Sensitivität und Spezifität (95% Konfidenzintervalle)

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Transkript:

Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien: Anwendungsmöglichkeiten und Analysemethoden Katharina Lange Abteilung Medizinische Statistik Georg-August-Universität Göttingen Inhalt Beispiel: Diagnostische Güte der Mehrschicht-CT-Angiographie (MDCTA) Diagnostische Gütemaÿe Prädiktive Werte: Anwendungsgebiete Prädiktive Werte: Analysemethoden Zusammenfassung Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 2/13

Beispiel: Diagnostische Güte der MDCTA Koronare Herzkrankheit (CAD) Haupttodesursache in den USA. Die konventionelle Angiographie ist sehr zuverlässig, aber mit hohen Risiken assoziiert. Die Mehrschicht-CT-Angiographie (MDCTA) wurde als nicht invasive Alternative entwickelt. Studie: Miller et al.(2008) 291 Patienten Segmente >1.5mm im Durchmesser wurden mittels CT und konventioneller Angiographie (Goldstandard) analysiert. CAD deniert als eine Stenose von >50%. konventionelle Angiographie positiv negativ positive 140 13 MDCTA negative 24 114 Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 3/13 Diagnostische Gütemaÿe I: Sensitivität und Spezität "Diagnostic performance consists of sensitivity and specicity.(emea, 2009) Sensitivität Wahrscheinlichkeit eines kranken Subjekts, korrekt als krank diagnostiziert zu werden. se = P(T = 1 D = 1), T = 1: Test positiv, D = 1: Krankheitszustand (disease status) erkrankt Spezität Wahrscheinlichkeit eines gesunden Subjekts, korrekt als gesund diagnostiziert zu werden. sp = P(T = 0 D = 0), T = 0: Test negativ, D = 0: Krankheitszustand gesund Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 4/13

Sensitivität und Spezität für die MDCTA-Studie 0.96 Sensitivität und Spezifität (95% Konfidenzintervalle) 0.94 0.92 0.90 0.88 0.86 0.84 0.82 0.80 0.78 Sensitivität Spezifität Die Wahrscheinlichkeit eines kranken Subjekts korrekt diagnostiziert zu werden beträgt 85%. Die Wahrscheinlichkeit eines gesunden Subjekts korrekt diagnostiziert zu werden beträgt 90%. ABER: Was bedeutet dieses für die klinische Praxis? Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 5/13 Diagnostische Gütemaÿe II: Prädiktive Werte Positiv prädiktiver Wert Positiv prädiktiver Wert Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient mit positiven Testbefund tatsächlich krank ist. p + = P(D = 1 T = 1), T = 1: Test positiv, D = 1: Krankheitszustand erkrankt Negativ prädiktiver Wert Negativ prädiktiver Wert Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient mit negativen Testbefund tatsächlich gesund ist. p = P(D = 0 T = 0), T = 0: Test negativ, D = 0: Krankheitszustand krank Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 6/13

Diagnostische Gütemaÿe II: Prädiktive Werte Prädiktive Werte lassen sich mithilfe der Prävalenz π, der Sensitivität und der Spezität berechnen (Bayes's Theorem). p+ = p = se π se π +(1 sp) (1 π) sp (1 π) sp (1 π)+(1 se) π Prädiktive Werte hängen von der Prävalenz ab. Die Prävalenz der Studienpopulation muss nicht der der späteren Anwendungspopulation entsprechen. Die Prävalenz muss nicht homogen in der Bevölkerung sein. Die Prävalenz sollte besser als Prätest-Erkrankungswahrscheinlichkeit bezeichnet werden. Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 7/13 Prävalenzabhängigkeit der prädiktiven Werte Schätzung der Prävalenz, ABER Vorsicht mit Risikofaktoren die die Prätest-Erkrankungswahrscheinlichkeit beeinussen. Schätzung der Prävalenz separat für jede Risikogruppe. Berechnung der prädiktiven Werte separat für jede Risikogruppe. Achtung: der Prävalenzschätzer ist eine Zufallsvariable. Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 8/13

Theoretischer Ansatz g = 1,...,G verschiedene Risikogruppen. π g Prävalenz der g -ten Riskogruppe, geschätzt durch π g in Vorabstudien. N ŝe ŝp π g se sp π g.. N ( 0,σ 2 N,se σ2 N,sp σ2 N,g), Die δ-methode führt zur asymptotischen Verteilung von p g + und p g. Es wurde berücksichtigt, dass die π g Zufallsvariablen sind. Logistisches Modell: logit-transformation und wieder δ-methode. Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 9/13 Beispiel: Prädiktive Werte nach Risikogruppen Berücksichtigung der Symptomatik als Riskofaktor Daten: Diamond and Forrester (1979) Tabelle: Prävalenz der CAD in symptomatischen Patienten Symptomatik Anteil an betroenen Patienten unklarer Brustschmerz 146/913 (16.0%) atypische Angina Symptomatik 963/1931 (49.9%) typische Angina Symptomatik 1874/2108 (88.9%) Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 10/13

Beispiel: Prädictiv Werte nach Risikogruppen unklarer Brustschmerz PPW NPW 0.614 0.97 standard [0.483,0.744] [0.956,0.983] logistisch [0.478,0.733] [0.953,0.981] atypische Angina Symptomatik PPW NPW 0.892 0.86 standard [0.842,0.943] [0.808,0.912] logistisch [0.830,0.933] [0.8,0.905] typische Angina Symptomatik PPW NPW 0.985 0.434 standard [0.977,0.993] [0.324,0.543] logistisch [0.975,0.991] [0.329,0.545] Für einen Patienten mit unklarem Brustschmerz ist nach negativem CT-Befund keine weitere Untersuchung nötig. Gleiches gilt bei positivem Testbefund eines Patienten mit typischer Angina Symptomatik. Für einen Patienten mit atypischer Angina Symptomatik ist unabhängig vom CT-Befund eine weitere Untersuchung nötig. Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 11/13 Zusammenfassung Für die Evaluation und Zulassung neuer Diagnostika sind Sensitivität und Spezität bzw. AUC unerlässlich. Prädiktive Werte hingegen sind in der klinischen Praxis ein adäquates Hilfsmittel um die diagnostische Fähigkeit eines Verfahrens zu beschreiben. Die Ergebnisse aus Evaluation und Zulassung sollten für die klinische Praxis in prädiktive Werte übersetzt werden. Prädiktive Werte müssen in Abhängigkeit der Prävalenz angegeben werden. Prädiktive Werte als Gütemaÿe in Diagnosestudien 12/13

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