Inhalte Bedeutung Leib Seele Einheit Konzept: Fokus Tumor in der Akutversorgung Schnittstelle Onkologie /Psychoonkologie Distress (Belastung), eine De

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Erfassung emotionaler Belastungen in der onkologischen Routine-Praxis 18. Internationales deso Seminar Onkologische Pflege Fortgeschrittene Praxis, Universität St. Gallen 3. September 2015 Agnes Glaus (PhD, MSc)

Inhalte Bedeutung Leib Seele Einheit Konzept: Fokus Tumor in der Akutversorgung Schnittstelle Onkologie /Psychoonkologie Distress (Belastung), eine Definition i i Distress-Stufen und entsprechende Therapie Belastungen systematisch erfassen: wie? durch wen, wann, wozu? Erfahrungen aus einem laufenden Studienprojekt, erste präliminäre Resultate Schlussfolgerungen

Tumore behandeln die Seele leidet mit A Abklären und behandeln von Tumoren B Abklären und behandeln von Personen mit Tumorkrankheiten kh C Abklären, behandeln und betreuen von Personen mit Tumorkrankheiten D Abklären, behandeln und betreuen, in Zusammenarbeit mit den betroffenen Personen und ihren Angehörigen

Psychoonkologie im primären Behandlungsteam Normale Belastungen in der Onkologie Aengste, Sorgen, Ungewissheit Traurigkeit (Verlust der Gesundheit) Aerger, Kontrollverlust Schlafstörungen, Appetitverlust Fatigue, Konzentrationsschwierigkeiten Intensive Beschäftigung g mit Krankheit und Tod Pflegefachfrau häufig Gate Keeper (Ueberweisung) National Cancer Center Network, 2003

Psychoonkologisches Kerngeschäft im Behandlungsteam Interventionen bei normaler Belastung Sicherstellen, dass der Patient alles versteht Abgabe von Informationsmaterial Vertauen aufbauen Kontinuität der Behandlung sicherstellen Ressourcen mobilisieren i Wirksamkeit der medikamentösen Behandlung prüfen (Schmerzen Schmerzen, Aengste, Schlafprobleme) Diagnose klären (Depression?) Soziale Unterstützung (Familie Familie, Selbsthilfegruppe) Komplementäre Therapien J. Holland, 2004

Die Belastungsleiter Distress-Management 5 Belastungs -Skala 0-10 <5 Schwer 5 mittel gering normal <5 Medikation, Beratung Psychosoziale, verhaltenstherapeutische, spirituelle Interventionen Medizinisches Team und professionelle Unterstützung Unterstützung Familie und soziales Umfeld Holland J, 2004.www.cancerworld.org/corecurriculum. Adaptiert t nach WHO Schmerzleiter e

Therapie-bedürftiger Distress (Belastung) Wenn die multifaktoriellen, belastenden Erfahrungen auf emotionaler, psychologischer, sozialer oder spiritueller iit Ebene so gross werden, dass sie mit itd der, Fähigkeit interferieren, sich erfolgreich mit der Krebskrankheit, kh deren Symptome und Behandlung auseinanderzusetzen (Holland 2003)

Identifikation vulnerabler Personen Wie können wir erkennen, bei welchen Personen die emotionalen, psychologischen, sozialen oder spirituellen iit Belastungen so hoch h sind, dass eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit der Krebskrankheit, kh deren Symptomen und Behandlung nicht mehr möglich ist? Screenen, belastete Menschen herausfiltern für eine psychoonkologische Betreuung durch Fachleute der Psychologie oder Psychiatrie

Not-wendende Integration Psychoonkologie Erkennung von Personen mit hoher Belastung durch Screening im Behandlungsteam Erkennung des Bedarfs an spezifischem Support im Behandlungsteam (pflegerisch, häuslich, sozial, finanziell ua) Ueberweisungen zu psychoonkologischer Fachbetreuung fördern Eine Berufsgruppe im Team lenkt, koordiniert diese psychologischen Prozesse und dokumentiert dies für das interdisziplinäre Team (Krankengeschichte)

Das Gewicht der Belastung Belastungsthermometer Gemessen mit dem Belastungsthermometer 0-10 (Distress-Thermometer) Cut-off Score 5 Die Art der Belastungen Vorhanden, ja / nein Screening (herausfiltern) Patient Reported Outcomes (PRO s) Keine Diagnose, Therapie

Fünf Schritte im Distress-Screening 1. Screening 2. Evaluieren 3. Ueberweisen (und Dienstleitungen durch Pflege) 4. Follow-Up 5. Dokumentation und Qualitätsverbesserung Lazenby M et al. 2015 (Curr Oncol Rep, 17 (5):4479

