Arzneimittelinteraktionen Prinzipien, Beispiele und klinische Folgen



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Arzneimittelinteraktionen Prinzipien, Beispiele und klinische Folgen Ingolf Cascorbi 3 Punkte cme ZUSAMMENFASSUNG Hintergrund: Arzneimittelinteraktionen können zu erwünschten, aber auch zu verminderten und unerwünschten Wirkungen führen. Die Wahrscheinlichkeit von Wechselwirkungen steigt mit der Zahl eingenommener Medikamente. Die hohe Verschreibungsrate bei älteren Patienten (65-jährige Patienten nehmen im Durchschnitt fünf Medikamente zu sich) erhöht das Risiko, dass Arzneimittel selbst zur Ursache von Hospitalisierung werden. Metaanalysen zufolge sind 7 % aller Krankenhausaufnahmen arzneimittelbedingt. Methode: Selektive Literaturübersicht. Ergebnisse: Man unterscheidet pharmakodynamische und pharmakokinetische Interaktionen: Beispiele pharmakodynamischer Wechselwirkungen sind die gleichzeitige Gabe von NSAID und Phenprocoumon (additive Interaktion) sowie von ASS und Ibuprofen (antagonistische Interaktion). Pharmakokinetische Wechselwirkungen bestehen unter anderem auf den Ebenen der Resorption (Beispiel: Levothyroxin und neutralisierende Antazida), der Elimination (Beispiel: Digoxin und Makrolide) und des Metabolismus, wie bei der Konkurrenz um Cytochrom-P450-Enzyme (Beispiel: SSRI und bestimmte Betablocker). Schlussfolgerung: Da insbesondere die pharmakokinetischen Interaktionen einer Systematik folgen, sind sie bei Kenntnis von Resorption, Elimination und Metabolismus der Arzneistoffe zu verhindern. Die Vorhersage pharmakodynamischer Wechselwirkungen erfordert oftmals eine tiefere Kenntnis der Wirkmechanismen. Praktisch hilfreich sind elektronische Verordnungssysteme. Zitierweise Cascorbi I: Drug interactions principles, examples and clinical consequences. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(33 34): 546 56. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0546 Die zunehmende Multimorbidität im Alter bedingt die Notwendigkeit, häufig mehrere Arzneimittel gleichzeitig an einen Patienten zu verordnen. Die Folge ist, dass der 65-jährige Patient durchschnittlich fünf Medikamente gleichzeitig einnimmt (1). Der Gipfel der Arzneimittelverordnungen liegt in der Gruppe der 75- bis 84-Jährigen; hier zeigte eine europäische Studie an im Mittel 81-Jährigen, dass diese zu 34 bis 68 % sechs Arzneimittel einnahmen (2). Hieraus ergibt sich zwangsläufig die Gefahr, dass Wechselwirkungen der Arzneimittel zu ernsten unerwünschten Wirkungen oder auch zur Verminderung des therapeutischen Effektes einzelner Wirkstoffe führen können. Potenzielle Interaktionen können in jedem Lebensalter auftreten, die häufige Polypharmazie im Alter erhöht jedoch das Risiko deutlich. Metaanalysen zu den Ursachen von Hospitalisierungen auf internistischen Stationen ermittelten einen Anteil von 7 % schwerer Arzneimittelnebenwirkungen als Einweisungsgrund oder Ursache längerer stationärer Aufenthalte (3, e1, e2). Zu ähnlichen Ergebnissen war zuvor eine österreichische Studie an 543 neu hospitalisierten alten Patienten (medianes Alter 82 Jahre) gelangt, die bei Aufnahme 7,5 ± 3,8 Medikamente einnahmen (4). Als verzichtbar wurden von den Autoren 36 % der Medikamente angesehen, und 30 % als für alte Menschen inadäquat (siehe auch die Empfehlungen der PRISCUS-Liste [5]). Bei 10 % der Patienten wurden unerwünschte Arzneimittelwirkung als Grund für die stationäre Aufnahme erachtet und bei 18,7 % war eine Arzneimittelinteraktion sehr wahrscheinlich an deren Entstehung beteiligt (6). Auch während der stationären Behandlung stellen unerwünschte Arzneimittelwirkungen ein teilweise vermeidbares Problem dar. Hier sind besonders auch falsche oder nicht angepasste Dosierungen, speziell bei eingeschränkter Nierenfunktion (7), eine der häufigen Ursachen. Eine britische Studie an 3 695 Patienten wies nach, dass nahezu 15 % der Patienten während des Klinikaufenthaltes ein oder mehrere UAW(unerwünschte Teilnahme nur im Internet möglich: aerzteblatt.de/cme Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel: Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Cascorbi Arzneimittelinteraktionen Wechselwirkungen der Arzneimittel können zu ernsten unerwünschten Wirkungen oder auch zur Verminderung des therapeutischen Effektes einzelner Wirkstoffe führen. Die häufige Polypharmazie im Alter erhöht das Risiko deutlich. 546 Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012

Arzneimittelwirkung)-Ereignisse erlitten, was in mehr als einem Viertel der Fälle zu einer Verlängerung des Aufenthaltes führte. Unter Einbeziehung von Geschlecht, Alter und Stationsart (internistisch, chirurgisch) war die Anzahl der gleichzeitig verordneten Medikamente der einzige signifikante Prädiktor (7). In einer Erhebung in Schweden wurde der Anteil von Arzneimitteln an der Gesamtmortalität mit 3 % geschätzt, wobei alleine gastrointestinale und zentralnervöse Hämorrhagien zu einem Drittel der Inzidenz beitrugen (e3). Das Wissen um Interaktionen und deren Ursachen kann zu deren Vermeidung beitragen. So verlief eine Studie, in der das Klinikpersonal einer Intensivstation durch schriftliche, auf elektronischen Dateninfor - mationssystemen beruhende Arzneimittelinformationen über Arzneimittelinteraktionen aufgeklärt wurde, sehr erfolgreich und reduzierte die Zahl von Interaktionen von 66 auf 54 % sowie von unerwünschten Ereignissen von 44 auf 25 % (e4) (Kasten 1). Lernziele Dieser CME-Artikel beschreibt beispielhaft Interaktionen auf pharmakodynamischer Ebene vorwiegend anhand von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAIDs). Der Schwerpunkt liegt auf einer Darstellung der Systematik pharmakokinetischer Interaktionen. Hieraus leiten sich die Lernziele ab: Kenntnisse wichtiger und häufiger pharmakodynamischer Interaktionen pharmakokinetischer Interaktionen auf der Ebene der Resorption und Exkretion und pharmakokinetischer Interaktionen auf der Ebene des Arzneistoffmetabolismus, vornehmlich