Weiterführende Abwasserbehandlung und ihr Beitrag zur Verbesserung des Ökosystems: Langzeit- und Kurzzeit-Effekte einer Pulveraktivkohlestufe in abwasserbeeinträchtigten Oberflächengewässern Paul Thellmann und Rita Triebskorn Physiologische Ökologie der Tiere Symposium Mikroschadstoffe; Düsseldorf 11.11.2015
Schussenaktivplus: Hauptfragestellungen 1. Wie effizient reduzieren neue Technologien in der Abwasser- und Regenwasserbehandlung Nicht-resistente und resistente Pathogene Mikroschadstoffe Effektpotentiale in Abwasser-, Oberflächenwasser- und Sedimentproben? 2. Welche Vorteile bieten diese neuen Technologien für das Einzugsgebiet der Schussen? 3. Welchen Vorteil bietet eine neue großtechnische PAK-Stufe in einer der an die Schussen angebundenen Kläranlagen für die Gesundheit des Ökosystems Schussen?: Effekte in Fischen und Invertebraten?
Schussenaktivplus: Vorgehensweisen für Fragestellung 3 Schadstoffanalysen in Abwasser-, Oberflächenwasserund Sedimentproben sowie in Biota (165 Chemikalien) Durchführung von Labortests (Biotests) mit Abwasser-, Oberflächenwasser- und Sedimentproben zur Detektion von endokrinen und toxischen Potentialen (Genotoxizität, Dioxin-ähnliche Toxizität, (Anti)Estrogenität etc.) Einsatz von Biomarkern zur Charakterisierung des Gesundheitszustands von Fischen und Invertebraten Untersuchung von Lebensgemeinschaften
Arbeiten im Feld Vergleich von: Probestellen oberhalb und unterhalb der Kläranlagen mit Referenzgewässer Argen (inkl. Einfluss von Regenüberlaufbecken (RÜB), saisonale/jährliche Variabilität) Vor (2012/13) und nach dem Ausbau der Kläranlage Langwiese (2014/2015)
Mikroschadstoffe in Kläranlagenabläufen Signifikant geringere Konzentrationen von Mikroschadstoffen im Ablauf nach PAK-Stufe Grad der Elimination ist substanzsspezifisch
Mikroschadstoffe im Oberflächengewässer 5 Downstream Unterhalb Kläranlage WWTP Mean concentration of 17 fingerprint chemicals (µg/l) 4 3 2 1 Argen 0 P0 before P0 after P1 before P1 after P3 before P3 after P6 before P6 after P4 before P4 after Geringere Konzentrationen von 17 Fingerprint-Chemikalien in der Schussen unterhalb der KA Langwiese nach dem Ausbau mit PAK
Mikroschadstoffe - Diclofenac im Abwasser, Oberflächenwasser und Fischen Nach KA-Ausbau: Reduktion der Diclofenac-Konzentrationen im KA-Ablauf und im Oberflächenwasser unterhalb der KA Langwiese sowie in exponierten Fischen
Effekte in Fischen: Kiemen Histologie Aktiv exponierte Fische Regenbogenforellen Verbesserter Gesundheitszustand der Kiemen in exponierten Forellen unterhalb der KA Langwiese nach Ausbau durch PAK-Stufe Keine Veränderungen oberhalb der KA und in der Kontrolle
Effekte in Fischen: Leber Histologie Wildlebende Fische Döbel Verbesserter Gesundheitszustand der Lebern in frei lebenden Fischen nach KA-Ausbau durch PAK-Stufe Keine sign. Veränderungen am Referenzgewässer
Effekte in Fischen: Gentoxizität Wildlebende Fische Döbel (L. cephalus) n=38 n=53 n=29 n=42 Geringere Mikrokernanzahl / reduzierte Gentoxizität in freilebenden und exponierten Fischen unterhalb der KA Langwiese nach Ausbau durch PAK-Stufe
