Oliver Marxen Architekt Kohlbrink Soest

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Transkript:

Oliver Marxen Architekt Kohlbrink 7 59494 Soest Artenschutzrechtliche Vorprüfung zur 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 74 der Stadt Soest zur Verwirklichung des Wohnprojektes am Troyesweg Stand: Januar 2014

Auftraggeber: Oliver Marxen Architekt Kohlbrink 7 59494 Soest Auftragnehmer: Bearbeiter: Diplom-Geograph Volker Stelzig M. Sc. Landschaftsökologin Cinja Schwarz Stand: Januar 2014 II

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung... 1 2 Rechtlicher Rahmen... 3 3 Vorhabensbeschreibung, Wirkungsprognose und Wirkraum... 6 3.1 Vorhabensbeschreibung... 6 3.2 Wirkraum... 9 3.3 Wirkungsprognose... 11 4 Feststellung der planungsrelevanten Arten und der relevanten Wirkfaktoren (Vorprüfung gemäß Stufe I VV-Artenschutz)... 12 5 Artenschutzrechtliche Vorprüfung... 15 6 Zulässigkeit des Vorhabens... 19 7 Literatur... 22 III

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Übersichtskarte der Stadt Soest mit der Lage des geplanten Baugebietes... 1 Abbildung 2: Auszug aus dem Vorentwurf zur 2. Änderung des Bebauungsplanes... 7 Abbildung 3: Skizze des Wohnprojektes am Troyesweg... 7 Abbildung 4: Nordöstliche Brachfläche im geplanten Baugebiet mit Blick auf die Hansa- Realschule.... 8 Abbildung 5: Stellplätze im westlichen Planungsgebiet mit Blick auf das Rathaus II.... 8 Abbildung 6: Blick auf das abzureißende Gebäude... 9 Abbildung 7: Wirkraum des geplanten Bauvorhabens... 10 Abbildung 8: Ablaufschema einer Artenschutzprüfung... 12 Abbildung 9: Ablaufschema zur Feststellung der planungsrelevanten Arten.... 13 Abbildung 10: Spaltöffnungen unter der Eternit-Attika als potentielle Einflugmöglichkeit für Zwergfledermäuse.... 16 Abbildung 11: Kamin am abzureißenden Haus mit potentiellen Einflugmöglichkeiten für Zwergfledermäuse.... 16 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Planungsrelevante Arten des MTB 4414, Soest... 13 IV

1 Einleitung Das vorliegende Gutachten beinhaltet die Artenschutzrechtliche Vorprüfung (ASVP) zur 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 74 der Stadt Soest. Die Änderung ermöglicht die Errichtung von Wohnbebauung, in der Menschen jeden Alters mit und ohne Behinderung zusammen leben. Das Grundstück befindet sich im Südosten des Stadtgebietes Soest am Troyesweg 3 (vgl. Abbildung 1). Abbildung 1: Übersichtskarte der Stadt Soest mit der Lage des geplanten Baugebietes (rot) (GOOGLE MAPS 2014). Mit der Aktualisierung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) zum März 2010 wurde der besondere Artenschutz in Deutschland gesetzlich konkretisiert und an die europäischen Vorgaben angepasst. Den Bestimmungen des 44 BNatSchG folgend sind daher bei allen genehmigungspflichtigen Planungs- und Zulassungsverfahren die Belange des Artenschutzes gesondert zu prüfen. Das Büro Stelzig Landschaft Ökologie Planung aus Soest wurde mit der Erstellung der nach dem BNatSchG erforderlichen Artenschutzrechtlichen Vorprüfung (ASVP) beauftragt. Die vorliegende ASP hat folgende Inhalte: Vorprüfung, ob planungsrelevante Arten im Untersuchungsraum vorkommen und von Wirkungen des Vorhabens betroffen sein können (Stufe 1). 1

Sofern planungsrelevante Arten betroffen sein können, müssen ggf. weitere Schritte im Rahmen der Stufe 2 einer Artenschutzprüfung unternommen werden. Ggf. die Ermittlung und Darstellung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nach 44 Abs. 1 i.v.m. Abs. 5 BNatSchG bezüglich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten (alle europäischen Vogelarten sowie Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie), die durch das Vorhaben erfüllt werden können. Ggf. die Prüfung, ob die naturschutzfachlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme von den Verboten gem. 45 Abs. 7 BNatSchG, sofern erforderlich, gegeben sind. 2