von Cytochrom-P450-Enzymen. Der Übersichtsartikel beruht auf einer selektiven Literaturrecherche in PubMed und öffentlich zugänglichen Datenbanken wie http://medicine.iupui.edu/ clinpharm/ddis/. Das klinische Bild von Interaktionen kann sehr unterschiedlich sein. So können eine nicht ausreichende Blutdrucksenkung wie auch Blutdruckabfall bis hin zum hypovolämischen Schock das Resultat von pharmakodynamischen und/oder -kinetischen Wechselwirkungen sein. Um schwere Folgen möglichst schon im Ansatz zu vermeiden, besteht daher die Notwendigkeit, Arzneimittelinteraktionen besser vorhersagen zu können. In einzelnen Fällen können aber auch erwünschte Interaktionen den therapeutischen Effekt verbessern, wenn zum Beispiel die lokale Bioverfügbarkeit durch Hemmung der Abbauwege erhöht wird. KASTEN 1 Ursachen unerwünschter Arzneimittelwirkungen und Interaktionen falsche Auswahl des Arzneimittels Nichtbeachtung der Nierenfunktion Dosierungsfehler falsche Applikation Einnahmefehler Übertragungsfehler Pharmakodynamische Interaktionen Unter pharmakodynamischen Interaktionen versteht man Wechselwirkungen, bei denen sich Pharmaka in ihrer Wirkung unmittelbar beeinflussen. In der Regel können zum Beispiel sedierende Arzneimittel sich gegenseitig verstärken. Dies gilt auch für Alkohol, der unspezifisch die sedierende Wirkung einer Vielzahl von Arzneimitteln potenzieren kann. Oftmals ist eine pharmakodynamische Interaktion aber durchaus erwünscht, wenn hierdurch gleichgerichtete, sich verstärkende (synergistische) Wirkungen erzielt werden, etwa bei der Anwendung von Anti infektiva oder in der Schmerztherapie. Wird der Effekt eines Arzneimittels durch ein zweites behindert, so spricht man von antagonistischer Wirkung. Auch kaum beobachtete, unerwünschte Effekte können sich bedrohlich verstärken. Werden beispielsweise Fluorchinolone mit Makroliden wie Erythromycin kombiniert, kann es zu einer QT-Zeit-Verlängerung kommen. Die Kombination von ACE-Hemmern mit Kalium-sparenden Diuretika wie Amilorid kann eine Kaliumretention so verstärken, dass eine lebensbedrohliche Hyperkaliämie resultiert. Im Folgenden sollen am Beispiel von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) und Paracetamol pharmakodynamische Wechselwirkungen erläutert werden. Pharmakodynamische Interaktionen von NSAID Thrombozytäre Interaktionen Es ist allgemein bekannt, dass die gleichzeitige Gabe von NSAID die COX1-vermittelte Hemmung der Thromboxansynthese und damit das Risiko gastrointestinaler Blutungen synergistisch verstärkt. Eine Besonderheit für das saure Anti- Pharmakodynamische Interaktion Unter pharmakodynamischen Interaktionen versteht man Wechselwirkungen, bei denen sich Pharmaka in ihrer Wirkung unmittelbar beeinflussen. Verstärkte Kaliumretention Die Kombination von ACE-Hemmern mit Kaliumsparenden Diuretika wie Amilorid kann eine Kaliumretention so verstärken, dass eine lebensbedrohliche Hyperkaliämie resultiert. Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012 547

TABELLE 1 Beispiele typischer additiver und antagonistischer pharmakodynamischer Interaktionen Substanz I Additive Interaktionen NSAID NSAID ACE-Hemmer SSRI Trizyklische Antidepressiva Chinolone Antagonistische Interaktionen ASS ACE-Hemmer Levodopa Phenprocoumon Substanz II SSRI, Phenprocoumon Glukokortikoide Spironolacton, Amilorid Triptane Niederpotente Neuroleptika Makrolide, Citalopram Ibuprofen NSAID klassische Neuroleptika Vitamin K Möglicher Effekt SSRI, Serotonin-Wiederaufnahmehemmer; NSAID, nichtsteroidale Antiphlogistika erhöhte Blutungsgefahr erhöhte Magenblutungs - gefahr Hyperkaliämie Serotoninsyndrom Verstärkung anticholinerger Effekte QT-Zeitverlängerung, Torsade de pointes Wirkungsabschwächung Wirkungsabschwächung Wirkungsabschwächung Wirkungsabschwächung phlogistikum Ibuprofen ist die spezifische reversible Bindung an die COX-1, die verhindert, dass Acetylsalicylsäure (ASS) den Serinrest an Position 529 des COX-1-Proteins acetylieren kann. Die irreversible und somit lang anhaltende Inhibition der COX-1-vermittelten Thromboxan- A2-Synthese durch ASS kann somit verhindert werden und das kardiale Risiko von Patienten mit koronarer Herzerkrankung kann steigen (8). Klinische Langzeitbeobachtungen bestätigten diese Ex-vivo-Beobachtungen (e5), die auch für Naproxen zu gelten scheinen (e6). Entsprechend sollte bei regelmäßiger Einnahme die gleichzeitige Gabe von Ibuprofen oder Naproxen bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) mit ASS-Prophylaxe vermieden werden. Eine Verstärkung gastrointestinaler Blutungen erfolgt auch bei gleichzeitiger Verabreichung von Serotonin- Wiederaufnahmehemmern (SSRIs) wie beispielsweise Citalopram mit NSAID (e7). SSRI hemmen den Transport von Serotonin in die Thrombozyten mit konsekutiver weiterer Funktionseinschränkung und Verdopplung der Blutungsgefahr. Die SSRI-vermittelte Funktionseinschränkung von Thrombozyten kann auch die Blutungsgefahr durch Vitamin-K-Antagonisten wie Warfarin und Phenprocoumon verstärken (9, e8). SSRI waren mit einer Odds ratio von 2,6 (95-%-Konfidenzintervall [KI] 1,5 4,3) mit einem erhöhten Risiko gastrointestinaler Blutungen verbunden, während andere Antidepressiva das Risiko kaum verstärken. NSAID und spezifische COX-2-Inhibitoren verstärkten dagegen ebenfalls das Blutungsrisiko mit einer Odds ratio von 2,6 (95-%-KI 1,6 4,2) beziehungsweise 3,1 (95-%-KI 1,4 6,7). Diese Studienergebnisse weisen somit darauf hin, dass SSRI in gleichem Maße das Blutungsrisiko von Vitamin-K-An - tagonisten erhöhen wie NSAID. Da die absolute Zahl von Blutungsereignissen unter SSRI aber eher gering ist, sollte die gleichzeitige Gabe von SSRI und Antikoagulanzien beziehungsweise NSAID vor allem bei Risikopatienten mit anamnestisch bekannten Blutungen vermieden werden (e7). Interaktionen am Gefäßsystem NSAID können die blutdrucksenkende Wirkung von ACE-Hemmern vermindern. Der Mechanismus erfolgt überwiegend über eine Verminderung der glomerulären