(Leistungsempfänger als Steuerschuldner; Abgrenzung von nicht selbständiger zu unternehmerischer Tätigkeit)

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Transkript:

FG München, Urteil v. 18.09.2012 2 K 2829/09 Titel: (Leistungsempfänger als Steuerschuldner; Abgrenzung von nicht selbständiger zu unternehmerischer Tätigkeit) Normenketten: 2 Abs 1 UStG 1999 2 Abs 2 Nr 1 UStG 1999 3a Abs 1 UStG 1999 3a Abs 2 Nr 4 S 1 UStG 1999 13b Abs 1 UStG 1999 13b Abs 2 UStG 1999 Art 9 Abs 1 EGRL 112/2006 Art 10 EGRL 112/2006 Orientierungsätze: 1. Eine berufliche Tätigkeit wird nach der negativen Abgrenzung in 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Eine selbständige Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn sie auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung ausgeübt wird. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BFH das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. 2. Für eine selbständige Tätigkeit, der im Ausland ansässigen Gesellschafterin spricht eine fehlende Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers, eine Tätigkeit in nicht unwesentlichem Umfang für andere Unternehmen, Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und das eigene Unternehmerrisiko durch Abhängigkeit des Entgelts vom eigenen Arbeitseinsatz. 3. Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist zwar grundsätzlich für die Umsatzsteuer, die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Eine Bindung an die ertragsteuerrechtliche Beurteilung besteht für das Umsatzsteuerrecht jedoch nicht (BFH-Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl II 2005, 730). 4. Die Vermittlungsleistungen, der im Ausland ansässigen Gesellschafterin wurden in Deutschland, am Sitz der Klinik erbracht, weil dort die an die (österreichischen) Beleger vermittelten Klinikleistungen ausgeführt werden. Damit schuldet der Unternehmer als Leistungsempfänger die Steuer nach 13b Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 1 UStG, die für sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers entsteht. Schlagworte: Abgrenzung, Ansässigkeit, Auftraggeber, Ausland, Geschäftsführer, Gesellschaft mbh, Gesellschafter, Kapitalgesellschafter, Leistungsempfänger, Selbständige Tätigkeit, Steuerschuldner, Umsatzsteuer, Unternehmer, unternehmerische Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Vergütung, Vermittlung, Weisungsfreiheit Fundstelle: BeckRS 2012, 96673 Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob die Klägerin, eine GmbH, als Leistungsempfängerin Steuerschuldnerin für sonstige Leistungen eines ihrer im Ausland ansässigen Gesellschafter geworden ist. 2 Die Klägerin erzielte im Streitjahr steuerfreie Umsätze im Sinne von 4 Nr. 16 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr maßgeblichen Fassung (UStG) aus dem Betrieb einer Rehaklinik. Sie wurde mit notariellem Vertrag vom 5. Juni 1998 von Frau L gegründet. Alleinige Geschäftsführerin war ab 7. Oktober 1998 Frau O. Ab dem 10. November 1998 betrug der Anteil der L am Stammkapital der Klägerin in Höhe von 100.000,- DM noch 60.000,- DM. 3 L hatte sich gegenüber der Klägerin verpflichtet, für diese vor allem österreichische Beleger zu vermitteln und hierfür an mindestens 200 Tagen im Jahr aktiv tätig zu werden. Für ihre Tätigkeit war im Jahr 1998 ein monatliches Entgelt in Höhe von 25.000 DM vereinbart. Ab dem 1. Januar 1999 erhielt sie bei einer Bettenauslastung unter 30 % Spesenersatz entsprechend dem Akquisitionseinsatz. Bei einer Belegung ab 30 % betrug das Entgelt 3,- DM pro Person und Tag, bei einer Belegung ab 80 % 4,- DM pro Person und Tag. Damit waren alle Spesen abgegolten (vgl. Vertragliche Vereinbarung vom 5. Juni 1998). 4 In einer weiteren Ergänzung zur vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und L wurde eine neue Entgeltregelung getroffen. Danach erhielt L für ihre Tätigkeit ab dem 1. Januar 2004 ein monatliches Pauschalhonorar in Höhe von 5.000,-. Bei einer wesentlichen Erhöhung der Belegung sollte das monatliche Pauschalhonorar entsprechend angepasst werden, ebenso wie nach positiven Tagessatzverhandlungen (vgl. Vereinbarung vom 22. Januar 2004). 