Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen. Urteil
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- Sven Kopp
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1 Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen OVG: 2 LB 150/18 (VG: 1 K 964/17) Verkündet am gez. Bothe Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Im Namen des Volkes Urteil In der Verwaltungsrechtssache des Herrn Kläger und Berufungsbeklagter, gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertr. d. d. Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, dieser vertreten durch den Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Frankenstraße 210, Nürnberg, Gz.: Beklagte und Berufungsklägerin, hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch die Richterinnen Meyer, Dr. Jörgensen und Dr. Steinfatt sowie die ehrenamtlichen Richter Schaub-Kraußer und Schroiff aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2018 für Recht erkannt: Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom Einzelrichter der 1. Kammer aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Instanzen
2 - 2 - Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der 1998 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger arabischer Volkszugehörigkeit. Am stellte er einen Asylantrag. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt gab er an, er habe Syrien im Mai oder Juni 2014 verlassen. In seiner Heimat sei die YPG an der Macht gewesen. Es habe Kämpfe zwischen der YPG und dem IS gegeben. Er habe Angst vor einer Zwangsrekrutierung gehabt; sowohl die YPG als auch der syrische Staat hätten gewollt, dass er für sie kämpfe. Er habe gesehen, wie die syrische Armee Menschen zwangsrekrutiert habe. Im Sommer 2013 oder 2014 habe er einen Einberufungsbescheid der syrischen Armee erhalten und sich zum Wehrdienst melden sollen. Weil er dies nicht gewollt habe, sei er zunächst zu seinem Cousin und danach in die Türkei geflohen. Dort habe er sich ca. 1½ Jahre aufgehalten. Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom wurde dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt (Ziffer 1.) und der Antrag im Übrigen abgelehnt (Ziffer 2.). Dem Bescheid war folgende Rechtsmittelbelehrung beigefügt: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht Bremen Am Wall Bremen erhoben werden. Für die Rechtzeitigkeit ist der Tag des Eingangs beim Verwaltungsgericht maßgebend
3 - 3 - Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein. Sie ist gegen die Bundesrepublik Deutschland (...) zu richten. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel sind binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Bescheides anzugeben. Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach dieser Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung nicht genügend entschuldigt ist ( 87 b Abs. 3 VwGO). Der Bescheid wurde dem Kläger laut Zustellungsurkunde am zugestellt. Am hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und beantragt, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheids vom zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Mit Gerichtsbescheid vom hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheids vom verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Die Klage sei zulässig, da aufgrund einer unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung die Jahresfrist gemäß 58 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 VwGO für die Klageerhebung gelte. Die Formulierung in der Rechtsbehelfsbelehrung, dass die Klage in deutscher Sprache abgefasst sein müsse, sei geeignet, bei dem Betroffenen den Eindruck zu erwecken, dass die Klage schriftlich eingereicht werden müsse und der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen habe. Somit bestehe die Gefahr, dass er von der Möglichkeit einer mündlichen Klageerhebung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts abgehalten werde. Die Klage sei auch begründet. Rückkehrern im militärdienstpflichtigen Alter, die sich durch Flucht ins Ausland einer drohenden Einberufung entzogen hätten, drohe bei ihrer Rückkehr nach Syrien in Anknüpfung an eine unterstellte oppositionelle Gesinnung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine menschenrechtswidrige Behandlung. Die dem Kläger wegen der Militärdienstentziehung drohende Strafe stelle sich zudem als Verfolgungshandlung i.s.d. 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG dar. Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom im Hinblick auf sein Urteil vom ( 2 LB 237/17, juris) wegen nachträglicher Divergenz zugelassen. Die Beklagte bezieht sich zur Begründung der Berufung auf den Ausgangsbescheid vom , ihren Zulassungsantrag und den Zulassungsbeschluss des Senats
4 - 4 - Sie hat schriftsätzlich beantragt, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger hat keinen Sachantrag gestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten sowie die Akten des Bundesamts Bezug genommen. Entscheidungsgründe Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten sind darauf mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ( 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO). 1. Die nach Zulassung statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen des 124a Abs. 6 Satz 3 i.v.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO. Die Beklagte hat in ihrem gesonderten Schriftsatz zur Berufungsbegründung vom auf den Ausgangsbescheid, ihren Antrag auf Zulassung der Berufung und auf den Zulassungsbeschluss des Senats Bezug genommen. Erfolgt die Berufungsbegründung durch Bezugnahme auf den Zulassungsantrag, muss dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Einzelnen ausführen, weshalb das angefochtene Urteil nach der Auffassung des Berufungsführers unrichtig ist und geändert werden muss. In asylrechtlichen Streitigkeiten genügt eine Berufungsbegründung regelmäßig dem Berufungsbegründungserfordernis, wenn sie eine entscheidungserhebliche Frage zu den tatsächlichen Verhältnissen im Heimatstaat des Asylbewerbers konkret bezeichnet und ihre hierzu von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich macht. Im Zulassungsantrag hat die Beklagte deutlich gemacht, warum sie entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung der Ansicht ist, dass dem Kläger nicht aufgrund einer ihm wegen Wehrdienstentziehung zugeschriebenen regimefeindlichen politischen Überzeugung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Sanktionen drohen und darüber hinaus im Hinblick auf 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG geltend gemacht, diese Vorschrift setze voraus, dass der Kläger einer Einheit angehören werde, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in Kriegsverbrechen verwickelt werden würde. Nachdem der Senat die Berufung wegen nachträglicher Divergenz zugelassen hat, musste die Beklagte nicht mehr zur Begründung der Berufung ausführen (vgl. BVerwG, Beschluss vom B 79/16, Rn. 3 f.)