Perfusion durch Minderung der lokalen Prostaglandin-E2-Synthese und entsprechend reaktiver Reninausschüttung. In einer kontrollierten klinischen Studie erhöhte sich unter Piroxicam der Blutdruck von mit Lisinopril behandelten Probanden um 7 bis 9 mmhg (e9). Kürzlich wurde berichtet, dass diese wichtige Wechselwirkung von NSAID auch für AT1-Rezeptor- Blocker gilt (10). Niedrig dosierte Acetylsalicylsäure scheint dagegen keinen Einfluss auf den arteriellen Blutdruck zu haben (e10). Jedoch können Dosierungen von 300 mg ASS und höher die Effekte von ACE-Hemmern mindern. Weitere Interaktionen von Inhibitoren des Renin- Angiotensin-Systems (RAAS) Die aldosteronantagonisierende Wirkung von ACE-Hemmern und AT1-Rezeptor-Antagonisten kann in Kombination mit kalium-sparenden Diuretika oder spezifischen Aldosteron-Antagonisten wie Spironolacton und Eplerenon gefährliche Hyperkaliämien beziehungsweise Nierenversagen bewirken. Nach Einführung von Spironolacton zur Therapie der Herzinsuffizienz nahm die Zahl der Hospitalisierungen wegen Hyperkaliämien deutlich zu (11). Für dieses potenzielle Problem besteht aber offensichtlich inzwischen eine erhöhte Aufmerksamkeit; obwohl Aldosteronantagonisten nach den ESC-Leitlinien neben RAAS-Hemmern Mittel der Wahl bei NYHA II sind und folglich häufig eingesetzt werden, weisen jüngere Studien keine signifikanten Hyperkaliämieraten bei deren Kombination mit RAAS-Hemmern mehr nach (e11, e12). Kardiales Risiko Die gleichzeitige Gabe von Ibuprofen oder Naproxen bei Patienten mit koronaren Herzkrankheiten mit ASS-Prophylaxe sollte vermieden werden. Inhibitoren des Renin-Angiotensin-Systems Die blutdrucksenkende Wirkung von ACE-Hemmern kann sich durch NSAID abschwächen. 548 Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012

KASTEN 2 Ebenen pharmakokinetischer Interaktionen (ADME-Prinzip) Absorption = Resorption im Intestinum Distribution = Verteilung (Kompartimentüberwindung zum Beispiel der Bluthirnschranke, Plasmaprotein- Wechselwirkungen) Metabolisierung (Leber und Intestinum) Elimination (Niere) GRAFIK 1 Induktor PXR RXR Transkription Translation ABCD1 intrazellulär luminal Induktion am Beispiel des Membrantransporters P-Glykoprotein (ABCB1, MDR1). Dieser wichtigste Effluxtransporter von Fremdstoffen an Grenzbarrieren ist zum Beispiel durch Rifampicin induzierbar. PXR, Pregnan- X-Rezeptor; RXR, Retinoid-X-Rezeptor Für pharmakodynamische Interaktionen kann man keine einfache Systematik wie auf dem Gebiet der pharmakokinetischen Interaktionen ableiten, sondern hier ist sorgfältig abzuwägen, welche Substanzgruppen erwünschte und unerwünschte Effekte bedingen, die sich wiederum verstärken oder abschwächen können (Tabelle 1). Pharmakokinetische Interaktionen Die gegenseitige Beeinflussung der Absorption, Verteilung in verschiedene Kompartimente, Metabolisierung und Elimination kann die effektiven Konzentrationen am Wirkort beeinflussen. Ursachen können Komplexbildung, Kompetition um Aufnahmetransporter, aber auch Induktion von metabolisierenden Enzymen und Effluxtransportern sein (Grafik 1). Die Systematik wird zunehmend besser verstanden, so dass sich die Wechselwirkungen verschiedener Arzneimittel teilweise auch unter Zuhilfenahme von Computerprogrammen zumindest für bestimmte Medikamentengruppen gut vorhersagen lässt (12). Eine Quantifizierung des Ausmaßes der Interaktion entzieht sich jedoch in der Regel einfachen Gesetzmäßigkeiten, wie sie zum Beispiel bei der Dosisadaptation für renal eliminierte Pharmaka in Abhängigkeit von der glomerulären Filtrationsrate Anwendung finden (Kasten 2). Interaktionen auf der Ebene der Resorption Komplexbildungen Komplexe können die Bioverfügbarkeit von Arzneistoffen erheblich herabsetzen. Die bei Osteoporose eingesetzten Bisphosphonate wie zum Beispiel Alendronat haben eine sehr geringe Bioverfügbarkeit von lediglich 0,5 2 %. Kalziumionen in Mineralwasser oder Milch setzen diese nochmals deutlich herab. Multivalente Kationen können auch Tetrazykline oder Chinolone komplexieren und auch die Bioverfügbarkeit von Levothyroxin herabsetzen; die gleichzeitige orale Verabreichung kalziumhaltiger Ernährung oder von neutralisierenden Antazida, die Aluminiumoder Magnesiumionen enthalten, muss daher vermieden werden. Kürzlich wurde auch eine Verminderung der protektiven Eigenschaften von Alendronat im Hinblick auf Vermeidung von Hüftfrakturen bei gleichzeitiger Gabe von Protonenpumpenhemmern beobachtet (13). Interaktionen auf der Ebene der Resorption Membrantransport Multidrug-Effluxtransporter wie beispielsweise P-Glykoprotein (P-gp, ABCB1) wurden zuerst als eine der Ursachen der Chemotherapieresistenz von Tumoren beschrieben. P-Glykoprotein wird an vielen Gewebebarrieren wie Intestinum, Leber, Niere, und Blut-Hirn-Schranke sowie Plazenta, Testis, Lymphozyten und Tumorzellen exprimiert und extrudiert vorwiegend lipophile Verbindungen von intrazellulär über die apikalen Membranen der Epithel- oder Endothelzellen. Die Hemmung dieses Auswärtstransporters könnte somit zur Überwindung der Chemoresistenz beitragen. P-gp-vermittelter Auswärtstransport trägt auch zur Verminderung des Ansprechens von Lymphozyten auf HIV- Protease-Inhibitoren bei. Ritonavir, das bei höheren Dosen nebenwirkungsreich ist, hemmt gleichzeitig P-gp und auch das arzneistoffmetabolisierende Cytochrom P450 3A4 (CYP3A4). Die fixe Kombination von Ritonavir mit zum Beispiel 200 mg Lopinavir verbessert die Bioverfügbarkeit des Proteasehemmstoffs, der Efflux von Lopinavir aus den Lymphozyten und der Abbau in der Le- Aldosteronantagonisten Aldosteronantagonisten können in Kombination mit RAAS-Hemmern Hyperkaliämien bedingen. Die Nierenfunktion ist zu beachten. Resorption von Bisphosphonaten Die bei Osteoporose eingesetzten Bisphosphonate wie zum Beispiel Alendronat haben eine sehr geringe Bioverfügbarkeit von lediglich 0,5 2 %. Kalziumionen in Mineralwasser oder Milch setzen diese nochmals deutlich herab. Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012 549

