Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: V R 54/04

Ähnliche Dokumente
UStG 1991/1993/ Nr. 14 Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c

UStG Nr. 14 Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c SGB V 20, 92, 124 Abs. 2

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: V R 49/00

UStG Abs. 1 Buchst. a Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 8, Art. 6 Abs. 5 UStG Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG , 418).

J U N I W I N H E L L E R R E C H T S A N W Ä L T E. Umsatzsteuerbefreiung für ambulante Pflegedienste

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VIII R 9/11

S E P T E M B E R W I N H E L L E R R E C H T S A N W Ä L T E

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VIII R 87/03

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: I R 42/06

BUNDESFINANZHOF. UStG Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG Abs. 5 Nr. 4 Richtlinie 77/388/EWG Art. 27 Abs. 5 UStDV , 38

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VIII R 86/98

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VIII R 47/01

Gutachtertätigkeit einer Krankenschwester unterliegt der Umsatzsteuer

NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT

BFH Urteil vom V R 62/06 (veröffentlicht am )

Vorinstanz: FG Berlin vom 18. März K 7516/01 (EFG 2003, 887)

Steuerbare Leistungen eines Sportvereins

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: II R 10/00

BUNDESFINANZHOF. EStG 9 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 21 Abs. 2, 52 Abs. 21 Satz 2. Urteil vom 12. Oktober 2005 IX R 28/04

Zuordnung von Darlehenszinsen als Werbungskosten bei gleichzeitiger Finanzierung eigengenutzter und vermieteter Wohnungen

3. Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR 1999 enthält keine Wertfestsetzung einer obersten Finanzbehörde eines Landes i.s. des 8 Abs. 2 Satz 8 EStG.

BFH-Urteil vom (XI R 53/06) BStBl II S. 647

BUNDESFINANZHOF. EStG 3 Nr. 16. Urteil vom 27. April 2001 VI R 2/98. Vorinstanz: Thüringer FG (EFG 1997, 596)

BFH: Tanzkurse nicht nach 4 Nr 22 UStG von der Umsatzsteuer befreit

Neues Urteil des Bundesfinanzhofes zur Umsatzsteuer bei Schönheitsoperationen

Die Vereinnahmung eines Reugeldes für den Rücktritt vom Kaufvertrag über ein Grundstück des Privatvermögens ist nicht steuerbar.

BFH, Urteil vom I R 98/93 - BStBl II 1995, 419. KStG Abs. 3 S 2, EStG 6a. Rechtszug vorgehend FG München K 4190/90

Kurzleitsatz: Ermittlung des Erhöhungsbetrags nach 8 Abs. 2 Satz 3 EStG; Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte; Pendler; Erhöhungsbetrag

Finanzgericht München

Leitsätze. Tatbestand

EStG 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c, Satz 2, 63 Abs. 1 Satz 2. Urteil vom 23. Februar 2006 III R 8/05, III R 46/05

Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei vorübergehender Abordnung oder Versetzung

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VI R 94/10

BUNDESFINANZHOF. EStG 24 Nr. 1 Buchst. a, 34 Abs. 2 Nr. 2. Urteil vom 13. August 2003 XI R 18/02

Paragraphenkette: AO (1977) 42, EStG 9 Abs. 1 S. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1. Entscheidungsform: Datum:

BFH Urteil vom VIII R 10/09 (veröffentlicht am )

1 Aus der Rechtsprechung

Bundesarbeitsgericht Beschl. v , Az.: 9 AZN 892/05

Tenor. Tatbestand. FG München, Beschluss v V 1110/14

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VII R 59/02

EStG 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 GewStG 2 Abs. 1, 3 Nrn. 6 und 20 AO 67 Abs. 1 und 2 GG Art. 3 Abs. 1

Einkommensteuer-Info Februar 2015

Werbungskostenabzug bei nur teilweiser Weiterverwendung eines Darlehens für neuen Immobilienkauf

Vorsteuerabzug hinsichtlich Installation einer Photovoltaikanlage auf Dach eines Carports

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VI R 23/10

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: X R 29/02

Gesellschafter: Nichtgeltendmachen eines Aufwendungsersatzanspruchs in der Krise als darlehensähnliche Kreditierung

Vorinstanz: FG Köln vom 26. Oktober K 2682/02 (EFG 2005, 1773) Gründe

zurück zur Übersicht Vermittlungstätigkeit gesetzlicher Krankenversicherungen für private Zusatzversicherungsverträge als Betrieb gewerblicher Art

