Gutachten. I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung. 1. Unterliegt das Testament - ausschließlich - den Formvorschriften des ägyptischen Rechts?

Ähnliche Dokumente
Gutachten. I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung

HINWEIS: Ab dem 1. April 2011 gilt in der VR China ein neues Gesetz zum IPR

DNotI. Gutachten-Abruf-Dienst. Gutachten des Deutschen Notarinstituts Abruf-Nr.: letzte Aktualisierung: 27. Oktober 2017

DNotI Deutsches Notarinstitut

DNotI Deutsches Notarinstitut

Gutachten. Kroatien; Güterstatut; Güterstand; Erbstatut; Erbengemeinschaft; Gütergemeinschaft. I. Zum Sachverhalt. II.

BGB 2255, 2254, 2247 Widerruf eines Testaments durch Entwertungsvermerk auf Umschlag, in dem Testament aufbewahrt wurde. I.

DNotI Deutsches Notarinstitut

Ass.-Prof. Dr. R. Fankhauser. Erbrecht. 15. Stunde, 19. Dezember Grundzüge des. Internationalen Erbrechts in der Schweiz. Erbrecht, WS 07/08

EGBGB Art. 25, 26 Russland: Gemeinschaftliches Testament mit Vor- und Nacherbfolge bei deutschrussischen

Das neue internationale Erbrecht der Europäischen Union

EGBGB Art. 25, 26 Brasilien: Gemeinschaftliches Testament/Erbvertrag eines deutsch-brasilianischen Ehepaares

EGBGB Art. 14, 15, 25, 26 Ukraine: Ehe- und Erbvertrag Ausschluss güterrechtlicher Ansprüche und von Unterhaltsansprüchen; Pflichtteilsverzicht

30. Mai 2016 Widerruf eines Testaments Wie geht das?

I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung. 3. Wäre ein vertraglicher wechselseitiger Pflichtteilsverzicht möglich?

EGBGB Art. 25, 26 Schweiz: Ehevertrag und Testament deutscher Ehegatten mit Wohnsitz in der Schweiz mit Rechtswahl. I. Sachverhalt

I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung. 1. Wie sieht das gesetzliche Erbrecht nach der Ehefrau aus? III. Zur Rechtslage

EGBGB Art. 25, 26, 6 Indien: Erbstatut und gesetzliche Erbfolge nach indischem Staatsangehörigen (Religionsgemeinschaft der Jainas) I.

EGBGB Art. 25, 26 Schweiz: Gesetzliche Erbfolge, Pflichtteilsrecht; Testamentsform

DNotI. Fax - Abfrage. Gutachten

EGBGB Art. 15; GBO 33 Kasachstan: Ehegüterrecht, Erwerb einer Immobilie in Deutschland zu Alleineigentum eines kasachischen Ehegatten. I.

Können die Ehegatten vorliegend erbvertragliche Verfügungen treffen, wobei die in den USA belegene Wohnung unberücksichtigt bleiben soll?

EuErbVO Art. 24 England: Beurkundung eines gemeinschaftlichen Testaments mit einem britischen Ehemann

Gutachten. I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung. 3. Wie ist das Rechtsverhältnis der Miterben nach griechischem Erbrecht gestaltet?

EGBGB Art. 26 USA: Beurkundung eines gemeinschaftlichen Testaments mit einem US-amerikanischen Ehemann; Auswirkungen der EUErbVO

EGBGB Art. 14,15, 17; BGB 1408, 1585c Brasilien; Ehevertrag (Gütertrennung, Ausschluss, Versorgungsausgleich, Unterhaltsverzicht) I.

DNotI. Dokumentnummer: 31wx20_10 letzte Aktualisierung: OLG M ünchen, W x 2 0/10. BGB 1945; BayAGGVG Art.

USA/New York; gesetzliche Vertretung einer Minderjährigen; vormundschaftsgerichtliche Genehmigung u. ä.; rechtsgeschäftliche Vollmacht

DNotI Deutsches Notarinstitut

1. Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht

EU-Erbrechtsverordnung. Law Days St. Gallen 2016

EGBGB Art. 14, 15 Rumänien: Güterstatut, Rechtswahl, Gütertrennung, nachehelicher Unterhalt, Versorgungsausgleich

Vorwort 5. Inhalt des Testaments 7. Eigenhändiges Testament 9. Öffentliches Testament 10. Nottestament 13. Gemeinschaftliches Testament 16

