Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling Dipl.-Ök. Christine Stockey
Aufgabe 1a, 15 Punkte Erklären Sie kurz, was man unter einer Prozesskostenrechnung versteht. Gehen Sie hierbei auch auf die Einsatzgebiete der Prozesskostenrechnung ein. Welche Ziele werden mit der Prozesskostenrechnung verfolgt? 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 2
Lösung Aufgabe 1a Bei der Prozesskostenrechnung handelt es sich um ein Verfahren zur prozessorientierten Kostenverrechnung. Sie ist eine Variante der Vollkostenrechnung und bedient sich der bestehenden Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. Die Besonderheit der Prozesskostenrechnung ist darin begründet, dass sie die Verrechnung der Gemeinkosten weiterentwickelt und verfeinert. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 3
Lösung Aufgabe 1a Einsetzbar ist die Prozesskostenrechnung vor allem in Bereichen, in denen Aktivitäten indirekt die unmittelbare Leistungserstellung unterstützen oder auf repetitive Art unmittelbar der Leistungserstellung dienen. Singuläre Aktivitäten der Geschäftsführung und der Bereich der direkten Leistungserstellung, also der Fertigung, eignen sich hingegen nur bedingt als Einsatzgebiete der Prozesskostenrechnung. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 4
Lösung Aufgabe 1a Die Prozesskostenrechnung zielt vor allem auf die Erhöhung der Transparenz im Gemeinkostenbereich und daraus abgeleitet auf die Optimierung von Prozessen hinsichtlich Qualität, Zeit und Effizienz, die Verbesserung der Gemeinkostenverrechnung, die Erweiterung der Informationsbasis für strategische Entscheidungen sowie die Einführung bzw. Sicherstellung eines permanenten Gemeinkostenmanagements. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 5
Aufgabe 1b, 15 Punkte Skizzieren Sie das Grundkonzept der Prozesskostenrechnung. Gehen Sie hierbei auch auf den Zusammenhang zwischen Aktivitäten, Teilprozessen und Hauptprozessen sowie lmi- und lmn-prozessen ein. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 6
Lösung Aufgabe 1b Die Prozesskostenrechnung als Kostenmanagementansatz bedient sich so genannter Hauptprozesskostensätze, die auf Hauptprozessen beruhen und über Kostentreiber operationalisiert werden. Die Gewinnung der Hauptprozesse mit den zugehörigen Kostentreibern erfolgt in mehreren Schritten: 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 7
Lösung Aufgabe 1b 1. Schritt: Erfassung der Aktivitäten 2. Schritt: Verdichtung der Aktivitäten zu Teilprozessen 3. Schritt: Differenzierung nach leistungsmengeninduzierten (lmi) und leistungsmengenneutralen (lmn) Teilprozessen 4. Schritt: Ermittlung der lmi- und lmi/lmn- Teilprozesskostensätze 5. Schritt: Ermittlung der Hauptprozesskostensätze 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 8
Lösung Aufgabe 1b Aktivitäten = kostenstellenbezogene Tätigkeiten, welche auf unterster Hierarchieebene in der Prozesskostenrechnung angesiedelt sind und die produktionsfaktorverzehrenden Arbeitsvorgänge eines Mitarbeiters beschreiben. Teilprozesse = logische Zusammenfassung von kostenstellen- und mitarbeiterbezogenen Aktivitäten zu produktionsfaktorverzehrenden Arbeitsvorgängen von mehreren Mitarbeitern Hauptprozesse = sachlogische Verdichtung von Teilprozessen 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 9
Lösung Aufgabe 1b Leistungsmengeninduzierte Prozesse sind mengenvariabel und verändern sich in Abhängigkeit von dem zu erbringenden Arbeitsvolumen Leistungsmengenneutrale Prozesse fallen unabhängig von dem zu erbringenden Arbeitsvolumen an, sie sind also an kein Mengengerüst gekoppelt. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 10
Aufgabe 1c, 3 Punkte Nach der Einführung der Prozesskostenrechnung in einem Unternehmensbereich ist der Vorstand begeistert von den Ergebnissen der Prozesskostenrechnung. Er beabsichtigt, die Prozesskostenrechnung auf das gesamte Unternehmen auszudehnen. Dazu schlägt er folgendes vor: Wir stecken viel Geld und Zeit in die Prozesskostenrechnung. Sie bringt uns auch gute Informationen. Aus Kostengründen können wir doch die restliche Kostenrechnung abschaffen und nur noch mit der Prozesskostenrechnung arbeiten. Nehmen Sie zu diesem Vorschlag kritisch Stellung. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 11
Lösung Aufgabe 1c Die Prozesskostenrechnung kann nicht als alleiniges Kostenrechnungssystem zum Einsatz kommen. Sie bedarf eines funktionierenden Kostenrechnungssystems, auf dem sie aufbaut. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 12