2 Rechtlicher Rahmen Durch die Kleine Novelle des BNatSchG vom 29.07.2009 (seit 01.03.2010 in Kraft) wurden die Regelungen zum gesetzlichen Artenschutz deutlich aufgewertet. Demnach ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören ( 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG); wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert ( 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG); Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören ( 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG); sowie wild lebende Pflanzen oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören ( 44 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG). Ein Verstoß gegen das Verbot des 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG liegt nicht vor, sofern die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erhalten bleibt ( 44 Abs. 5 BNatSchG). Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden. Ein Eingriff ist daher nicht zulässig, wenn die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang nicht weiter erfüllt werden kann. Ausnahmen von den Verboten des 44 können nur zugelassen werden ( 45 Abs. 7) zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger gemeinwirtschaftlicher Schäden, zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt, 3

für Zwecke der Forschung, Lehre, Bildung oder Wiederansiedlung oder diesen Zwecken dienende Maßnahmen der Aufzucht oder künstlichen Vermehrung, im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art. Ausnahmen sind nicht zulässig, wenn es zumutbare Alternativen gibt, sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art verschlechtert. Eine Befreiung nach 67 Abs. 2 BNatSchG von den Verboten nach 44 BNatSchG kann nur gewährt werden, wenn im Einzelfall eine unzumutbare Belastung vorliegt. Von Relevanz ist auch das europäische Artenschutzrecht in Form der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten 79/409/EWG, kodifizierte Fassung vom 30. November 2009). Nach Artikel 1 betrifft die Richtlinie die Erhaltung sämtlicher wildlebenden Vogelarten und gilt für Vögel, ihre Eier, Nester und Lebensräume. Nach Artikel 5 treffen die Mitgliedsstaaten Maßnahmen zum Verbot des absichtlichen Tötens und Fangens, der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern, sowie des absichtlichen Störens, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtzeit. Nach Artikel 9 kann von den Verbotsmaßnahmen des Artikels 5 u.a. abgewichen werden im Interesse der Volksgesundheit und öffentlichen Sicherheit, zur Abwendung erheblicher Schäden in der Landwirtschaft, für Forschung und Lehre. Schließlich regelt Artikel 13, dass die Anwendung der aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen in Bezug auf die Erhaltung aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten nicht zu einer Verschlechterung der derzeitigen Lage führen darf. Das Land Nordrhein-Westfalen hat als Planungshilfe eine Liste sogenannter planungsrelevanter Arten erstellt (vgl. LANUV NRW 2010a). Dabei handelt es sich um eine naturschutzfachlich begründete Auswahl von Arten, die bei einer Artenschutzrechtlichen Prüfung im Sinne einer Art-für-Art-Betrachtung einzeln zu bearbeiten sind. Eine Liste der entsprechenden Arten wird vom LANUV NRW im Fachinformationssystem Geschützte Arten 4

in Nordrhein-Westfalen veröffentlicht (http://www.naturschutz-fachinformationennrw.de/artenschutz/). Da es sich bei der naturschutzfachlich begründeten Auswahl nicht sicher um eine rechtsverbindliche Eingrenzung des zu prüfenden Artenspektrums handelt, kann es im Einzelfall erforderlich sein, dass weitere Arten (z.b. Arten mit rückläufigen Populationsentwicklungen) in die Prüfung aufzunehmen sind. 5