Erfordernis eigenhändiger Testamentserrichtung bei Pfeildiagramm verfehlt

Von Dr. Eric J.H. Moons, Advocaat in Brüssel und Leipzig

Gutachten. EGBGB Art. 22, 23; FGG 43b Österreich: Volljährigenadoption mit starker Wirkung (Stiefkindadoption) Sachverhalt

BGB 2332 Verjährung eines Pflichtteilsanspruches bzw. Pflichtteilsvermächtnisses

I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung

EGBGB Art. 14, 15, 17, 18 Serbien (und Montenegro): Ehevertrag eines deutsch-serbischen Ehepaares. Sachverhalt. Fragen

Gutachten. EGBGB Art. 22 Vietnam: Adoption eines minderjährigen Vietnamesen mit Aufenthalt in Deutschland durch vietnamesisches Ehepaar

EGBGB Art. 25, 26 USA/Colorado: Anerkennung eines US-amerikanischen Erbscheins im Grundbuchverfahren

EGBGB Art. 25, 26, Albanien: Erbstatut; Flüchtlingsrecht; Pflichtteilsrecht; Erbvertrag

Rechtswahl nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO)

Das wichtigste Mittel der Nachfolgeplanung ist das Testament. Das Testament ist wie der Erbvertrag rechtlich eine letztwillige Verfügung.

1. Hemmung der Ausschlagungsfrist wegen höherer Gewalt

DNotI Deutsches Notarinstitut

BGB 1943, 1944, 1822 Nr. 1, 1643 Erbschaftsausschlagung durch minderjährigen Erben mit Wohnsitz in Italien nach deutschem Erblasser. I.

DNotI. Dokumentnummer: Erstelldatum: EGBGB Art. 15, 25, 26 Türkei; Ehevertrag; Erbverzicht. I. Sachverhalt

EGBGB Art. 25, 26, 15 Griechenland: Erbstatut und gesetzliche Erbfolge nach griechischem Moslem (Thrakien)

I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung

Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht

EGBGB Art. 25; BGB 2197 ff. Schottland: Anerkennung eines executor als Testamentsvollstrecker hinsichtlich des in Deutschland belegenenen Nachlasses

EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO)

Erbrecht. Internationales Erbrecht. Thomas Maulbetsch. Kurseinheit 11. Hagener Wissenschaftsverlag Stand: Oktober Auflage

Merkblatt zum Ehe- und Erbvertrag

I. Sachverhalt. II. Fragen. 1. Welche formalen und inhaltlichen Aspekte sind zu beachten? III. Zur Rechtslage

1. Gilt für das Ehegüterrecht das deutsche Recht oder das von Kamerun? 2. Welches Recht gilt für Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalt?

DNotI Deutsches Notarinstitut

DNotI Deutsches Notarinstitut

HINWEIS: Ab dem 1. April 2011 gilt in der VR China ein neues Gesetz zum IPR

HINWEIS: Ab dem 1. April 2011 gilt in der VR China ein neues Gesetz zum IPR. I. Zum Sachverhalt

Erbrecht Neu. u Mit dem Erbrechtsänderungsgesetz 2015 wurde das in weiten Teilen seit 200 Jahren bestehende Erbrecht in Österreich reformiert

I. Sachverhalt. II. Fragen

EGBGB Art. 25, 25 USA/Idaho; Vererbung von Restitutionsansprüchen; testamentary trust. I. Zum Sachverhalt

[1] Dr. Jacoby IPR Einführung I. 1. Def. Internationales Privatrecht?

PD Dr. Daniel Effer-Uhe. Erbrecht

EGBGB Art. 25, 26; BGB 2274, 2300 ff. Tschechien, Erbstatut, Erbvertrag, Rechtswahl, Formstatut, Pflichtteil. I. Zum Sachverhalt

EGBGB Art. 15, 17 Abs. 3, 18, 25, 26 Kolumbien: vorehelicher Ehe- und Erbvertrag zwischen einem Deutschen und einer Kolumbianerin. I.

