Effiziente Common Rail Einspritzsysteme und intelligente Regelstrategien für die Erfüllung zukünftiger On-/Off-Highway E- missionsgrenzwerte Christian Schugger, Jost Krauss, Ulrich Projahn, Jürgen Gerhardt Abstract The diesel engine is the most common powertrain in commercial applications, and will retain that position for the foreseeable future. In order to meet future emission standards, a wide variety of solutions within combustion process control, exhaust gas aftertreatment, air and injection systems have been developed. The development of common rail injection systems for trucks with 2000 and 2200 bar injection pressure increases the opportunities for internal engine emissions reductions. The systems are designed for medium-duty and heavy-duty applications, onhighway (on-hw) and Off-highway (off-hw). Besides increasing the injection pressure this system features high efficiency in hydraulic pressure generation and injection, making a direct contribution to reducing fuel consumption. To meet even greater requirements, a system with an injection pressure of 2500 bar is under development. As an indicator for the hydraulic efficiency of an injector, the "effective injection pressure" is derived. This indicator allows for a uniform rating of different injector concepts. Software functions contribute to the fulfillment of the system requirements over lifetime. An engine speed based function calibrates the pilot injection quantity during low idle operation for on- and off-highway applications. The increase in system pressure results in increased loads for the components. A calibration function for the pump delivery characteristics minimizes pressure overshoots and ensures the pressure control dynamics over lifetime. Kurzfassung Der Dieselmotor ist der am weitesten verbreitete Antrieb in kommerziellen Anwendungen und wird diese Position auch in absehbarer Zukunft behalten. Zur Erfüllung zukünftiger Abgasgesetzgebungen wurde eine Vielzahl von Lösungen in der innermotorischen Prozessführung und in den Bereichen Abgasnachbehandlung, Luft- und Einspritzsystem entwickelt. Die Entwicklung von Common Rail Einspritzsystemen für Nutzfahrzeuge mit 2000 und 2200 bar Einspritzdruck verbessert die Möglichkeiten zur innermotorischen E- missionsminderung. Die Systeme sind für Medium-Duty- und Heavy-Duty-Anwendungen sowohl im On-Highway- (On-HW) als auch im Off-Highway-Bereich (Off-HW) konzipiert. Neben der Steigerung des Einspritzdrucks zeichnet sich dieses System durch seine hohe hydraulische Effizienz bei Druckerzeugung und Einspritzung aus und leistet somit direkt einen Beitrag zur Verbrauchsreduzierung. Für höhere Anforderungen läuft bereits die Weiterentwicklung des Systems für einen Einspritzdruck von 2500 bar.
Zur Beurteilung der hydraulischen Effizienz des Injektors wird eine Kenngröße, der effektive Einspritzdruck, abgeleitet. Diese Kenngröße erlaubt eine einheitliche Bewertung verschiedener Injektorkonzepte. Systemfunktionen tragen zur Erfüllung der Anforderungen an das Einspritzsystem über die Lebensdauer bei. Eine drehzahlbasierte Funktion zur Kalibrierung der Voreinspritzmenge im Leerlaufbetrieb stellt die korrekte Voreinspritzmenge über Lebensdauer sicher und ist sowohl für On- und Off-Highway-Anwendungen geeignet. Die Steigerung der Systemdrücke führt zu erhöhten Komponentenbelastungen. Durch eine Lernfunktion für die Pumpenfördercharakteristik lassen sich Drucküberschwinger minimieren und die Druckregeldynamik über Lebensdauer sicherstellen. 1. Strategien zur Erfüllung der Emissionsgrenzwerte Der weltweite Markt für Nutzfahrzeuge wird bestimmt durch die Vielfalt von Anwendungen im On-Highway-, Off-Highway- und Großmotoren-Bereich. Eine Übersicht dieser Marktsegmente, deren Treiber und die erforderlichen motorischen Subsysteme zeigt Bild 1. Emissionen Emissionen Einspritzsystem Sensoren On Highway (LD, MD, HD) Leistung Leistung Steuergerät Off Highway (19-560kW) Kosten Kosten Abgasnachbehandlung Luftsystem Large engine (>560kW) Packaging Packaging Bild 1: Anforderungen und motorische Subsysteme des Nutzfahrzeugmarktes Die technische Differenzierung von Off-Highway- und On-Highway-Anwendungen durch unterschiedliche Lastanforderungen oder Einbauräume für Kühlung und Abgasnachbehandlung erfordert unterschiedliche Lösungen, die sich durch Kombination der motorischen Subsysteme (Steuergerät, Einspritz-, Luft-, Abgasnachbehandlungssystem u. a.) darstellen lassen. Zusätzlich bestimmen die Gesamtkosten über den Lebenszyklus und insbesondere die Emissionsanforderungen die Systemlösungen. Die Grenzwerte der Emissionsgesetzgebung in den USA, Europa und Japan (Onund Off-Highway-Bereich) nähern sich bei Partikeln einem Wert von 0,01 g/kwh und bei Stickoxiden (NO x ) Werten zwischen 0,27 und 0,4 g/kwh an, siehe Bild 2. Aufgrund der unterschiedlichen Testverfahren (z.b. Testzyklus NRTC für Off-Highway) und Anwendungen wird es jedoch verschiedene Systemlösungen geben [1].