5 Das Pauschalhonorar in Höhe von 60.000 für "Vermittlung J" wurde von L bei der Einkommensteuerveranlagung 2004 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt und vom Finanzamt bei der Einkommensteuerfestsetzung entsprechend berücksichtigt (vgl. Bescheid für 2004 vom 30. März 2006). 6 Für das Streitjahr setzte der Beklagte (das Finanzamt) gegenüber der Klägerin zunächst mit Bescheid vom 20. November 2007 Umsatzsteuer in Höhe von 6.805,65 für innergemeinschaftliche Erwerbe ( 1a UStG) sowie für Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers ( 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) fest. 7 Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung (vgl. Bericht vom 30. Juli 2008) setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für 2004, unter Erhöhung der sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers um 51.724,- (= 60.000 abzüglich herausgerechneter 16 % Umsatzsteuer in Höhe von 8.276 ), mit Bescheid vom 13. August 2008 auf 14.881,49 herauf, da L eine selbständige Vermittlungstätigkeit ausgeübt habe und die Klägerin als Leistungsempfängerin Steuerschuldnerin geworden sei, weil L ihren Wohnsitz im Jahr 2004 in L/Österreich gehabt habe. 8 Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin gegen die Einspruchsentscheidung vom 4. August 2009 Klage, mit der sie im Wesentlichen Folgendes vorbringt: 9 L habe kein Unternehmerrisiko getragen, sondern vielmehr eine feste, von ihrem Erfolg unabhängige, Vergütung von 5.000,- pro Monat und darüber hinaus nur eine Erfolgsprämie bei einer wesentlichen Verbesserung der Belegung der Klinik erhalten. Diese Regelung sei eine übliche Bonusvereinbarung für eine führende Position in einem Unternehmen. Ebenso wenig sei L nach außen im eigenen Namen oder auf

eigene Rechnung aufgetreten. Die Tätigkeit von L habe darin bestanden, die Klinik-Belegungspartner zu betreuen. Diese Tätigkeit entspreche der Tätigkeit eines Marketingmitarbeiters, aber keinesfalls der eines freien Handelsvertreters, bei dem sich die Vergütung nach dem Umfang der vermittelten Umsätze bemesse. Außerdem habe L für ihre Tätigkeit ein Büro einschließlich Sekretariat zur Verfügung gestellt bekommen. Des Weiteren sei eine feste Arbeitszeit festgelegt gewesen, da L an mindestens 200 Tagen im Jahr habe tätig werden müssen. Ebenso sei eine mündliche Vereinbarung über eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und über einen Jahresurlaub von 28 Arbeitstagen getroffen worden. Im Übrigen sei ein Gesellschafter, der mehrheitlich an der Gesellschaft beteiligt sei und mit dieser ein Arbeitsverhältnis eingehe, in der Regel nicht sozialversicherungs- und krankenversicherungspflichtig. Die Erklärung der Einkünfte der L aus der Tätigkeit für die Klägerin als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit sei irrtümlich erfolgt. 10 Die Klägerin beantragt, den Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 13. August 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 4. August 2009 aufzuheben. 11 Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen. 12 L sei beherrschende Gesellschafterin der Klägerin gewesen und habe entscheidenden Einfluss auf die Vertragsgestaltung nehmen können. Sie sei nicht als Geschäftsführerin bei der Klägerin angestellt gewesen. Ihre Tätigkeit sei mit der eines freien Handelsvertreters vergleichbar. Durch die vertraglichen Vereinbarungen der Klägerin mit L sei kein Anstellungsvertrag gewollt gewesen. Es seien weder Vereinbarungen zur Sozialversicherungs- und Krankenversicherungspflicht oder zum Lohnsteuerabzug, zur Arbeitszeit und zur Urlaubsabgeltung getroffen worden. Mit der Vereinbarung vom 22. Januar 2004 habe offensichtlich vielmehr die bisherige komplizierte Vergütungsabrechnung nach Belegung pro Person und Tag und Spesenersatz durch ein monatliches Pauschalhonorar ersetzt werden sollen. Das von der Klägerin angeführte fehlende Unternehmerrisiko könne auch darin bestehen, dass bei Ausfallzeiten eine Vergütung nicht bezahlt werde. Der Umstand, dass der Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von der Klägerin gekündigt werden könne, spreche gegen ein gewolltes und tatsächlich durchgeführtes Arbeitsverhältnis, wie es zum Beispiel bei einem von einer GmbH angestellten Geschäftsführer der Fall wäre. 13 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Finanzamts und die von den Beteiligten im Verfahren eingereichten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen. Entscheidungsgründe 14 II. Die Klage ist unbegründet. 