3 Vorhabensbeschreibung, Wirkungsprognose und Wirkraum 3.1 Vorhabensbeschreibung Im südöstlichen Stadtgebiet von Soest soll am Troyesweg allgemeine Wohnbebauung vor dem Hintergrund, dass Menschen jeden Alters mit und ohne Behinderung gemeinsam dort leben ( Ein Haus für alle ), entstehen. Betroffen ist das Flurstück 272 (Gemarkung Soest, Flur 34) sowie Teile der Flurstücke 270 und 271. Für die Anbindung an den Verkehr werden außerdem in Teilen die Flurstücke 550 und 551 verändert (vgl. Abbildung 2). Derzeit befinden sich Bäume und Sträucher, asphaltierte, plattierte und unversiegelte Flächen sowie ein ungenutztes, eingeschossiges Gebäude mit Flachdach und einige Stellplätze auf der zu bebauenden Fläche (vgl. Abbildung 4 bis 6). Die Grundstücksfläche soll 4.135 m 2 betragen, wobei die nördliche Grundstücksgrenze noch nicht abschließend festgelegt wurde. Insgesamt sollen zwei Gebäude auf einer überbaubaren Grundstücksfläche von 1.665 m 2 errichtet werden (vgl. Abbildung 2 und Abbildung 3). Die Höhe des südlich am Troyesweg geplanten Gebäudes soll über 13 m betragen, sodass die Errichtung eines viergeschossigen Wohngebäudes möglich ist. Auf einer Wohnfläche von ca. 1.550 m 2 sollen etwa 20 Wohnungen entstehen, davon ca. acht für Menschen mit Behinderung. Für das nördlich gelegene Gebäude ist eine dreigeschossige Bauweise mit geneigtem Dach vorgesehen. Dieses Gebäude soll sich darüber hinaus durch eine ökologische Bauweise auszeichnen und voraussichtlich acht Eigentumswohnungen beinhalten. Die Anbindung an das Straßennetz erfolgt vom Windmühlenweg aus über den Troyesweg. Die Einrichtung von ausreichend Stellplätzen ist im Bereich der Einfahrt vorgesehen. Der Troyesweg soll als Sackgasse bis einschließlich Flurstück Nr. 550 festgesetzt und somit um etwa 35 m verlängert werden (vgl. Abbildung 2). Das entspricht einer Zunahme der Verkehrsfläche um 390 m 2. Der Fußweg bis an die Niederbergheimer Straße bleibt erhalten. Vom Baumbestand auf der zu bebauenden Fläche werden elf Bäume als zu erhalten festgesetzt. Die übrigen Bäume werden entfernt (vgl. Abbildung 2, grüne Kreise). Insgesamt sind sieben der Bäume durch die Baumschutzsatzung (STADT SOEST 1991) geschützt, vier davon (drei Hainbuchen, ein Silberahorn) müssen gefällt werden. Die Baumschutzsatzung sieht den Ersatz von sieben Bäumen gleichwertiger Arten vor, für die im Verlauf geprüft wird, ob die Bäume auf dem Wohngelände gepflanzt werden können. Als Bestandteil der Genehmigungsunterlagen ist ein artenschutzrechtliches Gutachten anzufertigen, aus dem hervorgeht ob, und wenn ja in welchem Umfang die Planungen zu Konflikten mit artenschutzrechtlichen Bestimmungen gemäß 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) führen können. Für den Fall, dass Konflikte eintreten, sind Vermeidungsmaßnahmen durchzuführen. 6

Abbildung 2: Auszug aus dem Vorentwurf zur 2. Änderung des Bebauungsplanes (VIELHABER 2014). Abbildung 3: Skizze des Wohnprojektes am Troyesweg (MARXEN 2013). 7

ARTENSCHUTZRECHTLICHE VORPRÜFUNG ZUR 2. ÄNDERUNG DES BEBAUUNGSPLANES NR. 74 DER STADT SOEST ZUR VERWIRKLICHUNG DES W OHNPROJEKTES AM TROYESWEG Abbildung 4: Nordöstliche Brachfläche im geplanten Baugebiet mit Blick auf die Hansa-Realschule. Abbildung 5: Stellplätze im westlichen Planungsgebiet mit Blick auf das Rathaus II. 8

Abbildung 6: Blick auf das abzureißende Gebäude. 3.2 Wirkraum Als Wirkraum wird der Bereich bezeichnet, der durch die Wirkungen des geplanten Vorhabens direkt beeinflusst wird. Diese Wirkungen sind nicht zwangsläufig nur am unmittelbaren Standort des Bauvorhabens zu erwarten sondern können auch in der engeren Umgebung des Vorhabens auftreten, z.b. durch Störung. Die Ausdehnung des Wirkraumes berücksichtigt die bereits vorhandenen Vorbelastungen wie z.b. Wohnhäuser, Parkplätze und Verkehrsflächen sowie die vorhandenen für die Fauna relevanten Strukturen. Der Wirkraum des Vorhabens umfasst die Gebäude in Reichweite des Bauvorhabens. Dazu gehören die Hansa-Realschule im Südosten, die Nebenstelle der Kreisverwaltung (ehemalige Landwirtschaftsschule) im Nordosten sowie Wohnhäuser im Nordwesten. Südwestlich des Baugrundstückes befindet sich das Rathaus II der Stadt Soest im Wirkraum (Abbildung 7). 9

