PFC-Symposium - PFC-Belastung Mittelbaden und ihre Herausforderungen für das Wasserecht Aktueller Stand der juristischen Debatte Rechtsanwalt Dr. Dominik Greinacher Rastatt, 19. September 2017
Überblick Tatsächliche Situation Ist-Zustand Ursachen Behörden- und Gerichtsverfahren Rechtliche Einschätzung Objektive Rechtslage Ansprüche Geschädigter
Tatsächliche Situation Ist-Zustand: Ca. 480 ha Boden mit PFC belastet (bisher bekannt) In der Folge: Belastung weiterer Umweltmedien, vor allem Grundwasser, Oberflächengewässer, Ernte, Wildtiere Ursachen (Vermutlich) landwirtschaftlicher Bodenverbesserer Punktueller Eintrag: Löschschaum Rekontamination durch Beregnung?
Tatsächliche Situation Folgen: Schließung von TW-Brunnen Schließung von Beregnungsbrunnen Teilweise Unbrauchbarkeit der Ernte Bei Eigenversorgung: Extrem überhöhte PFC-Konzentration im menschlichen Blut Aufbereitung von TW Eliminierung von PFC aus der Umwelt Betroffen: Vor allem zwei (Stadt-) Kreisgebiete, BAD, RA, jetzt auch noch Mannheim
Behörden- und Gerichtsverfahren Umweltbehörde: Nach Löscheinsatz Brunnengalerie im Abstrom mit GW- Reinigung Heranziehung eines Störers zur Untersuchung Dagegen Klage und einstweiliger Rechtsschutz: Eilverfahren vor dem VGH Mannheim erfolglos (Behördenmaßnahme bestätigt) Beginn der Untersuchung Genehmigungsverfahren für Kiesabbau Genehmigung neuer Brunnen für Beregnung
Behörden- und Gerichtsverfahren Staatsanwaltschaftliche Ermittlung Gegen Komposthersteller Sehr umfangreich und gründlich Kausalität konnte nicht nachgewiesen werden, Einstellung nach 170 II StPO Gerichtsverfahren OLG Karlsruhe Amtshaftungsanspruch wegen fehlerhafter Löscharbeiten (Bestätigung der Vorinstanz)
Rechtliche Einschätzung Objektive Rechtslage Die PFC-Belastung im Boden ist eine schädliche Bodenveränderung im Sinne von 2 Abs. 3 BBodSchG Die PFC-Belastung im Grundwasser ist eine schädliche Gewässerveränderung im Sinne von 3 Nr. 10 WHG Einzelheiten noch offen, da keine verbindlichen Grenzwerte existieren
Rechtliche Einschätzung Folgen: Untersuchungspflichten Zunächst die Behörden Bei hinreichendem Verdacht: Störer Wenn Störer nicht greifbar/solvent: Pflicht bei der Behörde Aber: Behörden handeln wie fast immer im Ordnungsrecht Im pflichtgemäßen Ermessen
Rechtliche Einschätzung Ansprüche Betroffener auf behördliches Einschreiten Ermessen der Behörde erstreckt sich auf das ob und wie der Maßnahmen Ermessensreduzierung auf Null, wenn alle anderen behördlichen Entscheidungen ermessensfehlerhaft allenfalls denkbar bei dem Ob des Einschreitens, Anspruch allenfalls auf Schutz, nicht auf einen bestimmten Schutz Offen: Wer kann überhaupt etwas verlangen? Behörde ermittelt und untersucht
Rechtliche Einschätzung Ansprüche auf Ersatz Schadensersatz Aufwendungsersatz Beseitigungsansprüche Letztlich: auf Geld gerichtet Möglicherweise auf der Grundlage von Deliktsrecht Umweltprivatrecht Nachbarrecht
Rechtliche Einschätzung Genereller Nachteil zivilrechtlicher Ansprüche: Gläubiger trägt grundsätzlich die volle Beweislast Schadensersatz aus Deliktsrecht : 823 Abs. 2 BGB i.v.m 324, 324a StGB: - staatsanwaltschaftliche Ermittlungen ohne Ergebnis Kausalität zu bestimmten Handlungen schwer beweisbar Schadensersatz aus Umweltprivatrecht Wasserrecht: 89 WHG: Anlagenhaftung Ausbringung durch Miststreuer: Beweisproblem
Rechtliche Einschätzung Geschäftsführung ohne Auftrag Idee: Eliminierung des PFC in der TW-Aufbereitung gleichzeitig auch (Teil-)Sanierung des Grundwassers P: Eigene Aufgabe des TW-Versorgers Unterlassungsansprüche Grundstückseigentümer aus Eigentum, Nachbarrecht Anspruchsgrundlage: 1004, 906 BGB Grds. möglich und gegeben, aber wiederum Zurechnung zu einzelnen Grundstückseigentümern schwierig, trotz Beweiserleichterung
Rechtliche Einschätzung Störerinnenausgleich 24 Abs. 2 BBodSchG, 9 Abs. 2 USchadG: Handlungsstörer haftet dem Zustandsstörer Hier: Kein Handlungsstörer greifbar Inanspruchnahme als Nichtstörer Ordnungsbehörde kann auch Unbeteiligten zur Gefahrenbeseitigung heranziehen Ersatzanspruch nach 57 PolG BW Aber keine Heranziehung (nur durch Anordnung)
Rechtliche Einschätzung Rechtsentwicklung Rechtsgedanke aus GoA, Störerinnenausgleich, Nichtstörerersatz: Jemand agiert zur Gefahrenbeseitigung, ohne dazu (originär) verpflichtet zu sein Rechtsordnung hält ihn aus Gerechtigkeitsgründen von den Kosten frei Offen, ob auf der Grundlage des geltenden Rechts durchsetzbar Jedenfalls Ansatz für eine Rechtsentwicklung
Dr. Dominik Greinacher Partner Rechtsanwalt Fachanwalt für Verwaltungsrecht BEITEN BURKHARDT Kurfürstenstraße 72-74 10787 Berlin Telefon: +49 30 / 264 71-390 E-Mail: Dominik.Greinacher@bblaw.com
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