Wirksame Hilfen im Umgang mit schwierigen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeiten der Individualpädagogik

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Transkript:

Wirksame Hilfen im Umgang mit schwierigen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeiten der Individualpädagogik 31. August 2016, Leipzig Prof. Dr. Michael Macsenaere IKJ Institut für Kinder- und Jugendhilfe Johannes Gutenberg-Universität Mainz Universität zu Köln Hochschule Niederrhein

Fragestellungen 1. Was wirkt in der Erziehungshilfe? 2. Wie effektiv ist Erziehungshilfe/Individualpädagogik in der Arbeit mit schwieriger Klientel? 3. Wie nachhaltig ist Individualpädagogik? 4. Wie effizient ist Heimerziehung und Individualpädagogik?

Wirkungsforschung in der Kinder- und Jugendhilfe Mittlerweile weltweit ca. 250 Wirkungsstudien (deutschsprachig über 100) Jugendhilfestudien: JuLe, JES, EST!, Bundesmodellprogramm IKJ-Effektivitätsforschung - 40 HzE-Wirkungsstudien ab 1995 - Auftraggeber und Kooperationspartner: - 2 Bundesministerien und 8 Landesministerien - 3 Landesjugendämter und über 50 kommunale Jugendämter - Über 500 Institutionen Wirkungsorientierte Evaluationen: z. B. EVAS

Klientel Über 50.000 Hilfen 16 Bundesländer Ca. 50.000.000 Daten Einrichtungen Trägerübergreifend 250 Institutionen Europäisch: - Deutschland - Österreich - Luxemburg - Niederlande - Bulgarien 14 Hilfearten

Was wirkt in der in der Erziehungshilfe?

Wirkfaktoren und Akteure Leistungserbringer Jugendamt Wirkfaktoren Adressaten

1 Indikation: Welches Angebot ist bei welcher Ausgangslage am geeignetsten?

Zuweisungsqualität (EVAS, aktualisiert) 27% Arbeitsbelastung 12% 61% nicht tauglich bedingt tauglich sehr tauglich 0% 25% 50% 75% n = 17.619

2 Partizipation: Notwendige Voraussetzung für erfolgreiche Hilfen

Stufen der Partizipation (Kühn, 2013) + Partizipation Stufe 4 Selbstbestimmung: Das Kind erlebt Eigenverantwortlichkeit, auch in Teilfragen. Selbstwirksamkeit wird erlebt. Stufe 3 Mitbestimmung: Kind wird gleichberechtigt an Entscheidungsverfahren beteiligt. Stufe 2 Mitsprache: Das Kind wird selbstverständlich nach seiner Sichtweise und Meinung gefragt, die Weichen stellen jedoch die Betreuungspersonen. Keine Entscheidung ohne das Kind gehört zu haben! Stufe 1 Information (Mindestanforderung!): Das Kind wird umgehend über alle Dinge, die es betreffen informiert. Stufe 0 Nicht-Information, Manipulation: Dem Kind sind Prozesse nicht transparent, es erlebt sich den Entscheidungen ausgeliefert ( Wir werden das im Team besprechen! )

Effektivität und Partizipationsgrad + EVAS-Effektindex 14 12 10 8 6 4 2 niedrige Partizipation hohe Partizipation - 0-2

3 Hilfedauer und Erfolg: Wann werden Wirkungen erreicht?

Hilfedauer und Effekte EVAS-Effektindex 30 25 20 15 10 5 0-5 Gesamt stationär expl. Einrichtung A expl. Einrichtung B Beginn 6 12 18 24 30 36 48 > 48 Hilfedauer in Monaten

Wirkungsorientierte Steuerung im Einzelfall EVAS-Effektindex 20 15 10 5 0-5 Grundlage für Wirkungsdialog Hilfen mit einer Laufzeit von mind. 2 Jahren Beginn 6 Monate 12 Monate 18 Monate 24 Monate Ende -10-15 Steuerungspotential

Zentrale Wirkfaktoren (Auswahl) Keine Jugendhilfe-Karriere Partizipation Mitarbeiter-Qualifikation Kooperation Hilfedauer Wirkungsorientierte Verlaufsplanung Qualitäts- Entwicklung Sozialpäd. Diagnostik Indikation Alter Nachsorge Ressourcenor. Pädagogik Beziehungsqualität Ressourcenor. Hilfeplanung

Wie effektiv sind Hilfen zur Erziehung in der Arbeit mit schwieriger Klientel? Und was kann Individualpädagogik hierzu beitragen?