Abbildung 7: Wirkraum des geplanten Bauvorhabens (rot-gelb) (LANDESREGIERUNG NRW 2013). 10

3.3 Wirkungsprognose Die folgende Wirkungsprognose beschreibt die potenziellen anlagen-, bau- und betriebsbedingten Wirkungen. Baubedingte Wirkungen Durch den Einsatz von Maschinen und Baufahrzeugen und während der Abbrucharbeiten sowie der Bauphase kann es theoretisch zur Tötung von wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten kommen und damit zur Erfüllung von Verbotstatbeständen nach 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (Tötung wild lebender Tiere der besonders geschützten Arten oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen). Lärm- und Lichtimmissionen während der Bauphase können theoretisch zur Erfüllung von Verbotstatbeständen nach 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG führen, indem streng geschützte Arten z.b. bei ihrer Fortpflanzung erheblich gestört werden. Anlagenbedingte Wirkungen Die Errichtung von Wohnhäusern kann theoretisch zu einer dauerhaften Zerstörung von Lebensstätten planungsrelevanter Arten führen. Dadurch kann es zur Erfüllung von Verbotstatbeständen nach 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (Beschädigung und Zerstörung von Lebensstätten) kommen. Lichtimmissionen durch Beleuchtungseinrichtungen können zur Erfüllung von Verbotstatbeständen nach 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG führen, indem streng geschützte Arten z.b. bei ihrer Fortpflanzung erheblich gestört werden. Betriebsbedingte Wirkungen Durch die zukünftige Nutzung des Geländes, insbesondere durch die Erschließung neuer Bereiche und die daraus resultierende Zunahme von Störreizen durch Verkehr und Personen, kann es zu zusätzlichen Licht- und Lärmimmissionen kommen, die Verbotstatbestände nach 44 Abs. 1 Nr.2 BNatSchG auslösen. Weitere relevante Wirkungen und Wechselwirkungen durch das Vorhaben auf die artenschutzrechtlich zu prüfenden Arten sind nicht zu erwarten. 11

4 Feststellung der planungsrelevanten Arten und der relevanten Wirkfaktoren (Vorprüfung gemäß Stufe I VV-Artenschutz) In der Stufe I der Artenschutzprüfung sind 2 Arbeitsschritte zu leisten: 1. Vorprüfung des Artenspektrums Hier ist insbesondere zu prüfen bzw. festzustellen, ob Vorkommen europäisch geschützter Arten aktuell bekannt sind oder aufgrund der Biotopausstattung und Habitatangebote im Wirkraum zu erwarten sind. 2. Vorprüfung der Wirkfaktoren In diesem Schritt ist zu prüfen, bei welchen Arten aufgrund der Wirkungen des Vorhabens Konflikte mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften möglich sind. Das Vorhaben ist zulässig, a) wenn keine Vorkommen planungsrelevanter Arten bekannt oder zu erwarten sind oder b) Vorkommen planungsrelevanter Arten bekannt oder zu erwarten sind, aber das Vorhaben keinerlei negative Auswirkungen auf diese Arten zeigt. Sofern Beeinträchtigungen planungsrelevanter Arten nicht ausgeschlossen werden können, ist eine vertiefende Analyse unter Verwendung der so genannten Art-für-Art-Protokolle erforderlich. Dieser Arbeitsschritt entspricht der Stufe II (Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände) gemäß VV-Artenschutz. Abbildung 8: Ablaufschema einer Artenschutzprüfung (KIEL 2013). 12