5 Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist unzulässig, da sie nicht rechtzeitig erhoben wurde. Nach 74 Abs. 1 Hs. 1 AsylG muss die Klage innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes erhoben werden. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ist dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am an seine Adresse zugestellt worden. Die Zustellung erfolgte gemäß 2 Abs. 2, 3 Abs. 1 und 2 Satz 1 VwZG und 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO durch Übergabe an einen zum Empfang ermächtigten Vertreter des Leiters der Gemeinschaftseinrichtung. Die Klagefrist endete daher gemäß 173 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des Die am eingelegte Klage wahrt diese Frist nicht. Die Klage konnte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht innerhalb der Jahresfrist des 58 Abs. 2 VwGO erhoben werden. Nach 58 Abs. 2 VwGO ist die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres seit Zustellung zulässig, wenn die nach Absatz 1 erforderliche Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist. Nach 58 Abs. 1 VwGO ist der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist zu belehren. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung enthält diese Angaben und gibt sie zutreffend wieder. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch nicht unrichtig i.s.d. 58 Abs. 2 VwGO. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn sie einen nicht erforderlichen Zusatz enthält, der fehlerhaft oder irreführend ist und dadurch generell geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BVerwG, Beschlüsse vom VR 15/16, Rn. 6, juris; vom B 61/14, Rn. 8, juris; Urteil vom C 2/01, Rn. 12, juris). Der Zusatz, dass die Klage in deutscher Sprache abgefasst sein muss, ist weder fehlerhaft noch irreführend. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom ( BVerwG 1 C 6.18, juris) ausgeführt, dass ein objektiver Empfänger in der Situation des Klägers dem zutreffenden Hinweis auf die Gerichtssprache, die nach 55 VwGO i.v.m. 184 Satz 1 GVG deutsch sei, die maßgebliche Bedeutung beimessen und dem Verb "abfassen" kein eigenständiges Gewicht einräumen werde. Anders als im Verwaltungsverfahren, in dem das Anliegen in der Muttersprache vorgetragen werden könne, müsse der Asylantragsteller sein Anliegen bei der - 6 -
6 - 6 - Einleitung des gerichtlichen Verfahrens in deutscher Sprache formulieren. Da es sich hierbei um eine für den Asylantragsteller wesentliche Änderung der verfahrensrechtlichen Gegebenheiten handele, werde er den Zusatz als Information über die nunmehr vor Gericht zu verwendende Sprache auffassen. Der Zusatz sei nicht geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass die Klage vom Kläger selbst schriftlich im Sinne des 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhoben werden müsse, obwohl die Klageerhebung auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten ( 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO) möglich sei. Selbst wenn abfassen" im Sinne einer Verschriftlichung zu verstehen wäre, wäre der Zusatz allein deswegen weder fehlerhaft noch irreführend, denn eine wirksame Klageerhebung verlange stets die Verschriftlichung des klägerischen Begehrens. Dies gelte auch für eine vom Kläger zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhobene Klage. Erst mit der Verschriftlichung des mündlich geäußerten Begehrens durch den Urkundsbeamten liege eine wirksame Klageerhebung vor. Die Formulierung "... muss... abgefasst sein" enthalte gerade keine Aussage dazu, wer die Klage abfassen bzw. für die Verschriftlichung der Klage sorgen müsse, sondern treffe allein eine Aussage dazu, dass eine Verschriftlichung notwendig sei. Die Verschriftlichung könne auch durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erfolgen. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen an. 3. Dem Kläger ist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Kläger hat einen Wiedereinsetzungsantrag nicht gestellt. Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen kommt nicht in Betracht. Es liegen keine offensichtlichen Tatsachen vor, die einen Wiedereinsetzungsanspruch begründen. Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben ( 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 167 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Rechtsmittelbelehrung Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Am Wall 198, Bremen, (Tag-/Nachtbriefkasten Justizzentrum Am Wall im Eingangsbereich) - 7 -
7 - 7 - einzulegen. Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht einzureichen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen. gez. Meyer gez. Dr. Jörgensen gez. Dr. Steinfatt
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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS
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Im Namen des Volkes Versäumnisurteil
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SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Urteil
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SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss
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