Einfluss von für eine Sensibilisierung wahrscheinlichen funktionellen Gruppen von Kontaktallergenen auf die dermale Penetrationshöhe



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Transkript:

Aus dem Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. med. H. Drexler Einfluss von für eine Sensibilisierung wahrscheinlichen funktionellen Gruppen von Kontaktallergenen auf die dermale Penetrationshöhe Der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Zur Erlangung des Doktorgrades Dr. med. dent. vorgelegt von Ariane Fuchs aus Aalen

2 Als Dissertation genehmigt von der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. Dr. h.c. J. Schüttler Gutachter: Prof. Dr. H. Drexler Gutachter: Prof. Dr. T. Göen Tag der mündlichen Prüfung: 12.September 2013

3 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung... 5 Abstract... 7 1 Einleitung... 9 2 Zielstellung... 11 3 Material und Methoden... 12 3.1 Allergene Potenz von chemischen Stoffen... 12 3.2 Physikochemische Eigenschaften der Kontaktallergene... 13 3.3 Identifizierung von allergenen Gruppen mittels DEREK... 13 3.4 Berechnung der Hautpenetration mit mathematischen Modellen... 14 3.5 Darstellung der Ergebnisse und statistische Auswertung... 15 4 Ergebnisse... 16 4.1 Beschreibung der Datenausfälle... 16 4.2 Funktionelle Kontaktallergengruppen und ihre Sensibilisierungspotenz 17 4.2.1 Vergleich der Sensibilisierungswahrscheinlichkeit von Kontaktallergenen zwischen der Schlede et al. und der DEREK Datenbank... 17 4.2.2 Erfassung der funktionellen Gruppen von Kontaktallergenen mit DEREK Software... 19 4.3 Dermale Penetration von Kontaktallergenen in Abhängigkeit ihrer funktionellen Gruppen... 20 4.3.1 Physikochemische Eigenschaften der Kontaktallergene... 20 4.3.2 Dermale Penetrationsraten (Fluxe)... 22 5 Diskussion... 29 5.1 Wertigkeit der Methoden zur Bestimmung der Hautsensibilisierung... 31

4 5.2 Zusammenhang zwischen der Sensibilisierungspotenz von Kontaktallergenen und ihren funktionellen Gruppen... 33 5.3 Mathematische Vorhersage der dermalen Penetrationshöhe... 35 5.4 Validität mathematischer Modelle... 35 5.5 Arbeitsmedizinisch-toxikologische Relevanz der dermalen Exposition gegenüber Kontaktallergenen... 37 6 Schlussfolgerung... 41 7 Literaturverzeichnis... 42 8 Abkürzungsverzeichnis... 49 9 Bemerkung... 50 Danksagung... 51 Lebenslauf... 52

5 Zusammenfassung Hintergrund und Ziele Angesichts der großen Anzahl von potentiellen Kontaktallergenen wäre es von praktischer arbeitsmedizinischer Bedeutung, wenn es voraussagbar wäre, ob zwischen der dermalen Penetration solcher chemischer Stoffe und der Sensibilisierungswahrscheinlichkeit ein Zusammenhang besteht. In der vorliegenden Dissertation wurde untersucht, ob es anhand für eine Sensibilisierung wahrscheinlicher verantwortlicher funktioneller Gruppen von Kontaktallergenen eine Einstufung der allergenen Potenz bzw. eine Abschätzung der dermalen Penetrationshöhe möglich ist. Methoden Die in der Datenbank von Schlede et al. (Toxicology 193:219-259 2003) enthaltenen Kontaktallergene (n=244) wurden entsprechend ihrer allergenen Potenz in 3 Kategorien eingeteilt. Mit Hilfe der datenbankbasierten Software DEREK for Windows wurden die für eine Sensibilisierung wahrscheinlichen funktionellen Gruppen der Kontaktallergene identifiziert. Mittels der auf physikochemischen Eigenschaften von chemischen Stoffen basierenden mathematischen Modellen von Fiserova-Bergerova et al. (Am J Ind Med 17:617-635 1990), Guy und Potts (Am J Ind Med 23:711-719 1993) und Wilschut et al. (Chemosphere 30:1275-1296 1995) wurden für Kontaktallergene der Schlede et al. (Toxicology 193:219-259 2003) Datenbank dermale Penetrationsraten (Fluxe) berechnet. Ergebnisse und Beobachtungen Aus der Schlede et al. (Toxicology 193:219-259 2003) Datenbank konnten mit Hilfe von DEREK for Windows aus 244 Kontaktallergenen 147 (60,2%) mit unterschiedlicher Sensibilisierungspotenz (bedeutende Kontaktallergene, begründete sensibilisierende Wirkung, unbedeutende Kontaktallergene) evaluiert werden. Insgesamt wurden für diese Kontaktallergene 11 funktionelle Gruppen, die in der Literatur als verantwortlich für eine Sensibilisierung der Haut diskutiert werden, identifiziert. Die Ergebnisse zeigen auf Gruppenbasis,