15 Das Finanzamt hat die Klägerin zu Recht für die von L erbrachten Leistungen als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen. 16 1. Nach 13b Abs. 1 Nr. 1 i.v.m. Abs. 2 Satz 1 UStG schuldet ein Unternehmer als Leistungsempfänger die Steuer, die für sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers entsteht. 17 Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil L im Streitjahr eine im Ausland ansässige Unternehmerin gewesen ist, die gegenüber der Klägerin in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat. 18

a) L hat im Streitjahr als selbständige Unternehmerin sonstige Leistungen gegenüber der Klägerin erbracht. 19 Gemäß 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist dabei nach 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn eine Gewinnerzielungsabsicht fehlt. 20 Eine berufliche Tätigkeit wird nach der negativen Abgrenzung in 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind. Eine selbständige Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn sie auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung ausgeübt wird. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Dementsprechend sind die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, gegeneinander abzuwägen, wobei entscheidend auf die Weisungsfreiheit abzustellen ist (vgl. z.b. BFH-Urteile vom 29. Juni 2000 V R 28/99, BStBl II 2000, 597, und vom 14. Mai 2008 XI R 70/07, BStBl II 2008, 912, unter II.2.a). 21 Selbständigkeit in der Organisation und bei der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sprechen für persönliche Selbständigkeit. Weisungsgebundenheit bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs, Ausführung von einfachen Tätigkeiten, die regelmäßig weisungsgebunden sind, sprechen gegen die Selbständigkeit der Tätigkeit (BFH-Urteil vom 30. Mai 1996 V R 2/95, BStBl II 196, 493). 22 Besondere Bedeutung kommt dem Handeln auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung und dem Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko) zu. Wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies für Selbständigkeit; ist der Steuerpflichtige von einem Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt, spricht dies gegen Selbständigkeit (BFH-Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl II 2005, 730, unter II. a). Indiz, aber nicht in erster Linie ausschlaggebend, kann auch die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung der Tätigkeit als selbständig oder unselbständig sein. 23 Die Beurteilung der Selbständigkeit nach diesen Grundsätzen entspricht den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts. 24 Nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL - (entspricht dem im Streitjahr gültigen Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG) gilt als Unternehmer ("Steuerpflichtiger"), wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt. Nach Art. 10 der MwStSystRL (Art. 4 Abs. 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 77/388/EWG) schließt die selbständige Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL Lohn- und Gehaltsempfänger und sonstige Personen von der Besteuerung aus, soweit sie an ihren Arbeitgeber durch einen Arbeitsvertrag oder ein sonstiges Rechtsverhältnis gebunden sind, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhältnis der Unterordnung schafft. 25 Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist zwar grundsätzlich für die Umsatzsteuer, die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Eine Bindung an die