Euro III Euro IV 5.0 3.5 0.10 Euro V 0.02 (0.03 ETC) Euro VI 0.4 (WHTC: 0.44) 0.01 US 04 2.4 (3.2) 0.10 (0.134) US 07-09 ABT 1.2 (1.6) 0.01 (0.013) US 10 0.2 (0.27) Werte in [g/hph] Werte in Klammern [g/kwh] J-NST 3.38 0.18 J-NewLongTerm J-PostNewLongTerm 0.7 0.027 0.01 130-560 kw TIER 2 TIER 3 TIER 4 interim TIER 4final 6.4 4.0 0.4 0.2 2005 2007 2009 2011 2013 2015 0.02 Bild 2: Entwicklung der Abgasgesetzgebung Innermotorische Maßnahmen und Verfahren zur Abgasnachbehandlung werden kombiniert, um die Emissionsgrenzwerte zu erreichen. Im Falle einer Limitierung der Partikelanzahl wird ein Partikelfilter notwendig, und die NO x -Grenzwerte können über den innermotorischen Weg oder durch den Einsatz der selektiven katalytischen Reduktion (SCR) realisiert werden. Zur Unterschreitung des NO x -Grenzwertes von 0,4 g/kwh ohne die Verwendung eines SCR-Systems müssen der Motor und das komplette Luftsystem angepasst werden. Das Hauptaugenmerk gilt hierbei der Aufladung, der verstärkten Kühlung der Ladeluft und der zurückgeführten Abgasmenge (bis zu 50%) sowie einem flexiblen Common Rail System (CRS) mit sehr hohen Einspritzdrücken. Diese Strategie bewirkt trotz des hohen Aufwands nach heutiger Erkenntnis einen Anstieg des spezifischen Kraftstoffverbrauchs. Der Einsatz eines SCR-Systems reduziert die Anforderungen an die anderen motorischen Subsysteme entsprechend der Konvertierungsrate des SCR-Systems. Zusätzlich wird die Verminderung des spezifischen Kraftstoffverbrauchs ermöglicht. Im Rahmen von Versuchen auf Bosch-Motorprüfständen mit unterschiedlichen Konfigurationen für einen Heavy-Duty-Motor (2 l/zyl.) ist jeweils der spezifische Kraftstoffverbrauch ermittelt worden [2]. Dieser ist in Bild 3 als Funktion der NO x -Emission im Betriebspunkt B50 des ESC-Tests dargestellt. Eine Strategie mit einem SCR-System mit hoher Konvertierungsrate (Strategie 3) und einem NO x -Niveau am Motoraustritt von ca. 3,2 g/kwh zeigt nur eine geringe Verbrauchsverbesserung in Abhängigkeit des Raildrucks. Im Falle einer Senkung der Stickoxid-Emission auf 1,6 g/kwh (Strategie 1) bewirkt eine Steigerung des Einspritzdrucks von 1800 auf 2400 bar eine Verminderung des spezifischen Verbrauchs von ca. 3%. Eine Erhöhung auf 3000 bar reduziert den spezifischen Verbrauch lediglich um weitere 1,5%.