6 dass Kontaktallergene mit unterschiedlichen funktionellen Gruppen unterschiedliches Hautpenetrationsverhalten in Abhängigkeit der Sensibilisierungspotenz aufweisen. Die Median-Fluxe zwischen den einzelnen mathematischen Modellen zeigen große Unterschiede hinsichtlich des Penetrationsverhaltens von Kontaktallergenen. Die mit Abstand höchsten Werte zeigte das Modell von Fiserova-Bergerova et al. (Am J Ind Med 17:617-635 1990), die niedrigsten Werte ergaben sich bei Guy und Potts (Am J Ind Med 23:711-719 1993). Bedeutende Kontaktallergene, die in ihrer Struktur aromatische Amin-, Ester, Phenol- und Diamin-Gruppen enthalten, weisen im Vergleich zu unbedeutenden Kontaktallergenen mit denselben funktionellen Gruppen einen niedrigeren dermalen Flux auf. Kontaktallergene mit Thiol- bzw. Aldehyd-Gruppen in ihrer chemischen Struktur, zeigen dagegen ein gegensätzliches dermales Penetrationsverhalten. Die Sensibilisierungspotenz von Kontaktallergenen ist anhand der dermalen Penetrationshöhe für verschiedene funktionelle Gruppen jedoch nicht zuverlässig abschätzbar. Praktische Schlussfolgerung Auf Gruppenbasis scheint ein Zusammenhang zwischen der Höhe der dermalen Penetration und bestimmten für die Hautsensibilisierung wahrscheinlichen funktionellen Gruppen von Kontaktallergenen zu bestehen. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Literatur, wonach schwache bzw. unbedeutende Kontaktallergene auf Gruppenbasis eine höhere dermale Penetration aufwiesen als potente Kontaktallergene, lassen die Ergebnisse dieser Dissertation nicht die Schlussfolgerung zu, dass Kontaktallergene mit aromatischen Amin-, Ester, Phenol- und Diamin-Gruppen zwangsläufig potente Kontaktallergene sind. Angesichts der potentiellen praktischen Bedeutung für den Arbeitsschutz wäre es wünschenswert, wenn diese Ergebnisse experimentell, z.b. stichprobenartig, überprüft werden könnten.