BUNDESFINANZHOF. EStG Abs. 1 Nr. 6 Satz 2. Urteil vom 12. Oktober 2005 VIII R 87/03

beurteilen (Änderung der Rechtsprechung; Anschluss an die

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: III R 27/04

Finanzgericht Münster, 15 K 2469/13 U

BFH v , VIII R 18/09 Wertpapiere als gewillkürtes Betriebsvermögen einer freiberuflichen Praxis. Tatbestand

BFH Urteil vom AZ. I R 21/03 vorgehend: FG München, Außensenate Augsburg EFG, 2002, 941. Leitsatz

Erzeugung von Strom und Wärme durch Blockheizkraftwerk im selbst genutzten Einfamilienhaus

Bundesfinanzhof Urt. v , Az.: VII R 6/07

Bauträger sind nicht (mehr) Steuerschuldner gemäß 13b UStG

Bundessozialgericht Urt. v , Az.: B 12 KR 14/05 R

BUNDESFINANZHOF Urteil vom , VI R 11/11

Geschäftsanteil: Veräußerungsverlust erst nach Wirksamkeit der Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils

2. Eine vom Kind als Arbeitnehmer aufgesuchte arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung stellt keine regelmäßige Arbeitsstätte dar.

Weitere Informationen zu Rückstellungen für Archivierung auf pfund.de

DNotI. Dokumentnummer: 10r46_01 letzte Aktualisierung:

BFH-Leitsatz-Entscheidungen

Finanzgericht Köln, 10. Senat Urteil vom Aktenzeichen 10 K 3712/04

DNotI. Dokumentnummer: 1b107_08 letzte Aktualisierung: BFH, I B 107/08 RDG 1; FGO 62; ZPO 78

Leitsätze. Tatbestand

Bundesfinanzhof, Urteil vom VIII R 47/01. Gründe

2. Es besteht eine Obliegenheit des Leistungsempfängers, sich über die Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu vergewissern.

Steuerberechnung/vereinnahmtes Entgelt (Istversteuerung)

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 7 AZR 131/04

Nur per Oberste Finanzbehörden der Länder. - -Verteiler U Verteiler U 2 -

Tenor. Tatbestand. FG München, Urteil v K 3859/07

BUNDESFINANZHOF. BFH-Urteil vom , I R 220/82. Vorinstanz: FG des Saarlandes. EStG Abs. 4.

Finanzgericht München

A P R I L W I N H E L L E R R E C H T S A N W Ä L T E. Ist Arbeitsvermittlung umsatzsteuerfrei und gemeinnützig?

Leitsätze. Tatbestand

Leitsätze. Tatbestand

FG Münster 9. Senat Urteil vom AZ. 9 K 4626/01 K,G,F

Berufungsentscheidung

J U N I W I N H E L L E R R E C H T S A N W Ä L T E

Gründe. BFH v III R 74/05

FG Brandenburg 1. Senat Vorlegungsbeschluss vom AZ. 1 K 692/05. Leitsatz

Bundesarbeitsgericht Urt. v , Az.: 9 AZR 437/99

Reichweite des Anscheinsbeweises beim Alleingeschäftsführer einer GmbH

Streitig ist, ob die Übernahme von Steuerberatungskosten im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung zu Arbeitslohn führt.

Geschäftsanteil: Erhöhung der Anschaffungskosten einer GmbH- Beteiligung durch verlorenes Sanierungsdarlehen

Bundessozialgericht Urt. v , Az.: B 12 KR 4/09 R

Newsletter Umsatzsteuer-Info November 2015

FINANZGERICHT DES LANDES BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Leitsätze. Tatbestand


Einkommensteuer/Doppelbesteuerung Grenzgänger zur Schweiz: Mehrtägige Rufbereitschaft bei Krankenhauspersonal

Finanzgericht München

Mehraufwendungen für eine notwendige Begleitperson auf einer Urlaubsreise von Körperbehinderten als außergewöhnliche Belastung

Im Namen des Volkes U R T E I L. In dem Rechtsstreit. gesonderter Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen

DNotI. Dokumentnummer: 2r27_07 letzte Aktualisierung: BFH, II R 27/07. ErbStG 9 Abs. 1

Finanzgericht München

Transkript:

