Gemeinsames Positionspapier des AFRAC und der FMA. Fragen der Folgebewertung bei Kreditinstituten

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Transkript:

Gemeinsames Positionspapier des AFRAC und der FMA Fragen der Folgebewertung bei Kreditinstituten September 2017

Präambel Die vorliegende Empfehlung stellt die gemeinsame Interpretation der FMA und des AFRAC hinsichtlich der Bewertung von Kreditforderungen im Hinblick auf das (durch das RÄG 2014 geänderte) UGB und das BWG dar. Kreditinstituten wird empfohlen, diese im nächstfolgenden Abschluss gemäß 43 BWG zu berücksichtigen. Diese Empfehlung sowie die Umsetzung durch Kreditinstitute werden bis zum Jahr 2020 evaluiert. Seite 1

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung... 3 2. Berücksichtigung des Ausfallrisikos bei der Folgebewertung... 5 2.1. Berücksichtigung von Ausfallrisiken... 5 2.2. Einzelwertberichtigung... 5 2.3. Pauschalwertberichtigungen... 5 2.4. Erwartete Kreditverluste nach IFRS 9 als mögliche Methode... 6 3. Bewertungsstetigkeit... 7 Seite 2

1. Einleitung (1) Diese Stellungnahme befasst sich mit der Fragestellung, nach welchen Grundsätzen das Ausfallrisiko bei der Folgebewertung von Forderungen von Kreditinstituten zu berücksichtigen ist. Eine Aussage darüber, welche Unterschiede zwischen den Regelungen des UGB und IFRS 9 bestehen und welche Auswirkungen sich daraus auf die Bilanzierung von Forderungen von Kreditinstituten ergeben, ist nicht Gegenstand dieser Stellungnahme. (2) Mit dem Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 RÄG 2014, BGBl. I Nr. 22/2015, wurden die Bestimmungen zur Bewertung von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens neu formuliert. 207 UGB wurde neu gefasst. Als Bewertungsmaßstab für die Erfassung von Wertminderungen wurde der beizulegende Zeitwert isd 189a Z 4 UGB eingeführt. Sofern ein solcher nicht ermittelbar ist, ist der Vermögensgegenstand weiterhin mit den Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Wert, der zum Abschlussstichtag beizulegen ist, anzusetzen. (3) Daher sind auch Forderungen gemäß 207 UGB zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten, außer der beizulegende Zeitwert ist nicht feststellbar. Der beizulegende Zeitwert berücksichtigt neben dem Kreditrisiko auch andere wertbestimmende Faktoren wie insbesondere Zins- und andere Marktrisiken. (4) 207 UGB vor RÄG 2014 sah für Forderungen den beizulegenden Wert als Wertmaßstab vor, da ein Marktpreis in aller Regel nicht vorhanden war. Bei der Bewertung der Forderungen konnte man daher berücksichtigen, dass sie außer bei Veräußerungsabsicht gehalten werden, um die vertraglichen Zahlungen zu vereinnahmen. Vor diesem Hintergrund blendete der beizulegende Wert Marktrisiken aus, die nur durch einen Verkauf vor Fälligkeit realisiert werden, wie insbesondere das Zinsrisiko 1. Der beizulegende Wert berücksichtigte daher nur das Ausfallrisiko, da dadurch die Zahlungen vermindert werden können. 1 Vgl. z.b. Göth, Bilanzrecht der Kreditinstitute, Band I, 1995, S. 333ff. Seite 3