7 Abstract Background and aims Due to the large number of potentially allergenic substances, the predictability of the relationship between their dermal penetration and probability of skin sensitisation is of practical occupational importance. The aim of this dissertation was to evaluate whether there is possible to classify the allergenic potency of contact allergens according to their functional groups and to estimate their dermal penetration potential. Methods The contact allergens (n=244) included in the database of Schlede et al. (Toxicology 193:219-259 2003) were classified in three categories according to their allergenic potency. Using the software DEREK for Windows the for skin sensitisation probably responsible functional groups of contact allergens were identified. The dermal penetration rates (fluxes) for the substances of the Schlede et al. (Toxicology 193:219-259 2003) database were calculated using the mathematical models of Fiserova-Bergerova et al. (Am J Ind Med 17:617-635 1990), Guy and Potts (Am J Ind Med 23:711-719 1993) and Wilschut et al. (Chemosphere 30:1275-1296 1995). Results and observations Of the 244 contact allergens of the Schlede et al. (Toxicology 193:219-259 2003) database in combination with DEREK for Windows, 147 (60.2%) could be selected for further analysis. The allergens of different sensitizing potency were categorised in significant allergenic properties, solid-based indication of a contact allergenic potential, and insignificant or questionable allergenic effects. In total, 11 functional groups of the contact allergens, discussed in the literature as having skin-sensitising potency, were identified and evaluated. The results show on group basis that contact allergens with different functional groups vary in dermal penetration, according to their potency of skin sensitisation. Large variations in the calculated median fluxes of contact allergens were observed, depending on the used mathematical model. The significantly highest fluxes

8 were obtained when applying the model by Fiserova-Bergerova et al. (Am J Ind Med 17:617-635 1990), the lowest fluxes were obtained using the Guy and Potts (Am J Ind Med 23:711-719 1993) model. Significant contact allergens containing aromatic amine, ester, phenol, and diamine groups are characterised by lower fluxes when compared to less significant contact allergens containing the same functional groups. In contrast, allergens with thiol or aldehyde groups in their chemical structure showed an opposed dermal penetration behaviour. In contrast, it is not possible to estimate reliably the skin sensitisation potency of contact allergens on the basis of their dermal penetration for various functional groups. Practical conclusions A relationship seems to exist for contact allergens containing certain for the sensitization responsible functional groups and the amount of dermal penetration. While the prevailing opinion in literature is that weak or insignificant contact allergens are characterised as having higher dermal penetration when compared to significant contact allergens, contact allergens with aromatic amine, ester, and diamine groups are not necessarily potent sensitisers. In view of the practical occupational health and safety aspects, it would be important to verify these results experimentally, for example, on a basis of a small group of compounds.

9 1 Einleitung Allergien sind ein zunehmendes medizinisches und damit auch gesellschaftliches Problem. Eine Exposition gegenüber Allergenen ist unvermeidbar im Alltag und häufig auch im Beruf. Der Kontakt mit potentiell allergenen Substanzen findet hauptsächlich durch den inhalativen oder dermalen Pfad statt. Dabei stellt die Haut mit ca. 2 m 2 eine relevante Resorptionsfläche für chemische Stoffe dar [12]. In hautbeanspruchenden Berufen kann eine große Anzahl von Arbeitern Hautläsionen aufweisen [36]. So fanden sich bei 75% der Beschäftigten im Zeitungsdruck Hautläsionen im Bereich der Hände bzw. Unterarme, die jedoch überwiegend als minimal bzw. geringgradig eingestuft wurden [34]. In der Gummiindustrie wurden bei über 80% der Arbeiter Hautveränderungen (Erytheme und/oder Schuppung) im Bereich der Hände bzw. Unterarme festgestellt. Sie zeigten eine signifikant höhere innere Belastung gegenüber Anilin und o-toluidin im Vergleich zu Arbeitern ohne Hautläsionen [36]. Die aktuelle Lehrmeinung ist, dass potentielle Kontaktallergene erst nach der dermalen Aufnahme eine Sensibilisierung auslösen können. Demnach werden starke Kontaktallergene besser durch die Haut aufgenommen als schwache Kontaktallergene [52]. Somit wird davon ausgegangen, dass die Hautpenetrationshöhe und allergene Potenz von chemischen Stoffen die Kenngrößen sind, die überwiegend die Sensibilisierungswahrscheinlichkeit bestimmen. Deshalb wäre die Kenntnis der Hautpenetration von potentiell sensibilisierenden Stoffen von großer Bedeutung für die Risikobewertung. Für die Abschätzung der allergenen Potenz von chemischen Stoffen existieren verschieden experimentelle Methoden sowie Software-basierte Experten- Systeme [53]. Die wichtigsten (tier)experimentellen Testverfahren zur Untersuchung des Sensibilisierungspotentials sind der Meerschweinchen Maximierungstest (Guinea Pig Maximization Test) nach Magnusson und Kligman mit einem Adjuvans, der Buehler Test ohne Adjuvans, der ebenfalls an Meerschweinchen durchgeführt wird, und der Lokale Lymphknotentest (LLNA) an der Maus. Über die jeweilige Wertigkeit dieser Methoden wird jedoch kontrovers diskutiert [38]. Aus tierschutzrechtlichen, ethischen und auch aus praktischen Überlegungen werden zunehmend Software-basierte Experten-