BSFC [ g/kwh ] 2 CRS 1800 bar CRS 2500 bar CRS 3000 bar CRS 2400 bar ~6% CRS 3000 bar ~3% ~1.5% CRS 1800 bar 1 Zunehmender Aufwand für Aufladung und Kühlung HD Motoren ( 2l/cyl.) @ ESC 0.0 1.0 3.0 4.0 Engine-out NOx [ g/kwh ] 0.0 1.0 3.0 4.0 5.0 Engine-out NO x [ g/kwh ] 1) 1 Konventionelle Strategie (EGR/SCR), 2) 2 Strategie ohne SCR, 3) 3 Strategie mit hoher SCR-Konvertierungsrate Abschätzung Ruß [g/kwh] 3. Bild 3: Kraftstoffverbrauch in Abhängigkeit von NO x -Emission und Einspritzdruck Für Systeme ohne NO x -Abgasnachbehandlung (Strategie 2) ist entsprechend der Testergebnisse ein Einspritzdruck von bis zu 3000 bar notwendig, um die Emissionsziele bei akzeptablem Verbrauch zu erfüllen. Bild 3 verdeutlicht ebenfalls, dass für diese Strategie durch eine Anhebung des Einspritzdrucks von 2400 bar auf 3000 bar ein nennenswerter Verbrauchsvorteil (ca. 6%) erzielt werden kann. Dennoch liegt das Verbrauchsniveau immer noch höher als bei einer der SCR-Strategien. Allerdings muss bei den SCR-Strategien auch der Verbrauch an wässriger Harnstofflösung in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden. In allen Fällen bietet ein Common Rail System mit hoher Effizienz bei der Druckerzeugung und Mehrfacheinspritzfähigkeit Vorteile [3], siehe Bild 4. Kleine und flexibel einstellbare Voreinspritzungen verringern den Zündverzug der Haupteinspritzung und reduzieren somit das Verbrennungsgeräusch. Angelagerte Nacheinspritzungen vermindern die Partikelemissionen durch eine Erhöhung der Brennraumtemperatur. Kurze Abstände Drehmoment Kleine VE-Menge Drehzahl Bild 4: Anforderungen an Mehrfacheinspritzungen
2. Anforderungen an das Einspritzsystem Die wichtigsten funktionalen Anforderungen an das Einspritzsystem stellen das Einspritzdruckniveau, die Mehrfacheinspritzfähigkeit, der Einspritzverlauf und die Stabilität der Einspritzungen über der Lebensdauer dar. Durch die Erfüllung dieser Anforderungen leistet das Einspritzsystem einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Emissionsnormen. Die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems bezüglich des Verbrauchs wird direkt durch die Effizienz des Einspritzsystems beeinflusst. Durch variable und flexible Voreinspritzungen kann das Verbrennungsgeräusch so stark optimiert werden, dass dadurch auch die Anforderungen an die Komponenten des Einspritzsystems bezüglich ihres emittierten Geräusches steigen. Eine weitere Herausforderung ist es, diese Performance über die Lebensdauer eines Systems sicherzustellen. Die für moderne Einspritzsysteme abgeleiteten Anforderungen können nicht allein durch hervorragende Einzelkomponenten erfüllt werden. Die Abstimmung der Komponenten untereinander ist ein erster Baustein in der Systemoptimierung. Durch eine systemübergreifende Betrachtung kann ein wesentlicher funktionaler Mehrwert erzielt werden. Das System und seine Umgebung stellen zahlreiche Informationen bereit, die als Eingabegrößen für neue Systemfunktionen genutzt werden können. Durch die kontinuierliche Verwendung dieser Informationen über den gesamten Nutzungszeitraum hinweg kann der Aspekt der Drifterkennung und kompensation abgedeckt werden. Implementierung neuer Funktionen bedeutet zunächst auch Erhöhung der Gesamtkomplexität des Systems. Es ist zu prüfen, wie weit Einflüsse auf Abgasemissionen und gesetzliche Rahmenbedingungen wie die OBD-Gesetzgebung bestehen. Neben dem Aufwand in der Entwicklung ist auch der spätere Applikationsumfang ein wesentlicher Aspekt. Dieser muss gezielt minimiert werden durch Entwicklung robuster Funktionen, die nur wenige Applikationsparameter haben. 3. Effiziente Einspritzsysteme für Nutzfahrzeuge 3.1 Einspritzsystem Die wesentlichen Komponenten des Systems CRSN3-20/22 (siehe Bild 5) sind: Injektor, Hochdruckpumpe, Rail mit Anbaukomponenten (Drucksensor und -begrenzungsventil) sowie das Steuergerät [4,5]. Ohne Druckübersetzung wird der benötigte Systemdruck direkt von der Hochdruckpumpe erzeugt und im Rail gespeichert. Dabei wird die Effizienz des Systems bei einer Common Rail Konfiguration im Wesentlichen durch die Pumpe und den Injektor bestimmt.