Besprechungsfall 5: K möchte sein Haus renovieren und benötigt dazu neue Heizkörper. Im Baumarkt des V lässt er sich von diesem zwei Modelle zeigen. Das eine heißt Inti, kostet 50 und ist etwas voluminöser. Das andere Modell heißt Helios, ist kleiner, dafür aber um 10 teurer pro Stück. K sagt zu V, dass er wegen des geringeren Preises gerne einige von den größeren Heizkörpern hätte, sich aber nicht ganz sicher ist, ob die auch wirklich passen und wieviele er braucht. V schlägt K vor, dass er ihm ein schriftliches Angebot machen wird, wenn K nachgemessen und telefonisch Bescheid gegeben hat. K ist damit einverstanden, misst zuhause nach und gibt V telefonisch durch, dass er gern 10 Stück von den größeren Heizkörpern hätte. V hat inzwischen einige andere Kunden bedient und ist beim Erstellen des schriftlichen Angebots nicht ganz bei der Sache, so dass er 10 Heizkörper Helios zum Preis von 50 pro Stück schreibt. K hatte sich die Namen Inti und Helios nicht gemerkt und nahm das schriftliche Angebot vorab per Telefon an. Beim Abholen und Bezahlen der Heizkörper fällt V und K der Fehler im Angebot auf. K fragt sich, ob er nun einen Anspruch auf 10 Heizkörper des Typs Helios zum Preis von Inti -Heizkörpern hat.
Lösungsskizze: Anspruch des K gegen V auf Übereignung und Übergabe der 10 Heizkörper des Typs Helios aus 433 I 1 BGB Vertrag als KaufV zu qualifizieren (+), Abgrenzung zu WerkV und 651 BGB Wirksamens schriftliches Angebot Wirksame telefonische Annahme Kein Dissens, da sich der wahre Geschäftswille beider Parteien auf Heizkörper des Typs Inti richtete; falsa demonstratio non nocet, die falsche Bezeichnung ist also für das Zustandekommen des Vertrags unschädlich => Der Kaufvertrag kam wirksam über 10 Heizkörper des Typs Inti, nicht des Typs Helios zustande, K hat keinen Anspruch auf 10 Heizkörper des Typs Helios
Fall: A kauft sich eine Karte für ein Rockkonzert. Damit es richtig abgehen kann, findet das Konzert in einem Gewölbekeller statt. Als die Gruppe richtig loslegt, erleidet A wie auch 30 weitere Konzertbesucher einen Hörsturz. Er möchte wissen, ob er vom Konzertveranstalter V ein angemessenes Schmerzensgeld und den Ersatz der Heilkosten verlangen kann. V wendet ein, dass auf der Karte steht: Bei Rockkonzerten kann aufgrund der Lautstärke die Gefahr von Hör- und Gesundheitsschäden bestehen, für die der Veranstalter keinerlei Haftung übernimmt. A hatte die Karte beim Kauf erst in die Hand bekommen, als sie schon bezahlt war. Variante: Macht es einen Unterschied, wenn V die obige Klausel auch auf alle Kartenbestellformulare gedruckt und A sie daher schon bei der Bestellung bemerkt hatte?