10 Systeme (u.a. DEREK for Windows ) zur Abschätzung der sensibilisierenden Potenz von Kontaktallergenen eingesetzt. Das europäische Parlament gibt im Rahmen der Verordnung REACH ( Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals ) an, dass derzeit etwa 143.000 chemische Stoffe hinsichtlich ihres gesundheitlichen Risikos zu bewerten sind [17]. Für die Bewertung der Gefährdung infolge der dermalen Aufnahme fehlen oftmals experimentelle Daten. Die größte Datenbank EDETOX (http://edetox.ncl.ac.uk) enthält Hautpenetrationsdaten für gerade mal 348 chemische Stoffe. Somit ist man auf Grund der fehlenden experimentellen Daten für die zu bewertenden chemischen Stoffe bei der Abschätzung der Hautresorption oftmals auf Berechnungen mittels mathematischer Modelle oder auf Analogieschlüsse angewiesen [12,16,37]. Es konnte auf Gruppenbasis gezeigt werden, dass die Hautpenetration von bedeutenden Kontaktallergenen geringer ist als die der unbedeutenden Kontaktallergene [33]. Für die Risikobewertung wäre auch die Kenntnis des Zusammenhangs zwischen der Hautpenetrationshöhe von potentiellen Kontaktallergenen in Abhängigkeit ihrer funktionellen Gruppen von großer Bedeutung. Diese werden für die Sensibilisierungswahrscheinlichkeit verantwortlich gemacht. Würde das Hautpenetrationsverhalten von chemischen Stoffen anhand ihrer für die Hautsensibilisierung verantwortlichen funktionellen Gruppen abschätzbar sein, so wäre eine orientierende Risikobewertung bereits anhand der chemischen Struktur von chemischen Stoffen möglich.

11 2 Zielstellung Im Rahmen dieser Dissertation sollen folgende Fragen beantwortet werden: 1. Besteht eine Übereinstimmung der Sensibilisierungswahrscheinlichkeit von chemischen Stoffen der Schlede et al. [50] Datenbank mit den Ergebnissen der DEREK for Windows Software? 2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Sensibilisierungspotenz verschiedener funktioneller Gruppen von Kontaktallergenen der Schlede et al. [50] Datenbank und deren mittels mathematischer Modelle vorhergesagten dermalen Penetrationshöhe? 3. Ist die Sensibilisierungspotenz von Kontaktallergenen mit verschiedenen funktionellen Gruppen anhand der dermalen Penetration abschätzbar?