TABELLE 2 Beispiel für Wechselwirkungen auf der Ebene der intestinalen Resorption: Auswahl relevanter Substrate, Induktoren und Inhibitoren von P-Glykoprotein (ABCB1) Gruppe Substrate Opioide Antihypertonika Antikoagulanzien Herzglykoside Immunsuppressiva Proteaseinhibitoren Statine Tumortherapeutika Induktoren Antikonvulsiva Tuberkulostatika HIV-Therapeutika Johanniskrautextrakt Inhibitoren Antimykotika Kalziumkanalblocker Makrolid-Antibiotika HIV-Proteaseinhibitoren Immunsuppressiva Antiarrhythmika Wirkstoffe Loperamid, Morphin Aliskiren, Carvedilol Dabigatran Digoxin Ciclosporin, Tacrolimus, Sirolimus Indinavir, Saquinavir Atorvastatin, Lovastatin, Simvastatin Paclitaxel, Anthracycline, Vinca-Alkaloide, Etoposid, Imatinib Carbamazepin (weniger Oxcarbazepin), Phenytoin, Phenobarbital, Primidon Rifampicin Efavirenz Hyperforin Itraconazol, Ketoconazol Diltiazem, Felodipin, Nicardipin, Nifedipin, besonders Verapamil Erythromycin, Clarithromycin, nicht Azithromycin Indinavir, Nelfinavir, besonders Ritonavir, Saquinavir Ciclosporin Amiodaron, Chinidin, Propafenon ber wird somit vermindert. Der Versuch, die Chemoresistenz von Tumoren durch Hemmung von Effluxtransportern insbesondere von P-Glykoprotein zu überwinden, ist bislang jedoch wenig erfolgreich verlaufen. Ein Beispiel einer typischen Medikamenteninteraktion auf der Ebene von P-gp ist die wesentlich höhere Bioverfügbarkeit des Herzglykosids Digoxin durch orale Applikation des Kalziumantagonisten Verapamil. Eine Auswahl von P-gp-Substraten, Hemmstoffen und Induktoren zeigt Tabelle 2. Die Induktion von P-gp kann umgekehrt den Auswärtstransport beschleunigen und die Bioverfügbarkeit von Arzneistoffen herabsetzen. Für Ciclosporin bedeutet dies, dass die gleichzeitige Administration des Tuberkulostatikums Rifampicin zu subtherapeutischen Konzentrationen führen kann. Rifampicin bindet intrazellulär an den nukleären Rezeptor PXR, einen der wesentlichen Regulatoren der transkriptionellen Kontrolle der P-gp-Expression (14, e13) (Grafik 2). Zu weiteren PXR-Liganden und somit induzierenden Medikamenten zählen die Antikonvulsiva Carbamazepin (in geringerem Maß Oxcarbazepin), Phenobarbital und Phenytoin wie auch das HIV-Therapeutikum Efavirenz. Von ungeahnter klinischer Relevanz war das Fallbeispiel, bei dem die Einnahme von Johanniskrautextrakt zu einer so starken Abnahme der Ciclosporinkonzentration führte, dass eine akute Transplantatabstoßungsreaktion auftrat (15). Ausschlaggebend ist hier das im Johanniskrautextrakt vorhandene Hyperforin, das ebenfalls als PXR-Ligand identifiziert wurde. Neben P-Glykoprotein sind die Effluxtransporter ABCC2 (MRP2) und ABCG2 (BCRP) ebenfalls für den Auswärtstransport vieler Arzneistoffe verantwortlich und können Interaktionen mit Inhibitoren unterliegen. Umgekehrt führt die Hemmung von Aufnahmetransportern zur Verminderung der Bioverfügbarkeit. Ein Beispiel ist die Hemmung der Aufnahme von Metformin über den organischen Kationentransporter OCT1 durch Repaglinid (e14). Interaktionen auf der Ebene des Metabolismus Die Hemmung des Abbaus von Arzneistoffen ist eine häufige Ursache von Medikamenteninteraktionen. Der überwiegende Teil der metabolischen Interaktionen beruht auf einer Konkurrenz um in der Leber exprimierte Cytochrom-P450-Enzyme (CYP), die die Phase- I-Oxidation von mehr als der Hälfte aller Medikamente katalysieren (16). Besonders ausgeprägt sind Interaktionen von CYP3A4, da dieses Isoenzym ein besonders breites Substratspektrum aufweist (e15). Die CYP3A4-Substrate, -Inhi - bitoren und -Induktoren sind teilweise mit denen des P-Glykoproteins identisch, was auf einen synergistischen Abwehrmechanismus gegen Fremdstoffe hinweist, der sich im Laufe der Evolution herausgebildet hat (Tabelle 3 und 4). Antikoagulanzien Relevant sind Interaktionen vor allem für Arzneistoffe mit enger therapeutischer Breite wie beispielsweise Ciclosporin oder Phenprocoumon. Wie Beispiel für die Erhöhung der Bioverfügbarkeit durch Hemmung von P-Glykoprotein Zentrale Dämpfung durch Loperamid nach Verapamilgabe Beispiel für die Verminderung der Bioverfügbarkeit durch Induktion von P-Glykoprotein Ineffektivität von Digoxin nach Koadministration von Carbamazepin 550 Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012

erwähnt, können Vitamin-K-Antagonisten lebensbedrohliche Hämorrhagien auslösen und tragen mit zur Inzidenz arzneimittelbedingter Hospitalisierungen bei. Ursache könnten hier Interaktionen mit älteren Makrolidantibiotika wie Erythromycin und Clarithromycin sein, die das am Abbau von Phenprocoumon wesentlich beteiligten Cytochrom P450 3A4 hemmen. Azithromycin weist kaum Wechselwirkungen am Cytochrom-P450-System auf. Auch der Kalziumkanalblocker Verapamil und Azolantimykotika sind teilweise hochpotente CYP3A4-Inhibi - toren. Ketokonazol hemmt derart stark das Cytochrom-P450-System, dass es mittlerweile als Standardinhibitor in der klinischen Entwicklung von Arzneimitteln eingesetzt wird, um Interaktionen unter anderem mit CYP3A4 zu prüfen. Fluconazol ist ebenfalls ein, wenn auch schwächerer CYP3A4-Hemmstoff. Über Blutungskomplikationen unter anderem mit Fluconazol wurde auch bei Patienten, die mit Warfarin antikoaguliert wurden, berichtet. Hier beruht die Erhöhung der Bioverfügbarkeit von Warfarin auf einer Fluconazol-vermittelten Hemmung von CYP2C9 (e16). Für Vitamin-K-Antagonisten scheint aber auch die Koadministration von Breitspektrum-Antibiotika wie Amoxicillin (alleine oder mit Clavulansäure) oder Doxyzyklin eine Determinante für Blutungsereignisse zu sein. Die Ursache liegt hier weniger im inhibierten Metabolismus als möglicherweise in der Änderung des Gerinnungsstatus bei der zugrundeliegenden fieberhaften Infektionserkrankung (17). Hier ist also sorgfältig von einer Arzneimittelinteraktion zu unterscheiden. Das in Zitrusfrüchten (besonders in Grapefruit) enthaltene Flavonoid Naringin ist ebenfalls ein Hemmstoff von CYP3A4 und kann