Eine Übersicht über den Verfahrensablauf zur Feststellung der im Wirkraum artenschutzrechtlich zu prüfenden Arten gibt das Ablaufschema in Abbildung 9. Abbildung 9: Ablaufschema zur Feststellung der planungsrelevanten Arten. Die Auswahl der planungsrelevanten Arten orientiert sich an der vom LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NRW (LANUV 2010a) im Internet bereitgestellten und fachlich begründeten Auswahl planungsrelevanter Arten für das Messtischblatt (MTB) 4414 (Soest). Insgesamt werden 63 planungsrelevante Arten aufgeführt, davon 10 Säugetier-, 5 Amphibien- und 47 Vogelarten (vgl. Tabelle 1). Bezüglich der im Plangebiet vorkommenden Arten erfolgte ein Abgleich zwischen den vorkommenden Lebensräumen und den Ansprüchen der einzelnen Arten. Außerdem wurde das vom LANUV NRW (2010b) bereitgestellte Internetangebot @LINFOS-Landschaftsinformationssammlung abgefragt. Am 19.09.2013, 04.10.2013 und 20.01.2014 wurden darüber hinaus Ortsbegehungen mit Inaugenscheinnahme der zu bebauenden Fläche und des Wirkraumes durchgeführt. Die beiden Begehungen 2013 fanden jeweils etwa eine Stunde lang zu Sonnenuntergang, also zur Ausflugszeit der Fledermäuse, statt. Die dritte Begehung diente der genaueren Begutachtung des Abrissgebäudes. Tabelle 1: Planungsrelevante Arten des MTB 4414, Soest. Wissenschaftlicher Name Deutscher Name Status Erhaltungszustand in NRW (ATL) Säugetiere Eptesicus serotinus Breitflügelfledermaus Art vorhanden G Myotis brandtii Große Bartfledermaus Art vorhanden U Myotis daubentonii Wasserfledermaus Art vorhanden G Myotis mystacinus Kleine Bartfledermaus Art vorhanden G Myotis nattereri Fransenfledermaus Art vorhanden G Nyctalus leisleri Kleiner Abendsegler Art vorhanden U 13

Nyctalus noctula Großer Abendsegler Art vorhanden G Pipistrellus nathusii Rauhhautfledermaus Art vorhanden G Pipistrellus pipistrellus Zwergfledermaus Art vorhanden G Plecotus auritus Braunes Langohr Art vorhanden G Vögel Accipiter gentilis Habicht sicher brütend G Accipiter nisus Sperber sicher brütend G Acrocephalus scirpaceus Teichrohrsänger sicher brütend G Alauda arvensis Feldlerche sicher brütend Alcedo atthis Eisvogel sicher brütend G Anas acuta Spießente Durchzügler G Anas clypeata Löffelente Durchzügler G Anas crecca Krickente Wintergast G Anas querquedula Knäkente sicher brütend S Anthus campestris Brachpieper Durchzügler G Anthus pratensis Wiesenpieper sicher brütend G- Asio otus Waldohreule sicher brütend G Athene noctua Steinkauz sicher brütend G Buteo buteo Mäusebussard sicher brütend G Charadrius dubius Flussregenpfeifer sicher brütend U Circus aeruginosus Rohrweihe sicher brütend U Circus cyaneus Kornweihe Wintergast G Circus pygargus Wiesenweihe sicher brütend S+ Corvus frugilegus Saatkrähe sicher brütend G Coturnix coturnix Wachtel sicher brütend U Crex crex Wachtelkönig sicher brütend S Delichon urbica Mehlschwalbe sicher brütend G- Dryobates minor Kleinspecht sicher brütend G Falco columbarius Merlin Durchzügler G Falco subbuteo Baumfalke sicher brütend U Falco tinnunculus Turmfalke sicher brütend G Gallinago gallinago Bekassine Durchzügler G Hirundo rustica Rauchschwalbe sicher brütend G- Lanius collurio Neuntöter sicher brütend U Larus ridibundus Lachmöwe sicher brütend G Locustella naevia Feldschwirl sicher brütend G Luscinia megarhynchos Nachtigall sicher brütend G Luscinia svecica Blaukehlchen sicher brütend U Lymnocryptes minimus Zwergschnepfe Wintergast Milvus milvus Rotmilan sicher brütend S Oriolus oriolus Pirol sicher brütend U- Perdix perdix Rebhuhn sicher brütend U Pernis apivorus Wespenbussard sicher brütend U Phoenicurus phoenicurus Gartenrotschwanz sicher brütend U- 14

