Evaluation in Russland

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Transkript:

Staats Universität Hochschule für Wirtschaft & Institut für Policy- und Programmevaluierung (Moskau) Evaluation in Russland Dr. Daniel Tsygankov Koordinationsstelle für Weiterbildung Universität Bern, 30. April 2007

Übersicht: Russisches Verwaltungssystem in Kürze Problemstellung Fehlen von Evaluation im russischen Reformablauf Positive Signale auf Bundesebene Schlussfolgerungen

Gegenwärtige russische Verwaltungssystem in Kürze Russland ist der Verfassung nach eine Föderation, und die Macht ist zwischen Bundesebene, Regionen (Föderationssubjekte) und Gemeinden aufgeteilt. Russland bleibt ein sehr zentralistischer Staat (nach Muster Frankreichs): Die politischen Spitzen der Regionen werden seit dem Jahr 2005 so gut wie direkt vom Präsidenten ernannt. Im Jahr 2004 erfolgte eine Verwaltungsreform auf Bundesebene nach NPM-Muster (Ministerien Dienste/Aufsichtsbehörden Bundesämter).

Problemstellung Die gegenwärtigen Reformen des öffentlichen Sektors in Russland orientieren sich sowohl konzeptionell, wie zumeist auch technisch an den Public Sector Reform- Modellen, wie sie in den westlichen (vornehmlich angelsächsischen) Ländern bereits seit 20-25 Jahren auf dem Wege sind. Ihnen liegt das Konzept vom sog. Neuen Steuerungsmodell (NSM) zugrunde, woraus Begriffe wie agencification, performance management, performance audit, outsourcing, public-privatpartnership usw. abgeleitet worden sind. Ein Vergleich mit den NSM-Reformen im Westen zeigt allerdings, dass es den in Russland zu diskutierenden und zu realisierenden Reformen- bzw. Steuerungsinstrumentarien derzeit an einem wichtigen und zentralen Bestandteil der Politik- und Programmevaluierung mangelt.

Agencification (1) Eine Übernahme (März 2004) des dreistufigen Schemas der föderalen Ausführungsorgane (Ministerien, Aufsichtsbehörden/Dienste und Bundesämter) scheint aussichtslos. Da in der russischen Politikberatung das Konzept des Policy-Zyklus wenig bekannt ist, verwundert es kaum, dass eine Evaluierungsebene nicht vorgesehen ist. Bisher wurden keine Staatsanstalt Abteilungen eingerichtet, die mit internen Evaluierungen beauftragt wären. In seltenen Fällen greifen Abteilungen des russischen Ministeriums für Wirtschaftsentwicklung und Handel in Prozesse und Abläufe ein, um ein Monitoring durchzuführen. Auch dies bedeutet nicht immer Evaluierung im eigentlichen Sinne!

Agencification (2) Auf der einen Seite wird normalerweise von einer direkten Verbindung zwischen autonomen und verantwortlichen agencies und Stufen im Politik- Zyklus (Planungs-/Entscheidungsvorbereitung, Entscheidungsfindung/Zielformulierung, Implementation und Evaluierung) ausgegangen. Auf der anderen Seite wird damit eine höhere Leistungsfähigkeit angenommen. Hierfür müssten die Ministerien für Politikformulierung, die Bundesämter (agencies) für deren Umsetzung und die Dienste für Aufsicht, Monitoring bzw. Evaluierung stehen.

Fragmente von Evaluierung in Russland -1 Nicht-Regierungsorganisationen - die Vorreiter der Evaluation in Russland und den GUS-Staaten Auslandsstiftungen und internationale Organisationen, die Entwicklungshilfe durch russische NRO leisten, reservieren 2-7% der Gesamtbudgets für ex-post Evaluationen. Bundesministerium für Wirtschaftsentwicklung und Handel Die Abteilung für staatliche Wirtschaftssteuerung hat uns im Jahr 2005 beauftragt, die Wirkungen zweier Bundesgesetze zu evaluieren. Ein weiterer Auftrag betrifft die Ausarbeitung des Gesetzesfolgenabschätzungs-Verfahrens. Bundesministerium für Wissenschaft und Bildung Etablierung von Evaluierungsrunden für Forschungsinstitute.

Fragmente von Evaluierung in Russland -2 Bundesrechungshof Russlands Einführung der Leistungsmessungsindikatoren (angekündigt, aber noch nicht umgesetzt). Vertreter der Großindustrieverbände Forderung nach Teilnahme an den Gesetzesfolgenabschätzungs-Verfahren. Energiekonzern RAO EES of Russland RAO EES (der russische staatlich dominierte Energiekonzern) möchte seinen technischen Standard auf den neuesten Stand bringen, wofür er uns beauftragt hat, eine innovative Methodik zur Evaluierung des ökonomischen Einflusses der neuer technischen Standards auszuarbeiten (hierbei stützen wir uns in erster Linie auf die Ergebnisse einer Kosten-Nutzen- Analyse).

Probleme bei Einführung der Evaluierung in Russland Mangel an qualifizierten Evaluationsanbietern Im unentwickelten Markt können nur 5-6 Forschungseinrichtungen Evaluierungen durchführen, die in etwa westlichen Standards entsprechen. Weder MA- noch Weiterbildungsprogramme Es gibt einzelne Evaluations-Lehrveranstaltungen für BA- und MA-Studenten in einigen russischen Hochschulen. Mangel an politischem Willen und Widerstand bestimmter Schichten der Bürokratie

Schlussfolgerungen (1) Tatsächlich zeigt sich derzeit ein progressiver Teil der Beamtenschicht bereit, externe Evaluatoren einzuladen, da sie für die anstehenden Reformprozesse langfristig auf objektive Informationen angewiesen sind. Im Gegensatz z.b. zu Deutschland sind die russischen Kommunen keine Vorreiter in Bezug auf Evaluierung bzw. Leistungsmessung. Eine umfassende Evaluierungskette, basierend auf exante, on-going- und ex-post-phasen und über alle Ebenen (Bund, Land, Kommune) sowie unter bewusster und methodisch fundierter Anwendung, bleibt derzeit eine Zukunftsvision.

Schlussfolgerungen (2) Gerade jetzt, da politische Prioritäten (Verdoppelung des Bruttosozialprodukts, Militärreform, Armutsbekämpfung, Wohnungswesen, Gesundheitssystemreform usw.) klar formuliert sind, scheinen Innovationsimpulse, wie durch policy evaluation möglich, in Russland dringend geboten. Das Ziel ist die allmähliche Schaffung und Etablierung eines vollwertigen Evaluierungssystems. Zweifellos ist dies ein komplizierter und langwieriger Prozess, der empfindliche politische Interessen der Beteiligten trifft!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Daniel Tsygankov