mit dem Zeichen identen Domain aufzutreten. Für den Internetauftritt des Beklagten wäre etwa die Verwendung seines vollen Namens anstatt des Pseudonyms als Adresse naheliegend und zumutbar. Auf die Priorität seines Namensrechts kommt es damit nicht weiter an. Einem Domainnamen kommt die Namensfunktion zu, wenn und weil der Verkehr diesen auch als Unterscheidungshinweis auffasst. Die Netzbezeichnungen "www." und die Top-Level- Domains (TLD, zb ".at" und ".com") sind namensrechtlich ohne Belang. Die TLD geben einen Hinweis auf die sachliche oder geografische Herkunft des Angebots, nicht aber auch einen zwingenden Hinweis auf den Namensträger. Es ist nicht unüblich, dass Namensträger ihre Bezeichnung unter mehreren TLD registrieren lassen oder wegen des zu ihren Ungunsten greifenden Prioritätsprinzips bei der Vergabe der Domainnamen die Registrierung ihrer Bezeichnung unter einer anderen als der ursprünglich gewünschten TLD vornehmen (müssen). Die TLD tritt deshalb in ihrer Bedeutung für den von der Second-Level-Domain (Domainname) bestimmten Gesamteindruck zurück (Wüstenberg, Das Namensrecht der Domainnamen, GRUR 2003, 109, 110). Das Unterlassungsgebot ist aber auch nicht deshalb zu weit, weil es nicht darauf abstellt, ob unter der Domain ein Inhalt dargeboten wird oder nicht ("mit oder ohne Content"), weil ein (rechtsverletzender) Namensgebrauch schon dann vorliegt, wenn der Namensträger dadurch im Gebrauch des eigenen Namens eingeschränkt oder beeinträchtigt wird (Aicher in Rummel, ABGB³ 43 Rz 10; ÖBl 2001, 237 - Rechnungshof); letzteres ist hier schon infolge der Sperrwirkung einer Domainregistrierung der Fall. Anmerkung * I. Das Problem * RA Dr. Clemens Thiele, LL.M. Tax (GGU), Anwalt.Thiele@eurolawyer.at.

In der vorliegenden E war das Höchstgericht einmal mehr mit einem Fall unechter Gleichnamigkeit im Rahmen einer Domainstreitigkeit befasst (zu den Vorentscheidungen sattler.at, bernhart.at und dullinger.at vgl. Thiele, Internet-Domains und Kennzeichenrecht in Gruber/Mader [2003], 87, 140 ff). Der OGH hatte zu entscheiden, ob dem aus der klägerischen Firma abgeleiteten und verkehrsbekannten Namensbestandteil RTL das aus den Initialen des Beklagten gebildete Pseudonym rtl und die daraus abgeleitete Domain rtl.at erfolgreich entgegengehalten werden kann? II. Die Entscheidung des Gerichtes Die E des OGH fällt kurz aus und gibt der in der Medienbranche tätigen und im Inland verkehrsbekannten Klägerin Recht. Der - salopp formuliert Privatfernsehsender Kölner Provenienz (oder doch Luxemburger) habe mit der überragenden Bekanntheit seines Namens einen wertvollen und schutzwürdigen Besitzstand erreicht, den es auch im Internet und seinen Diensten zu verteidigen gilt. Als weltweit tätiges Medienunternehmen müsse es Radio.Television.Luxemburg nicht hinnehmen, dass sein Namensbestandteil (nämlich die Abkürzung R.T.L. ) gebraucht werde, um die Aufmerksamkeit auf Aktivitäten zu lenken, mit denen es nichts zu tun hat (bzw. haben wolle). Der an sich befugte Namensgebrauch des Beklagten, eine aus seinem Pseudonym und der TLD.at gebildeten Domain registrieren zu lassen, wird in einer am Maßstab der Verkehrsbekanntheit vorgenommenen Interessenabwägung zur verpönten Namensanmaßung. III. Kritische Würdigung A. Namensrechtliche Aspekte Einmal mehr behandelt die vorliegende E ein Gleichnamigkeitsproblem im Kontext einer Domainstreitigkeit. Dem klägerischen Namensrecht am Firmenbestandteil RTL stehen der aus seinen beiden Vornamen und seinem Nachnamen gebildete Deckname RTL sowie die daraus abgeleitete Domain rtl.at gegenüber. Nach der ausdrücklichen Erwähnung in 43 ABGB stellen auch Decknamen (Pseudonyme) Objekte des Namensschutzes dar. Damit liegt ein Fall der unechten Gleichnamigkeit vor (zur diesbezüglichen Unterscheidung bereits