Internationales Privatrecht. Einheit 3: Finessen des Kollisionsrechts

Examinatorium Erbrecht. Titz/Zott. Fall 1 Gesetzliche Erbfolge. Hinweis: Verhältnis von gewillkürter und gesetzlicher Erbfolge

IPR Allgemeiner Teil

1. Wer vertritt das minderjährige Kind im rechtsgeschäftlichen Verkehr?

Vertiefung im Internationalen Privatrecht. Internationales Familienrecht 2 Eheschließung

DNotI Deutsches Notarinstitut

Absicherung durch Testament, Erbvertrag oder Schenkung

DNotI. Gutachten-Abruf-Dienst. Gutachten des Deutschen Notarinstituts Abruf-Nr.: letzte Aktualisierung: 25. November 2013

Letzter Wille als neuer Anfang Die Testaments - Spende Dr. Thomas Curdt LL.M. (Cambridge)

Mindestwirkungen von Trusts

DNotI Deutsches Notarinstitut

Internationales Privatrecht. Einheit 2: Mechanik des Kollisionsrechts

EGBGB Art. 14, 15, 17, 18, 25, 26 Tschechien: Ehe- und Erbvertrag eines deutsch-tschechischen Ehepaares. Sachverhalt

EGBGB Art. 14, 15, 25, 26 Ukraine: Ehevertrag mit Rechtswahl, Erbvertrag und Pflichtteilsverzicht. I. Sachverhalt

Die Testierfähigkeit im Internationalen Privatrecht

Einfluss der neuen EuErbVO auf deutsch-argentinische Sachverhalte

Internationales Privatrecht Allgemeine Lehren

Verwandte 3. Ordnung. dem Erblasser Tochter Sohn Adoptivkind Enkelin (von Sohn und Tochter) Enkel (von Sohn und Tochter) dem Erblasser

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Unterhalt für im EU-Ausland lebendes Kind Deutscher Bundestag WD /17

Mögliche Änderungen im nationalen und internationalen Erbrecht unverbindliche Übersicht

Testament und Testierfähigkeit

Klienteninformation 02/2016

IPR Allgemeiner Teil

Repetitorium Familien- und Erbrecht. testamentarische Erbfolge

Nichtigkeit einer allein durch Dritten zu bestimmenden Erbeinsetzung

BGB 1371, 1931; EGBGB Art. 4 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2, 15 Abs. 1

IPR Allgemeiner Teil

Gutachten. I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung. 1. Welches Erbstatut ist anwendbar? Welche Rechtswahlmöglichkeiten bestehen?

ERBRECHT. Arno Steinwender

Gesetzliche Erbfolge. A. Erbrecht der Abkömmlinge

Auswirkungen auf den beabsichtigten Grundstückskaufvertrag könnten sich aus dem anzuwendenden Güterrecht ergeben.

BGB 138, 518, 535, 598, 2287, 2301 Unwirksamkeit einer Nutzungsüberlassung auf Lebenszeit an die Lebensgefährtin; Herausgabeanspruch der Alleinerbin

Transkript:

DNotI Fax - Abfrage Deutsches Notarinstitut Gutachten des Deutschen Notarinstitut Dokumentnummer: 1455# letzte Aktualisierung: 14. Juni 2004 Gutachten Ägypten, Testament, Formstatut I. Zum Sachverhalt Der Erblasser war ägyptischer Staatsangehöriger. Sein ständiger Wohnsitz war Hamburg. Er verfügte lediglich in Deutschland über Immobilien. Sämtliche Eltern und Geschwister sind vorverstorben, sowohl in Deutschland als auch in Ägypten leben Neffen und Nichten. Der Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet mit einer deutschen Staatsangehörigen. Diese Ehefrau ist vorverstorben. In erster Ehe war er in Ägypten ebenfalls mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet, von dieser wurde er jedoch im Jahre 1975 geschieden. Der Erblasser hat in der Bundesrepublik Deutschland eine letztwillige Verfügung in notarieller Form errichtet. In dieser hat er eine Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB für sein im Inland belegenes unbewegliches Vermögen erklärt. In diesem hat der ägyptische Erblasser die Ehefrau seines verstorbenen Cousins als Vorerbin für seinen in Hamburg belegenen Immobilienbesitz bedacht. Drei Wochen vor dem Ableben des Erblassers ist jedoch ein handschriftlich verfaßtes Testament erschienen, an dessen Wirksamkeit erhebliche Zweifel bestehen. Feststehen dürfte, daß der Erblasser den Testamentstext nicht selbst verfaßt hat, womöglich aber (zumindest) die Unterschrift geleistet hat. II. Fragestellung 1. Unterliegt das Testament - ausschließlich - den Formvorschriften des ägyptischen Rechts? Deutsches Notarinstitut Kaiserstraße 23 97070 Würzburg Telefon 09 31 / 3 55 76-0 Telefax 09 31 / 3 55 76-225