HzE-Inanspruchnahme Insgesamt in 2011: 998.847 junge Menschen Quelle: HzE-Monitor 2012

Methode Sonderauswertung des EVAS-Datensatzes (n > 50.000) Selektion der Systemsprenger (n = 6.989 abgeschl. Hilfen) Operationalisierung: JHK-Index 10 (10 = sozgrar + SPFH + Heim) Selektierte Hilfearten: Tagesgruppe n = 584 Heimerziehung n = 5.511 Intensivgruppe n = 169 Geschlossene Unterbring. n = 500 Int. Soz-päd. Einzelbetr. n = 225

HzE-Effektstärken bei schwieriger Klientel Effektstärke: EVAS-Effektindex 15 10 5 0-5 15,3 9,5 8,0 5,3 5,5 4,7 gesamt TG Heim IntGr GU ISE Nicht-Systemspr. > Systemsprenger Systemsprenger > Nicht-Systemsprenger

Aufbau von Ressourcen 15 10 5 0-5 15,6 10,8 9,4 4,8 3,6 2,3 gesamt TG Heim IntGr GU ISE Ressourcenaufbau: EVAS-Ressourcenindex

Reduzierung von Defiziten Defizitreduzierung: EVAS-Defizitindex 15 10 5 0-5 15,6 6,6 3,7 2,3 1,3 1,5 gesamt TG Heim IntGr GU ISE

Hilfedauer und Effekte EVAS-Effektindex 25 20 15 10 5 0-5 Tagesgruppe Maximalniveau Heimerziehung GU ISE Beginn 6 12 18 24 30 Hilfedauer in Monaten

Wie nachhaltig ist Individualpädagogik?

Auslandshilfen: Effektivität + Nachhaltigkeit InHAus InHAus 2.0

Resümee zu Auslandshilfen nach 35 SGB VIII InHAus 2.0 InHAus 1 Beginn der Ausgangshilfen 1. Schwierigste Ausgangslagen 2. Sehr hohe Effektivität und Effizienz zu Hilfeende Ende der Auslandshilfen 3. Hoher Anteil an unterstützenden Nachsorgemaßnahmen 4. Überwiegend positive Reintegrationsverläufe berufliche Bewährung, insbesondere Schulabschlüsse Legalbewährung, insbesondere Anteil Verurteilungen mit Freiheitsentzug Sozialbewährung, insbesondere Beziehungsfähigkeit 5. Positive Beurteilung durch die jungen Menschen Aktuelle Situation (3 Jahre nach Ende der Auslandshilfen) InHAus 2.0 Fachtagung Berlin, 24.6.2015 Folie Nr. 32

Wirksamkeit der Auslandshilfe nein, nur wenig 5% Hat Ihnen Ihre Teilnahme an der Hilfe im Ausland aus heutiger Sicht geholfen? nein, gar nicht 5% ja, etwas 15% n = 61 ja, sehr viel 75% InHAus 2.0 Fachtagung Berlin, 24.6.2015 Folie Nr. 33

Persönliche Zukunft Wie sehen Sie Ihre persönliche Zukunft? weitgehend schlecht 2% eher schlecht 3% eher gut 23% sehr schlecht 0% sehr gut 29% n = 56 weitgehend gut 43% InHAus 2.0 Fachtagung Berlin, 24.6.2015 Folie Nr. 34

Sind Hilfen zur Erziehung ihr (vieles) Geld wert?

Effizienz von stationärer Jugendhilfe (Roos, 2005; IKJ, 2009, 2011) Jugendhilfe rechnet sich: Heim Individualpädagogik Das ist nur der tangible Nutzen. Der intangible Nutzen kommt noch dazu. Keine Kosten, sondern Investitionen!

Fazit Hilfen für schwierigste Jugendliche sind unter Beachtung der Wirkfaktoren - nicht aussichtslos: 1. Sämtliche Hilfearten zeigen positive Effekte. 2. Spezifische Angebote sind sehr erfolgreich. 3. Für Individualpädagogische Hilfen trifft dies in besonderem Maße zu. 4. Sie sind zudem nachhaltig und hoch effizient.

Weitere Informationen IKJ Institut für Kinder- und Jugendhilfe ggmbh Saarstraße 1 55122 Mainz Tel.: 0 61 31-94 79 7-0 Fax: 0 61 31-94 79 7-77 em@il: institut@ikj-mainz.de Internet: www.ikj-mainz.de