Forum protect 2015/16 Menschen für Maschinen? Maschinen für Menschen! Workshop Wesentliche Veränderung und Anpassung an den Stand der Technik
Forum protect 2015/16 Menschen für Maschinen? Maschinen für Menschen! Anpassung an den Stand der Technik Workshop
Bekanntmachung zur Betriebssicherheit BekBS gibt den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse wieder wird vom Ausschuss für Betriebssicherheit ermittelt enthält keine neuen Forderungen über die gesetzlichen hinaus, nur Konkretisierung ist schneller zu erarbeiten als eine TRBS (~2 Jahre), erscheint daher oft zu aktuellen Themen enthält oft Praxisbeispiele, aber leider nur sehr wenige...
BekBS 1114 Anpassung an den Stand der Technik Adressat ist der Arbeitgeber, der Arbeitsmittel zur Verfügung stellt beschreibt, ob und wann die Anpassung der Arbeitsschutzmaßnahmen notwendig ist Arbeitsmittel muss während der gesamten Verwendungsdauer sicher sein ( 10 (1) BetrSichV) bei Änderung des Standes der Technik (wesentlich), ist zu überprüfen, ob zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich sind
TOP-Prinzip ist gesetzliche Forderung Technischen Maßnahmen ist stets der Vorzug zu geben, erst dann folgen kombinierte Maßnahmen, z. B. technisch-organisatorische Maßnahmen und erst wenn diese nicht möglich sind, sind rein organisatorische oder diese in Kombination mit personenbezogene Schutzmaßnahmen zu ergreifen. ( 3 (2) Satz 2 BetrSichV)
Schutzniveau, Verwendung von neuen Arbeitsmitteln zusätzliche Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz ArbSchG / BetrSichV Maßnahmen zur Produktsicherheit ProdSG / 9. ProdSV P O T Schutzniveau bei der Verwendung von Arbeitsmitteln tendenziell sicheres Arbeitsmittel = sicheres Produkt + betr. Maßnahmen
Schutzniveau, Verwendung von alten Arbeitsmitteln zusätzliche Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz ArbSchG / BetrSichV Maßnahmen zur Produktsicherheit ProdSG / 9. ProdSV P O T Schutzniveau bei der Verwendung von Arbeitsmitteln tendenziell sicheres Arbeitsmittel = sicheres Produkt + betr. Maßnahmen
Ermitteln des Standes der Technik Der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen Der die Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen sind heranzuziehen z. B. Bandsägen in verschiedenen Branchen: Knochenbandsägen, Metallbandsägen, Holzbandsägen, Leichtbetonsteinbandsägen
Ermitteln des Standes der Technik Quellen Startpunkt für die Ermittlung des Standes der Technik sollten immer die Technischen Regeln zur Betriebssicherheit sein Darin finden sich allgemeine Maßnahmen und übertragbare Beispiele viele Verweise auf öffentlich zugängliche Quellen, nur selten auf Normen Regeln der DGUV, der BGen Veröffentlichungen der BAUA Fachveröffentlichungen von Branchenverbänden (z. B. VDMA)
Ermitteln des Standes der Technik Normen sind für neue Maschinen vorgesehen beschreiben technische Maßnahmen des Herstellers und Restrisiken. Berücksichtigen nicht die konkreten Verhältnisse am Arbeitsplatz bzw. die Verwendung von Arbeitsmitteln, die im Betrieb schon längere Zeit verwendet werden. Arbeitsmittel sind also erst sicher, wenn Maßnahmen des Herstellers mit Arbeitsschutzmaßnahmen kombiniert werden.
Anlässe zur Überprüfung von Maßnahmen hier hilft ein Blick in die Verordnung ( 3 (7) BetrSichV): In bestimmten Zeitabständen (immerhin, aber geht s genauer?) Bei sich ändernden Gegebenheiten, z. B. Änderungen am Arbeitsmittel an der Arbeitsaufgabe, Umgebung (hmm ja, ist schon eher konkret) Bei neuen Erkenntnissen was heißt das?
Neue Erkenntnisse Bei neuen Erkenntnissen müssen Verbesserungen angestrebt werden, z. B.: nach Unfällen Beinahe-Unfällen bei überarbeitetem technischen Regelwerk/Normen bei Änderungen des sicherheitstechnischen Niveaus bei Änderungen des Standes der Technik für neue Maschinen
Vergleich der aktuellen Maßnahmen Vergleich der aktuellen Maßnahmen nach Gefährdungsbeurteilung mit dem Stand der Technik für die Verwendung (!) von Arbeitsmitteln Folgende Ergebnisse sind möglich: Nachrüstung technischer Schutzmaßnahmen Nachrüstung technischer Maßnahmen in Kombination mit organ. oder pers. Maßnahmen wenn ausreichend: rein org. oder pers. Maßnahmen
Außerbetriebnahme des Arbeitsmittels Wenn weder technische, noch ergänzend oder allein organisatorische oder personenbezogene Maßnahmen gefunden werden können bleibt in letzter Konsequenz nur: Außerbetriebnahme des Arbeitsmittels Dies ist in aller Regel eine wirtschaftliche Entscheidung, wenn Maßnahmen zwar grundsätzlich möglich sind, jedoch die Kosten höher sind als die Anschaffung eines neuen Arbeitsmittels.
Entscheidungsschema aus der BekBS 1114
Wann ist eine Nachrüstmaßnahme verhältnismäßig? In letzter Instanz klären diese Frage Gerichte, wenn z. B. ein schwerer Unfall stattgefunden hat kein Missverhältnis zwischen Präventionsnutzen und den Kosten sie muss geeignet, erforderlich und angemessen sein Faustregel kleines Risiko, hohe Kosten: unverhältnismäßig, -> weiter betreiben (org. und pers. Maßnahmen!) hohes Risiko, hohe Kosten: verhältnismäßig -> Nachrüsten oder Außerbetrieb nehmen!
