Pflicht zum Nationaldienst in Eritrea ist nicht flüchtlingsrelevant.

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Transkript:

VG München, Urteil v. 29.12.2016 M 12 K 16.33808 Titel: Pflicht zum Nationaldienst in Eritrea ist nicht flüchtlingsrelevant. Normenkette: AsylG 3, 3c, 3d, 3e Leitsatz: Die Pflicht zur Ableistung des Nationaldienstes in Eritrea stellt keine staatliche Verfolgung dar. Eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung knüpft nicht gezielt an flüchtlingsrelevante Tatsachen an. (redaktioneller Leitsatz) Schlagworte: Eritrea, Nationaldienst, Wehrdienstentziehung, Flüchtlingseigenschaft Tenor I. Die Klagen werden abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Tatbestand Die Kläger sind nach eigenen Angaben eritreische Staatsangehörige. Sie reisten am 26. Februar 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 7. Mai 2015 Asylantrag. In der Anhörung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 7. Mai 2015 erklärte die Klägerin zu 1) u. a., Eritrea im Oktober 2013 verlassen zu haben und über den Sudan (1 Jahr 8 Monate), Libyen (20 Tage) und Italien (3 Tage) nach Deutschland gereist zu sein. Im Fragebogen Eritrea des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat die Klägerin zu 1) erklärt, dass ihr Vater als Soldat im Krieg gewesen sei. Sie wüssten nicht, ob er im Krieg getötet oder vom Militär oder der Polizei umgebracht worden sei. Im Juli 2013 seien in der Nacht Männer gekommen und hätten ihren Mann und die Männer aus der Nachbarschaft geholt und ins Gefängnis gebracht. Sie wisse nicht, ob ihr Mann und die Männer noch leben. Die Männer vom Militär oder der Polizei seien wiedergekommen und hätten gesagt, sie wollten wiederkommen und auch sie holen. Sie habe große Angst gehabt, dass die Männer kommen und sie ins Gefängnis bringen. Deshalb sei sie in den Sudan geflohen. Im Falle ihrer Rückkehr komme sie für lange Zeit ins Gefängnis. Das Gefängnis sei unter der Erde, ohne Wasser, ohne Licht, ohne Luft. Sie werde gefoltert und misshandelt und vielleicht auch umgebracht. Bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 12. August 2016 erklärte die Klägerin zu 1) im Wesentlichen, sie habe zuletzt in... gelebt. Am 14. September 2013 sei sie aus Eritrea ausgereist und über Äthiopien (20 Tage), Sudan (1 Jahr 4 Monate), Libyen (21 Tage) und Italien (8 Tage) am 25. Februar 2015 nach Deutschland gekommen. Sie habe in Eritrea mit ihrem Lebensgefährten zusammengelebt. In einer Nacht im Juni oder Juli 2013 sei ihr Lebensgefährte aus dem Haus entführt worden. Sie wisse nicht, wer es gewesen

sei. Die Entführer hätten gesagt, sie würden nochmals kommen und auch sie mitnehmen. Sie sei im 3. Monat schwanger gewesen und habe nicht warten wollen, bis sie kommen. Daher sei sie geflohen. An die Polizei habe sie sich nicht gewandt. Von einer Freundin habe sie gehört, dass ihr Lebensgefährte wieder frei sei. Warum die Entführer sie nicht mitgenommen haben, wisse sie nicht. Sie habe sich noch einige Zeit Gedanken gemacht, aber nicht lange, und sei dann im September geflüchtet. Mit Bescheid vom 24. August 2016, zugestellt am 13. Oktober 2016, erkannte das Bundesamt den Klägern den subsidiären Schutzstatus zu (Nr. 1) und lehnte den Asylantrag im Übrigen ab (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen vor. Aufgrund des ermittelten Sachverhaltes sei davon auszugehen, dass der Klägerin zu 1) in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Sinne des 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG drohe. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor. Die Klägerin zu 1) habe keine konkreten Angaben zu einer Verfolgung machen können. Aus dem Sachvortrag seien weder eine flüchtlingsrechtliche Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal ersichtlich. Mit Schriftsatz vom... Oktober 2016, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheids vom 24. August 2016 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, im Fall des Klägers zu 2) zum Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der Zuerkennung gegenüber der Klägerin zu 1). Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom... Dezember 2016 im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin zu 1) schildere, dass sie geflüchtet sei, nachdem ihr Lebensgefährte entführt und sie selbst mit Entführung bedroht worden sei. Damit mache sie Umstände geltend, die über eine allgemeine Gefahrenlage hinausgingen, wie sie in Eritrea allgegenwärtig sei und bereits bei der Gewährung subsidiären Schutzes Berücksichtigung gefunden habe. Auf den EASO-Bericht vom Mai 2015 werde verwiesen, der erkennen lasse, dass bereits unabhängig von konkreten Vorfluchtgründen im Fall der Rückkehr über die Gefahr eines ernsthaften Schadens hinaus Verfolgung aus politischen Gründen drohe, die eine Flüchtlingsanerkennung bedingten. Des Weiteren wurde auf Berichte von Amnesty International zu Zwangsrekrutierungen und den Haftbedingungen in Eritrea Bezug genommen. Der Kläger zu 2) habe Anspruch auf Flüchtlingsanerkennung gem. 26 Abs. 2 und 5 AsylG. Mit Schriftsatz vom... Oktober 2016 hat der Klägerbevollmächtigte auf mündliche Verhandlung verzichtet. Die Beklagte hat hierauf mit Prozesserklärung vom 25. Februar 2016 allgemein verzichtet. Die Beklagte hat am 8. November 2016 die Behördenakten vorgelegt. Mit Beschluss vom 23. Dezember 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Bundesamtsakte Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten dem zugestimmt haben ( 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des 3 AsylG ( 113 Abs. 5 VwGO).

Nach 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist - unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben - Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl, 1953 II S.559, 560-Genfer Flüchtlingskonvention), wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013-10 C 23.12 - juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U. v. 28.3.2014-13 A 1305/13.A - juris). Auch eine kriminelle Verfolgung muss an ein in 3 AsylG genanntes Merkmal anknüpfen, um als politische Verfolgung gelten zu können. Eine Verfolgung kann dabei gem. 3c AsylG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des 3d AsylG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, 3e AsylG. Maßgeblich ist, ob der Asylsuchende bei Rückkehr in sein Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt wäre, wobei auf den Sachstand im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen ist, 77 Abs. 1 AsylG. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 337, S. 9-26) - sog. Qualifikationsrichtlinie - RL 2011/95/EG privilegiert dabei den von ihm erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab (BVerwG, U. v. 27.4.2010-10 C 5.09 - juris). Das Gericht muss die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu (BVerwG, U. v. 16.4.1985, Buchholz 402.25 1 AsylG Nr. 32). Demgemäß setzt ein Asylanspruch bzw. die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gem. 3 AsylG voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, U. v. 8.5.1984, Buchholz 108 VwGO Nr. 147). An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VGH