Lösungsskizze: A. Zum Ausgangsfall I. Ansprüche des A gegen V auf Schadensersatz 1. Anspruch aus 280 I, 241 BGB 280 I BGB als selbständige Anspruchsgrundlage, A begehrt nicht Schadensersatz statt sondern neben der Leistung Bestehen eines Schuldverhältnisses (+), Konzertveranstaltervertrag ist vertragliches Schuldverhältnis mit Elementen aus dem Werkvertrags- und dem Mietvertragsrecht Verstoß gegen vertragliche Schutzpflicht (+), V hat die Konzertbesucher einer zu lauten Beschallung ausgesetzt Haftungsbegründende Kausalität (+) Verschulden (+), 280 I 2, 276 II BGB, V hat die im Verkehr übliche Sorgfalt außer Acht gelassen Haftungsausfüllende Kausalität (+) Ersatzfähiger Schaden (+), 249 II 1 BGB Kein wirksamer Haftungsausschluss (+), Klausel ist AGB i.s.v. 305 I BGB, aber nicht wirksam einbezogen worden nach 305 II, III, 305a BGB, dadurch nicht gültig, vertragliches Schuldverhältnis nach 306 BGB aber gleichwohl wirksam. Mitverschulden (+/-), 254 I BGB, Quotelung LG Trier NJW 1993, 1474 ff.: 1/5 hat A selbst zu tragen. => der Anspruch besteht je nach Höhe der von A nicht selbst zu tragenden Quote
Lösungsskizze (Fortsetzung): A. Zum Ausgangsfall I. Ansprüche des A gegen V auf Schadensersatz 2. Anspruch aus 823 I BGB Verletzung eines von 823 I BGB geschützten Rechtsguts (+), Körper, Gesundheit Haftungsbegründende Kausalität, Zurechnungszshg. (+) zwischen Verkehrspflichtverletzung des V und eingetretener Rechtsgutsverletzung Widerrechtlichkeit (+), Verkehrspflichtverletzung durch den räumlichen Verhältnissen nicht angepasste Lautstärke der Musik, kein Rechtfertigungsgrund Verschulden (+), 276 II BGB Haftungsausfüllende Kausalität (+) zwischen Rechtsgutsverletzung und geltend gemachtem Schaden Ersatzfähiger Schaden (+), 249 II 1 BGB Kein wirksamer Haftungsausschluss (+) s.o. Mitverschulden (+/-), 254 I BGB, s.o. => der Anspruch besteht je nach angenommener Quote des Mitverschuldens Beachte: Weitere Ansprüche kommen in Betracht (z.b. 823 II BGB i.v.m. 229, 13 StGB), sollen hier aber aus didaktischen Gründen unerörtert bleiben.
Lösungsskizze (Fortsetzung): A. Zum Ausgangsfall II. Anspruch des A gegen V auf Schmerzensgeld aus 253 II BGB Wegen der Verletzung des Körpers und der Gesundheit von A ist Schadensersatz zu leisten (+), s.o. Angenommenes Mitverschulden nach 254 I BGB ist auch insoweit beachtlich, obwohl Wortlaut des 254 I BGB nicht genau passt, sondern nur von Schadensersatz spricht. Das Mitverschulden ist in die von 253 II BGB geforderte Billigkeitsabwägung einzubeziehen. Die Haftungsausschlussklausel ist nicht wirksam einbezogen worden und daher kein Vertragsinhalt, s.o. => Der Anspruch besteht, die genaue Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes würde in der Klausur nicht gefordert, es genügt dann der Hinweis, dass das Mitverschulden bei der Bemessung des Schmerzensgeldes im Rahmen der Billigkeitserwägungen berücksichtigt werden muss.
Lösungsskizze (Fortsetzung): B. Zur Abwandlung I. Ansprüche des A gegen V auf Schadensersatz 1. Anspruch aus 280 I, 241 BGB Bestehen eines Schuldverhältnisses (+), s.o. Verstoß gegen vertragliche Schutzpflicht (+), s.o. Verschulden (+), s.o. Haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität (+), s.o. Ersatzfähiger Schaden (+), s.o. Kein wirksamer Haftungsausschluss (+), AGB-Klausel (s.o.) ist zwar hier -anders als oben- wirksam einbezogen worden gemäß 305 II Nr. 1 BGB. Sie hält aber der Inhaltskontrolle wegen 309 Nr. 7 a) BGB nicht Stand, sondern ist unwirksam. Wirksamkeit des vertraglichen Schuldverhältnisses davon aber nach 306 BGB nicht betroffen. Mitverschulden (+/-), 254 I BGB, s.o. => Der Anspruch besteht je nach Höhe der von A nicht selbst zu tragenden Quote; Unterschied: Haftungsausschlussklausel einbezogen worden, aber inhaltlich unwirksam
Lösungsskizze (Fortsetzung): B. Zur Abwandlung I. Ansprüche des A gegen V auf Schadensersatz 2. Anspruch aus 823 I BGB Alle Voraussetzungen wie oben (A.I.2.) gegeben (+) Einziger Unterschied: Kein wirksamer Haftungsausschluss aus demselben Grund wie bei B.I.1. => Der Anspruch besteht je nach angenommener Quote des Mitverschuldens, Unterschied s.o. II. Anspruch des A gegen V auf Schmerzensgeld aus 253 II BGB Alle Voraussetzungen wie oben (A.II.) gegeben (+) Einziger Unterschied: Kein wirksamer Haftungsausschluss aus demselben Grund wie bei B.I.1. => Der Anspruch besteht, bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist im Rahmen der Billigkeitserwägungen das Mitverschulden zu berücksichtigen. Unterschied, s.o.