Thiele, Internet-Domains und Kennzeichenrecht in Gruber/Mader, Privatrechtsfragen des e- commerce [2003], 87, 139 ff). Führen mehrere Personen identische oder ähnliche Bezeichnungen, gilt der Grundsatz, dass niemand am redlichen Gebrauch seines eigenen Namens gehindert werden kann (Aicher in Rummel, ABGB I 3 43 Rz 13 f mwn). Der ältere Namensträger kann dem redlichen jüngeren die Namensführung nicht ohne weiteres untersagen; vielmehr ist ein Interessenausgleich vorzunehmen, insbesondere auch durch Beifügung eines unterscheidungskräftigen Zusatzes (OGH 1.9.1992, 4 Ob 43/92 Harald A.Schmidt, ecolex 1993, 35 = EvBl 1993/41 = ÖBl 1992, 216 = RdW 1993, 39). Nur ausnahmsweise, und sofern nicht z.b. das Firmenrecht oder öffentliche Vorschriften die Namensführung zwingend vorsehen, kann dem Namensjüngeren der Gebrauch des Namens insgesamt verboten werden, so etwa bei starker Verkehrsgeltung der älteren Firma und einem wenig schutzwürdigen Besitzstand des jüngeren (vgl. BGH 22.11.2001, I ZR 138/99 - shell.de, WRP 2002, 694 = ZUM 2002, 545; dazu Fallenböck, shell.de Zum Recht der Gleichnamigen bei Internet Domains, RdW 2002, 525; schon früher BGHZ 4, 102; BGH NJW 1968, 350). Die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen gelten nach inzwischen gefestigter Meinung auch bei der willkürlichen Kennzeichengestaltung unter Verwendung des Namens. Bei Domainkonflikten unter Gleichnamigen ist auf die Priorität der Namensführung im Medium Internet abzustellen (vgl

die Nw bei Thiele, Internet-Domains und Kennzeichenrecht in Gruber/Mader, Privatrechtsfragen des e-commerce [2003], 87, 125 f, 140 ff). Als Zwischenergebnis lässt sich daher festhalten, dass der Beklagte die Doman rtl.at befugt isd 43 ABGB und prioritätsfrüher benutzt hat als die Klägerin. Dennoch wird das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität, also der Zeitvorrang (so zutreffend BGH 22.11.2001, I ZR 138/99 - shell.de, WRP 2002, 694 = ZUM 2002, 545), ausnahmsweise dann durchbrochen, wenn durch den an sich befugten und älteren Kennzeichengebrauch Interessen verfolgt werden, die wesentlich geringer zu bewerten sind, als das Interesse des Prioritätsjüngeren, den Namen uneingeschränkt zu verwenden (OGH 5.11.2002, 4 Ob 207/02y ams.at). Nach den gerichtlichen Feststellungen verwendet der Beklagte das Pseudonym zur Kennzeichnung seiner beruflichen und damit geschäftlichen Tätigkeiten als Werbefachmann, Journalist und Buchautor, er hat also den Decknamen seit längerem in Gebrauch. Am 25.1.1999 stellte sich die Homepage des Beklagten beispielsweise folgendermaßen dar: Nach Auffassung des OGH gibt nunmehr die Berühmtheit eines Kennzeichens im Rahmen des zu bestimmenden Interessenausgleichs der Gleichnamigen den Ausschlag, sodass der weniger berühmte Namensträger im Zweifel die Domain verliert, während der Verwässerungsschutz des berühmten Kennzeichens unter dem Deckmantel der Unbefugtheit me völlig systemfremd beim Namensschutz etabliert wird. Ungeachtet seiner dogmatischen Unschärfe in der Begründung ist dem Ergebnis der vorliegenden Entscheidung dennoch zuzustimmen: Wer sich eine aus seinem Namen oder Pseudonym gebildete Domain registrieren lässt, soll nicht - ohne weiteres - von einem Namensgleichen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, nur weil es dieser andere Namensträger verabsäumt hat, sich rechtzeitig um die Domain zu bemühen. Zutreffend ist, dass der Prioritätsgrundsatz nicht uneingeschränkt Geltung für sich beanspruchen kann. Es ist vielmehr auf den konkreten Einzelfall abzustellen (so bereits Buri, Die Verwechselbarkeit von Internet Domain Names [2000], 198). Korrekturen sind me in den Fällen angebracht, in denen die Domain-Registrierung in ersichtlich unlauterer Weise erfolgt, d.h. bei Domain-Grabbing isd 1 UWG oder Schädigung nach 1295 Abs 2 ABGB, sowie bei Unternehmen bzw. Personen mit