Seite 2 2. Sind diese Formvorschriften gewahrt? 3. Welche Auswirkungen hat das Testament im Falle seiner Rechtsgültigkeit auf das vorliegende notarielle Testament zugunsten der deutschen Erben? III. Zur Rechtslage 1. Das auf die Form einer letztwilligen Verfügung anzuwendende Recht Die Formgültigkeit einer letztwilligen Verfügung beurteilt sich aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland nach dem Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom 5.10.1961. Art. 1 des TestÜbk sieht alternativ verschiedene Anknüpfungsmöglichkeiten in favorem testamenti vor: Art. 1. (1) Eine letztwillige Verfügung ist hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn diese dem innerstaatlichen Recht entspricht: a) des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat, oder b) eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes besessen hat, oder c) eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz gehabt hat, oder d) des Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, oder e) soweit es sich um unbewegliches Vermögen handelt, des Ortes, an dem sich dieses befindet. (2) Ist die Rechtsordnung, die auf Grund der Staatsangehörigkeit anzuwenden ist, nicht vereinheitlicht, so wird für den Bereich dieses Übereinkommens das anzuwendende Recht durch die innerhalb dieser Rechtsordnung geltenden Vorschriften, mangels solcher Vorschriften durch die engste Bindung bestimmt, die der Erblasser zu einer der Teilrechtsordnungen gehabt hat, aus denen sich die Rechtsordnung zusammensetzt.

Seite 3 (3) Die Frage, ob der Erblasser an einem bestimmten Ort einen Wohnsitz gehabt hat, wird durch das an diesem Ort geltende Recht geregelt. Das Haager TestÜbk ist als loi uniforme gem. Art. 6 unabhängig von der Gegenseitigkeit, d. h. unabhängig davon, ob im konkreten Fall Ägypten das Abkommen ratifiziert hat oder nicht, anzuwenden. Es regelt neben der wirksamen Errichtung letztwilliger Verfügungen gem. Art. 2 auch die Formgültigkeit des Widerrufs einer letztwilligen Verfügung. Insoweit wird auch der Widerruf einer letztwilligen Verfügung hinsichtlich seiner Form nach Art. 1 beurteilt. 2. Holographische Form Privat errichtete Testamente müssen nach deutschem Recht gem. 2247 in holographischer Form erfolgen. Dies setzt neben einer unterschriebenen Erklärung auch eine eigenhändig geschriebene Erklärung voraus. Sofern der Erblasser das Testament lediglich unterschrieben, aber nicht geschrieben hat, wäre demzufolge das Testament formunwirksam. Die Ortsform wäre nicht gewahrt. Ob der Erblasser allerdings sein Testament eigenhändig geschrieben hat, kann hier nicht beurteilt werden. 3. Wahrung des Heimatrechts Das Haager TestÜbk läßt gem. Art. 1 Abs. 1 lit. b neben der Wahrung der Ortsform aber insbesondere auch zu, daß die Form gewahrt wird, welche das Recht der Staatsangehörigkeit des Erblassers vorsieht. Da der Erblasser ägyptischer Staatsangehöriger war, stellt sich die Frage, ob die Formvorschriften des ägyptischen materiellen Rechts eingehalten wurden. Die mit letztwilligen Verfügungen zusammenhängenden Fragen sind in Ägypten in dem Gesetz Nr. 1/1946 vom 24.6.1946 über die Testamente geregelt (IPG Hamburg vom 30.11.1981, 1980/81 Nr. 42; Loutfi, Juris-Classeur Droit Comparé, Egypte, fasc. 2, Succession donation nationalité, Conflit de lois, 1996, Anm. 88). Art. 2 dieses Testamentsgesetzes bestimmt: Art. 2 Le testament se forme par l expression verbale ou écrite. Si le testateur est incapable de s exprimer par un de ces modes, il peut manifester sa volonté au moyen de signe intelligible.... Pour l effet survenus à partir de l année 1911, ces actions ne seront recevables que lorsque l allégation est confirmée par des documents