Baden-Württemberg, U. v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U. v. 4.9.2014-8 A 2434/11.A - juris). Gemessen an diesen Maßstäben ist der Vortrag der Klägerin zu 1) schon nicht glaubhaft, da er widersprüchlich ist. Dies betrifft bereits das Ausreisedatum sowie den Reiseweg und die Aufenthaltsdauer in den jeweiligen Ländern. So hat die Klägerin zu 1) in der Anhörung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 7. Mai 2015 erklärt, Eritrea im Oktober 2013 verlassen zu haben und über den Sudan (1 Jahr 8 Monate), Libyen (20 Tage) und Italien (3 Tage) nach Deutschland gereist zu sein. Bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 12. August 2016 erklärte sie hingegen, sie habe Eritrea am 14. September 2013 verlassen und sei über Äthiopien (20 Tage), Sudan (1 Jahr 4 Monate), Libyen (21 Tage) und Italien (8 Tage) am 25. Februar 2015 nach Deutschland gekommen. Des Weiteren hat die Klägerin zu 1) im Fragebogen Eritrea des Bundesamtes erklärt, im Juli 2013 seien in der Nacht Männer gekommen und hätten ihren Mann und die Männer aus der Nachbarschaft geholt und ins Gefängnis gebracht. Die Männer vom Militär oder der Polizei seien wiedergekommen und hätten gesagt, sie wollten wiederkommen und auch sie holen. Abgesehen davon, dass die Klägerin zu 1) in der Anhörung am 12. August 2016 von einer Festnahme weiterer Männer ihres Dorfes nichts mehr berichtet hat, hat sie entgegen der vorherigen Angabe, dass es sich um Soldaten oder Polizisten gehandelt habe, erklärt, sie wisse nicht, wer es gewesen sei, und in der Folge von einer Entführung gesprochen. Das Vorbringen ist zudem vage und erscheint nach der Lebenserfahrung unglaubhaft. So hat die Klägerin zu 1) nicht einmal den genauen Zeitpunkt des Geschehens angegeben, sondern nur vage von einer Nacht im Juni oder Juli 2013 gesprochen. Dies wäre jedoch bei einem derart einschneidenden Erlebnis zu erwarten gewesen. Darüber hinaus ist auch in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb die Männer die Klägerin zu 1) nicht - was ein Leichtes gewesen wäre - ebenfalls sofort mitgenommen haben, sondern sie stattdessen vorgewarnt und mit einem weiteren Zugriff mehr als einen Monat zugewartet haben sollten. Schließlich ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin zu 1), wenn sie tatsächlich bedroht worden wäre, mit einer Flucht über einen Monat zugewartet haben sollte, nachdem ein erneuter Zugriff nach der angeblichen Drohung jederzeit hätte stattfinden können. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Sachvortrag der Klägerin zu 1) keine begründete Furcht vor einer Verfolgung in Anknüpfung an flüchtlingsrechtlich relevante Merkmale i. S. v. 3 Abs. 1 AsylG. Die Klägerin zu 1) konnte weder angeben, wer ihren Lebensgefährten entführt oder festgenommen haben soll, noch aus welchem Grund. Gleiches gilt für die ihr angeblich drohende Entführung bzw. Festnahme. Die der Klägerin zu 1) möglicherweise drohende Einberufung in den Nationalen Dienst (Militärdienst einschließlich nationaler Dienstverpflichtung) durch den eritreischen Staat stellt keinen im Rahmen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von 3 Abs. 1 AsylG beachtlichen Verfolgungsgrund dar. Die Pflicht zur Ableistung eines staatlichen Dienstes stellt keine staatliche Verfolgung i. S. d. 3 ff. AsylVfG dar. Jeder souveräne Staat hat grundsätzlich das Recht, seine Staatsangehörigen zum Wehr- bzw. Militärdienst heranzuziehen. Es besteht (bislang) kein Grundrecht auf eine Wehr- bzw. Militärdienstverweigerung (vgl. Treiber in: GK-AufenthG, Stand: März 2016, 60 Rn. 167 f.). Zudem stellt die (reine) Pflicht zur Ableistung eines Militärdienstes selbst noch keine staatliche Verfolgung dar. Die Heranziehung zum Militärdienst unterfällt daher flüchtlingsschutzrechtlich schon grundsätzlich nicht dem Schutzversprechen. Im Übrigen trifft der eritreische Nationaldienst alle Staatsangehörigen ohne Ansehen der Persönlichkeitsmerkmale des 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gleichermaßen. Eine drohende Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Wehrpflichtentziehung bzw. Kriegsdienstverweigerung durch eine illegale Ausreise wäre vorliegend nur dann flüchtlingsschutzrechtlich relevant, wenn sie entweder i. S. v. 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt erginge, in welchem der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des 3 Abs. 2 AsylG fallen (Kriegsverbrechen, schwere nichtpolitische Straftaten, Zuwiderhandlungen gegen die Grundsätze der Vereinten Nationen) oder wenn sie zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen eingesetzt würde, die durch die Maßnahmen in einem der in 3 Abs. 1

