Deutsches Patent- und Markenamt

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Transkript:

Deutsches Patent- und Markenamt München, den 1. Juni 2010 Patentanwaltsprüfung II / 2010, Gruppen A C Schriftliche Aufsichtsarbeit betreffend eine wissenschaftliche Aufgabe Bestehend aus 3 Teilen; Bearbeitungszeit für alle Teile zusammen: 5 Stunden Teil I (Seiten 1 3) Dipl.-Ing. Müller und Dr. Ing. Meier sind Miterfinder einer speziellen Vorrichtung und eines Herstellungsverfahrens unter Verwendung dieser Vorrichtung. Beide sind Arbeitnehmer der Schmidt Maschinenbau GmbH & Co. KG. Die Erfindung ist das Ergebnis eines Projektes, bei dem die Schmidt Maschinenbau GmbH & Co. KG zusammen mit der Lehmann GmbH arbeitete. Die entsprechenden gemeinsamen Entwicklungsarbeiten unter Beteiligung von Dipl.-Ing. Müller und Dr. Ing. Meier sowie Arbeitnehmern der Lehmann GmbH begannen im Jahre 1992. 1995 reichte die Lehmann GmbH eine Patentanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt ein. Als Erfinder benannte sie ausschließlich Arbeitnehmer ihrer Firma. Unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Erstanmeldung wurden auch Anmeldungen in allen Ländern getätigt, in denen ein wirtschaftliches Interesse an der Verwertung des Erfindungsgegenstandes bestand. Das Deutsche Patent- und Markenamt erteilte im Jahre 1999 ein Patent. Nach Bekanntwerden der Patenterteilung für die Lehmann GmbH haben die Erfinder Dipl.-Ing. Müller und Dr. Ing. Meier im Dezember 2000 die Erfindung ihrer Arbeitgeberin gemeldet. In dieser Erfindungsmeldung verweisen Sie auf das erteilte Patent. Darüber hinaus heißt es in der Meldung wörtlich: Über den prozentualen Anteil zwischen den Erfindern der Firma Lehmann GmbH und den Erfindern der Schmidt Maschinenbau GmbH & Co. KG kann zu diesem Zeitpunkt noch keine definitive Aussage gemacht werden. Die Schmidt GmbH & Co. KG wird gebeten, eine Klärung herbeizuführen. Ferner heißt es: Wir melden, dass Erkenntnisse, die wir im Rahmen der Optimierung der Instandsetzungsarbeiten bereits vor Beginn der eigentlichen Entwicklung der Firma Lehmann im 1. Quartal 1992 gewonnen hatten, in die Patentschrift übernommen wurden. Sie betreffen das Verfahren allgemein und

2 die grundsätzlichen gerätetechnischen Voraussetzungen für das Verfahren. Während der Erprobungsarbeiten flossen praktische Erkenntnisse von uns in die Geräte- und Werkzeugweiterentwicklung der Lehmann GmbH ein. Die Arbeitgeberin von Müller und Meier hat die Erfindung innerhalb der Inanspruchnahmefrist fristgerecht unbeschränkt in Anspruch genommen. Die Erfindung wurde auch benutzt. Die Schmidt Maschinenbau GmbH & Co. KG forderte die Lehmann GmbH zur Teilübertragung des Patentrechts auf. Daraufhin führten beide Firmen Vergleichsverhandlungen. Im Ergebnis wurde der Schmidt Maschinenbau GmbH & Co. KG ein kostenloses Mitbenutzungsrecht eingeräumt. Beide Seiten waren sich bewusst, dass bereits vor 1995 in Betriebsführungen die Vorrichtung Besuchern gezeigt worden war. Hierbei waren auch Vorführungen der laufenden Versuche erfolgt. Dipl.-Ing. Müller und Dr. Ing. Meier bitten Patentanwalt Schlau um Beratung bezüglich der Rechtslage, insbesondere ob ihnen Arbeitnehmererfindervergütungen zustehen. 1. Fall-Variante: Nachdem Patentanwalt Schlau im Auftrag von Dipl.-Ing. Müller und Dr. Ing. Meier die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt angerufen hat, hat diese am 04.05.2010 einen Einigungsvorschlag zugestellt. Darin kommt die Schiedsstelle zu dem Schluss, dass den Erfindern keine Erfindervergütung zusteht. Dipl.-Ing. Müller und Dr. Ing. Meier fragen Patentanwalt Schlau, was nun unternommen werden kann. 2. Fall-Variante: Am Ende des Einigungsvorschlages der Schiedsstelle wird Folgendes ausgeführt: Die Schiedsstelle regt für den Fall, dass nicht andere Lösungen erzielt werden können an, dass die Antragsgegnerin die Leistungen von Dipl.-Ing. Müller und Dr. Ing. Meier unter dem Gesichtspunkt eines technischen Verbesserungsvorschlages durch angemessene Prämienanerkennung würdigt. Die Erfinder fragen Patentanwalt