Picus canus Grauspecht sicher brütend U- Pluvialis apricaria Goldregenpfeifer Durchzügler G Rallus aquaticus Wasserralle beobachtet zur Brutzeit Streptopelia turtur Turteltaube sicher brütend U- Strix aluco Waldkauz sicher brütend G Tachybaptus ruficollis Zwergtaucher sicher brütend G Tyto alba Schleiereule sicher brütend G Vanellus vanellus Kiebitz sicher brütend G Vanellus vanellus Kiebitz Durchzügler G U Amphibien Alytes obstetricans Geburtshelferkröte Art vorhanden U Bombina variegata Gelbbauchunke Art vorhanden S Bufo calamita Kreuzkröte Art vorhanden U G = Günstig, U = Ungünstig/Unzureichend, S = Ungünstig/Schlecht, + = Bestandstrend positiv, - = Bestandstrend negativ Es liegen aus der Literatur keine Kenntnisse über Vorkommen planungsrelevanter Arten auf der zu bebauenden Fläche sowie im Wirkraum vor. Die zu bebauende Fläche ist von geringer Größe und befindet sich inmitten des Stadtgebietes. Dennoch können sich Lebensstätten von Höhlenbrütern oder Halbhöhlenbrütern wie zum Beispiel Kohlmeisen oder Rotkehlchen in den zu fällenden Bäume befinden. Ein Vorkommen dieser Vogelarten ist wahrscheinlich, da sie sich oft in geringen Distanzen zum Menschen aufhalten. Das abzureißende Haus am Troyesweg hat eine Eternit-Attika an den Außenwänden, die große Hohlräume zwischen Abdeckung und Hauswand sowie Spalten nach außen aufweist (vgl. Abbildung 10). Zudem hat das Gebäude einen Kamin, in dem sich aufgrund erster Verfallserscheinungen Öffnungen nach außen gebildet haben (vgl. Abbildung 11). Diese Spalten und Öffnungen können Zwergfledermäusen als Einflugmöglichkeit dienen und die Hohlräume dahinter eignen sich potentiell als Quartier für Tiere dieser Art. Auch bei der Begehung am 19.09.2013 wurde eine Zwergfledermaus auf dem Grundstück gesichtet. Somit kann ein Vorkommen von Zwergfledermäusen in dem Gebäude nicht sicher ausgeschlossen werden, obwohl bei der Besichtigung am 04.01.14 keine direkten Anzeichen dafür gesehen wurden. Jedoch war die Begutachtung der Hohlräume hinter den Fassaden und im Kamin nicht uneingeschränkt möglich. 15

Abbildung 10: Spaltöffnungen unter der Eternit-Attika als potentielle Einflugmöglichkeit für Zwergfledermäuse. Abbildung 11: Kamin am abzureißenden Haus mit potentiellen Einflugmöglichkeiten für Zwergfledermäuse. 16

5 Artenschutzrechtliche Vorprüfung Mit dem Protokoll einer artenschutzrechtlichen Prüfung hat das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalens (MUNLV NRW) eine Grundlage veröffentlicht, mit der Art für Art alle relevanten Aspekte der artenschutzrechtlichen Prüfung nachvollziehbar dokumentiert werden können (KIEL 2007). Als Gesamtergebnis kann festgestellt werden, dass artenschutzrechtlich relevante Verbotstatbestände durch die Bebauung am Troyesweg in Soest unter Berücksichtigung von Maßnahmen ausgeschlossen werden können. Eine Beschädigung und Zerstörung von Lebensräumen sowie negative Auswirkungen auf planungsrelevante Arten im Zuge des Bauvorhabens sind auszuschließen. Sollten entgegen der bisherigen Erwartungen dennoch größere Bestände von Zwergfledermäusen ihr Quartier im abzureißenden Haus haben, muss eine Artenschutzprüfung der Stufe II (Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände) gemäß VV-Artenschutz durchgeführt werden. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Prüfung dargestellt: 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (Tötung) Eine Tötung planungsrelevanter Vogelarten im Zuge der bauvorbereitenden Maßnahmen insbesondere durch Entfernung der Gehölze kann durch eine Bauzeitenregelung ausgeschlossen werden. Diese Arbeiten müssen außerhalb der Brutzeit (15. März bis 31. Juli) durchgeführt werden. Außerdem müssen Teile der Hausabrissarbeiten in Beisein eines fledermauskundlichen Experten stattfinden. 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG (Störung) Zur sicheren Vermeidung baubedingter Störungen auf planungsrelevante Vogelarten im Zuge der bauvorbereitenden Maßnahmen dürfen diese nur außerhalb der Brutzeit (15. März bis 31. Juli) durchgeführt werden. Zur sicheren Vermeidung baubedingter Störungen auf Fledermäuse im Winterquartier muss eine Abbruchbegleitung durch einen Experten durchgeführt werden. 17