Wann ist eine Nachrüstmaßnahme verhältnismäßig? Was machen andere Unternehmen? Was sagt die BG? (Veröffentlichungen, Einzelberatung) Was sagt der Hersteller? Was gibt es für alternative Lösungen? Lohnt sich die Betrachtung überhaupt? Steht nicht ohnehin die Investition in einen neue Maschine an? In Grenzfällen ist es eine Gewissenfrage und eine unternehmerische Entscheidung? Was sind die Folgen: Ethisch, rechtlich, finanziell?
Endlich Praxis: Beispiel Radlader Gefährdungsbeurteilung bisher: Fußgängergefährdung, speziell beim Rückwärtsfahren Tote Winkel im Nahfeld vorhanden organisatorische Maßnahmen bei Fußgängern greifen schlecht (betriebsfremde Personen?) ca. 50% Rückwärtsfahrt beim Verladen von Schüttgut Zeitdruck während des Ladevorgangs
Endlich Praxis: Beispiel Radlader Technische Maßnahmen des Herstellers: Außenspiegel links und rechts für die Sicht beim Rückwärtsfahren Spiegel-zu-Spiegel-System für die Sicht auf den Bereich unmittelbar hinter dem Fahrzeugheck Akustische Warnung beim Rückwärtsfahren (penetrantes Piepsen, eher schon Quietschen ) Einschalten der Rückfahrleuchte Hinweise zum sicheren Rückwärtsfahren in der Betriebsanleitung
Endlich Praxis: Beispiel Radlader Arbeitsschutzmaßnahmen bisher: Auswahl der Radladerfahrer nach Eignung (keine Draufgänger oder Formel 1-Fans) Schulung der Radladerfahrer Unterweisung der Fahrer, regelmäßig Regelmäßige Kampagnen im Unternehmen/Betrieb zum Thema Fußgängersicherheit Trennung und Kennzeichnung der Verkehrswege Verbot von Fußgängern in bestimmten Bereichen große Spiegel an unübersichtlichen Tordurchfahrten
Wirksamkeitsbetrachtung Beispiel Radlader Maßnahmen des Herstellers: Linker Außenspiegel fehlt, der rechte tut s ja genauso gut. Bei Bedarf hilft auch der gelegentliche (!) Schulterblick. Spiegel-zu-Spiegel-System braucht einen zweiten Mann zum Einstellen, schon seit zwei Wochen verstellt. Putzen erfordert gefährliche Kletterei, deshalb zugunsten der Sicherheit nicht geputzt. Akustische Warnung nervte alle im Betrieb Rückfahrleuchte: Funktioniert endlich wieder! Betriebsanleitung liegt sicher und trocken im Büro.
Wirksamkeitsbetrachtung Beispiel Radlader Arbeitsschutzmaßnahmen: Auswahl des Personals: Verfügbarkeit? Schulung wird meistens durchgeführt Unterweisungen werden ernst genommen, aber der Mensch ist vergesslich Kampagne wurde wahrgenommen, aber Verhaltensänderung? Der Zeitdruck bleibt. Verkehrswege werden meistens genutzt, Abkürzungen? Verbote werden meistens eingehalten. Spiegel an Tordurchfahrt wird bald repariert.
Wirksamkeitsbetrachtung Beispiel Radlader Ob die technischen Maßnahmen, wenn sie vorhanden sind, auch wirklich den Zweck mit Bezug auf die Gefährdung erfüllen, muss auch hinterfragt werden. Ob z. B. die Spiegel-zu-Spiegel-Systeme, sind sie denn sauber geputzt und gut eingestellt, auch genutzt werden und somit Unfälle verhindern, steht auf einem anderen Blatt. Dazu kommt die Frage, ob durch die Verkleinerungwirkung und durch Vibration der Spiegel überhaupt Fußgänger zuverlässig erkannt werden können?
Anpassung der Maßnahmen beim Radlader Mit zwei Spiegeln und dem zusätzlichen Spiegel-zu- Spiegel-Blick in den Nahbereich am Heck ist der Fahrer überfordert. Er muss in Sekunden entscheiden, ob der Weg für die Rückwärtsfahrt frei ist. Geprüft wird daher, ob ein Kamera-Monitor-System mit einer Kamera auf dem Heck der Maschine, ausgestattet mit einem Weitwinkelobjektiv, die Sicht verbessert. Insbesondere wird geprüft, ob der Fahrer auf dem etwas verzerrten Bild die Situation im Rückbereich sofort erfassen kann. Alternativ wird ein 360 -Birdview in Erwägung gezogen.
Anpassung der Maßnahmen beim Radlader Fazit: Für die Radlader ohne Knicklenkung wurde das einfache Kamera-Monitor-System als ausreichend erachtet. Für die Radlader mit Knicklenkung wurde ein 360 - Kamera-System montiert, das dem Fahrer auf dem Bildschirm eine virtuelle Sicht von oben auf das Fahrzeug ermöglicht. Dadurch ist der Bereich zwischen den Rädern auch besser einzusehen.
Anpassung an den Stand der Technik - Radlader Anpassung an den Stand der Technik gelungen Gewissen beruhigt Kosten überschaubar Prämie bei der BG RCI gesichert (nur Sparte 1) nächste Maßnahme schon in Planung (zur Zeit noch nicht wirtschaftlich, vielleicht in fünf Jahren): Fernsteuerung der Radlader von sicherem Bedienplatz aus. Nutzung des Birdview-Systems auf hochauflösenden großem Bildschirm. Zusätzlich Einsatz von Sensoren zur Erkennung von Fußgängern.