Aufgabe 1d, 5 Punkte Nach positiven Erfahrungen soll die Prozesskostenrechnung in allen Bereichen des Unternehmens eingesetzt werden. Der Vorstand schlägt vor, sie auch im Bereich der Geschäftsführung anzuwenden. Nehmen Sie zu diesem Vorschlag kritisch Stellung. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 13
Lösung Aufgabe 1d Singuläre Aktivitäten der Geschäftsführung eignen sich nur bedingt als Einsatzgebiet der Prozesskostenrechnung. Grund: je weniger die Leistungen standardisiert sind und keine feste Folge aufweisen, desto abstrakter und offener ist der zu findende Prozess und desto allgemeiner sind die kostentreibenden Faktoren des Prozesses. Die Kostenverrechnung gestaltet sich schwierig und ist nicht gut zu begründen. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 14
Aufgabe 1e, 10 Punkte Erörtern Sie kurz Vor- und Nachteile der Prozesskostenrechnung. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 15
Lösung Aufgabe 1e Vorteile hohe Praxisrelevanz wenig Komplexität wegen Fokussierung auf einige wenige bereichsübergreifende Hauptprozesse und Kostentreiber macht Prozessabläufe sichtbar, planbar und steuerbar Erkenntnisse können zur Entscheidungsunterstützung herangezogen werden und als Grundlage für den Einsatz anderer Verfahren dienen 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 16
Lösung Aufgabe 1e Vorteile (Fortsetzung) keine Änderung der Kostenstellen- und Organisationsstruktur notwendig bietet die Möglichkeit, Kostenschwerpunkte zu analysieren und eine Optimierung der Unternehmensstrukturen anzustoßen liefert nicht nur Daten für eine verursachungsgerechte Produktkalkulation und mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung, sondern macht auch Aussagen hinsichtlich Qualität und Zeit 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 17
Lösung Aufgabe 1e Nachteile bedient sich zwar der traditionellen Kostenrechnung, hält sich aber nicht an die Grundsätze der traditionellen Kostenrechnung es existiert kein Konzept zur Einbeziehung der Prozesskostenrechnung in ein umfassendes Kostenmanagementsystem nicht für strategische Entscheidungen geeignet, da z. B. keine kalkulatorischen Zinsen berücksichtigt werden 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 18
Lösung Aufgabe 1e Nachteile (Fortsetzung) nicht für kurzfristige Absatz- und Produktionsentscheidungen einsetzbar Kostensenkungspotentiale werden mangels Möglichkeiten analytischer Planungen in der Regel pauschal gegeben Anzahl der zum Einsatz kommenden Hauptprozesstreiber ist unklar, kein Regelkatalog zur Bildung der Prozesse existent 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 19
Aufgabe 1f, 12 Punkte Nennen Sie sechs Einführungshindernisse der Prozesskostenrechnung und beschreiben Sie diese kurz durch typische Symptome. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 20
Lösung Aufgabe 1f Eine ausführliche Darstellung der Einführungshindernisse der Prozesskostenrechnung mit Symptomen und Lösungsansätzen finden Sie in der Kurseinheit 2 in Abb. 33, Seite 97. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 21
Lösung Aufgabe 1f Einführungshindernis Mangelnde Unterstützung durch das Management Ausschließlich finanzielle Sichtweise von Kosten Mangelnde Unterstützung durch die Mitarbeiter Mangelnder Wille, eine Pilotphase durchzuführen Symptome Ungenügende Ressourcenzuteilung, das Management sieht keinen Grund zur Änderung Auffassung, dass finanzielle Zahlen alles Relevante erklären und deshalb kein anderes Führungsinformationssystem notwendig ist Mangelnde Nutzung durch die Mitarbeiter. Anfragen werden nicht beantwortet, Meetings nicht besucht. Mitarbeiter betonen wie zufrieden sie mit dem alten System waren. Mangelndes Wissen um und Verständnis für die Vorteile. Management will möglichst rasch die Auswertungsinformationen. Systemanforderungen werden anfänglich unterschätzt. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 22
Lösung Aufgabe 1f Einführungshindernis Zu hoher Detaillierungsgrad Zu geringer Detaillierungsgrad Datenmangel Symptome Die Aktivitätenerhebung weist eine Vielzahl von Aktivitäten pro Person aus. Die Datenmenge verlangsamt das System. Aufwendige Systempflege. Die Aktivitäten geben Auskunft über operationelle Belange und können schlecht beurteilt werden. Das bestehende Informationssytem enthält nur finanzielle Daten. Detaillierte Daten (z.b. Anzahl Verkaufsgespräche pro Verkäufer) sind schwer zu erhalten. 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 23
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Fragen? 02.02.2010 Aufgabe 1: Schnittstellencontrolling 24