somit die Bioverfügbarkeit einer Vielzahl von anderen Arzneistoffen erhöhen. In einer Studie an gesunden Freiwilligen verursachte das einmalige Trinken eines Glases Grapefruitsaft, dass die Bioverfügbarkeit von oral verabreichtem Midazolam erst nach drei Tagen wieder Normalwerte erreichte (e17). Die klinische Relevanz für Phenprocoumon ist umstritten, zumindest sollten übermäßige Mengen von Zitrusfrüchten bei mit Vitamin-K-Antagonisten antikoagulierten Patienten vermieden werden. Antidepressiva Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) sind potente Inhibitoren von CYP2D6 (Fluoxetin, Paroxetin) (e18) oder CYP1A2 (Fluvoxamin). Dies hat Konsequenzen für die Koadministration anderer Arzneistoffe. Im praktischen Alltag ist aber auch auf Interaktionen von Antidepressiva mit gängigen Arzneistoffen wie bestimmten Betablockern zu achten. Leber_Fotolia abhijith3747 GRAFIK 2 Clarithromycin inaktive Metabolite Phenprocoumon INR Blutungsgefahr Fluoxetin und Paroxetin hemmen auch den Metabolismus des Betablockers Metoprolol und können somit Blutdrucksenkung, Bradykardie und andere unerwünschte Wirkungen verursachen. Fluvoxamin hemmt dagegen CYP1A2 und kann somit die Toxizität von Theophyllin oder Clozapin erhöhen. Auch eine Interaktion von Fluoxetin mit Clozapin mit letalem Ausgang ist publiziert (e19). Die CYP2D6-Hemmung kann auch die Bildung aktiver Metaboliten aus Codein zum Morphin oder Tramadol zum O-Desmethyltramadol vermindern. Weiterhin konnte in großen Studien nachgewiesen werden, dass die Hemmung der CYP2D6-vermittelten Aktivierung des Antiöstrogens Tamoxifen zu Endoxifen durch SSRI mit einer erhöhten Mammakarzinom-Mortalität einhergeht (18). Neben den pharmakokinetischen Interaktionen ist bei SSRI auf die Verstärkung serotoninerger Effekte zu achten. Bekannt ist, dass die gleichzeitige Applikation von Moclobemid ein Serotoninsyndrom auslösen kann und daher kontraindiziert ist. Aber auch andere Pharmaka mit serotoninerger Wirkung wie Tramadol oder Triptane können das Risiko eines Serotoninsyndroms erhöhen. Bei der gleichzeitigen Anwendung von Triptanen wie zum Beispiel Sumatriptan besteht das zusätzliche Risiko einer koronaren Gefäßverengung und Hypertonie. Durch die lange Halbwertszeit der SSRI muss auch mehrere Tage nach der letzten Verabreichung noch mit Interaktionen gerechnet werden (Kasten 3). Chinolone Chinolone wie Ofloxacin und Ciprofloxacin sind vorwiegend Inhibitoren des CYP1A2, das auch am Abbau von Theophyllin oder Clozapin beteiligt Hemmung der CYP3A4-katalysierten Metabolisierung des Vitamin-K-Antagonisten Phenprocoumon durch das Makrolidantibiotikum Clarithromycin. Folge ist eine Zunahme der Bioverfügbarkeit mit Gefahr des erhöhten Blutungsrisikos. Vitamin-K-Antagonisten Vitamin-K-Antagonisten können lebensbedroh - liche Hämorrhagien auslösen und tragen mit zur Inzidenz arzneimittelbedingter Hospitalisierungen bei. Hemmstoff aus Zitrusfrüchten Das in Zitrusfrüchten (besonders in Grapefruit) enthaltene Flavonoid Naringin ist ein Hemmstoff von CYP3A4 und kann die Bioverfügbarkeit einer Vielzahl von Arzneistoffen erhöhen. Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012 551

TABELLE 3 Wechselwirkungen auf der Ebene von Cytochrom-P450-Enzymen: Auswahl relevanter Substrate, bei denen bei Kombinationen mit Inhibitoren bzw. Induktoren desselben Enzyms mit Wirkungsverstärkung und gehäuften Auftreten von unerwünschten Wirkungen bzw. Wirkungsabschwächung oder -verlust gerechnet werden muss (modifiziert nach [24]). CYP1A2 CYP2C9 CYP2C19 CYP2D6 CYP3A4/5 Clozapin Imipramin Mexiletin Naproxen Tacrin Theophyllin NSAID Celecoxib Diclofenac Ibuprofen Naproxen Piroxicam Antidiabetika Glipizid Tolbutamid Angiotensin- Rezeptor-Blocker Irbesartan Lorsartan Cyclophosphamid Fluvastatin Phenytoin Sulfamethoxazol Torasemid Warfarin Protonenpumpen- Hemmer Omeprazol Lansoprazol Amitriptylin Clomipramin Clopidogrel* Cyclophosphamid* Diazepam Phenytoin Betablocker Metoprolol Propafenon Timolol Antidepressiva Amitriptylin Clomipramin Desipramin Duloxetin Imipramin Paroxetin Venlafaxin Antipsychotika Aripiprazol Haloperidol Risperidon Thioridazin Opioide Codein* Dextromethorphan Tramadol* Ondansetron Tamoxifen* Makrolid-Antibiotika Clarithromycin Erythromycin Benzodiazepine Alprazolam Diazepam Midazolam Triazolam Kalziumkanalblocker Amlodipin Diltiazem Felodipin Nifedipin Nisoldipin Nitrendipin Verapamil Immunsuppressiva Ciclosporin Tacrolimus Sirolimus HIV-Protease-Inhibitoren Indinavir Ritonavir Saquinavir Statine Atorvastatin Lovastatin Simvastatin Gerinnungshemmer Apixaban Rivaroxaban Phenprocoumon Aripiprazol Buspiron Chinidin Chinin Ethinylestradiol Imatinib Sildenafil Tamoxifen Vincristin * Prodrug ist. Die gleichzeitige Administration beispielsweise von Ciprofloxacin und Theophyllin kann zum Anstieg der Theophyllin-Plasmakonzentration mit entsprechender klinischer Symptomatik kardialer und gastrointestinaler UAW führen (19). Die Bioverfügbarkeit von Chinolonen selbst kann deutlich eingeschränkt werden, wenn diese gleichzeitig mit bi- oder trivalenten Kationen gegeben werden, wie sie in Antazida oder Zink- und Eisenformulierungen enthalten sind (Kasten 4). Protonenpumpenhemmer (PPIs) Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol oder Rabeprazol inhibieren unterschiedlich stark das Cytochrom P450 2C19 (CYP2C19). Vor allem Omeprazol (geringer Esomeprazol) ist Substrat und Inhibitor von CYP2C19. In jüngerer Zeit ist daher eine Diskussion über die Konsequenzen der Interaktion mit dem Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel entbrannt. Clopidogrel ist ein Prodrug, das in zwei Schritten zum aktiven Metaboliten unter wesentlicher Beteiligung von CYP2C19 metabolisiert wird. Ho et al. zeigten einen Anstieg von 20,8 auf 29,8 % der Endpunkte Tod oder Rehospitalisierung von Patienten, die wegen eines akuten Koronarsyndroms mit Clopidogrel und gleichzeitig mit Protonenpumpenhemmern behandelt wurden (adjustierte Odds ratio 1,25 [95-%-KI 1,11 1,41]) (20). Ein ähnlicher Zusammenhang wurde auch bei Trägern der nicht aktiven genetischen Varianten von CYP2C19 nachgewiesen (21, e20). Die CYP2C19*2-splice-site-Variante wie auch die *3 missense-variante führen zu einem kompletten Wirkungsverlust des Proteins. Homozygote CYP2C19*2-Träger weisen bei Kaukasiern eine Häufigkeit von etwa 3 % auf, *3-Träger tragen in der asiatischen Bevölkerung zum Poor-Metabolizer -Status bei. Eine systematische Metaanalyse von Folgestudien konn- SSRI und Moclobemid Die gleichzeitige Applikation von Moclobemid und SSRI kann ein Serotoninsyndrom auslösen und ist daher kontraindiziert. Chinolone Die gleichzeitige Administration beispielsweise von Ciprofloxacin und Theophyllin kann zum Anstieg der Theophyllin-Plasmakonzentration mit entsprechenden kardialen und gastrointestinalen UAW führen. 