12 3 Material und Methoden 3.1 Allergene Potenz von chemischen Stoffen In dieser Dissertation wurden die zu evaluierenden Kontaktallergene und deren sensibilisierende Potenz der Datenbank von Schlede et al. [50] entnommen. Darin wurden von einem Expertengremium Kontaktallergene entsprechend ihrer allergenen Potenz in 3 Kategorien eingeteilt. Diese Daten berücksichtigen sowohl Erfahrungen beim Menschen als auch tierexperimentelle Erkenntnisse. Die Definition der Allergenpotenz in den 3 Kategorien ist in Tabelle 1 zusammengefasst. Tabelle 1: Definition der Allergen-Kategorien für chemische Stoffe der Schlede et al. [50] Datenbank Kategorie Allergene Potenz Definition A B C Bedeutendes Kontaktallergen Begründeter Hinweis auf kontaktallergene Wirkung Unbedeutende/fragliche kontaktallergene Wirkung Starkes bzw. häufiges Kontaktallergen beim Menschen ( 1% der Menschen in größeren Kollektiven sind positiv getestet) Weniger häufiges Kontaktallergen beim Menschen (<1% der Menschen in größeren Kollektiven sind positiv getestet) oder Kreuzreaktivität beim Menschen Seltene oder fragliche kontaktallergene Wirkung oder fehlende Daten beim Menschen, jedoch positive tierexperimentelle Befunde Die in Kategorie A eingeordneten Kontaktallergene besitzen in der Regel eine starke allergene Potenz. Die in Kategorie C eingeordneten chemischen Stoffe sind in der Regel schwache bzw. fragliche Kontaktallergene.

13 3.2 Physikochemische Eigenschaften der Kontaktallergene Für die Berechnung der Hautpenetrationshöhe von chemischen Stoffen mit den in dieser Dissertation gewählten mathematischen Modellen, wird das Molekulargewicht (MG), die gesättigte wässrige Konzentration (bzw. Wasserlöslichkeit; C GesW ) und der Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (P bzw. LogP) chemischer Stoffe herangezogen. Für diese Studie wurden die physikochemischen Eigenschaften der chemischen Stoffe aus der PHYSPROP- Datenbank (Syracause Research Corporation (SRC, NY, USA; www.syrres.com) entnommen. Für die Suche der Daten wurden CAS (Chemical abstract service)-nummern der chemischen Stoffe verwendet. Die Datenbank enthält experimentell ermittelte LogP-Werte und Wasserlöslichkeiten. Für chemische Stoffe, für die keine experimentellen LogP-Werte vorhanden waren, sind auf dem mathematischen KowWin-Modell basierenden vorhergesagten Werte entnommen worden. 3.3 Identifizierung von allergenen Gruppen mittels DEREK Die für die Hautsensibilisierung wahrscheinlich verantwortlichen funktionellen Gruppen der Kontaktallergene der Datenbank von Schlede et al. [50] wurden mittels der Experten-basierten Software DEREK for Windows (Version LPS 9.0.0, Lhasa Ltd., Leeds, UK) identifiziert. Die Erkennung der chemischen Stoffe in DEREK for Windows erfolgte mit Hilfe chemischer Strukturformeln, die mittels der MDL ISIS Draw 2.5 (MDL Information Systems, San Leandro, CA, USA) Software dargestellt und in DEREK for Windows importiert wurden. Erkannte das Programm einen chemischen Stoff nicht, konnten fehlende Strukturformeln über standardisierte Molfiles von www.chemexper.com unter Angabe der CAS Nummern geladen und in das DEREK-Programm importiert und ausgewertet werden. Die für diese Dissertation relevanten Daten aus DEREK for Windows sind am Beispiel von Alantolacton in Tabelle 2 dargestellt.