Bundesfinanzhof Urt. v. 10.03.2005, Az.: V R 54/04 Umsatzsteuer: Ernährungsberater steht vor dem Fiskus wie ein Arzt Ein Ernährungsberater (Oecotrophologe), der Beratungen in Gruppenkursen oder als Einzelberater mit Personen durchführt (Diättherapie), die ihm durch ärztliche Verordnung oder durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen zugewiesen worden sind, muss auf die dafür direkt von den Behandelten erhaltenen Honorare keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Die Honorare sind ähnlich wie Umsätze eines Arztes, Zahnarztes, Heilpraktikers oder aus einer anderen heilberuflichen Tätigkeit umsatzsteuerfrei. Voraussetzung: Der Berater erbringt eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin und besitzt die dafür erforderlichen Befähigungsnachweise (was hier der Fall war). Quelle: Wolfgang Büser Steuerbefreiung für Leistungen eines Ernährungsberaters; Beschränkung des personenbezogenen Befreiungselements auf den ärztliche oder arztähnliche Leistungen Ausführenden; Begriff der "Heilbehandlung"; Gutachtentätigkeit als "heilberufliche Tätigkeit"; Indizien für das Vorliegen eines entsprechenden beruflichen Befähigungsnachweises Gericht: BFH Entscheidungsform: Urteil Datum: 10.03.2005 Referenz: JurionRS 2005, 16911 Aktenzeichen: V R 54/04 ECLI: [keine Angabe] Verfahrensgang: vorgehend: FG Köln - 07.09.2004 - AZ: 8 K 3895/02 Rechtsgrundlagen: 4 Nr. 14 UStG 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG 124 Abs. 2 SGB V Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG vom 17. Mai 1977 Fundstellen: BB 2005, 1670 (amtl. Leitsatz) BFH/NV 2005, 1722-1724 (Volltext mit amtl. LS) BStBl II 2005, 669-671 (Volltext mit amtl. LS) DB 2005, VII Heft 30 (amtl. Leitsatz) DB 2005, 1834 (amtl. Leitsatz) DStR 2005, VIII Heft 30 (Kurzinformation) DStRE 2005, 966-968 (Volltext mit amtl. LS) 1 2017 aok-business.de - PRO Online, 23.10.2017

DStZ 2005, 544-545 (Kurzinformation) HFR 2005, 1008-1010 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.) INF 2005, 649-650 KÖSDI 2005, 14742-14743 (Kurzinformation) MedR 2005, 713 NWB 2006, 4068 (Kurzinformation) NWB 2005, 2528 (Kurzinformation) NZG 2005, V Heft 16 (Kurzinformation) SJ 2005, 11 stak 2005 StB 2005, 327 StBW 2005, 4 SteuerBriefe 2005, 1158-1159 UR 2005, 674-677 (Volltext mit amtl. LS) UStB 2005, 293 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.) UVR 2005, 283 Amtlicher Leitsatz: BFH, 10.03.2005 - V R 54/04 Führt ein Dipl.-Oecotrophologe (Ernährungsberater) im Rahmen einer medizinischen Behandlung (aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme) Ernährungsberatungen durch, sind diese Leistungen nach 4 Nr. 14 UStG steuerbefreit. Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Dipl.-Oecotrophologe (Ernährungsberater) und als solcher seit 1984 unternehmerisch tätig. Seit 1997 erzielt er außerdem geringfügige steuerpflichtige Vermietungsumsätze. 2 Der Kläger übte seine ernährungsberatende Tätigkeit in den Streitjahren zunächst als freier Mitarbeiter bei Krankenkassen auf Honorarbasis aus. Ausweislich eines "Ernährungsberatungsvertrages" mit der Innungskrankenkasse (IKK) M führte der Kläger dort Ernährungsberatungen im Rahmen von Gruppenkursen oder als individueller Einzelberater mit Personen durch, die ihm durch ärztliche Verordnung oder durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen aufgrund sozial-medizinischer Begutachtung zugewiesen worden waren. Seine Aufgabe bestand darin, aufgrund des diagnostizierten Krankheitsbildes (z.b. Therapie zur Reduktion von Übergewicht, von Bulimie, zur Linderung und Heilung von Leberzirrhose, Fettsucht und anderer ernährungsbedingter Erkrankungen) eine geeignete Ernährungstherapie zu planen und an deren 2 2017 aok-business.de - PRO Online, 23.10.2017