ertragsteuerrechtliche Beurteilung besteht für das Umsatzsteuerrecht jedoch nicht (BFH-Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl II 2005, 730). 26 b) Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist L aufgrund der Gesamtumstände des Streitfalles und unter Abwägung der für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale bei Erbringung der streitgegenständlichen Leistungen zur Überzeugung des Senats als selbständige Unternehmerin tätig gewesen. 27 L ist in das Unternehmen der Klägerin nicht so eingegliedert gewesen, dass sie bei Erbringung der mit Vertrag vom 5. Juni 1998 vereinbarten Leistungen verpflichtet gewesen ist, deren Weisungen zu folgen. Durch diesen Vertrag ist L nicht derart an die Klägerin gebunden gewesen, dass hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Entgelts sowie der Verantwortlichkeit der Klägerin ein Verhältnis der Unterordnung geschaffen worden wäre. 28 L ist lediglich verpflichtet gewesen an mindestens 200 Tagen im Jahr aktiv für die Klägerin tätig zu werden, um die Belegung der Klinik, vor allem mit österreichischen Belegern, zu vermitteln. Im Übrigen ist sie völlig frei gewesen, wann, wo und wie sie diese Tätigkeit ausübt. L musste bei Ausübung ihrer Tätigkeit weder mit anderen Mitarbeitern der Klägerin zusammenarbeiten noch sich mit diesen oder der Klägerin selbst abstimmen. Dass L von der Klägerin für ihre Tätigkeit ein Büro einschließlich Sekretariat zur Verfügung gestellt bekommen hat, spricht deshalb weder für noch gegen eine Selbständigkeit der L. 29 In diesem Zusammenhang spricht auch der Umstand, dass L im Streitjahr in nicht unwesentlichem Umfang als Angestellte bereits für zwei andere Unternehmen tätig gewesen ist und hierfür, wie sich aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lohnsteuerbescheinigungen ergibt, steuerpflichtigen Arbeitslohn in Höhe von über 70.000 erhalten hat, schon aus tatsächlichen Gründen für die persönliche Selbständigkeit der L. 30 Ebenso spricht der Umstand, dass die Klägerin den Vertrag vom 5. Juni 1998 ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen konnte, falls L diese Tätigkeit nicht im vereinbarten Umfang ausübt, gegen einen Angestelltenverhältnis zwischen der Klägerin und L. 31 Da das Entgelt für die Tätigkeit der L ab dem 1. Januar 1999 von der Bettenauslastung der Klägerin abhängig gewesen ist, hat L insoweit auch ein Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko) getragen. Die Vergütung der L ist damit auch vom Umfang der vermittelten Umsätze und ihrer Unternehmerinitiative abhängig gewesen. L hat der Klägerin in erster Linie nicht ihre Arbeitskraft, sondern einen Arbeitserfolg, nämlich eine möglichst hohe Belegungsquote der Klinik mit möglichst hohen Tagessätzen (vgl. Ergänzung zur Vertraglichen Vereinbarung vom 22. Januar 2004), geschuldet. 32 Zu berücksichtigen ist auch, dass mit dem vereinbarten Entgelt alle Spesen im Rahmen der Tätigkeit der L für die Klägerin abgegolten gewesen sind und L insoweit ein Vergütungsrisiko getragen hat. 33 Die Vereinbarung eines monatlichen Pauschalhonorars ab dem 1. Januar 2004 in der Ergänzung zur Vertraglichen Vereinbarung vom 22. Januar 2004 spricht nicht gegen eine Weiterführung der selbständigen Tätigkeit der L. Damit wurde lediglich die Entgeltregelung in der Vertraglichen Vereinbarung vom 5. Juni 1998 modifiziert. L konnte weiterhin eigene Unternehmerinitiative entfalten und durch den Umfang ihres Arbeitseinsatzes den Erfolg ihrer Tätigkeit beeinflussen. Die Höhe des Entgelts ist weiterhin vom Arbeitserfolg der L abhängig gewesen, indem das Pauschalhonorar anzupassen war, wenn ihre Tätigkeit zu