44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (Beschädigung und Zerstörung von Lebensstätten) Durch das Vorhaben kann es aufgrund der Baumfällungen und des Hausabrisses zu einer Beschädigung und Zerstörung von potentiellen Lebensstätten kommen. Mit einer erheblichen Beschädigung oder dem Verlust von Lebensstätten planungsrelevanter Arten im Sinne von 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist unter Berücksichtigung von Maßnahmen allerdings nicht zu rechnen. 44 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG (Wildlebende Pflanzen) Durch das Vorhaben sind keine planungsrelevanten Pflanzen betroffen. 44 Abs. 5 BNatSchG (Erhaltung der ökologischen Funktion im räumlichen Zusammenhang) Die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang bleibt weiterhin erhalten. 18

6 Zulässigkeit des Vorhabens Das geplante Vorhaben ist aus artenschutzrechtlicher Sicht unter Berücksichtigung von Maßnahmen zulässig. Artenschutzrechtliche Bedenken bestehen nicht. Vermeidungsmaßnahmen Alle bauvorbereitenden Maßnahmen, insbesondere die Fällung der Gehölze, sollen außerhalb der Hauptbrutzeit (15. März bis 31. Juli) erfolgen, um die Auswirkungen des Eingriffs auf die allgemeine Brutvogelfauna zu minimieren. Dies gilt auch dem Schutz nicht planungsrelevanter Tierarten. Die Abrissarbeiten der ehemaligen Tanzschule müssen teilweise im Beisein eines fledermauskundlichen Experten durchgeführt werden. Dies betrifft vor Baubeginn die vorsichtige Entfernung der Eternit-Attika und Sichtung der Hohlräume dahinter. Bei einem Vorkommen der Zwergfledermaus müssen die Tiere unbedingt fachkundlich eingefangen und umgesiedelt werden, da sie sonst empfindlich in ihrem Winterschlaf gestört werden. Des Weiteren muss der Kamin vor Abriss des Gebäudes geöffnet und begutachtet werden, um auch dort das Vorhandensein von Zwergfledermäusen vor dem Abriss sicher ausschließen zu können bzw. die Tiere im Notfall einzufangen und umzusiedeln. Ausgleichsmaßnahmen Sollten Zwergfledermäuse ihr Quartier im abzureißenden Gebäude haben, ist ein Ausgleich zu leisten. Um das Quartierangebot für die Fledermäuse zu sichern, sollen an den zukünftigen Gebäuden an sechs bis acht Stellen Hohlblocksteine als Lebensstätte angebracht werden. Hohlblocksteine können so in die Fassade integriert werden, dass sie für den ungeschulten Betrachter praktisch nicht in Erscheinung treten und lassen sich so auch mit einer ökologischen Bauweise gut vereinbaren. Die Anbringung der Quartiere kann als freiwillige Maßnahme auch dann durchgeführt werden, wenn im Rahmen der zukünftigen Bebauung kein direkter Verlust von Fledermausquartieren besteht. Allgemeine Empfehlungen Durch die Beseitigung der Bäume werden den dort brütenden, nicht planungsrelevanten Kleinvögeln Nistmöglichkeiten genommen. Dieser Wegfall kann durch Anbringung von 19