3 Schlau, ob aufgrund dessen eine Anspruchsgrundlage für eine Prämienzahlung bestehen könnte. Beantworten Sie die aufgeworfenen Fragen gutachterlich Hinweis: Nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Schuldrecht betrug die regelmäßige Verjährungsfrist 30 Jahre. Teil II (Seiten 3 4) Ein Gebrauchsmusterinhaber will sein eingetragenes Gebrauchsmuster gegen einen Verletzer in einem Verletzungsstreit geltend machen. Erst nach Eintragung des Gebrauchsmusters wurde ihm Stand der Technik bekannt, der der Schutzfähigkeit des entsprechend dem eingetragenen Gebrauchsmuster geltend gemachten Anspruchs entgegensteht. Bei Geltendmachung des Gebrauchsmusters in unveränderter Form ist eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens oder sogar eine Klageabweisung zu erwarten, siehe 13 Abs. 1 GbmG. Frage I: Was kann der Gebrauchsmusterinhaber tun, um den bereits anhängigen Verletzungsstreit fortsetzen zu können? Welche Wirkungen hat dies?

4 Frage II: Der Schutzrechtsinhaber will kein Gbm, sondern ein zu breit erteiltes Patent in einem Verletzungsstreit durchsetzen. 1) Was ist zu beachten bei eingeschränkter Geltendmachung eines Patents im Patentverletzungsstreit im Vergleich zur beschränkten Geltendmachung eines Gbm im Gbm-Verletzungsstreit? 2) Unter welchen Voraussetzungen und weshalb könnte sich das Verletzungsgericht ggf. über eine erstinstanzliche Entscheidung zur Rechtsbeständigkeit des Klagepatents hinwegsetzen? 3) Was kann der Patentinhaber auch unabhängig von einem anhängigen Verletzungsstreit tun? Beantworten Sie die gestellten Fragen gutachterlich Teil III (Seiten 4-5) Eine Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss der Prüfungsstelle 15 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 1. April 2009 mit der Feststellung, dass durch den am 21. September 2007 eingegangenen Antrag auf Erteilung eines Patents keine rechtswirksame Patentanmeldung zustande gekommen sei. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Am 21. September 2007 meldete die Anmelderin beim DPMA in italienischer Sprache eine Erfindung mit der Bezeichnung "Macchina per la lavorazione di pannelli di legno o simili" (Maschinen für die Bearbeitung von Tafeln aus Holz oder dgl.) zum Patent an. Zu der Anmeldung gehören 15 Patentansprüche. Die Ansprüche 2 bis 15 sind unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogen.

5 Am 12. November 2007 reichte die Anmelderin die deutsche Übersetzung der Anmeldung nach. In dieser Übersetzung waren die Patentansprüche 14 und 15 nicht enthalten. Deren Fehlen fiel erst nach Herausgabe der Offenlegungsschrift auf. Am 4. März 2009 reichte die Anmelderin eine Übersetzung ein, die auch die Ansprüche 14 und 15 umfasste. Nach Meinung der Prüfungsstelle ist die Anmelderin im Hinblick auf die Unvollständigkeit der zunächst eingereichten Übersetzung dem Erfordernis des 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 PatG nicht nachgekommen, weshalb der Anmeldung gemäß 35 Abs. 2 Satz 1 PatG kein Anmeldetag zuerkannt werden könne. Nehmen Sie gutachterlich nur zu dieser Auffassung der Prüfungsstelle Stellung (keine Ausführungen zur Zulässigkeit usw)