Jan Stuckatz Sommersemester 2011 BA KuWi Tutorium zur Einführung in die Politikwissenschaft 3. Sitzung Was ist Politikwissenschaft?
Struktur 1. Organisatorisches 2. Vorbereitungsfragen 3. Praxis: Politikwissenschaftliche Think Tanks - Nur ein weiterer Elfenbeinturm? 4. Literaturempfehlung + Links
1. Organisatorisches Nur 2maliges Fehlen! Neues Tutorium am Di, 14-16, GD 312 Power Points online
1. Wie gelangt man zu einer relevanten politikwissenschaftlichen Fragestellung?
Vier Schritte (idealtypisch): 1. Phänomen festlegen 2. Einordnung/Systematisierung des Gegenstandes Bereiche der PoWi Analyseebene Fragen/ Vermutungen/ Wissenslücken erschließen
Polity Politics Policy
Global Intergouvernemental Gesellschaft Staat/Regierung Gesellschaftliche Gruppen/Akteure Individuum
3. Aus Fragen Theorie bilden = Forschungsstand zum Gegenstand ermitteln und Theorie auswählen 4. Aus Theorie Hypothesen ableiten Operationalisierung der Theorie
Beispiele 1. Verhalten der MGS im UN-Sicherheitsrat Einfluss des Abstimmungsverhaltens auf Missionen zur Friedenssicherung? 2. 9/11+ Europäische Union Einfluss auf Terrorbekämpfung? Einfluss auf Migrationspolitik? 3. Gentrifikation in Prenzlauer Berg Einfluss auf Mietpreise + Sozialstruktur?
Beispiele Gruppen bilden (3-4 Studenten) 5-10 Minuten Zeit Aufgabe: Einordung der Gegenstände/Fragen Ergeben sich Schwierigkeiten? Was wäre u.u. noch zu klären?
Was ergibt sich daraus? Abhängigkeit der Analyseebene vom Gegenstand Eingrenzung unbedingt notwendig Ideal: Ursache Wirkung auf derselben Ebene kann aber variieren Schwierigkeit: Je weiter Ursache-Wirkung auseinander = mehr beeinflussende/störende Faktoren
Vorwissen vorhanden? Forschungsstand? Welche Methoden kann ich anwenden? Wie komme ich an Daten? Präzisierung der Gegenstände + Fragen
2. Warum entwickelte sich die PoWi in Deutschland erst so spät als eigenständige Disziplin? Welche Voraussetzungen waren dafür notwendig?
Vorboten: Staatswissenschaft, Polizey- u. Kameralwissenschaften Aufgaben: Ausbildung von Beamten für den Staatsapparat Aber: keine Ausbildung zu wissensch. Unabhängiger Tätigkeit
Konservatives Klima in Deutschland Unabhängige Forschung zu politischen Themen = unerwünscht Aber: Diaspora der verwandten/etablierten Disziplinen
Weimarer Republik: Erste Institute/Hochschulen Schließung durch NS-Regime Endgültige Ausbildung zu eigenständiger Disziplin erst nach Kriegsende Immer weitere Ausdifferenzierung in Teilbereiche
Voraussetzungen 1. Möglichkeit der systematischen Untersuchung von politischen Phänomenen und öffentliche Darstellung der Ergebnisse 2. Unabhängigkeit der Forschung 3. Möglichkeit der Institutionalisierung
3. Was sind die gängigen Vorurteile gegen die Politikwissenschaft? Wie sind diese zu bewerten?
1. Subversionswissenschaft (Selbst-)Kritik als Selbstverständnis 2. Herrschafts-/Ordnungswissenschaft Reine Deskriptivität als Absicherung/Bestätigung der bestehenden Verhältnisse? 3. Modewissenschaft Nutzen für Öffentlichkeit fraglich? Problem des Alltagswissens über Politik
4. Was unterscheidet die empirischanalytische und die hermeneutische Richtung? Schließen sich diese gegenseitig aus?
Empirisch - analytisch Objektivität/Werturteilsfreiheit Beschreibung/Erklärung der politischen Wirklichkeit kausale Hypothesen =Ursache/Wirkung Empirische Überprüfung (Tests) Ziel: Verallgemeinerbare Aussagen über die politische Wirklichkeit Kriterien: Systematik, Objektivität, Reliabilität, Validität und intersubjektive Überprüfbarkeit der Ergebnisse Hermeneutisch Ausgangspunkt = Fragestellung Beantwortung durch Interpretation der empirischen Daten Verstehen der Daten Versteckte Botschaften finden Ziel = Erfassen von Sinn und Bedeutung eines Gegenstandes aus sich heraus Aber: Objektivität über bestimmte Verfahrensregeln
Beide Richtungen schließen sich nicht gegenseitig aus! Empirisch-analytische Forschung mit hermeneutischen Elementen und umgekehrt = möglich Aufpassen bei Vorurteilen gegen die jeweilige Richtung
3. Think Tanks
3. Think Tanks Forschungsinstitute / Denkfabriken Staatlich gefördert oder unter dem Dach von Stiftungen Aufgaben: Forschung + Publikation Organisation von Tagungen/Konferenzen Politische Bildung Policy Briefing (Wissenschaftliche) Politik-Beratung
3. Think Tanks Information der Medien zu best. Themen Expertenmeinungen in Zeitung/Radio/TV Agenda-Setting (fragwürdig?) Auftragsarbeiten für öffentliche und private Kunden Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
3. Think Tanks Lohnenswert, weil: Große und steigende Anzahl von Think Tanks Potentielle Arbeitgeber Gute Anlaufstelle, um Netzwerke/Kontakte zu knüpfen Verbindung zu politischen Entscheidungsträgern (nat./int.) Möglichkeit der Forschung außerhalb der Universitäten
4. Literatur + Links Max Weber (1995): Wissenschaft als Beruf, Reclam, Ditzingen. Aleman, Ulrich/Fondran, Erhard (2005): Methodik der Politikwissenschaft, Kohlhammer, Stuttgart. Lauth, Hans-Joachim/Wagner, Christian (2009)(Hrsg.): Politikwissenschaft. Eine Einführung, UTB, Stuttgart. Probleme Empirischer Sozialforschung, in: Diekmann, Andreas (2007): Empirische Sozialforschung: Grundlagen, Methoden, Anwendungen, Rowohlt Taschenbuch Verlag: 47-89. Dagger, C./Greiner, C./Leinert, K./Meliß, N./Menzel, A. (2004): Politikberatung in Deutschland. Praxis und Perspektiven, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.
4. Literatur + Links http://www.thinktankdirectory.org/index.html (Fast) alle Think Tanks deutschlandweit http://www.thinktankdirectory.org/europe/index.html analog: europaweit http://www.dgap.org/ Deutsche Gesellschaft für auswärtige Politik http://www.wzb.eu/de Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung http://www.swp-berlin.org/de/startseite.html Stiftung Wissenschaft und Politik http://www.politika-berlin.de/index.html Praktische Seite mit Tipps und Hinweisen rund um Praktika im Politikbereich
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