künstlichen Nisthilfen an Bäumen und/oder Gebäuden abgemildert werden. Es handelt sich dabei um eine freiwillige Maßnahme, da sie nicht planungsrelevante Arten betrifft. Wünschenswert wäre ein Umfang von sechs bis acht Nistkästen. Licht lockt Insekten schon von Weitem an. Die Beleuchtung des zukünftigen Wohngebietes entlang der Straßen und Wege könnte sich störend auf nachtaktive Insekten und Fledermäuse auswirken. Durch die meist hohen Temperaturen an Außenlampen erleiden nachtaktive Fluginsekten, die vom Licht angelockt werden, häufig Verbrennungen. Die dadurch entstehenden Verluste für die lokalen Populationen der betroffenen Arten sind durchaus erheblich (SCHMID et al. 2012). Die Konzentration der Insekten um diese zusätzlichen Lichtquellen beeinflusst wiederum die Fledermäuse, die weniger Insekten in den umliegenden Jagdhabitaten erbeuten können. Viele Fledermausarten meiden außerdem das Licht herkömmlicher Straßenbeleuchtung. Von einer Beleuchtung in Fledermaushabitaten ist demnach generell abzusehen. Falls diese jedoch unumgänglich ist, gibt es fledermausfreundliche Alternativen zur herkömmlich warm-weiß strahlenden Laterne. Um die Lichtimmissionen im zukünftigen Wohngebiet so gering wie möglich zu halten, soll die Beleuchtung zweckdienlich gehalten werden. In Bezug auf SCHMID et al. (2012) ergeben sich für die Beleuchtung des Wohngebietes folgenden Empfehlungen: Beleuchtung nur an Orten, wo sie gebraucht wird Von Passanten nicht frequentierte Bereiche müssen auch nicht beleuchtet werden. Beleuchtung nicht länger als notwendig Durch Bewegungsmelder und Dimmer kann nicht nur Energie sondern auch Lichtimmission gespart werden. Begrenzung des Lichtkegels auf den zu beleuchtenden Bereich Die Beleuchtung sollte ausschließlich von oben erfolgen und so abgeblendet werden, dass kein direktes Licht zu den Seiten ausgestrahlt wird. Horizontales die Gefahr der Verbrennung und Irritation. Es empfiehlt sich, zusätzliche Lichtpunkte einzurichten, wenn dadurch Streulicht und Blendung vermieden werden können. Auswahl von insektenfreundlichen Lampen und Leuchtmitteln Es wird empfohlen, abgeschirmte Außenleuchten mit geschlossenem Gehäuse zu verwenden. Das Tötungsrisiko von Insekten, die sich in den Lampen verirren, wird dadurch minimiert. Um Verbrennungen der Insekten zu vermeiden, sollen die Leuchtmittel nicht heller und wärmer sein als unbedingt nötig. Eine Temperatur von 60 C sollte nicht überschritten werden. 20

Auch die Wellenlänge des Lichtes spielt eine entscheidende Rolle. Wellenlängen von über 590 nm erweisen sich als unproblematisch im Hinblick auf die Anlockung von Insekten und die Störung von Fledermäusen. Aufgestellt, Soest, im Januar 2014 (Volker Stelzig) 21

7 Literatur KIEL, E.-F. (2007): Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen. Vorkommen, Erhaltungszustand, Gefährdungen, Maßnahmen, Düsseldorf. KIEL, E.-F. (2013): Ablauf und Inhalte einer Artenschutzprüfung (ASP) (Vortrag Dr. Kiel, MKULNV, 22.02.2013). LANDESAMT FÜR NATUR UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN (LANUV NRW) (2010a): LINFOS Landschaftsinformationssammlung. Planungsrelevante Arten. http://www.gis.nrw.de/osirisweb/viewer/viewer.htm; zuletzt abgerufen am 16.01.2014. LANDESAMT FÜR NATUR UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN (LANUV NRW) (2010b): Fachinformationssystem (FIS) "Geschützte Arten in Nordrhein- Westfalen". http://www.naturschutzinformationen-nrw.de/artenschutz/de/start, zuletzt abgerufen am 16.01.2014. LANDESREGIERUNG NORDRHEIN-WESTFALEN (NRW) (2013): TIM-Online (Topographisches Informationsmanagement). SCHMID, H., DOPPLER, W., HEYNEN, D. UND M. RÖSSLER (2012): Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht. Sempach. STADT SOEST (1991): Satzung zum Schutz des Baumbestandes der Stadt Soest vom 15.07.1991. Bereinigte Fassung. 1. Änderung vom Rat der Stadt Soest am 31.05.2006 beschlossen. Soest. VIELHABER - STADTPLANUNG STÄDTEBAU (2014): Vorentwurf zur 2. Änderung des Bebauungsplan Nr. 74 der Stadt Soest. Arnsberg. 22