August Rundbrief 2016 Aktuelle Informationen des Rüstungsinformationsbüros
Inhalt Erdogans Werk und Österreichs Beitrag... 3 Kriegsdienstverweigerung bei der Bundeswehr... 3 Bayern bei Waffenexporten Spitze... 4 Gute Zeiten für Glock... 5 Deutsche Taurus-Marschflugkörper für Südkorea... 6 Kindersoldaten und Nachwuchswerbung der Bundeswehr auf der Gamescom... 7 Deutsches Rotes Kreuz - Mit Anwälten gegen Kritiker... 8 2 S e i t e
Erdogans Werk und Österreichs Beitrag Auch in unserem Nachbarland sind Waffenexporte ein brisantes Thema, insbesonder hinsichtlich der Lage in der Türkei. Hier ein Beitrag der Kollegen von #Aufstehn aus Österreich: Österreichische Waffen für die Türkei, wo Menschenrechtsverletzungen und militärisches Vorgehen gegen politische GegnerInnen auf der Tagesordnung stehen? Wir fordern: Waffenlieferungen in Krisengebiete und kriegsführende Staaten stoppen! Jetzt unterzeichnen: aufstehn.at/waffenexporte-stoppen Hintergrundinfos zu österreichischen Waffenlieferungen in die Türkei: Berichtszeitraum 2012 2014: 7330 Kleinwaffen (Revolver und Selbstladepistolen); 2010: 967 Gewehre und Flinten. Kriegsdienstverweigerung bei der Bundeswehr Ab dem 1. März 2011 soll in Deutschland niemand mehr gegen seinen Willen einberufen werden. So beschloss das Bundeskabinett am 15. Dezember 2010 die Aussetzung der Wehrpflicht. (c) Wikipedia Seither ist erwartungsgemäß die Zahl der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung merklich zurückgegangen. Dennoch gibt es aber auch in der Freiwilligenarmee Bundeswehr immernoch Kriegsdienstverweigerungen. Seit Mitte 2014 bis Mitte 2016 haben über 450 Soldatinnen und Soldaten den einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen gestellt. Nach Angaben des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben haben 67% der Anträge erfolg und 25% werden abgelehnt. Die differenz sei unzulässig oder zurückgezogen. Die Kriegsdienstverweigerung kann besonders für Offiziere eine teure Angelegenheit sein. Von 153 Offizieren und Offiziersanwärtern fordert der Bund über 5,6 Millionen Euro Ausbildungskosten zurück. Je nach Einzelfall zwsichen 1.200 und 69.000 Euro. 3 S e i t e
Vielleicht ein weiterer Grund weshalb die Mehrzahl der deutschen Soldaten in repräsentativen Umfragen sagt, dass sie den Dienst an der Waffe einer ihr nahestehenden Person etwa dem eigenen Kind nicht weiterempfehlen würden. Bayern bei Waffenexporten Spitze Die meisten Waffen kommen aus Süddeutschland genauer, aus Bayern. Unter allen Bundesländern liegt Bayern bei den Rüstungsexporten ganz vorne. Über 55% aller exportierten Waffen sind, nach einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen, aus bayern geliefert werden. Von diesen 55% sind numehr 90% weder in EU-Staaten noch in andere Nato-Länder geliefert worden. Diese Exporte gingen in sogenannte Drittstatten also Staaten wie den Irak, Katar und Kuwait. Insgesamt wurden 2015 7,86 Milliarden Euro durch Waffenverkäufe umgesetzt, davon allein in Bayern 4,33 Milliarden. Das Bruttoinlansprodukt 2015 lag bei 3.025,9 Milliarden Euro, damit macht der Export von Waffen daran insgesamt 0,002%. MBDA-Stand auf der ILA 2016 (Bild: Stephan Möhrle, RIB) Den größten Umsatz macht die bayerische Rüstungsindustrie mit Kampfpanzern (749 Millionen Euro), gefolgt von sonstigen gepanzerten Fahrzeugen (319 Millionen Euro), Lenkflugkörpern (296 Millionen Euro) und Kampfhubschraubern (120 Millionen Euro). Gelenkte Flugkörper sind unter anderem nach Botsuana, Indonesien, Irak, Katar, Kuwait und Saudi-Arabien geliefert worden. Nach Katar seien außerdem Kampfpanzer, gepanzerte Kampffahrzeuge und Maschinengewehre gegangen, in die Vereinigten Arabischen Emirate vollautomatische Gewehre. 4 S e i t e