überragender Verkehrsgeltung. Soweit die Rsp auf das Kriterium der überragenden Bekanntheit abstellt, ergibt sich eine Reihe von schwierigen Abgrenzungsfragen (siehe Thiele, Shell gegen Shell eine neue Dimension des Domainrechts?, MR 2002, 198, 200). Eine tiefere Begründung dafür, die deutliche Branchenverschiedenheit der Streitteile durch die überragende Bekanntheit der Klägerin wettzumachen, bleibt der 4. Senat im vorliegenden Fall bedauerlicherweise schuldig. Zu bedenken ist ferner, dass die verwechslungsfähigen Kennzeichen bereits seit längerem (wohl zumindest seit 1998) unbeanstandet nebeneinander geführt wurden. Berühmte Unternehmen sind nach hm (vgl. OGH 12.9.2001, 4 Ob 166/01t VOGUE, ecolex 2002/16, 32 m Anm Schanda = JUS Z/3311; Gladt, Zum Rechtsschutz für berühmte und bekannte Marken, ÖBl 1993, 43 mwn) nicht nur gegen die Gefahr geschützt, mit anderen Unternehmen verwechselt zu werden, sondern gegen jede Form der Beeinträchtigung ihrer Alleinstellung (isv Einmaligkeit) und Werbekraft, sofern diese sich örtlich und branchenmäßig auch auf den Bereich zumindest in Gestalt einer Ausstrahlung erstreckt, in dem die Kollision erfolgt. Berühmte und bekannte Kennzeichen genießen diesen herausgehobenen Schutz über Branchengrenzen hinweg, wenn durch die Verletzungshandlung eine tatsächliche Beeinträchtigung des auf der Alleinstellung beruhenden besonderen Werbewertes der Kennzeichen bewirkt ist, maw die Verwässerungsgefahr verwirklicht ist. Ob dafür die bloße Tatsache ausreicht, dass über den Domaininhaber der Konkurs eröffnet wurde, sodass die Klägerin in die Nähe einer Pleite gerückt würde, wird gegenständlich nicht erörtert. Ebenso fehlen höchstrichterliche Ausführungen dazu, ob das klägerische Kennzeichen durch langjährige namensmäßige Benutzung und intensive Werbung eine überragende Verkehrsgeltung ise 80%igen Geläufigkeit beim beteiligten Publikum erlangt hat. Trotz ihrer dürftigen Begründung liegt die E des OGH auch rechtsvergleichend auf Linie: im weitestgehend ähnlichen Rechtsstreit um die Domain wdr.org zwischen dem West- Deutschen-Rundfunk (WDR) und dem unter dem Kürzel wdr publizierenden Journalisten Wolf-Dieter Roth hat das LG Köln (Urteil vom 23.5.2000, 33 O 216/00, JurPC Web-Dok 221/2000) zugunsten der klagenden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt entschieden. Erst jüngst hat der BGH (Urteil vom 26.6.2003, I ZR 296/00 maxem.de, Pressemitteilung abrufbar unter http://juris.bundesgerichtshof.de) entgegen den beiden Vorinstanzen zugunsten des klägerischen Rechtsanwaltes Werner Maxem entschieden, der die Domain maxem.de vom Beklagten forderte. Der Beklagte hat seit 1998 unter der Netzadresse http://www.maxem.de eine private Homepage eingerichtet:

Die Bezeichnung maxem hat er als Aliasnamen aus den Anfangsbuchstaben der Vornamen seines Großvaters, seines Vaters und seines eigenen Vornamens gebildet (Max, Erhardt, Matthias). Der BGH hat in der Verwendung eines fremden Namens als Internet-Adresse einen unbefugten Namensgebrauch gesehen, den jeder Träger des Namens Maxem untersagen lassen könne. Eigene Rechte des Beklagten an dem Aliasnamen Maxem hat der BGH verneint. Zwar schütze das Namensrecht auch denjenigen, der ein Pseudonym verwende. Dieser Schutz setze jedoch voraus, dass der Träger des angenommenen Namens im Verkehr unter diesem Namen bekannt sei, dass er also mit diesem Namen Verkehrsgeltung erlangt habe. Das Namensrecht des Klägers werde allerdings nicht durch jede Verwendung seines Namens, sondern nur durch die Registrierung als Domain-Name "maxem.de" verletzt, weil er dadurch von einer entsprechenden Nutzung des eigenen Namens ausgeschlossen. Dem Beklagte sei es dagegen unbenommen, für die private Kommunikation im