552 Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012

TABELLE 4 Interaktionen an den wichtigsten Cytochrom-P450-Enzyme: Inhibitoren und Induktoren* 1 CYP1A2 CYP2C9 CYP2C19 CYP2D6 CYP3A4/5 Inhibitoren Fluorchinolone Ciprofloxacin ++ Ofloxacin Levofloxacin Amiodaron Cimetidin + Fluvoxamin ++ Ticlopidin Amiodaron + Fluconazol ++ Isoniazid SSRI Fluoxetin Fluvoxamin PPI Lansoprazol + Omeprazol + Ketoconazol Ticlopidin SSRI Duloxetin + Fluoxetin ++ Paroxetin ++ Amiodaron Buproprion Cimetidin Chinidin ++ Chlorpheniramin Clomipramin Ritonavir HIV-Protease-Inhibitoren Indinavir ++ Nelfinavir ++ Ritonavir ++ Makrolide Clarithromycin ++ Erythromycin + Azol-Antimykotika Fluconazol + Itraconazol + Ketoconazol ++ Voriconazol Aprepitant +, Amiodaron Cimetidin + Diltiazem Naringin + (in Zitrusfrüchten) Verapamil + Induktoren Tabakrauch Omeprazol Rifampicin Carbamazepin (weniger Oxcarbazepin) Efavirenz Hyperforin (in Johanniskraut) Phenobarbital Phenytoin Rifampicin ++, ausgeprägte Hemmung; +, mittlere Hemmung; ohne +, schwache oder nicht definierte Hemmung. * 1 modifiziert nach (25) ten zwar den Zusammenhang von CYP2C19-Polymorphismen mit der Thrombozytenaggregationshemmung von Clopidogrel bestätigen, klinisch ließ sich jedoch kein signifikanter Effekt auf das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse nachweisen (22). Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) weist in der entsprechenden Clopidogrel-Fachinformation auf das geringere Ansprechen von CYP2C19-Nichtmetabolisierern hin. In Hinblick auf Interaktionen empfiehlt die FDA möglichst kein Omeprazol, sondern den Protonenpumpenhemmer Pantoprazol zu wählen. Die deutsche Fachinformation rät ohne Arzneistoffe zu nennen vom gleichzeitigen Gebrauch von starken CYP2C19-Hemmern ab. Umgekehrt kann Omeprazol den Abbau anderer Arzneistoffe hemmen. Citalopram wird beispielsweise durch Omeprazol in seinem Abbau verlangsamt (e21), es steigt die Gefahr unerwünschter Wirkungen wie potenzielle QT-Zeit-Verlängerungen. Omeprazol hemmt darüber hinaus die Demethylierung des Benzodia - zepins Diazepam. Bei einer Dosis von 20 mg Omeprazol resultiert eine Erhöhung der Diazepamhalbwertzeit um 36 % und Abnahme der Clearance um 27 %, während die Gabe von 40 mg Omeprazol die Halbwertzeit um 130 % verlängert und die Clearance um 54 % vermindert. Lansoprazol hemmt ebenfalls die Metaboli - sierung von Diazepam, wenngleich schwächer. Dieser Nachweis konnte für Pantoprazol nicht geführt werden (e22). Neben der Hemmung von CYP2C19 führt Omeprazol zu einer geringen Induktion von CYP1A2 (23, e23). Wäh- Protonenpumpenhemmer Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol oder Rabeprazol inhibieren unterschiedlich stark das Cytochrom P450 2C19 (CYP2C19). Omeprazol und Clopidogrel Beide Stoffe haben eine geringe Ansprechrate bei CYP2C19-Nichtmetabolisierern. In Hinblick auf Interaktionen empfiehlt die FDA möglichst kein Omeprazol, sondern den PPI Pantoprazol zu wählen. Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012 553

KASTEN 3 Klinische Beispiele für die Veränderung der Bioverfügbarkeit der Cytochrom- P450-Enzyme Die Bioverfügbarkeit kann durch Hemmung von Cytochrom-P450-Enzymen erhöht werden Gefahr der Nierentoxizität von Ciclosporin bei Gabe von Clarithromycin Blutungsgefahr bei mit Phenprocoumon antikoagulierten Patienten durch Verapamil Myalgie durch Simvastatin bei Komedikation mit Fluconazol Zunahme der Theophyllintoxizität durch Ciprofloxacin Die Bioverfügbarkeit kann durch Induktion von Cytochrom-P450-Enzymen vermindert werden Transplantatabstoßung bei Ciclosporin-immunsupprimierten Patienten bei Komedikation mit Rifampicin Thrombosegefahr bei Phenprocoumon-antikoagulierten Patienten bei Komedikation mit Carbamazepin Gefährdung des Konzeptionsschutzes durch Ethinylestradiol bei gleichzeitiger Gabe von Efavirenz rend Lanzoprazol ebenfalls CYP1A2 zu induzieren vermag, wurde diese Interaktion bei Pantoprazol nicht beobachtet (24). Letzteres scheint kaum Interaktionen aufzuweisen. Nicht durch Cytochrom P450 vermittelt, sondern als Folge der ph-wert-anhebung, wurde ein signifikanter Einfluss von Omeprazol auf die Bioverfügbarkeit des HIV-Protease-Inhibitors Atazanivir beobachtet. Bei Probanden, die 300 mg Atazanavir/100 mg Ritonavir über zwei Wochen erhielten, wurde sowohl unter 40 mg Omeprazol als auch unter 150 mg Ranitidin eine Verminderung der C max von Azatanavir um 48 % und der AUC um 62 % beobachtet. Die Kinetik von Lopinavir wurde durch Omeprazol oder Ranitidin hingegen nicht verändert (e24). Laut Fachinformation kompensiert eine Erhöhung der Atazanavir-Dosis auf 400 mg nicht den Einfluss von Omeprazol auf die Atazanavir-Exposition. Daher sollten Protonenpumpenhemmer oder mutmaßlich auch H 2 -Rezeptor-Blocker nicht gleichzeitig mit Atazanavir angewendet werden. Schlussfolgerungen Insbesondere pharmakokinetische Interaktionen folgen einer Systematik. Die Kenntnis, über welchen enzymatischen Abbauweg ein Arzneistoff klinisch relevant metabolisiert wird, ob er Substrat eines Arzneimitteltransporters ist oder ob er diese Proteine hemmt oder induziert, ermöglicht