7. atf Fachtagung Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze Wirksamkeit und spirituelle Aspekte

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Transkript:

7. atf Fachtagung 2012 Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze Wirksamkeit und spirituelle Aspekte PD Dr. phil. Zeno Kupper" Universitätsklinik und Poliklinik für Psychiatrie Bern" Abteilung für Psychotherapie" email: zeno.kupper@spk.unibe.ch"

Überblick" > Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze" Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie der Depression ( Mindfulness Based Cognitive Therapy for Depression, MBCT)" Achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention bei Substanzabhängigkeit ( Mindfulness Based Relapse Prevention, MBRP)" > Spirituelle Aspekte" Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich mit kontemplativen spirituellen Traditionen" Anforderungen an TherapeutInnen" Bedeutung für PatientInnen" 2

Achtsamkeitsbasierte psychotherapeutische Ansätze" > Dialectial Behavioral Therapy for Borderline Personality Disorders (DBT, Marsha Linehan) u.a. Mindfulness Skills " > Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR, Jon Kabat-Zinn)" > Mindfulness Based Cognitive Therapy for Depression (MBCT, Segal, Teasdale, Williams)" > Mindfulness Based Relapse Prevention (MBRP, Alkoholprobleme Substanzmissbrauch allgemein, G. Alan Marlatt)" > Achtsamkeit als Teil der Behandlung von Psychosen (P. Chadwick)" > Weitere Ansätze und Anwendungen, z.b. Achtsamkeit für therapeutisch Tätige, Achtsamkeit als Wirkmechanismus in der Psychotherapie (vgl. z.b. Achtsamkeitstagung Bern 2011)" - Aufnahme besonders durch verhaltensmedizinische und kognitivverhaltenstherapeutische Ansätze in der Psychotherapie" - Stark steigendes klinisches und Forschungsinteresse" 3

Depression - Das Problem des Rückfalls" > Rückfälle sind häufig." > Mit jeder Episode steigt das Risiko für weitere Rückfälle an." > Soziale Faktoren treten in den Hintergrund. Die Depression etabliert sich als autonomes Muster des Funktionierens." 4

Wie Rückfälle verhindern?" > Depressionsforscher/Kognitive Verhaltenstherapeuten auf der Suche nach einem Ansatz zur Rückfallprophylaxe (Segal, Teasdale, Williams)." > Aaron T. Beck (CBT, dt. KVT): Kognitive Therapie der Depression - Depressive Denkmuster: Negative Sicht der Person, der Umwelt und der Zukunft." > KVT/CBT: Wirksame Psychotherapie der Depression mit Rückfallprophylaktischer Wirkung." > Aber...!" 5

Die Rückfallgefährdung schliesst nicht zwingend depressive Denkmuster ein " > Negative Denkmuster in der depressiven Episode" > Keine negativen Denkmuster zwischen den Episoden" > Das Experiment mit der traurigen Musik: Affektinduktion führte bei Personen ohne Rückfallgefährdung (nur) zu traurigen Gefühlen, bei Personen mit Rückfallgefährdung löste sie dagegen zusätzlich depressive Denkmuster aus!" > Für die Rückfallgefährdung sind demnach nicht typische depressive Denkmuster verantwortlich. Entscheidend scheint die Tendenz zu sein, auf Stimmungsschwankungen mit depressiven Denkmustern zu reagieren." > "Klassische" KVT kann hier nur bedingt helfen." 6

Achtsamkeit - Was ist jetzt in unserem Erleben?" > Gedanken" > Gefühle" > Körperempfindungen" > Weitere Sinneseindrücke: Hören, Sehen, Riechen, Schmecken" 7

Achtsamkeit - Definitionen " Achtsamkeit meint das Gewahrsein, das entsteht, wenn die Aufmerksamkeit in einer bestimmten Weise ausgerichtet wird: " > absichtsvoll," > im gegenwärtigen Augenblick " > und nicht wertend. (nach Kabat-Zinn, 1994)" " Zwei Komponenten von Achtsamkeit (Bishop, 2004)" > Selbstregulation der Aufmerksamkeit, Orientierung am aktuellen Erleben, mit einer " > Haltung von Neugierde, Offenheit und Akzeptanz" Stichworte: Absicht, Aufmerksamkeit/Gewahrsein, Akzeptanz" " " 8