14 Tabelle 2: Übersicht der relevanten Daten aus DEREK for Windows Beispiel von Alantolacton (= bedeutendes Kontaktallergen) am CAS-Nummer 546-43-0 Hum_sens* Guin_sens* Mouse_sens* PLAUSIBLE PLAUSIBLE PLAUSIBLE Aler_sens1** 481 Abkürzungen: *Plausible Erkenntnisse für eine Sensibilisierung beim Menschen (Hum) / Meerschweinchen (Guin) / Maus (Mouse); **Aler_sens1 (481): funktionelle Gruppe (α,β- Ungesättigte Ester oder Vorstufe) mit Hinweis auf hautsensibilisierende Wirkung (481: Alarm- Nr. ) 3.4 Berechnung der Hautpenetration mit mathematischen Modellen Für Kontaktallergene der Schlede et al. [50] Datenbank wurden auf der Basis ihrer physikochemischen Eigenschaften dermale Penetrationsraten (Fluxe) mittels der mathematischen Modelle von Fiserova-Bergerova et al. [20], Guy und Potts [27] und Wilschut et al. [58] ermittelt. Diese Modelle zur Berechnung der dermalen Fluxe basieren auf nichtlinearer Regression [27,58] bzw. auf theoretischer Schätzung der Diffusivität [20]. Der dermale Flux (Fluss) gibt die durch ein Hautareal definierter Oberfläche pro Zeiteinheit penetrierte Menge eines chemischen Stoffes an (Einheit: µg cm -2 h -1 ). In der Tabelle 3 sind die Gleichungen der verwendeten mathematischen Modelle für die Vorhersage der dermalen Fluxe angegeben.

15 Tabelle 3: Gleichungen der mathematischen Modelle für die Berechnung der dermalen Fluxe Modell Gleichung Fiserova-Bergerova et al. (1990) Flux = C!"#$ 15 0,038 + 0,153 P!!,!"#!!!" e Guy und Potts (1993) Flux = 0,0018 P!"!,!" exp 0,014 MM C!"#$ Wilschut et al. (1995) 1 Flux = 1 Kp!" + 0,0001519 + 1 2,5 MM MM C!"#$ log Kp!" = 1,326 + 0,6097 log P!" 0,1786 MM!,! Abkürzungen: C gesw : gesättigte wässrige Konzentration (Wasserlöslichkeit); P ow : Oktanol- Wasser-Verteilungskoeffizient des chemischen Stoffes; log P ow : Logarithmus von P ow ; e: Basis des natürlichen Logarithmus (Eulersche Zahl ~2.71828182845904); MM: Molekulare Masse; Kp sc : Permeabilitätskoeffizient durch das Stratum corneum. 3.5 Darstellung der Ergebnisse und statistische Auswertung Die Darstellung der Daten erfolgte tabellarisch und mittels Balkendiagrammen. Die dermalen Fluxe wurden mit der Origin 8.1 Software dargestellt. Die großen Differenzen der dermalen Fluxen zwischen den Allergen-Kategorien machte es in einigen Fällen erforderlich, die Y-Achse für eine bessere Darstellung der Daten zu unterbrechen.

16 4 Ergebnisse 4.1 Beschreibung der Datenausfälle Von insgesamt 244 chemischen Stoffen aus der Schlede et al. Datenbank [50] konnten für 147 (60,2%) Stoffe Daten für eine detailliertere Auswertung gewonnen werden. Metalle wurden in die Auswertung nicht einbezogen, da für sie generell keine LogP-Werte, die für die mathematischen Vorhersagen der dermalen Fluxe erforderlich sind, bestimmt werden können. Darüber hinaus enthielt die PhysProp Datenbank (SRC) keine oder unvollständige Daten zu physikochemischen Parametern wie Wasserlöslichkeit oder LogP. Des Weiteren konnte nicht immer eine Summenformel mit ISIS gezeichnet bzw. in DEREK for Windows importiert werden. Für weitere chemische Stoffe lieferte DEREK for Windows keine Informationen zu den für die Sensibilisierung verantwortlichen funktionellen Gruppen. Ursachen und Umfang der Datenausfälle sind in der Tabelle 4 zusammengefasst. Tabelle 4: Ursachen und Umfang der Datenausfälle Ursache für fehlende Daten n (%) Fehlender LogP*, ** 25 (10,2) Fehlende Wasserlöslichkeit*, ** 45 (18,4) Zeichnung chemischer Struktur mit ISIS nicht möglich 9 (3,7) Keine Daten zur Sensibilisierung in DEREK** 18 (7,4) Gesamtumfang der Datenausfälle 97 (39,8) *Bei 24 (9,8%) Kontaktallergenen fehlten Daten zum LogP und Wasserlöslichkeit. **Bei 9 (3,7%) Stoffen fehlten Daten zum LogP, Wasserlöslichkeit und Sensibilisierung. Für 147 (60,2%) von insgesamt 244 Kontaktallergenen wurden Daten für eine deskriptive Auswertung gewonnen. Die Ausfallquote beträgt 39,8%. Die meisten Daten fehlten für die Wasserlöslichkeit mit 45 Ausfällen (18,4%). Für 9 chemische Strukturen (3,7%) war die Zeichnung mit ISIS nicht möglich, weshalb für diese Stoffe keine weitere Auswertung möglich war.