Gute Zeiten für Glock Der in Deutsch-Wagram und Ferlach produzierende österreichische Waffenproduzent Glock vor allem bekannt für Pistolen und Feldmesser hat für das Jahr 2015 eine Rekordbilanz hingelegt. Der Nettoumsatz stieg um satte 55 % auf 501,6 Mio. Euro, der Gewinn wurde mit 127,9 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Laut Wirtschaftsblatt lag das an neuen Produkten, die vor allem in den USA reißenden Absatz fänden. Eine Glock 20 (Foto: Ken Lunde, http://lundestudio.com) Insgesamt sind für Glock 10 Beteiligungsunternehmen bekannt, 5 davon in äußerst problematischen Ländern: Glock (H.K.) Ltd. in China (Bestehendes EU-Waffenembargo) Glock Asia Pacific Ltd. in China (Bestehendes EU-Waffenembargo) Glock America (Uruguay) S.A. in Uruguay Glock America S.A. in Uruguay Gock de Venezuela C.A. in Venezuela (Massive Menschenrechtsverletzungen) Glock do Brasil S.A. in Brasilien (Massive Menschenrechtsverletzungen) Glock Middle Eas (FZE) in den VAE (Massive Menschenrechtsverletzungen) Glock Professional inc. in den USA Glock inc. in den USA Bereits in der Vergangenheit fiel Glock unter anderem damit auf das es auf kritische Fragen von Amnesty International, wie Glockpistolen in das Bürgerkriegsland Sudan kommen, mit Gerichtsverfahren reagierte. Bisher auch ungeklärt ist wie der Attentäter von München an eine Glock-Pistole kommen konnte. 5 S e i t e
Deutsche Taurus-Marschflugkörper für Südkorea Seit mehr als zwei Jahren werden in Schrobenhausen auf dem Firmengelände der Taurus Systems GmbH im beschaulichen Bayern Cruise Missiles für Südkorea produziert. Cruise Missiles zeichnen sich dadurch aus das sie selbständig über weite Strecken in ihr Ziel steuern. Die Taurus-Lenkwaffen aus Bayern nutzen zur Steuerung eine spezielle störungsunempflindliche Empfangstechnik für amerikanische GPS-Navigationssatelliten. Taurus im Modell (Bild: Stephan Möhrle/RIB) Die Reichweite der Cruise Missiles aus deutscher Produktion liegt bei über 500 Kilometern. Das südkoreanischen Militär verfolgt den Plan notfalls F-15K Kampfjets mit Taurus unter den Tragflächen außerhalb des Hoheitsgebietes von Nordkorea ihre Angriffswaffen abwerfen zu lassen. Diese könnten dann im extremen Tiefflug Bunkeranlagen in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang oder Raketenbasen im Norden des Landes ansteuern und sie zerstören. Hersteller dieser Cruise Missile ist die Taurus Systems GmbH mit Sitz in Schrobenhausen. Dahinter steht ein Geflecht europäischer Rüstungsfirmen. Die Taurus Systems gehört zu 67 Prozent der Deutschland-Tochter des großen Lenkwaffenkonzerns MBDA mit 2,9 Milliarden Euro Umsatz und 15,1 Milliarden Euro Auftragsbestand (2015) und zu 33 Prozent Saab Dynamics aus Schweden. MBDA-Gesellschafter sind wiederum die Airbus-Group, BAE Systems und Leonardo-Finmeccanica. Ein Sprecher des MBDA-Konzerns bestätigte auf Anfrage grundsätzlich den Südkorea-Taurus-Auftrag. Damit ist deutsche Technik nun auch in einem der heißesten Konflikte vertreten, ein Umstand der nach der Eskalation der Nordkorea-Kriese 2013 eine bedenkliche Entwicklung. 6 S e i t e
Kindersoldaten und Nachwuchswerbung der Bundeswehr auf der Gamescom was haben China, Saudi-Arabien, der Iran, Pakistan und Deutschland gemeinsam? Genau der Dienst an der Waffe ist ab 17 Jahren möglich. Insbesondere der Anteil der ganz jungen Rekruten steigt seit Jahren kontinuierlich an. Lag die Zahl der unter 18-jährigen Soldatinnen und Soldaten im Jahr 2011 noch bei 689, waren 2015 bereits über sieben Prozent des Jahrganges, nämlich 1515 der 21.092 neuen Soldatinnen und Soldaten unter 18 Jahre alt. Die Bundeswehr argumentiert es sei völkerrechtlich nicht zu beanstanden wenn Jugendliche ab dem 17. Geburtstag einstellt würden, wenn die Eltern dem zustimmen. Nach internationalen Standards handelt es sich allerdings bei den Minderjährigen Bundeswehrrekruten um Kindersoldaten. Zulässigkeit hin oder her, ein Staat wie die Bundesrepublik, dem Außenpolitik und internationales Recht in vielerlei Hinsicht wichtig ist, wäre prädestiniert dafür, mit einem leuchtenden Beispiel voranzugehen, und die Rekrutierung von Minderjährigen zu beenden. Wie soll man sonst international glaubhaft gegen Kindersoldaten argumentieren? Marco Krüger vom Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften der Universität Tübingen sagte zur Rekrutierung Minderjähriger in einer Expertenanhörung des Deutschen Bundestages das bereits der Kampagnentitel Mach, was wirklich zählt den Soldatenberuf als zentrale und sinnstiftende gesellschaftliche Aufgabe präsentiere, dadurch würden zivile Berufsfelder implizit abgewertet und militärische Gewalt als Mittel der Konfliktlösung als Normalfall dargestellt. 7 S e i t e