eine Vorhersage über pharmakokinetische Wechselwirkungen. Inhibitoren bestimmter Cytochrom-P450-Enzyme können eine ganze Gruppe vom gleichen Enzym KASTEN 4 Interaktionen von Chinolonen Hemmung von Cytochrom P450 1A2 durch Chinolone (vor allem Pefloxacin und Ciprofloxacin, weniger durch Ofloxacin, Levofloxacin oder Moxifloxacin) Kombination mit NSAID (exklusive Aspirin) erhöht die Krampfbereitschaft Kombination mit Makroliden (Verlängerung der QT-Zeit mit Gefahr der Entstehung von malignen Herzrhythmusstörungen wie Torsade de pointes) metabolisierter Arzneistoffe in ihrer Bioverfügbarkeit beeinflussen, während Induktoren in der Regel zum Wirkungsverlust beitragen. Prinzipiell weisen Arzneistoffe mit hoher Metabolisierungsrate und geringer Bioverfügbarkeit ein hohes potenzielles Risiko von Interaktionen auf. Die Vorhersage pharmakodynamischer Wechselwirkungen erfordert oftmals eine tiefere Kenntnis der Wirkungsmechanismen; wie bei pharmakokinetischen Wechselwirkungen ist aber auch hier eine gewisse Systematik erkennbar. Hilfreich sind elektronische Verordnungssysteme, die frühzeitig auf Gefahren möglicher Interaktionen aufmerksam machen und bei Auswahl und Dosierung assistieren können. Potenzielles Risiko Prinzipiell weisen Arzneistoffe mit hoher Metabolisierungsrate und geringer Bioverfügbarkeit ein hohes potenzielles Risiko von Interaktionen auf. Ausblick Hilfreich sind elektronische Verordnungssysteme, die frühzeitig auf Gefahren möglicher Interaktionen aufmerksam machen und bei Auswahl und Dosierung assistieren können. 554 Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012

Interessenkonflikt Prof. Cascorbi erhielt Honorare für die Vorbereitung wissenschaftlicher Fortbildungsveranstaltungen von Novartis, MSD und Sanofi-Aventis. Manuskriptdaten eingereicht: 16. 5. 2012, revidierte Fassung angenommen: 18. 7. 2012 LITERATUR 1. Gallagher PF, Barry PJ, Ryan C, Hartigan I, O Mahony D: Inappropriate prescribing in an acutely ill population of elderly patients as determined by Beers Criteria. Age Ageing 2008; 37: 96 101. 2. Fialova D, Topinkova E, Gambassi G, et al.: Potentially inappropriate medication use among elderly home care patients in Europe. JAMA 2005; 293: 1348 58. 3. Thomsen LA, Winterstein AG, Sondergaard B, Haugbolle LS, Melander A: Systematic review of the incidence and characteristics of preventable adverse drug events in ambulatory care. Ann Pharmacother 2007; 41: 1411 26. 4. Schuler J, Duckelmann C, Beindl W, Prinz E, Michalski T, Pichler M: Polypharmacy and inappropriate prescribing in elderly internal-medicine patients in Austria. 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Ingolf Cascorbi Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Straße 3 24105 Kiel cascorbi@pharmakologie.uni-kiel.de Zitierweise Cascorbi, I: Drug interactions principles, examples and clinical consequences. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(33 34): 546 56. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0546 @ Mit e gekennzeichnete Literatur: www.aerzteblatt.de/lit3312 The English version of this article is available online: www.aerzteblatt-international.de Weitere Informationen zu cme Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fortund Weiterbildung zertifiziert. Die erworbenen Fortbildungspunkte können mit Hilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden. Unter cme.aerzteblatt.de muss hierfür in der Rubrik Persönliche Daten oder nach der Registrierung die EFN in das entsprechende Feld eingegeben werden und durch Bestätigen der Einverständniserklärung aktiviert werden. Die 15-stellige EFN steht auf dem Fortbildungsausweis. Wichtiger Hinweis Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist ausschließlich über das Internet möglich: cme.aerzteblatt.de. Einsendeschluss ist der 1. 10. 2012 Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden. Die Lösungen zu dieser cme-einheit werden in Heft 41/2012 an dieser Stelle veröffentlicht. Die cme-einheit Euthyreote Struma mit und ohne Knoten Diagnostik und Therapie (Heft 29 30/2012) kann noch bis zum 3. 9. 2012 bearbeitet werden. Für Heft 37/2012 ist das Thema Notfälle im Flugzeug vorgesehen. Lösungen zur cme-einheit in Heft 25/2012: Günther P, Rübben I: Akutes Skrotum im Kindes- und Jugendalter: Lösungen: 1b, 2a, 3e, 4e, 5c, 6b, 7a, 8c, 9a, 10b Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012 555

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort. Frage Nr. 1 Welches Medikament kann die Thrombozyten - aggregationshemmung von NSAID verstärken? a) Erythromycin b) Mirtazapin c) Citalopram d) Rifampicin e) Fluconazol Frage Nr. 2 Die blutdrucksenkende Wirkung von ACE-Hemmern kann spezifisch durch Hemmung der renalen Prostaglandinsynthese vermindert werden. Welches der genannten Medikamente interagiert hiermit? a) niedrig dosiertes ASS b) Hydrochlorothiazid c) Verapamil d) Diclofenac e) Morphin Frage Nr. 6 Ein nierentransplantierter Patient wird mit Ciclosporin therapiert. Er berichtet, dass er seit kurzem niedergeschlagen ist und deshalb Johanniskrautextrakt einnimmt. Was könnte eine Wirkung der Komedikation sein? a) verlängerte Gerinnungszeit b) erhöhte Ciclosporintoxizität c) Hypertrichose d) erhöhte Thrombosegefahr e) Transplantatabstoßungsreaktion Frage Nr. 7 Der mit dem Betablocker Metoprolol eingestellte Patient wird aufgrund einer Depression mit Fluoxetin behandelt. Mit welcher unerwünschten Wirkung muss gerechnet werden? a) Bradykardie b) Hautblutung c) Blutdruckanstieg d) Anämie e) Hyperglykämie Frage Nr. 3 ASS hemmt die Thrombozytenaggregation. Welches Schmerzmittel kann diesen Effekt bei gleichzeitiger Gabe vermindern? a) Ibuprofen b) Diclofenac c) Meloxicam d) Paracetamol e) Etoricoxib Frage Nr. 8 Wie heißt das in Zitrusfrüchten enthaltene Flavonoid, das ein Hemmstoff von CYP3A4 ist? a) Apegenin b) Naringin c) Chrysin d) Luteolin e) Hesperetin Frage Nr. 4 Welches Medikament erhöht durch Hemmung am P-Glykoprotein-Effluxtransporter