17 Die Verteilung der Datenausfälle auf chemische Stoffe der 3 Allergen- Kategorien ist in der Tabelle 5 dargestellt. Tabelle 5: Verteilung der Datenausfälle unten den Allergen-Kategorien Kategorie Allergene Potenz Ausfälle n (%) Ausgewertete Daten n (%) A B C Bedeutendes Kontaktallergen Begründeter Hinweis auf kontaktallergene Wirkung Unbedeutende/fragliche kontaktallergene Wirkung 35 (36,1) 59 (40,1) 20 (20,6) 52 (35,4) 42 (43,3) 36 (24,5) Gesamt 97 (100) 147 (100) Die höchsten Datenausfälle ergaben sich bei unbedeutenden/fraglichen Kontaktallergenen (Kategorie C). Am zweithäufigsten fehlten Daten für bedeutende Kontaktallergene (Kategorie A) und die wenigsten Daten fehlten für Allergene der Kategorie B. Jedoch zeigt die Zahl der für die weitere Auswertung verbliebenen Kontaktallergene eine ausreichende Anzahl in allen 3 Kategorien. 4.2 Funktionelle Kontaktallergengruppen und ihre Sensibilisierungspotenz 4.2.1 Vergleich der Sensibilisierungswahrscheinlichkeit von Kontaktallergenen zwischen der Schlede et al. und der DEREK Datenbank Für 147 von 244 chemischen Stoffen aus der Schlede et al. [50] Datenbank konnte auch mit Hilfe von DEREK for Windows eine Sensibilisierungswahrscheinlichkeit bestätigt werden. Dabei erfolgte die Einteilung der Sensibilisierungswahrscheinlichkeit in 5 Gruppen: sicher, wahrscheinlich sensibilisierend, plausibel, fraglich und keine Sensibilisierung.

18 Berücksichtigt wurden Daten zur Sensibilisierung beim Menschen, Meerschweinchen und Maus. Die Auflistung der Daten von Schlede et al. [50] in Tabelle 6 erfolgte in Abhängigkeit der 3 Allergen-Kategorien. Tabelle 6: Vergleich der Sensibilisierungswahrscheinlichkeit zwischen Schlede et al. [50] und DEREK for Windows Datenbanken für verschiedene Spezies Sensibilisierungswahrscheinlichkeit Allergen-Kategorie A B C Gesamt Mensch Sicher 13 0 1 14 Wahrscheinlich 7 7 0 14 Plausibel 39 45 32 116 Fraglich 0 0 1 1 Keine 0 0 2 2 Meerschweinchen 6 Sicher 8 4 3 15 13 Wahrscheinlich 12 3 0 15 22 Plausibel 39 45 33 117 41 Maus Wahrscheinlich 20 7 3 30 Plausibel 39 45 33 117 Gesamt (jeweils pro Spezies) 59 52 36 147 Die Ergebnisse beider Datenbanken zeigen eine gute Übereinstimmung der human- und der tierexperimentellen Daten. Für die meisten chemischen Stoffe war die Sensibilisierungswahrscheinlichkeit in allen 3 Spezies anhand der Datenbasis plausibel bis wahrscheinlich. Damit kann davon ausgegangen werden, dass die in der Auswertung dieser Dissertation berücksichtigten 147 chemischen Stoffe über Sensibilisierungspotential verfügen.