Nr. 1 AsylG genannten flüchtlingsschutzrechtlich relevanten Persönlichkeitsmerkmale getroffen werden sollen (vgl. Treiber in GK-AufenthG, a. a. O.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Eine in Eritrea drohende Bestrafung wegen Wehrpflichtentziehung/Kriegsdienstverweigerung durch eine illegale Ausreise ergeht nicht in Zusammenhang mit einem Konflikt i. S. v. 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG. Denn Eritrea befindet sich derzeit in keinem Konflikt im Sinne dieser Norm - weder mit anderen Staaten (internationaler Konflikt) noch mit aufständischen innerstaatlichen Gruppen (innerstaatlicher Konflikt). Die Strafverfolgung wird auch nicht zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen in Anknüpfung an ein flüchtlingsschutzrelevantes Merkmal eingesetzt. In Eritrea gibt es kein Recht, den Wehr- oder Nationaldienst zu verweigern. Wer sich diesen Diensten entzieht, wird mit Umerziehungslageraufenthalten oder mit Gefängnis bestraft. So werden Personen, die versuchen, dem Wehr- und Nationaldienst zu entgehen, bei dem (illegalen) Ausreiseversuch verhaftet (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea vom 21. November 2016, S. 11). Ein generelles Anknüpfen an ein gem. 3 Abs. 1 AsylG, 3b AsylG relevantes Merkmal kann darin jedoch nicht gesehen werden. Denn insoweit handelt es sich um eine Strafverfolgung nach den allgemein in Eritrea geltenden Strafvorschriften, die jeden Eritreer gleichermaßen trifft. Die Strafvorschriften knüpfen nicht an eine bestimmte politische Haltung oder bestimmte Persönlichkeitsmerkmale an, sondern an den Umstand, dass sich die Betroffenen dem Wehroder Nationaldienst entzogen haben. Hinweise darauf, dass allein aus dem Umstand der illegalen Ausreise zum Zweck der Wehrdienstentziehung auf eine politische Gegnerschaft geschlossen wird, die zu einer verschärften strafrechtlichen Ahndung führt, sind nicht ersichtlich. Misshandlungen, Folter und Willkür treffen in Eritrea weite Kreise der Bevölkerung. Rechtsstaatliche Verhältnisse und eine militärische oder zivile Rechtsordnung sind nicht vorhanden. Verhaftungen ohne Haftbefehl und ohne Angabe von Gründen sind üblich (Auswärtiges Amt, a. a. O., S. 11). Dies rechtfertigt zwar die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Die aktuellen Erkenntnisse aus den Jahren 2015 und 2016 (EASO-Bericht über Herkunftsländer-Informationen, Länderfokus Eritrea, Mai 2015; U.S. Department of State vom 13.4.2016, Human Rights Report: Eritrea 2015, Bureau of Democracy, Human Rights and Labor; Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 21.1.2015, Eritrea: Rekrutierung von Minderjährigen; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea vom 21. November 2016 (Stand: November 2016)) lassen aber nicht den Schluss auf eine grundsätzlich politisch motivierte Verfolgung im Falle der illegalen Ausreise und der Verweigerung des National- oder Wehrdienstes zu (vgl. VG Augsburg, U. v. 11.8.2016 - Au 1 K 16.30744 - juris). Die Asylantragsstellung in Deutschland begründet ebenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgungsgefahr für die Kläger in Eritrea, nachdem sogar anerkannte Asylberechtigte - ggf. nach Entrichtung einer sog. Aufbausteuer - unbehelligt nach Eritrea reisen können (Auswärtiges Amt, a. a. O., S. 17). Nachdem der Klägerin zu 1) nicht die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist, besteht auch keine Grundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger zu 2) als Familienangehörigen gem. 26 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 AsylG. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus 167 VwGO i. V. m. 708 ff. ZPO.