Aspekte des Erlebens, die mit Achtsamkeit verbunden sind" 1. Gewahrsein, Wahrnehmung aktueller Empfindungen" 2. Annehmende, nicht-urteilende, mitfühlende Haltung" 3. Bewusstes Handeln, Gegenwärtigkeit" 4. Nicht-reaktive, dezentrierte Orientierung" 5. Offene, nicht-vermeidende Haltung" 6. Relativierende Haltung gegenüber Gedanken und Überzeugungen" Unterskalen des CHIME-Fragebogens (Bergomi, Tschacher & Kupper, 2012)." 9

Achtsamkeit ist eine grundlegende menschliche Fähigkeit" 10

Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie der Depression (MBCT)" > Entwickelt von Segal, Teasdale & Williams" > Gruppenprogamm zur Rückfallprophylaxe (bei 3 oder mehr Rückfällen)" > 8 Wochen, intensives Üben von Achtsamkeit, Köperübungen, Hausaufgaben (wichtig)" > Achtsamkeit statt "Autopilot"" > Ziele: "Sein" (being mode) statt "Machen" (doing mode)" > "Dezentrieren" (die Beziehung zu depressiven Gedanken verändern)" > Gegen Grübeln ("Ruminieren") und das Abgleiten in depressive Denkmuster" > Elemente der Kognitiven Verhaltenstherapie" 11

MBCT - Acht Sitzungen über acht Wochen" 1. Der Autopilot (Sitzung 1)" 2. Mit Schwierigkeiten arbeiten (Sitzung 2)" 3. Achtsamkeit auf den Atem (Sitzung 3)" 4. Im Moment präsent bleiben (Sitzung 4)" 5. Erlauben, so sein lassen wie es ist (Sitzung 5)" 6. Gedanken sind nicht Tatsachen (Sitzung 6)" 7. Wie kann ich am besten zu mir selbst schauen (Sitzung 7)" 8. Das Gelernte verwenden um mit zukünftigen Stimmungsschwankungen umzugehen (Sitzung 8)" Wichtig: 45 Minuten Übung pro Tag an 6 von 7 Tagen." 3-4 weitere Sitzungen im folgenden Jahr." 12

Achtsamkeit und depressiver Rückfall" > MBCT nimmt an, dass Achtsamkeit" Depressivem Erleben/Rückfällen entgegen wirkt" Von Menschen mit einer hoher Rückfallgefährdung geübt werden kann." MBCT kombiniert Methoden der Achtsamkeitsbasierten Stressreduktion (MBSR, Kabat-Zinn) mit Konzepten und Haltungen der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT, Beck)" 13

Eine erste Annäherung: Die Rosinen-Übung" Nach APA-Video/DVD: "Mindfulness-Based Cognitive Therapy for Depression, Zindel Segal, Ph.D. " 14

Der Körper als Zugang zur Achtsamkeit: Die Body Scan - Übung" Nach APA-Video/DVD: "Mindfulness-Based Cognitive Therapy for Depression, Zindel Segal, Ph.D. " 15

Achtsamkeit auf den Atem" Nach APA-Video/DVD: "Mindfulness-Based Cognitive Therapy for Depression, Zindel Segal, Ph.D. " 16

Achtsamkeit ist eine Übung für Körper und Geist" 17

Wirkungen von MBCT halbierte Rückfallraten bei rezidiv. Depressionen" Zwei klassische Studien :" - Teasdale et al. (2000)" - Ma & Teasdale (2004) " 18

Wirkungen von MBCT neuere Studien" > War in einer grösseren Studie aus England äquivalent mit antidepressiver Medikation in der Rückfallprophylaxe. (Kuyken et al. 2008)." > Bei einer Studie aus Genf mit Patienten mit einer jährlichen Rückfallrate von 30% (vgl. ca. 70% Rückfälle in den beiden klassischen Studien ) zeigte sich eine" verlängerte Zeit bis zum Rückfall, aber" keine allgemeine Reduktion der Rückfälle." (Bondolfi et al., 2010)" > Allgemein fanden sich bei MBSR und MBCT positive Wirkungen auf Angst und Depression (Metaanalyse von Hofmann et al., 2010)" 19