Durchführung mitzuwirken. Daneben war eine zusätzliche vergütete Teilnahme des Klägers als Ernährungsberater auf Messen, Gesundheitstagen und Tagen der offenen Tür vereinbart. 3 Seit In-Kraft-Treten der Gesundheitsstrukturreform zum 1. Januar 1997 vereinnahmte der Kläger seine Honorare unmittelbar von den von ihm beratenen Personen, die insoweit im Rahmen sozial-rechtlicher Regelungen teilweise einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber den Krankenkassen geltend machen konnten. 4 Nachdem der Kläger den Beklagten und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) mit Schreiben vom 7. November 1985 unter Hinweis auf die Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungen um Freistellung von der Umsatzsteuer gebeten und hierauf keine Antwort erhalten hatte, deklarierte er, wie bereits für 1984 und 1985 geschehen, seine Honorare auch ab 1986 lediglich im Rahmen der Einkommensteuererklärungen als solche aus selbständiger beratender Tätigkeit; dementsprechend stellte er in seinen Ausgangsrechnungen keine Umsatzsteuer in Rechnung. Erstmals für die Jahre 1997, 1998 und 2000 reichte der Kläger mit Rücksicht auf seine Vermietungsumsätze Umsatzsteuererklärungen ein. Der Kläger sieht seine Auffassung bestätigt durch die Bescheinigung der IKK M vom 9. September 1999, wonach er für die IKK M als freier Mitarbeiter auf Honorarbasis tätig geworden ist, sowie durch die mit Schreiben vom 11. August 1999 beispielhaft vorgelegten verschiedenen ärztlichen Atteste und Bescheinigungen. 5 Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 vertrat das FA die Auffassung, die Umsätze des Klägers aus der Ernährungsberatung unterlägen der Umsatzsteuer, weil die Ernährungsberatung keine i.s. von 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993/1999 (UStG) i.v.m. 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ähnliche heilberufliche Tätigkeit sei. Es rechnete demgemäß die Umsatzsteuer aus den Rechnungsbeträgen heraus und erfasste sie unter Berücksichtigung geltend gemachter Vorsteuerbeträge in den geänderten Umsatzsteuerbescheiden für 1996 bis 1998 und in den erstmaligen Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1992 bis 1994 sowie für das Jahr 2000. 6 Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der sich der Kläger gegen die Besteuerung der Umsätze aus seiner Tätigkeit als Ernährungsberater wandte, hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2005, 71 abgedruckt. 7 Das FG vertrat im Wesentlichen die Auffassung, der Beruf des Klägers als Dipl.-Oecotrophologe entspreche in wesentlichen Punkten dem eines praktischen Arztes und eines Heilpraktikers. 8 Der Kläger habe seinen Beruf auch, soweit ersichtlich, ausschließlich im therapeutischen Bereich ausgeübt. Wie sich aus den vom Kläger vorgelegten Attesten und Bescheinigungen sowie aus dem Vertrag mit der IKK M, ferner aus den fünf in der mündlichen Verhandlung übergebenen (allerdings nach 2000, dem letzten Streitjahr) ausgestellten Kassenbescheinigungen ergebe, seien die Leistungen des Klägers ganz oder zum Teil (als Zuschuss zu den Therapiekosten einzelner Patienten) von den Krankenkassen (direkt oder indirekt) übernommen worden. 9 Mit der Revision rügt das FA Verletzung von 4 Nr. 14 UStG. 10 Das FA hält im Wesentlichen unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 17. April 2000 IV D 2 -S 7170-7/00 (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2000, 258) die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß 4 Nr. 14 UStG nicht für gegeben. 11 Soweit der Kläger Ernährungsberatungskurse durchführe, stehe deren Beurteilung als Heilbehandlung entgegen, dass an diesen mehrere Personen teilnähmen und sich dies nicht mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) im Urteil vom 14. September 2000 Rs. C-384/98, D (Slg. 2000, I-6795, UR 2000, 432) vereinbaren ließe, wonach eine Heilbehandlung im Rahmen einer auf Vertrauen gründenden Beziehung zwischen Patient und Behandelndem ausgeführt werde, und diese Beziehung normalerweise in dessen Praxisräumen zum Tragen komme. 3 2017 aok-business.de - PRO Online, 23.10.2017