Effekt Potentiale in Fischen: Dioxin-ähnliche Toxizität Effekt-potentiale in Zelltests Dioxin-ähnliche Toxizität (in vitro) H4IIEluc Ratten Leberzelllinie (Ah-Rezeptor Aktivierung) Effekte in exponierten Fischen Detoxifikations Enzyme (in vivo) EROD Aktivität in Fischen: Exposition in der Schussen, oberhalb und unterhalb des Ablaufs der KA Langwiese Vollständige Elimination der Dioxin-ähnlichen Aktivität im Ablauf der KA sowie im Oberflächenwasser durch den Ausbau mit PAK-Stufe Entsprechende Effekte in Fischen: vor dem KA-Ausbau höhere Werte unterhalb des KA-Ablaufs; nach KA-Ausbau reduzierte Level
Effekte in Fisch: Endokrine Disruption Effekt-Potentiale in Zell-Tests Östrogenität (in vitro) E-Screen: Zell Proliferation Effekte in exponierten Fischen Östrogenität (in vivo) Vitellogeninmessung im Blut weiblicher Regenbogenforellen, exponiert in Bypass-Systemen No induction in males! Effiziente Reduktion der Östrogenität im KA-Ablauf durch PAK-Stufe; keine Unterschiede im Oberflächenwasser Keine Induktion von VTG in männl. Fischen Östrogenität als geringeres Problem! In Weibchen: höhere Werte in der Schussen vor dem KA-Ausbau; nach KA-Ausbau: geringere Werte, jedoch auch an der Argen
Effekte auf Lebensgemeinschaften Veränderungen in der Lebensgemeinschaft von Invertebraten n=38 n=53 n=29 n=42 Verminderung der Saprobie und Anstieg der Taxa-Anzahl unterhalb des KA-Ablaufs nach dem Ausbau mit PAK-Stufe Nicht oberhalb des KA-Ablaufs und nicht an der Argen
Gesamtbeurteilung der Effekte Fisch: Leber und Kiemen Histologie, Mikrokerne (Gentoxizität), EROD (Detoxifikation), Invertebraten: Lebensgemeinschaft + - Keine Verbesserung nach KA-Ausbau Trend/signifikante Verbesserung unterhalb der KA nach Ausbau, ABER ebenfalls an anderen Probestellen +/- Signifikante Verbesserung nur unterhalb der KA nach dem Ausbau mit PAK-Stufe Fisch: Vitellogenin, embryonale Entwicklung Gammariden: Fekundität
Gesamtbeurteilung der Effekte Warum nur 21% an deutlichen Ergebnissen? + 21% +/-27% - 52% Vor Ausbau: bereits gute Reinigungsleistung Ausbau nur an einer KA im gesamten Einzugsgebiet (18 nicht!) Daten nur für 15 Monate nach Ausbau Andere (Stör-)Faktoren (milder Winter, Pegelstand) von Bedeutung
Langzeiteffekte einer Pulveraktivkohlestufe KAs Albstadt-Ebingen und Albstadt-Lautlingen PAK-Stufe seit 22 Jahren (ursprünglich zur Entfärbung von Abwässern aus der Textilindustrie) Aufnehmende Gewässer: KA Ebingen: Schmiecha KA Lautlingen: Eyach Fragestellungen Triebskorn et al. (2014): Korrespondenz Wasserwirtschaft 10: 587-593 Vogel et al. (2014): Korrespondenz Abwasser. 10:902-907. 1. Effizienz der PAK-Stufe bzgl. der Reduktion von Mikroschadstoffen 2. Gesundheitszustand von Fischen und Zustand des Makrozoobenthos
Langzeiteffekte einer Pulveraktivkohlestufe Ergebnisse Sehr effiziente Reduktion von Mikroschadstoffen Ebenfalls unterhalb der beiden KA: Keine Embryotoxizität Keine Genotoxizität Guter Gesundheitszustand von Geweben in Fischen (Leber, Kieme) Gesunder Zustand der Fischpopulation Natürliche Reproduktion von Bachforellen (alle Altersklassen vertreten) Gesunde Invertebraten-Gemeinschaften
Zusammenfassung Langzeit- und Kurzzeiteffekte einer Pulveraktivkohlestufe in Kläranlagen wurden vorgestellt Mikroschadstoffe wurden durch die PAK signifikant reduziert, jedoch nicht alle im gleichen Maße (chemische Eigenschaften) Vorteile von PAK für die Gesundheit von Ökosystemen wurden deutlich erkennbar