Wirkmechanismen bei achtsamkeitsbasierten Interventionen " " > Allgemeine Sicht: Zunahme von Achtsamkeit bezüglich Absicht, Gewahrsein und Akzeptanz" > Klinisch möglicherweise besonders relevant" Unterbrechung, Deautomatisierungvon dysfunktionalen Mustern des Erlebens und Verhaltens" Bereitschaft zur Exposition bei aversiv erlebten Gefühlen, Gedanken, Körperempfindungen" Dezentrierung, meta-kognitiver Aspekt, Einsicht" Reduktion negativer Bewertungen des Erlebens und des Selbst, Zunahme von Selbstmitgefühl " 20

Relativ selten thematisierte Wirkmechanismen" > Modellfunktion der TherapeutInnen" > Wirkungen der vermittelten Inhalte, Sichtweisen (vgl. Aspekt der Absicht bei Shapiro)" > Selbst-Regulation: grosser Umfang selbstinstruierter Übungen, Skills, die für TeilnehmerInnen auch nach der Therapie weiterhin verfügbar bleiben" 21

Achtsamkeit und psychische Gesundheit " > Studien zeigen Zusammenhänge auf (direkte und indirekte)" > Potentiell wichtig bei unterschiedlichen Problemen und Störungen: Depression, Angst, Persönlichkeitsstörungen, weitere. " > Gemeinsame Merkmale die auf die Wichtigkeit von Achtsamkeit hinweise:" Verengung der Perspektive, des Inhalts und der Breite des Erlebens, Vermeidung von Situationen und Erfahrungen" Ungünstiger Vergleichsprozess, Ist-Soll, "Inkongruenz", Grübeln, negativer/depressiver Denkstil" Vorherrschen eines fruchtlosen denkbetonten Zugangs zu Problemen." > Auch deutliche Hinweise, dass Achtsamkeitsübungen für psychotherapeutisch Tätige hilfreich sein können." 22

Achtsamkeitsmeditation und das Default Mode Network (DFN)" - DFN -> Wandernde Gedanken, selbstbezogen, bedrückte Stimmung" - Weniger DFN bei erfahrenen Meditierenden in der Meditation, mehr kognitive Kontrolle." Brewer, J. A., Worhunsky, P. D., Gray, J. R., Tang, Y. Y., Weber, J., & Kober, H. (2011). Meditation experience is associated with differences in default mode network activity and connectivity. Proc Natl Acad Sci U S A, 108 (50), 20254-9. " 23

Achtsamkeit und Alkoholkonsum > Erhöhung der Achtsamkeit è Verbesserung des Bewusstseins über Auslöser von Alkoholkonsum > Bestimmter kognitiver Modus è Suchtdruck («Craving») bewusster wahrzunehmen ohne ihm nachzugeben und zu konsumieren > Alternative zu Alkoholkonsum è positive Gefühle und Entspannung Marlatt (2002) 24

Achtsamkeit und Alkoholkonsum in der Allgemeinbevölkerung (Kupper et al., in Vorb.) Variable Problematisch Trinkende (n = 53) Unproblematisch Trinkende (n = 225) Test Alter (Jahre) 32.0 35.7 4.07* Geschlecht m/f in % 32/11 68/89 18.48*** Alkoholkonsum (AUDIT) 11.3 3.4 494.70*** Spannungsreduktion(CAEQ) 3.0 2.5 20.93*** Emotionale Belastung (BSI) 57.8 51.0 15.54*** Beobachten 3.6 3.7 0.21 Beschreiben 3.4 3.8 11.34*** Bewusst Handeln 3.4 3.7 5.08* Nicht-Urteilen 3.7 4.1 11.70*** Nicht-Handeln 3.1 3.3 4.25* FFMQ 134.5 144.2 11.81*** Kupper, Bergomi, Meierhans, Tschacher & Moggi (in Vorb.) " 25

Problematische Alkoholkonsum in der Allgemeinbevölkerung Strukturgleichungsmodell Achtsamkeit -.30* -.07 -.47** -.31**.48**.42** -.56** Spannungsreduktion Alkoholkonum.29** Emotionale Belastung.46**.29*.06 Kupper, Bergomi, Meierhans, Tschacher & Moggi (in Vorb.) " 26

Problematische Alkoholkonsum in der Allgemeinbevölkerung > Zusammenfassung Achtsamkeit und emotionale Belastungen korrelieren negativ. Achtsamkeit ist bei unproblematisch Trinkenden (UT) höher als bei problematisch Trinkenden (UT > PT) Emotionale Belastung: UT < PT Achtsamkeit und emotionale Belastung werden über Spannungsreduktions- Erwartungen mediiert. > Interpretation Achtsamkeit kann einen Beitrag zur erfolgreichen Emotionsregulation und zum Ausmass von Alkoholkonsum beitragen, aber bei problematischem Alkoholkonsum wird die Spannungsreduktions-Erwartung wichtiger als Achtsamkeit. > Einschränkungen Querschnittuntersuchung Kupper, Bergomi, Meierhans, Tschacher & Moggi (in Vorb.) " 27

Achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention bei Substanzabhängigkeit (MBRP, Bowen, Chawla, Marlatt)" > Rückfallprävention bei Substanzabhängigkeit am häufigsten angewandt bei Alkoholabhängigkeit" > Spezifisches der Zugangsweise" Arbeit mit aversiven Gefühlen, Einlassen auf aversive Gefühle" Neugierde kultivieren" > Aufbau und Achtsamkeitsübungen analog zu MBCT/MBSR" > Kombination von KVT-Techniken und Achtsamkeitsübungen" > Veränderter Umgang mit dem Suchtmittelverlangen ( urge, Reissen )" > Schlüsselrolle in der akzeptierenden Haltung der TherapeutInnen" 28

MBRP - Acht Sitzungen über acht Wochen" 1. Autopilot und Rückfall (Sitzung 1)" 2. Achtsame Wahrnehmung von Auslösern und Suchtmittelverlangen (Sitzung 2)" 3. Achtsamkeit im Alltag (Sitzung 3)" 4. Achtsamkeit in Rückfallrisikosituationen (Sitzung 4)" 5. Akzeptanz und bewusstes Handeln (Sitzung 5)" 6. Ein Gedanke ist ein Gedanke ist ein Gedanke (Sitzung 6)" 7. Selbstfürsorge und ausgewogener Lebensstil (Sitzung 7)" 8. Soziale Unterstützung und weiteres Üben (Sitzung 8)" > Struktur und Übungen identisch mit MBCT" > Modifikation von MBCT bezüglich suchtspezifischer Inhalte." 29

Postulierte Wirkungsweise achtsamkeitsbasierter Rückfallprävention" > Automatisch ablaufende Reaktionen auf Auslösesituationen (trigger) erkennen" > Bewusstwerden der ablaufenden Prozesse" > Auslösesituationen, Verlangen -> aversive Gefühle" > Akzeptanz und nichtwertende Haltung" > Erkundung des Gefühls" > Keine Unterdrückung, Vermeidung oder Nachgeben" > Dadurch Unterbruch des automatischen Griffs zur Substanz" (Dank an R. Spengler, Stud. Psych.)" 30

Achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention bei Substanzabhängigkeit Urge Surfing " > Spezielle Copingstrategie" > Wahrnehmungen und Beschäftigung mit Substanz -> Verlangen" > Verlangen identifizieren und akzeptieren" > Bild einer Welle" > im Moment bleiben (keine Unterdrückung, Vermeidung oder Nachgeben)" > Urge Surfing : Auf der Welle des Verlangens reiten. " (Dank an R. Spengler, Stud. Psych.)" 31

Therapiebeziehung in der Mindfulness- Based Relapse Prevention (MBRP)" > Zentraler Stellenwert der Beziehung in MBRP" > Therapeuten als Modell" > Praktizieren nichtwertende Neugierde und Offenheit gegenüber Patienten" > Gleichwertige Beziehung" > Ehrliche und mitfühlende Reaktionen auf Probleme in der Therapie" > Schützende Rahmenbedingung" > Individuelle Erfahrungen, Ziele und Bereitschaft zur Änderung akzeptieren" (Dank an R. Spengler, Stud. Psych)" 32

Wirksamkeit von Achtsamkeitsbasierter Rückfallprävention" > Kontrollierte Pilotstudie ergab einen reduzierten Suchtmittelkonsum nach der Therapie im Vergleich zu einer Kontrollgruppe (Bowen et al., 2009)." > Achtsamkeit und Selbstakzeptanz wurden erhöht." > Achtsamkeit und Suchtmitteverlangen erwiesen sich als Mediatoren ( vermittelten den reduzierten Konsum)." > Wesentlich schwächere empirische Basis als z.b. bei MBCT oder MBSR" > Keine Studien mit einem kontrollierten Vergleich mit anderen Methoden der Rückfallprävention" > Spannende neurowissenschaftliche Zugänge (Brewer et al. 2010)" > Weitere Forschung ist dringend nötig." " 33