Seite 4 authentiques ou entièrement écrits et signés de la main même du de cujus, ou lorsque le testament ou sa révocation porte la signature légalisée du testateur. (Text: IPG 1980/81 Nr. 42, S. 362). Das ägyptische Recht kennt in Übereinstimmung mit anderen islamischen Rechten damit keine besondere Form für eine letztwillige Verfügung. Selbst das mündliche Testament ist damit zulässig (Loutfi, a. a. O., Anm. 89). Das schriftliche Testament erfordert danach die Unterschrift des Erblassers, unbedeutend ist hingegen, ob es vollständig oder teilweise durch den Testator redigiert wurde oder ob seine Unterschrift legalisiert wurde oder nicht (Loutfi, a. a. O., Anm. 90). Demnach wäre die letztwillige Verfügung dann als formwirksam zu betrachten, wenn sie vom Testator lediglich unterschrieben wurde. Das Testamentsgesetz sieht aber in Art. 2 Abs. 3 weiter vor, daß im Fall von gerichtlich geltend gemachten Erbansprüchen das behauptete Erbrecht durch offizielle Urkunden, durch handgeschriebene und vom Erblasser unterzeichnete Unterlagen oder durch ein Testament nachgewiesen wird, das die legalisierte Unterschrift des Erblassers trägt. Unterstellt man vorliegend, daß die letztwillige Verfügung nicht vom Erblasser handgeschrieben, sondern lediglich unterzeichnet worden ist, so würde demzufolge die letztwillige Verfügung nicht ausreichen, um Erbansprüche gerichtlich geltend zu machen (vgl. Loutfi, a. a. O., Anm. 91; Nasir, The Islamic Law of Personal Status, 2. Aufl. 1990, S. 265: To this Hanafi opinion, the Egyptian and Kuwaiti legislators add the Maliki opinion that certification is a condition for the validity of contracts for no consideration, requiring a written document for any suit to confirm a will if it is disputed. ). Sofern das Gesetz auch eine handgeschriebene und vom Erblasser unterschriebene Unterlage verlangt, bedeutet dies nicht, daß dies ein Testament selbst darstellt. Aus der handgeschriebenen und unterschriebenen Erklärung muß lediglich hervorgehen, daß es einen Bezug auf die letztwillige Verfügung enthält. Diese Problematik kann allerdings dahingestellt bleiben. Fraglich ist jedoch, wie Art. 2 Abs. 3 des Testamentsgesetzes zu qualifizieren ist. Versteht man Art. 2 Abs. 3 Testamentsgesetz als prozessuale Vorschrift, so wäre sie in der Bundesrepublik Deutschland nicht anwendbar. Qualifiziert man sie hingegen als indirekte Formvorschrift für letztwillige Verfügungen, so müßte sie auch bei uns Beachtung finden. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist nach h. M. die lex fori (BGHZ 47, 332; Palandt/Heldrich, 57. Aufl. 1998, Einl. vor Art. 3 Rn. 27). Danach gilt, daß ein Systembegriff, den eine Kollisionsnorm unseres IPR benutzt, alle Rechtsinstitute des in- und ausländischen materiellen Rechts umfaßt, die im inländischen materiellen Recht unter diesen Systembegriff fallen (Kegel, IPR, 7. Aufl. 1995, S. 246). Insoweit gilt, daß der materiell-rechtliche Gehalt der ausländischen Regelung zu prüfen ist. Entscheidend ist, ob das ausländische Rechtsinstitut den Verweisungsbegriff der deutschen Kollisionsnorm funktionell adäquat ist, wobei als Prüfstein dienen kann, in welchem systematischen Zusammenhang das deutsche materielle Rechte die