12 Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. 13 Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Entscheidungsgründe 14 II. 15 1. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG ( 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG sind Leistungen, die nicht aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsbehandlung durchgeführt werden, nicht nach 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. Nach 4 Nr. 14 Satz 1 UStG sind "die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i.s. des 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes " steuerfrei. 16 Zwar steht der Steuerbefreiung für die Umsätze des Klägers nicht entgegen, wenn er seine Leistungen nicht selbst gegenüber den Patienten, sondern sie als Subunternehmer gegenüber der Krankenkasse oder einer Versorgungs- oder Rehabilitationseinrichtung ausgeführt und abgerechnet hat. Denn die befreiten Umsätze sind weder nach 4 Nr. 14 UStG noch nach der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ( Richtlinie 77/388/EWG ) durch die Person des Leistungsempfängers definiert; vielmehr beschränkt sich das personenbezogene Befreiungselement auf den Leistenden, der Träger eines ärztlichen bzw. arztähnlichen Berufs sein muss (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. November 2004 V R 44/02, BStBl II 2005, 190; BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2004 V R 54/03, BStBl II 2005, 106). 17 2. 18 3. Die Steuerbefreiung nach 4 Nr. 14 UStG setzt aber bei richtlinienkonformer Auslegung voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und dass er dafür die erforderlichen Befähigungsnachweise besitzt (vgl. EuGH-Urteile vom 10. September 2002 Rs. C-141/00, Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, Slg. 2002, I-6833, UR 2002, 513 RandNr. 26 ff.; vom 6. November 2003 Rs. C-45/01, Christoph-Dornier-Stiftung, RandNr. 50, UR 2003, 585 [EuGH 06.11.2003 - C 45/01] ; BFH-Urteile vom 19. Dezember 2002 V R 28/00, BFHE 201, 330, BStBl II 2003, 532; vom 1. April 2004 V R 54/98, BFHE 205, 505, BStBl II 2004, 681; in BStBl II 2005, 190). Heilbehandlungen i.s. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG sind (nur) Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung (EuGH-Urteil Kügler in UR 2002, 513 RandNr. 40), Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Medizinische Leistungen, die nicht in der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung bestehen, fallen nach der Rechtsprechung des 4 2017 aok-business.de - PRO Online, 23.10.2017

EuGH nicht in den Anwendungsbereich; die befreiten Leistungen müssen der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen (EuGH-Urteile in UR 2003, 584 [EuGH 06.11.2003 - C 45/01] RandNr. 48; vom 20. November 2003 Rs. C-212/01, Margarete Unterpertinger, UR 2004, 70; vom 20. November 2003 Rs. C-307/01, Peter d'ambrumenil, UR 2004, 75; BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 27/03, BFHE 206, 471 [BFH 15.07.2004 - V R 27/03], BStBl II 2004, 862). Zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG hat der EuGH entschieden, die Regelung umfasse Leistungen, die außerhalb eines Krankenhauses im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient und Behandelnden erbracht werden, wobei diese Beziehung normalerweise in dessen Praxisräumen zum Tragen kommt (vgl. z.b. EuGH-Urteil vom 23. Februar 1988 Rs. 353/85, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1988, 831, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG, Rechtsspruch 9, Rdnr. 33). Zweck der Bestimmung ist es, die Kosten ärztlicher Heilbehandlung zu senken (z.b. EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-6833, UR 2002, 513 RandNr. 29). Nicht unter die Befreiung fallen danach Tätigkeiten, die nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes sind. 19 Die Feststellungen des FG ( 118 Abs. 2 FGO) erlauben keine abschließende Beurteilung der Tätigkeiten des Klägers. 20 a) 21 b) 22 c) 23 4. Die Ernährungsberatung (Diättherapie) erfüllt die Voraussetzungen einer Heilbehandlung und dient nicht nur der Befriedigung alltäglicher Lebensbedürfnisse, soweit der Bereich der Krankenbehandlung betroffen ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Juni 2000 B 6 KA 26/99 R, BSGE 86, 223). Die Steuerbefreiung kommt deshalb nur für Ernährungsberatungen in Betracht, welche der Kläger aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt hat; deren Umfang hat das FG nicht festgestellt. Ob die Leistungen des Klägers im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen als Heilbehandlung beurteilt werden können, kann der Senat mangels hinreichender Feststellungen des FG zu deren Gegenstand nicht abschließend beurteilen. Ob eine Gutachtentätigkeit, deren Kosten von einem Träger der Sozialversicherung erstattet werden, als "heilberufliche Tätigkeit" qualifiziert werden kann, richtet sich nach dem Gegenstand des Gutachtens, d.h. danach, ob es im unmittelbaren Zusammenhang mit einer heilberuflichen Behandlung steht (BFH-Urteil vom 28. Juni 2000 V R 72/99, BFHE 191, 463, BStBl II 2000, 554). Steuerfrei nach 4 Nr. 14 UStG sind deshalb z.b. die Begutachtungen für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, wenn sie den nach 275 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen obliegenden Prüfungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Behandlungs- oder Rehabilitationsmaßnahmen oder der Durchführung medizinischer Vorsorgeleistungen dienten. Leistungen, die nicht aufgrund ärztlicher Anordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsbehandlung durchgeführt werden, wie möglicherweise die Leistungen des Klägers als Ernährungsberater auf Messen, Gesundheitstagen und Tagen der offenen Tür, sind nicht nach 4 Nr. 14 UStG befreit. Entgegen der Auffassung des FA geht das FG zu Recht vom Vorliegen der erforderlichen beruflichen Qualifikation des Klägers für die Erbringung von Heilbehandlungen in Form der Ernährungsberatung aus. 5 2017 aok-business.de - PRO Online, 23.10.2017