Sind Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze spirituell? " > Ähnlichkeit der Übungen mit Übungen in kontemplativen spirituellen Traditionen" > Betonung des selbständigen Übens" > Betonung des Wertes der unmittelbaren menschlichen Erfahrung und" > des darin menschlichen erfahrbaren Potentials (z.b. Erkennen, Einsicht)." 34

Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze spirituell? " Die Anekdote von Jon Kabat-Zinn:" TeilnehmerInnen äussern sich regelmässig ab der 4. Sitzung folgenderweise:" "Halt mal, irgendwie habt Ihr uns betrogen, es geht hier gar nicht um Stress, es geht um unser Leben. " 35

Achtsamkeit und Spiritualität" > Achtsamkeit und Achtsamkeitspraxis war in unterschiedlichen Studien mit einer verstärkten spirituellen Orientierung verbunden." > MBSR erhöhte die spirituelle Orientierung in der Folge der Therapie. " > Wie spirituelle Orientierung / Spiritualität erfasst wird, ist dabei sicher kritisch." > Interessante Ergebnisse auch bei Instrumenten, die einen expliziten Bezug auf Gott nahmen." " 36

Sind Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze spirituell? " > Ähnlichkeit bezüglich der Vermittlung eine veränderten ( achtsamen ) Grundhaltung." > Betonung der Allgemeinheit des genannten menschlichen Potentials." > Achtsamkeit ist mit Empathie und Mitgefühl verbunden." 37

Sind Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze spirituell? " > Buchtitel Jon Kabat-Zinn: Zur Besinnung kommen. Die Weisheit der Sinne und der Sinn der Achtsamkeit in einer aus den Fugen geratenen Welt." 38

Unterschiede zu spirituellen Ansätzen" > Ziele: Ziele sind psychische oder physische Gesundheit." Hinweis: Studien zur Wirkung von Meditation zeigen auf, dass die Ergebnisse deutlich mit der Motivation, den Zielen der Meditierenden zusammenhängen. " > Begriffe: Verwendung von psychologischen und nicht von spezifischen spirituellen oder religiösen Begriffen." Menschliches Potential oder ein höheres Prinzip wird nicht explizit diskutiert oder mit Begriffen bezeichnet." Sinnfragen, religiöse Fragen sind nicht Teil der Inhalte." 39

Achtsamkeit für (psycho-)therapeutische Tätige" > Achtsamkeit als Grundhaltung: Gemeinsamkeiten mit oft postulierten therapeutischen Haltung (vgl. z.b. Rogers)" > Burnout Prophylaxe bei therapeutisch/helfend Tätigen" > Mögliche günstige Wirkungen von Achtsamkeitsübungen auf die Fähigkeit, therapeutisch wirksam sein zu können:" > Untersuchung zur günstigen Wirkung von Zen-Meditation von PsychotherapeutInnen auf die Verbesserungen bei ihren PatientInnen (Grepmair et al., 2006, 2007, 2008)." 40

Anforderungen an die TherapeutInnen Vertiefte Praxiserfahrungen?" > Wird von den Autoren der achtsamkeitsbasierten Programme betont, beispielsweise mindestens > 2 Jahr kontinuierliche Praxis." > Anforderungen sind plausibel, jedoch Notwendigkeit wenig untersucht, nicht einfach zu untersuchen." > Genaue Beschreibung von Therapien kann helfen, trotzdem eine offene Frage (vgl. Dimidjian & Linehan, 2003)." > Kein spezifisches spirituelles oder religiöses Bekenntnis gefordert oder ausgeschlossen" 41

Zusammenfassung" > Die Wirksamkeit achtsamkeitsbasierte Therapeutischer Ansätze (MBSR, MBCT), besonders bezüglich Angst und Depression, wurde wiederholt belegt" > Erste Ergebnisse zur Achtsamkeitsbasierten Rückfallprävention bei Substanzabhängigkeit (MBRP) sind ermutigend." > Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze haben deutliche Überschneidungen mit spirituellen Wegen, unterscheiden sich aber in den Zielen. Achtsamkeit kann eine spirituelle Orientierung fördern." > Achtsamkeitsbasierte therapeutische Ansätze sind offen bezüglich spezifischer spiritueller oder religiöser Traditionen." 42

Die Forschungswelle rollt, bald schon werden wir mehr wissen" Kontakt: zeno.kupper@spk.unibe.ch" 43