Vor diesem Hintergrund ist die Bewerbung der Bundeswehr als Arbeitgeber auf der Gamescom in Köln eine bedenkliche Entwicklung. In einer Erklärung der Bundeswehr heißt es dazu Wir treten hier personalwerblich auf. Mittlerweile ist es nun mal so, dass der Kontakt zu der jungen Bevölkerung durch das Aussetzten der Wehrpflicht erschwert worden ist. Wir geben hier zukunftsorientierten, technikbegeisterten, jungen Erwachsenen einen Einblick in die Bundeswehr. Im Klartext: Gamer mit Technik locken, die konsequenzen zeigen sich in den Abbruchszahlen die wir oben bereits thematisiert haben. Deutsches Rotes Kreuz - Mit Anwälten gegen Kritiker Das Deutsches Rotes Kreuz (DRK) kooperiere immer enger mit der Bundeswehr und verliere dadurch seinen zivilen Charakter, bemängeln Friedensaktivisten. Gegen die Kritiker geht das DRK mit Anwälten vor. 1.750 Euro, so viel soll die Deutsche Friedensgesellschaft Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) für eine Aktionswebsite zahlen, die über die Verbindungen zwischen dem DRK und der deutschen Armee aufklärte die an das Corporate-Design der Hilfsorganisation angelehnte Website ist mittlerweile offline. Nur wenige Tage nachdem die Website im Mai online gegangen war, meldeten sich Anwälte des DRK bei den Friedensaktivistinnen und -aktivisten und verlangten die Abschaltung sowie die Abgabe einer Unterlassungserklärung: Statt sich inhaltlich mit unserer Kritik auseinanderzusetzen, geht das DRK juristisch gegen uns vor, meint Christoph Neeb, Bundessprecher der Deutsche Friedensgesellschaft Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen. Das DRK präsentiert sich zusammen mit der Bundeswehr auf der ILA2016 in einem Feldlazarett (Bild. Stephan Möhrle / RIB) 8 S e i t e
Tatsächlich sieht es danach aus, dass die Verbindungen zwischen dem DRK und der Bundeswehr zuletzt immer enger geworden sind: Schon 2003 bekannte sich das DRK explizit zur Mitwirkung an Militäreinsätzen. 2008 definierte dann ein Bundesgesetz die Unterstützung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr als zentrale Aufgabe der Hilfsorganisation. Seit 2009 unterhält das DRK einen eigenen Beauftragten für zivilmilitärische Zusammenarbeit. Seit 2014 finden gemeinsame Joint Cooperation -Manöver von DRK, Bundeswehr und weiteren Armeen statt. Und am 24. November 2015 unterzeichneten der DRK-Generalsekretär Christian Reuter und Markus Grübel, der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, die erste zentrale Kooperationsvereinbarung es soll der Zusammenarbeit ein offizielles Fundament geben. Dies machte die Deutsche Friedensgesellschaft auf ihrer Aktionswebsite öffentlich. Das DRK sorgt sich um die Unverwechselbarkeit seiner Organisation, aber offenbar nicht darum mit der Bundeswehr gleichgesetzt zu werden, so Christoph Neeb. Die enge Zusammenarbeit beider Akteure verstoße gegen die Rot Kreuz-Grundsätze der Neutralität und Unparteilichkeit, bemängelt der Friedensaktivist. Eine Unterlassungserklärung, das DRK-Design nicht mehr zu verwenden, habe man aber mittlerweile unterschrieben. Auch die Rechtsanwaltskosten des Roten Kreuz werde man, nachdem das DRK nachdrücklich darauf gedrängt hat, tragen, so Neeb. An der inhaltlichen Kritik halte man aber fest: Unter www.bleibt-zivil.de haben wir mittlerweile eine neue Aktionswebsite zur Zivil-Militärischen- Zusammenarbeit zwischen DRK und Bundeswehr veröffentlicht, erklärt Friedensaktivist Neeb. 9 S e i t e
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