einer höheren Bettenbelegung bei der Klägerin oder zu höheren von den Belegungspartnern zu zahlenden Tagessätzen geführt hat. L hat insofern aber auch das Erfolgsrisiko ihrer eigenen Betätigung getragen als ihr fristlos gekündigt werden konnte, wenn sie ihre Tätigkeit nicht im vereinbarten Umfang ausüben konnte. Die Vereinbarung einer Pauschalvergütung spricht als solche nicht gegen eine selbständige Tätigkeit der L. 34 Darauf, ob L gegenüber den Belegern im eigenen oder im Namen der Klägerin aufgetreten ist, kommt es - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht an; denn entscheidend ist, dass L ihre Tätigkeit auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung ausgeübt hat, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass ihr der Erfolg ihrer Tätigkeit mittelbar als Mehrheitsgesellschafterin der Klägerin zugute kommt. 35 Im Übrigen spricht auch ein Vergleich der Vereinbarung der Klägerin mit L und dem Geschäftsführervertrag, den die Klägerin mit Frau O zur etwa gleichen Zeit geschlossen hat, deutlich dafür, dass im Unterschied zum Geschäftsführervertrag die Tätigkeit der L gegenüber der Klägerin als selbständige Tätigkeit von den Vertragsparteien gewollt gewesen ist. 36 Während im genannten Geschäftsführervertrag genaue Regelungen über die Lohnfortzahlung und den Urlaubsanspruch enthalten sind, hat L in der streitgegenständlichen Vereinbarung mit der Klägerin keine entsprechenden Regelungen aufgenommen. Es ist deshalb nicht glaubhaft nachgewiesen, dass die Klägerin mit L entsprechende Regelungen durch mündliche Vereinbarung getroffen haben soll. 37 Als weiteres Indiz für die Einstufung der Tätigkeit der L als selbständig ist schließlich noch zu beachten, dass L das Pauschalhonorar in Höhe von 60.000 für "Vermittlung J" bei ihrer Einkommensteuerveranlagung 2004 als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erklärt hat. 38 Der mit Wirkung vom 1. Januar 2009 zwischen der Klägerin und L abgeschlossenen Arbeitsvertrag ist für das Streitjahr nicht entscheidungserheblich. 39 c) Die Leistungen der L sind auch in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig gewesen. L hat diese im Inland gegen Entgelt im Rahmen ihres Unternehmens ausgeführt. 40 Nach 3a Abs. 1 Satz 1 UStG (in der in 2004 geltenden Fassung) wird eine sonstige Leistung zwar grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Abweichend davon gelten jedoch Vermittlungsleistungen als an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird ( 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG). 41 Danach gelten die Leistungen der L vorliegend als in Deutschland, am Sitz der Klinik, erbracht, weil dort die von L an die (österreichischen) Beleger vermittelten Klinikleistungen ausgeführt werden und L gegenüber der Klägerin Vermittlungsleistungen erbracht hat. 42 Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn eine Mittelsperson, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet, das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Unerheblich für die Beurteilung als Vermittlungstätigkeit ist, dass der Kunde des Vermittlers, wenn er sich für einen der nachgewiesenen Vertragspartner entscheidet, den Vertragsabschluss selbst bewirken muss (vgl. BFH-Urteil vom 8. September 2011 V R 42/10, BStBl II 2012,

248, unter II. 2. a). Spezifisch und wesentlich für eine Vermittlungsleistung ist es, die am Abschluss des Vertrages interessierten Personen zusammenzuführen, wobei die Vermittlungstätigkeit in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen kann (vgl. BFH-Urteil vom 28. Mai 2009 V R 7/08, BStBl II 2010, 80). 43 Nach der von der Klägerin dargestellten Tätigkeit der L hat diese Vermittlungsleistungen in diesem Sinne erbracht. L hat als Mittelsperson, ohne selbst Partei der zu vermittelnden Belegungsverträge gewesen zu sein, das Erforderliche getan, damit die österreichischen Beleger mit der Klägerin Belegungsverträge abschließen. 44 Soweit L über ihre Vermittlungsleistungen hinaus im Rahmen der Kundenakquise und Kundenpflege tätig geworden ist, hat sie sonstige Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, gegenüber dem Unternehmen der Klägerin erbracht. In diesem Fall ergibt sich die Steuerbarkeit der Leistungen der L in Deutschland aus 3a Abs. 3 i.v.m. Abs. 4 Nr. 2 UStG. 45 2. Die Kostenentscheidung beruht auf 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.