Projekt Emotionale Bedürfnisserfassung in der onkologischen Praxis Ziele: Erfahrungen sammeln in der systematischen Anwendung des validierten Instrumentes Distress- Thermometer (Screening emotionale Belastungen) Machbarkeit der Messung in der Routine-Versorgung überprüfen Vermehrte Ueberweisungen an das psychologische Fachteam generieren Zufriedenheit it der Patienten t und des interdisziplinären i Teams mit dieser Art der emotionalen Bedürfniserfassung überprüfen

Projekt Emotionale Bedürfniserfassung Methoden Pflegeteam übernimmt Verantwortung für die Erfassung der emotionalen Belastung Patienten füllen Belastungsthermometer selber aus Die Integration des Screenings erfolgt beim Warten auf die Arztkonsultation, danach folgt das kurze Evaluationsgespräch mit der Pflegefachfrau Dienstleistungen, Ueberweisungen durch Pflegeteam Dokumentation der Belastung und allfälliger Massnahmen wird in die Krankengeschichte integriert Screening-Datum auf der Krankengeschichte ht vermerkt

Projekt Emotionale Bedürfniserfassung Methoden Prospektive Untersuchung; Forschungsprojekt mit Einwilligung des ethischen Komitees Studien-Population: 100 ambulante Patient/innen mit Mamma-, Darm- und Prostatatumoren Selektion: konsekutiv, 1 Mt. nach Betreuungsbeginn Erste Resultate Teilnahme abgelehnt: 5 von 90 Patienten (zirka 5%); weitere 5% nicht evaluierbar (nicht erschienen, Sprache, kein Termin mehr uä).

Erste, präliminäre Resultate (n=90) Distress 5: 17% der Patienten Distress 5: 14% der Patienten Distress 5: 69% der Patienten Was ist zuviel Distress? 5 und mehr? Individueller id Cut-off point? Cut-off point mit automatischer Ueberweisung?

Erste, präliminäre Resultate Von 90 auswertbaren Patienten Lassen sich die meisten gerne die Adresse (Flyer) des psychologischen Dienstes geben, sind offen und dankbar dafür Wägen 2 noch ab ob eine Ueberweisung für sie richtig wäre (2%) Möchten 2 an den psychologischen Dienst überwiesen werden (2%) Haben sich 4 bereits selber eine psychologischen h Betreuung organisiert (4%) Finden über 90% der Pat., dass die Unterstützung durch Aerzte und Pflegende genüge; dass die Familie und Freunde sie genügend unterstützen würden

Eindrücke, Erfahrungen, Schlussfolgerungen Systematische Integration psychosozialer Betreuung in die alltägliche Praxis wird mit dem Distress- Screening durch die Pflege sichergestellt Die Kommunikation zwischen Patient und Team wird spezifisch gefördert (Legitimation für Pat. und Betreuer/in); auch zu späterem Zeitpunkt (Beispiel) Die Wahrnehmung der psychosozialen, finanziellen, pflegerischen Probleme / Bedürfnisse wird mit dieser Systematik eher gefördert Vermehrte Ueberweisungen zum psychologischen Team bleiben bisher aus? (Beispiel)

Fragen, Schlussfolgerungen Welche Patienten, zu welchem Zeitpunkt befragen? Wie häufig soll / kann ein Screening erfolgen? Aufgabenteilung Pflege/Arztdienst (Symptome) Erhöhen Distress-Screening und die interne Bedürfnis-Analyse die spätere Inanspruchnahme des psychologischen h Dienstes? Psychosoziale Aspekte bei der Betreuung krebskranker Menschen fallen weiterhin in grossem Ausmass dem primär versorgenden Team zu; Distress Thermometer stellt Integration der Analyse sicher und lässt individuelle Prioritäten erkennen Screening und Triage durch Pflegeteam machbar; vertieft und erweitert den pflegerischen Auftrag

Dank Co-Leiterin des Projektes: Petra Stolz, dipl. Pflegefachfrau, MNS, PhD cand, Fachhochschule ZHAW, Winterthur Datensammlung im Pflegealltag: Susanne Schläpfer, Katrin Rey-Hess, Maya Müller-Kummler, Paula Engler, Yvonne Sallem Tumor- und Brustzentrum ZeTuP St. Gallen Finanzielle Unterstützung Altschüler-Stiftung

Dank Co-Leiterin des Projektes: Petra Stolz, dipl. Pflegefachfrau, MNS, PhD cand, Fachhochschule ZHAW, Winterthur Datensammlung im Pflegealltag: Susanne Schläpfer, Katrin Rey-Hess, Maya Müller-Kummler, Paula Engler, Yvonne Sallem Tumor- und Brustzentrum ZeTuP St. Gallen Finanzielle Unterstützung Altschüler-Stiftung St. Gallen