(5) Für Kreditinstitute hat der Wertmaßstab beizulegender Wert für Forderungen größere Auswirkungen als für Industrie- und Handelsunternehmen, weil auch langfristige Forderungen bei Kreditinstituten wie Umlaufvermögen zu bewerten sind. Bei Industrie- und Handelsunternehmen sind die Auswirkungen einer Bewertung, die das Zinsrisiko berücksichtigt, bei Forderungen im Umlaufvermögen aufgrund der Kurzfristigkeit weitaus geringer. (6) Bei Kreditinstituten stellt das Kreditgeschäft typischerweise das Kerngeschäft dar und unterliegt daher besonderen aufsichtsrechtlichen Anforderungen. Diese sehen vor, dass alle Risiken des Bankgeschäfts laufend gemessen, gesteuert und durch entsprechende Maßnahmen begrenzt werden. Diesbezüglich bestehen weitreichende aufsichtsrechtliche Anforderungen. In diesem Zusammenhang werden das Ausfallrisiko einerseits und Zins- und andere Marktrisiken andererseits getrennt voneinander behandelt. Den Besonderheiten des Bankgeschäfts wird im BWG durch abweichende Ausweisund Bewertungsvorschriften Rechnung getragen. Forderungen des Kreditgeschäfts sind unabhängig von der Laufzeit wie Umlaufvermögen zu bewerten, die Bestimmungen des 227 UGB zu Ausleihungen sind nicht anwendbar. Zur Berücksichtigung von Verlusten aus dem Kreditgeschäft bestehen in Form von Richtlinien der europäischen Aufsichtsbehörden besondere Anforderungen, die im Rahmen der Bewertung zu berücksichtigen sind. (7) 57 Abs. 1 letzter Satz BWG sieht vor, dass das Vorsichtsprinzip des UGB unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des Bankgeschäfts anzuwenden ist. Durch das RÄG 2014 hat diese Bestimmung keine Änderung erfahren. Diese Stellungnahme wird daher unter der Prämisse verfasst, dass aufgrund der Bestimmung des 57 Abs. 1 letzter Satz BWG, wonach die Bestimmungen des 201 Abs. 2 Z 4 UGB unter Bedachtnahme auf die Besonderheiten des Bankgeschäfts anzuwenden sind, die Bewertung der Forderungen bei Kreditinstituten weiterhin zum beizulegenden Wert erfolgen muss. Dies gilt nicht für Kreditforderungen, die zur Veräußerung vorgesehen sind oder für die es einen Marktpreis gibt. Seite 4

2. Berücksichtigung des Ausfallrisikos bei der Folgebewertung 2.1. Berücksichtigung von Ausfallrisiken (8) Bei der Bewertung von Forderungen ist zu beachten, dass das Ausfallrisiko zum Abschlussstichtag zu berücksichtigen ist (Stichtagsprinzip). Es ist daher zwischen allgemeinen Geschäftsrisiken und zum Abschlussstichtag bestehenden Ausfallrisiken zu unterscheiden. Das allgemeine Geschäftsrisiko, das in der ungünstigen Entwicklung der Marktverhältnisse (zb das allgemeine Unternehmerrisiko, Schäden durch höhere Gewalt udgl.) liegen kann, darf nicht berücksichtigt werden. Demgegenüber müssen konkrete zum Abschlussstichtag bestehende Ausfallrisiken durch Wertberichtigungen berücksichtigt werden. Dabei ist 201 Abs 2 Z 7 UGB zu beachten. 2.2. Einzelwertberichtigung (9) Konkrete Ausfallrisiken beziehen sich stets auf die Ausfallrisiken von konkreten Schuldnern des Unternehmens. Der Definition des Ausfalls eines Schuldners kommt hier zentrale Bedeutung zu. Der Ausfall kann pro Schuldner festgestellt werden oder er kann für eine Gruppe von Schuldnern festgestellt werden; man spricht dann von eingetretenen Kreditverlusten. Während im ersten Fall die Abschreibung für den individuellen Schuldner ermittelt wird (sogenannte Einzelwertberichtigung), wird im zweiten Fall die Höhe der Abschreibung pauschal mit Hilfe von validen statistischen Daten ermittelt (sogenannte pauschale Einzelwertberichtigung). Der Grund für die jeweilige Wertberichtigung (also der Ausfall) liegt in beiden Fällen vor und wird daher nicht pauschal ermittelt. 2.3. Pauschalwertberichtigungen (10) Auch bei Forderungen, die zum Abschlussstichtag nicht ausgefallen sind, liegt ein zu berücksichtigendes Ausfallrisiko vor. Die mit einem möglichen zukünftigen Ausfall dieser Schuldner verbundenen Verluste werden als erwartete Kreditverluste bezeichnet. Unternehmensrechtlich sind neben eingetretenen Kreditverlusten auch diese erwarteten Kreditverluste in Form von Seite 5

