Methodische Ansätze zur Evaluation von Qualitätssicherungsmaßnahmen PD Dr. med. Matthias Perleth, MPH Abt. Fachberatung Medizin Gemeinsamer Bundesausschuss QS Konferenz 2010, Workshop 3 29.11.2010
Gliederung Die Verpflichtung zur Evaluation durch den 137b SGB V Ist jede Richtlinie des G-BA ein Unikat? Ansatzpunkte für eine Evaluation Studiendesigns für die Evaluation von QS- Maßnahmen Ausblick 2
137b SGB V Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den Stand der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen festzustellen, sich daraus ergebenden Weiterentwicklungsbedarf zu benennen, eingeführte Qualitätssicherungsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin zu bewerten und Empfehlungen für eine an einheitlichen Grundsätzen ausgerichtete sowie sektoren- und berufsgruppenübergreifende Qualitätssicherung im Gesundheitswesen einschließlich ihrer Umsetzung zu erarbeiten. [ ] 3
137b SGB V Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin II Erste Einschätzung der Rechtsabteilung des G-BA: allgemeine Aufgabenbeschreibung für den G-BA ohne verpflichtenden Charakter hinsichtlich einer Evaluation der einzelnen von ihm selbst erlassenen Regelungen intendiert eine Gesamtbetrachtung der QS-Maßnahmen, allgemeine Beobachtungspflichten des Normgebers keine unmittelbar die Pflicht des G-BA seine QS- Maßnahmen zu evaluieren je stärker die QS-Maßnahme auf Einschätzungen / Prognosen beruht, desto dringlicher ist eine Evaluation 4
Richtlinien, bei denen eine Evaluation im Normtext festgelegt ist Vereinbarung zur Versorgung von Früh- und Neugeborenen (Anhang zu Anlage 1) QS-RL zum Bauchaortenaneurysma ( 7) RL zur Kinderherzchirurgie ( 8) QS-RL Dialyse ( 15) Vereinbarung einrichtungsinternes QM für Krankenhäuser ( 4) QM-RL vertragsärztliche Versorgung ( 9) Richtlinie zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus nach 116b SGB V ( 6) 5
Was bereits evaluiert wurde Begleitforschung zur Einführung von Mindestmengen (Prof. Geraedts), Abschluss Dez. 2007 Evaluation der 2007er Qualitätsberichte (Abteilung FBMed), Abschluss Dez. 2008 Krankenhaus-, Patienten- und Einweiserbefragung zu Qualitätsberichten (Prof. Geraedts) Abschluss Juli 2010 6
aktuell: AG Mindestmengenbegleitforschung / Evaluation Auftrag: für die Evaluation bestehender Richtlinien und Vereinbarungen des G-BA ein Rahmenkonzept zu erstellen - Entwurf liegt vor, wird weiter beraten Konsequenzen aus den seit Dezember 2007 vorliegenden Ergebnissen der Mindestmengen- Begleitforschung zu beraten 7
Ist jede RL / Vereinbarung ein Unikat? zunächst: ja was ist zu beachten: historische vs. neue RL / Vereinbarungen - Versorgungssituation vor dem Inkrafttreten lässt sich nur retrospektiv erheben (fehleranfällig) Intention bzw. Ziel der RL / Vereinbarung - oft komplexe Inhalte und Regelungen (Bsp. Kinderherzchirurgie) Relation von Aufwand und Nutzen - auch QS-Evaluation kann unwirtschaftlich sein 8
Bsp. Richtlinie QS Kinderherzchirurgie Ziele der Richtlinie: die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen herzchirurgischen Versorgung unabhängig von Wohnort oder sozioökonomischer Situation die Sicherung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der herzchirurgischen Versorgung die Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit und Lebensqualität 9
Ansatzpunkte für Evaluationen Datenerhebung im Rahmen der RL außerhalb der RL erforderlich - Stichproben, Vollerhebung Evaluationsziele Struktur- und Qualifikationsanforderungen Prozesse Ergebnisqualität 10
Ansatzpunkte für Evaluationen II RL / Anforderung an Struktur Prozess Ergebnis QM vertragsärztliche Versorgung Bauchaortenaneurysma x x x (MA- Zufriedenheit) x (Qualifikation) ACI Kniegelenk x (Qualifikation) x (Indikation) x (Verlauf) Fortbildung FÄ KH x (Qualifikation) Mindestmengen Chir. x x NICU x x (u.a. Überleben) Kernspintomographie x (Indikation) Dialyse x (Grenzwerte) x (Benchmark) Kinderonkologie x x x (u.a. Überleben) Protonenth. Rektum-Ca. QM Zahnarztpraxen Kinderherzchirurgie 11 x (Qualifikation, Ausstattung) x (u.a. Qualitätszirkel) x x (Zufriedenheit) x (u.a. Überleben)
Studiendesigns zur Evaluation von QS-Maßnahmen randomisiert individuell Cluster nicht randomisiert stepped wedge - sequentielle Implementation mit ggf. randomisierter Zuteilung,, Datenerhebung bei jedem neuen Implementationsschritt (interrupted) time series - Datenerhebung zu multiplen Zeitpunkten vor und nach Implementation einer Maßnahme, ggf. Unterbrechung der Implementation controlled before-after - Vergleich mit einer Kontrollgruppe vor und nach Einführung uncontrolled before-after - Datenerhebung vor und nach Implementation im selben Setting, Vermutung der Zuschreibbarkeit 12 Quelle: Fan et al. JAMA 2010;304:2279-87
Ausblick Inwieweit sind QS-Maßnahmen evidenzbasiert? Evaluation sollte auch Inhalte der RL / Vereinbarung umfassen (z.b. tauchen Remindersysteme in G-BA-RL nicht auf) Sind die Methoden, auf die sich die QS bezieht, evidenzbasiert? - aktuelles Bsp. Arthroskopie Systematisierung der Auswahl von QS-Maßnahmen / Priorisierung (AG TuP) Wirtschaftlichkeit der QS-Maßnahme 13