die Bioverfügbarkeit von Digoxin? a) Dabigatran b) Hypericin c) Rifampicin d) Clarithromycin e) Morphin Frage Nr. 9 Mit welcher Wirkung ist bei gleichzeitiger Einnahme von Clopidogrel und Omeprazol zu rechnen? a) Omeprazol verstärkt die Nebenwirkungen von Clopidogrel b) erhöhtes Risiko für thrombotisch-thrombo zytopenische Purpura c) Omeprazol erhöht den Plasmaspiegel des aktiven Clopidogrel-Metaboliten d) Verminderung der Clopidogrel-vermittelten Thrombozyten - aggregationshemmung e) Clopidogrel hemmt den Abbau von Omeprazol Frage Nr. 5 Bei gleichzeitiger Einnahme welcher Wirkstoffe steigt aufgrund einer additiven Interaktion das Risiko für gastrointestinale Blutungen? a) Paracetamol + Triptan b) Phenprocoumon + NSAID c) SSRI + Paracetamol d) Chinolon + Warfarin e) Makrolid + NSAID Frage Nr. 10 In der Pharmakodynamik wird der Begriff Synergismus gebraucht, um gegenseitige Beeinflussung der Effekte zweier Wirkstoffe zu beschreiben. Was ist mit Synergie gemeint? a) gegenseitige Wirkungsverstärkung b) die Wirkung kann nur durch gleichzeitige Gabe erzielt werden c) eine mindestens überadditive Wirkung beider Wirkstoffe d) Verminderung der Nebenwirkungen e) Aufhebung der Effekte 556 Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012

Arzneimittelinteraktionen Prinzipien, Beispiele und klinische Folgen Ingolf Cascorbi 3 Punkte cme eliteratur e1. Lazarou J, Pomeranz BH, Corey PN: Incidence of adverse drug reactions in hospitalized patients: a meta-analysis of prospective studies. JAMA 1998; 279: 1200 5. e2. Smith FA, Wittmann CW, Stern TA: Medical complications of psychiatric treatment. Crit Care Clin 2008; 24: 635 56, vii. e3. Wester K, Jonsson AK, Spigset O, Druid H, Hagg S: Incidence of fatal adverse drug reactions: a population based study. Br J Clin Pharmacol 2008; 65: 573 9. e4. Bertsche T, Pfaff J, Schiller P, et al.: Prevention of adverse drug reactions in intensive care patients by personal intervention based on an electronic clinical decision support system. Intensive Care Med 2010; 36: 665 72. e5. Hudson M, Baron M, Rahme E, Pilote L: Ibuprofen may abrogate the benefits of aspirin when used for secondary prevention of myocardial infarction. J Rheumatol 2005; 32: 1589 93. e6. Anzellotti P, Capone ML, Jeyam A, et al.: Low-dose naproxen interferes with the antiplatelet effects of aspirin in healthy subjects: recommendations to minimize the functional consequences. Arthritis Rheum 2011; 63: 850 9. e7. Andrade C, Sandarsh S, Chethan KB, Nagesh KS: Serotonin reuptake inhibitor antidepressants and abnormal bleeding: a review for clinicians and a reconsideration of mechanisms. J Clin Psychiatry 2010; 71: 1565 75. e8. Hauta-Aho M, Tirkkonen T, Vahlberg T, Laine K: The effect of drug interactions on bleeding risk associated with warfarin therapy in hospitalized patients. Ann Med 2009; 41: 619 28. e9. Pavlicevic I, Kuzmanic M, Rumboldt M, Rumboldt Z: Interaction between antihypertensives and NSAIDs in primary care: a controlled trial. Can J Clin Pharmacol 2008; 15: e372 e82. e10. Zanchetti A, Hansson L, Leonetti G, Rahn KH, Ruilope L, Warnold I, et al.: Low-dose aspirin does not interfere with the blood pressurelowering effects of antihypertensive therapy. J Hypertens 2002; 20: 1015 22. e11. Edwards NC, Steeds RP, Chue CD, Stewart PM, Ferro CJ, Townend JN: The safety and tolerability of spironolactone in patients with mild to moderate chronic kidney disease. Br J Clin Pharmacol 2012; 73: 447 54. e12. Wei L, Struthers AD, Fahey T, Watson AD, MacDonald TM: Spironolactone use and renal toxicity: population based longitudinal analysis. BMJ 2010; 340: c1768. e13. Geick A, Eichelbaum M, Burk O: Nuclear receptor response elements mediate induction of intestinal MDR1 by rifampin. J Biol Chem 2001; 276: 14581 7. e14. Bachmakov I, Glaeser H, Fromm MF, Konig J: Interaction of oral antidiabetic drugs with hepatic uptake transporters: focus on organic anion transporting polypeptides and organic cation transporter 1. Diabetes 2008; 57: 1463 9. e15. Liu YT, Hao HP, Liu CX, Wang GJ, Xie HG: Drugs as CYP3A probes, inducers, and inhibitors. Drug Metab Rev 2007; 39: 699 721. e16. Schelleman H, Bilker WB, Brensinger CM, Han X, Kimmel SE, Hennessy S: Warfarin with fluoroquinolones, sulfonamides, or azole antifungals: interactions and the risk of hospitalization for gastrointestinal bleeding. Clin Pharmacol Ther 2008; 84: 581 8. e17. Greenblatt DJ, von Moltke LL, Harmatz JS, et al.: Time course of recovery of cytochrome p450 3A function after single doses of grapefruit juice. Clin Pharmacol Ther 2003; 74: 121 9. e18. Lane RM: Pharmacokinetic drug interaction potential of selective serotonin reuptake inhibitors. Int Clin Psychopharmacol 1996; 11 (Suppl 5): 31 61. e19. Ferslew KE, Hagardorn AN, Harlan GC, McCormick WF: A fatal drug interaction between clozapine and fluoxetine. J Forensic Sci 1998; 43: 1082 5. e20. Simon T, Verstuyft C, Mary-Krause M, et al.: Genetic determinants of response to clopidogrel and cardiovascular events. N Engl J Med 2009; 360: 363 75. e21. Rocha A, Coelho EB, Sampaio SA, Lanchote VL: Omeprazole preferentially inhibits the metabolism of (+)-(S)-citalopram in healthy volunteers. Br J Clin Pharmacol 2010; 70: 43 51. e22. Steinijans VW, Huber R, Hartmann M, et al.: Lack of pantoprazole drug interactions in man. Int J Clin Pharmacol Ther 1994; 32: 385 99. e23. Rost KL, Brosicke H, Brockmoller J, Scheffler M, Helge H, Roots I: Increase of cytochrome P450IA2 activity by omeprazole: evidence by the 13C-[N-3-methyl]-caffeine breath test in poor and extensive metabolizers of S-mephenytoin. Clin Pharmacol Ther 1992; 52: 170 80. e24. Klein CE, Chiu YL, Cai Y, Beck K, King KR, Causemaker SJ et al.: Effects of acid-reducing agents on the pharmacokinetics of lopinavir/ritonavir and ritonavir-boosted atazanavir. J Clin Pharmacol 2008; 48: 553 62. Teilnahme nur im Internet möglich: aerzteblatt.de/cme Deutsches Ärzteblatt Jg. 109 Heft 33 34 20. August 2012 12