Pauschalwertberichtigungen zu berücksichtigen. Dabei wird sowohl die Höhe als auch der Grund (dh das Ausfallrisiko) pauschal ermittelt. (11) In 201 Abs 2 Z 7 UGB ist nunmehr kodifiziert, dass die Schätzung eines Wertes auf umsichtiger Beurteilung beruhen muss. Weiters verlangt diese Bestimmung eine Berücksichtigung von statistisch ermittelbaren Erfahrungswerten aus gleich gelagerten Sachverhalten, wenn diese vorliegen. Aus dem Gesetzestext und den Materialien zum Gesetzestext lässt sich keine Präferenz oder Vorgabe für eine bestimmte Methode ableiten. Allerdings ist aus der zitierten Bestimmung abzuleiten, dass in Abhängigkeit von den im Unternehmen verfügbaren Daten und Methoden eine bestmögliche Schätzung vorzunehmen ist. Nach den Erläuterungen des Gesetzgebers soll dies dabei helfen, insbesondere die Bildung von Pauschalrückstellungen und Pauschalwertberichtigungen so vorhersehbar zu machen, dass sie in weiterer Folge steuerlich anerkannt werden können. (12) In der Praxis ist eine große Bandbreite von Methoden zur Ermittlung der erwarteten Kreditverluste zu beobachten. Diese reichen von pauschalen Wertberichtigungssätzen aus beobachteten Verlustereignissen bis hin zu statistischen Modellen auf Basis der aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Bei der Bemessung der erwarteten Kreditverluste sind zumindest nachteilige Wertänderungen, die auf eine Erhöhung des Kreditrisikos zurückzuführen sind, zu berücksichtigen. 2.4. Erwartete Kreditverluste nach IFRS 9 als mögliche Methode (13) Wesentliche Neuerung des IFRS 9 ist die Umstellung vom bisherigen incurred loss model des IAS 39 auf ein expected loss model. Das dreistufige Risikovorsorgemodell des IFRS 9 basiert auf der seit dem Zugangszeitpunkt zu verzeichnenden Veränderung des Ausfallrisikos. Die Ermittlung der Risikovorsorgen nach IFRS 9 beruht dabei wesentlich auf statistisch validen Daten und Methoden. (14) Kreditinstitute, die erwartete Kreditverluste nach IFRS 9 ermitteln, verfügen grundsätzlich über die in 201 Abs. 2 Z 7 UGB geforderten statistisch Seite 6

ermittelbaren Erfahrungswerte aus gleich gelagerten Sachverhalten. Diese sind bei der Bewertung der erwarteten Kreditverluste auch nach UGB zu berücksichtigen. 2 (15) Die Methode zur Ermittlung erwarteter Kreditverluste des IFRS 9 stellt eine mögliche Methode zur Berücksichtigung von erwarteten Kreditverlusten im UGB dar. Mit Blick auf das IFRS 9-Modell ist für jene Forderungen, bei denen noch keine wesentliche Verschlechterung des Ausfallrisikos eingetreten ist (Stage 1) auch unternehmensrechtlich eine Pauschalwertberichtigung auf Basis des 12-month expected credit loss angemessen, da diese Vereinfachung dem typischen Verlauf der Risikoverteilung in einem Kreditportfolio entspricht. Im Bereich der Risikovorsorge bei Krediten, für die sich seit Zugang das Ausfallrisiko signifikant erhöht hat (Stage 2 und 3) und ein Wechsel vom 12- month expected credit loss zum lifetime expected credit loss erfolgt, ist auch unternehmensrechtlich eine Pauschalwertberichtigung auf Basis des lifetime expected credit loss sachgerecht. 3. Bewertungsstetigkeit (16) Eine Abweichung vom Grundsatz der Bewertungsstetigkeit ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände und unter Beachtung der Generalnorm zulässig ( 201 Abs. 3 UGB). Das Inkrafttreten des RÄG 2014 und mithin die Änderung des UGB war bereits ein Ausnahmefall, aufgrund dessen man auch die Methode der Pauschalwertberichtigung ändern konnte bzw eine Pauschalwertberichtigung einführen konnte, wenn man sie bislang nicht gebildet hatte. (17) Mit der Anwendung von IFRS 9 sind wesentliche Auswirkungen auf die Unternehmenssteuerung und -strategie verbunden. Ferner wird die 2 Kreditinstitute, die IFRS 9 nicht anwenden, wenden andere Methoden zur Ermittlung der Pauschalwertberichtigung an. Dabei sind verfügbare statistisch ermittelbare Erfahrungswerte aus gleich gelagerten Sachverhalten beispielsweise aus der Anwendung des IRB-Ansatzes zu berücksichtigen. Seite 7

Datenqualität bei der Ermittlung der erwarteten Kreditverluste verbessert. In der Regel wird daher bei IFRS-Anwendern die erstmalige Anwendung der Regelungen des IFRS 9 eine hinreichende Grundlage für das Abweichen vom Grundsatz der Bewertungsstetigkeit gemäß 201 Abs. 3 UGB darstellen. IFRS 9 ist erstmalig im Geschäftsjahr 2018 anzuwenden. Ein Unternehmen kann sich daher dazu entschließen, im Geschäftsjahr 2018 die Methode der Pauschalwertberichtigung zu ändern und das IFRS 9-Modell auch unternehmensrechtlich mit 1.1.2018 anzuwenden. Seite 8