Internet weiterhin den Alias- oder Spitznamen Maxem zu verwenden. Hierdurch werde der Kläger in seinen schutzwürdigen Interessen nicht beeinträchtigt. Die weitergehende Klage wurde daher abgewiesen. B. Internet Domains in der Insolvenz Der spärliche Sachverhalt enthüllt darüber hinaus einen soweit ersichtlich bislang nicht erörterte Aspekt des Domainrechts: Formal Beklagter in diesem Prozess ist der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Gemeinschuldners Rupert Thomas Leutgeb. Ob und inwieweit Internet Domains Bestandteil der Konkursmasse sind und ob und gegebenenfalls welche Aus- oder Absonderungsansprüche von Dritten geltend gemacht werden können, hat die österreichische Lehre soweit ersichtlich nicht beschäftigt, obwohl die Insolvenzpraxis damit befasst ist (eingehend dazu Thiele, Internet Domains in der Insolvenz, abrufbar unter http://www.eurolawyer.at/pdf/domains_insolvenz.pdf). C. Fehlende Unterscheidungskraft von TLDs? Schließlich äußert sich der 4. Senat soweit ersichtlich erstmals und ohne Einschränkungen zur Unterscheidungskraft von Top-Level-Domains (TLDs) in Kennzeichenstreitigkeiten um Internet Domains. Vielfach wird in der Lehre damit argumentiert, dass der TLD keine Unterscheidungskraft zukommt. Diese Auffassung scheint jedoch aus mehreren Gründen insbesondere bei Gemeindenamen überprüfenswert: (i) Zum einen scheint bei der Bezeichnung www.gemeindename.biz die Namensfunktion mitunter fraglich. Die Namensfunktion kann nur dann bejaht werden, wenn der Verkehr die Domainbezeichnung als Hinweis auf die Gemeinde verstehen kann. Bei der Top-Level- Domain.at wird der österreichische Internetbenutzer die Domainbezeichnung gemeindename.de als Hinweis auf die jeweils genannte Gemeinde verstehen (so deutlich OLG Linz 8.1.2003, 2 R 186/02i adnet.at II). Doch die Top-Level-Domains.biz/net/org sind einen Domains, die in erster Linie von kommerziellen Anbietern und zum anderen hauptsächlich von amerikanischen Anbietern bzw. Organisationen genutzt wird. Ob der internationale Verkehr unter diesen Voraussetzungen die Domains gemeindename.biz/net/org als einen Hinweis auf die jeweilige österreichische juristische Person des öffentlichen Rechts versteht, wird bezweifelt (ähnlich aus deutscher Sicht Reinhardt, Bedeutung und Zukunft der Top-Level-Domains im Markenrecht einerseits und im Namens- und Wettbewerbsrecht andererseits, WRP 2002, 628, 635). (ii) Auch scheint eine Verwechselungsgefahr und eine Zuordnungsverwirrung aus denselben Gründen ausgeschlossen. Österreichische Gemeinden benutzen in erster Linie die Top-Level-

Domain.at. Nur hier besteht eine Zuordnungsverwirrung, wenn unter der Domain gemeindename.at nicht die entsprechende Gemeinde auftritt. So ist denn auch z.b. die Stadt Heidelberg im Rechtsstreit um die Domain heidelberg.net unterlegen (siehe Entscheidung der WIPO vom 6.3.2002, Case No. 2001-1500, abrufbar unter http://arbiter.wipo.int/domains/decisions/html/2001/d2001-1500.html) oder die Stadt Zürich im Rechtsstreit um die Domain zurich.biz (Entscheidung der WIPO, 25.7.2002, Case No. DBIZ2002-0224, abrufbar unter http://arbiter.wipo.int/domains/decisions/html/2002/dbiz2002-00224.html). In diesem Zusammenhang hat etwa das Oberlandesgericht Celle (Beschluss vom 21.3.1997, 13 U 202/96 celle.com) entschieden, dass wegen des Suffixes "com" es "eher zweifelhaft" ist, dass mit dem Gebrauch der Domain "celle.com" Namensrechte verletzt werden. IV. Zusammenfassung und Ausblick Di Bedeutung der vorliegenden Entscheidung steht im Gegensatz zur Kürze ihrer Begründung. Berühmte Namensträger haben auch am Info-Highway Vorfahrt und dürfen (mit) Recht(s) überholen. Die Problematik der kennzeichenrechtlichen Bedeutung von Top- Level-Domains dürfte noch Anlass zu weiteren juristischen Auseinandersetzungen geben.