Seite 5 betreffende Frage regeln würde (Palandt/Heldrich, 57. Aufl. 1998, Einl. vor Art. 3 Rn. 27). Ob die entsprechende Bestimmung des ägyptischen Testamentsgesetzes als Formfrage zu qualifizieren ist, sollte insbesondere anhand von Art. 8 des Haager TestÜbk geklärt werden: Für den Bereich dieses Übereinkommens werden die Vorschriften, welche die für letztwillige Verfügungen zugelassenen Formen mit Beziehung auf das Alter, die Staatsangehörigkeit oder andere persönliche Eigenschaften des Erblassers beschränken, als zur Form gehörend angesehen. Das gleiche gilt für Eigenschaften, welche die für die Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung erforderlichen Zeugen besitzen müssen. Eine gesetzliche Definition des Begriffs der Form gibt es danach nicht. Welche Begriffe unter den Systembegriff der Form fallen, muß daher nach Maßgabe der jeweiligen lex fori ermittelt werden (Staudinger/Dörner, 13. Aufl. 1995, Vorbem. zu Art. 25 f. Rn. 90). Mit der Form befassen sich aus deutscher Sicht alle Regeln, die zur Sicherung der Beweisbarkeit, Authentizität und unverfälschten Niederlegung des Erblasserwillens eine bestimmte äußere Gestaltung des Rechtsgeschäfts vorschreiben (Staudinger/Dörner, a. a. O., Vorbem. zu Art. 25 f. Rn. 91). Eine Formfrage sei es aber auch, welche Rechtsfolgen ein Formverstoß nach sich zieht (Erman/Hohloch, 9. Aufl. 1993, Vorbem. zu Art. 25 f. Rn. 92; Erman/Hohloch, a. a. O., Art. 26 Rn. 21; a. A. MünchKomm-Birk, 2. Aufl. 1990, Art. 26 Rn. 75 ff.). Dem Formstatut unterfalle daher die Frage, ob ein Testament z. B. vollständig oder nur teilweise nichtig, ob es anfechtbar oder u. U. trotz Verstoßes gültig sei und ob ein formunwirksames Testament z. B. durch ein Gericht bestätigt oder auf andere Weise geheilt werden könne. Aufgrund dieser Überlegungen kann man vertreten, daß Art. 2 Abs. 3 des Testamentsgesetzes als Formvorschrift zu qualifizieren ist, so daß auch der Widerruf einer letztwilligen Verfügung nur dann formgültig ist, wenn er in einer von Art. 2 Abs. 3 vorgeschriebenen Form erfolgt ist. Sofern vorliegend lediglich eine eigenhändige Unterschrift, aber keine eigenhändige Abfassung des Testaments erfolgte, wäre demzufolge auch die ägyptische Form nicht eingehalten worden. Für eine Qualifikation als Formvorschrift spricht u. E. auch, daß die Problematik der Erbschaftsklage in unmittelbarem Zusammenhang mit der Form des Testaments gesetzlich geregelt wird und dementsprechend auch in der Kommentarliteratur behandelt wird (Loutfi, a. a. O., Anm. 91 ff.). Anderes würde freilich gelten, wenn man die Formvorschrift des 2 Abs. 3 Testamentsgesetz nicht mehr als Form, sondern z. B. als prozeßrechtliche Vorschrift qualifizieren würde. Einschlägige Rechtsprechung ist uns insoweit nicht bekannt. 4. Die Auswirkungen einer formgültigen Verfügung Betrachtet man die letztwillige Verfügung vom 5.10.1997 als formgültig, so stellt sich die Frage, welche Auswirkungen sie auf das notarielle Testament des Erblassers hatte, in welchem er die Ehefrau eines verstorbenen Cousins als Vorerbin einsetzte. Gem. 2254 BGB erfolgt der Widerruf eines Testaments durch Errichtung eines neuen Testaments. Das Widerrufstestament bedarf dabei nicht der

Seite 6 gleichen Form wie das zu widerrufende, so daß ein öffentliches Testament auch durch ein eigenhändiges widerrufen werden kann und umgekehrt (Palandt/Edenhofer, a. a. O., 2254 Rn. 1). Voraussetzung für den Widerruf durch Testament gem. 2254 BGB ist jedoch, daß deutsches Recht Anwendung findet. Deutsches Recht könnte aufgrund der Rechtswahl gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen aufgrund der notariellen letztwilligen Verfügung zur Anwendung berufen sein. Es stellt sich allerdings insoweit die Frage, ob durch die letztwillige Verfügung vom 5.10.1997 auch die Rechtswahl in dem vorherigen notariellen Testament widerrufen worden ist. Gem. 2258 BGB gilt, daß durch die Errichtung eines Testaments ein früheres Testament insoweit aufgehoben wird, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht. Ein Widerspruch liegt insoweit vor, als der Erblasser in dem früheren Testament eine andere Person als Erben eingesetzt hat, als er es in dem nachfolgenden getan hat. Durch das Widerrufstestament hat der Erblasser aber nicht zum Ausdruck gebracht, daß sich die Beerbung nunmehr nicht mehr nach deutschem Recht richten soll (vgl. Staudinger/Dörner, a. a. O., Art. 25 Rn. 512), so daß wir einen inhaltlichen Widerspruch insoweit nicht annehmen. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, daß bei Widerruf des Erblassers der Rechtswahl gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB der Erblasser nach ägyptischem Recht beerbt worden wäre und demzufolge eine testamentarische Erbeinsetzung lediglich über 1/3 seines Vermögens möglich gewesen wäre. Der Wille des Erblassers wäre insoweit also nur sehr unzureichend zum Ausdruck gekommen.