24 Der erforderliche Nachweis der beruflichen Befähigung (ausführlich hierzu BFH-Urteile in BFHE 205, 505, BStBl II 2004, 681, und vom 22. April 2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849, m.w.n.) hängt nicht ausschließlich von einer --für Dipl.-Oecotrophologen, wie im Streitfall, nicht existierenden-- heilberufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung ab. 25 a) 26 b) 27 c) Vom Vorliegen der beruflichen Befähigung ist auszugehen bei der --vom FG im Streitfall allerdings nicht festgestellten-- Zulassung des jeweiligen Unternehmers oder der regelmäßigen Zulassung seiner Berufsgruppe gemäß 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Sozialversicherung (ausführlich BFH-Urteile in BFHE 205, 505, BStBl II 2004, 681, und in BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849, m.w.n.; vgl. BMF-Schreiben vom 28. Februar 2000 IV D 2 -S 7170-12/00, BStBl I 2000, 433; Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 Abschn. 90 ). Indiz für das Vorliegen eines entsprechenden beruflichen Befähigungsnachweises ist ferner die --vom FG nicht festgestellte-- Aufnahme der betreffenden Leistungen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen ( 92 SGB V ; ausführlich BFH-Urteile in BFHE 205, 505, BStBl II 2004, 681, und in BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849). Darüber hinaus hat der erkennende Senat entschieden, dass nach 4 Nr. 14 UStG 1993 steuerfreie Leistungen auch dann in Betracht kommen, wenn eine Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung auf Grund eines Versorgungsvertrages gemäß 11 Abs. 2, 23 Abs. 4, 40, 111 SGB V mit Hilfe von Fachkräften Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringt. In diesem Fall sind regelmäßig sowohl die Leistungen der Einrichtung als auch die Leistungen der hierzu nach Maßgabe des Versorgungs- oder Rehabilitationsvertrages qualifizierten Fachkräfte an diese Einrichtung steuerfrei (BFH-Urteil in BStBl II 2005, 190). 28 Das FG hat die berufliche Qualifikation des Klägers für die Durchführung von Heilbehandlungen in Form der Ernährungstherapie unter Berücksichtigung dessen bejaht, dass der Kläger ein Hochschulstudium der Oecotrophologie mit der Spezialisierung auf Ernährungswissenschaften mit der Diplomprüfung abgeschlossen hat und u.a. als Ernährungsberater aufgrund eines Ernährungsberatervertrages mit einer Krankenkasse sowie für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen tätig geworden ist. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Hinweis: Das Dokument wurde redaktionell aufgearbeitet und unterliegt in dieser Form einem besonderen urheberrechtlichen Schutz. Eine Nutzung über die Vertragsbedingungen der Nutzungsvereinbarung hinaus - insbesondere eine gewerbliche Weiterverarbeitung außerhalb der Grenzen der Vertragsbedingungen - ist nicht gestattet. 6 2017 aok-business.de - PRO Online, 23.10.2017