19 4.2.2 Erfassung der funktionellen Gruppen von Kontaktallergenen mit DEREK Software Mit DEREK for Windows wurden bei 147 Kontaktallergenen 11 funktionelle Gruppen, die in der Literatur in Verbindung mit Sensibilisierungspotential der Haut diskutiert werden, identifiziert und ausgewertet. Die Anzahl der DEREK- Alarme für hautsensibilisierende Wirkung ist in Abhängigkeit der 3 Kategorien von Schlede et al. [50] in der Tabelle 7 aufgeführt. Tabelle 7: Anzahl der Alarme/Hinweise für Hautsensibilisierung eingeteilt nach den 3 Kategorien von Schlede et al. [50] Nr. Alarm Funktionelle Gruppe* Kategorie Gesamt Nr. A B C 1 405 Acetanhydrid oder Analogon 0 1 1 2 2 413 Haloalkan 4 3 0 7 3 419 Aldehyd 3 3 2 8 4 426 Formaldehyd 1 2 0 3 5 427 Aromatisches Amin 13 7 6 26 6 432 Thiol 4 4 1 9 7 435 1,2-Diamin 3 2 2 7 8 439 Phenol oder Vorstufe 2 4 9 15 9 460 Glycidylether, Amin, Ether, Amid 5 1 0 6 10 480 α,β-ungesättigtes Keton oder Vorstufe 2 0 1 3 11 481 α,β-ungesättigte Ester oder Vorstufe 9 12 9 30 Gesamt 46 39 31 116 *In fetter Schrift aufgeführten funktionellen Gruppen sind in allen Allergen-Kategorien vertreten In allen 3 Allergen-Kategorien von Schlede et al. [50] waren insgesamt 6 funktionelle Gruppen vertreten: Ester, Thiol, aromatisches Amin, Diamin, Phenol und Aldehyd. Dabei kamen Ester, aromatisches Amin und Phenol am häufigsten vor. In 2 Kategorien waren 5 weitere funktionelle Gruppen vertreten. Für die weitere Auswertung wurden nur Kontaktallergene mit funktionellen Gruppen ausgewählt, die in allen 3 Allergen-Kategorien vertreten waren.

20 4.3 Dermale Penetration von Kontaktallergenen in Abhängigkeit ihrer funktionellen Gruppen 4.3.1 Physikochemische Eigenschaften der Kontaktallergene An einem größeren Datensatz in der Literatur konnte gezeigt werden, dass zwischen experimentell ermittelten und mathematisch vorhergesagten LogP- Werten eine enge lineare Korrelation (R 2 =0,95) besteht [55]. Um die Datenbasis dieser Dissertation erhöhen zu können, wurden für die Berechnung dermaler Fluxe mathematisch vorhergesagte LogP-Werte herangezogen. In der Tabelle 8 sind physikochemische Eigenschaften für Kontaktallergene unterteilt in Allergen-Kategorien und funktionelle Gruppen dargestellt.

21 Tabelle 8: Physikochemische Eigenschaften für Kontaktallergene in den Allergen-Kategorien unterteilt in verschiedene funktionelle Gruppen Funkt. Gruppe Allergen- Kategorie (n) Molekulargewicht (g/mol) Bereich; Median Wasserlöslichkeit (g/l) LogP A (9) 98-298; 198 0,04-1000; 5,4-0,25-3,4; 1,8 Ester (n=30) B (12) 86-330; 191 0,06-1000; 1,4 0,17-4,1; 1,8 C (9) 125-302; 170 0,14-7,08; 1,0 0,3-3,2; 1,8 A (4) 91-264; 138 0,02-1000; 500,1-1,2-3,5; 1,0 B (4) 132-332; 275 0,01-0,8; 0,3 0,6-4,7; 2,4 Thiol (n=9) Arom. Amin (n=26) C (1) 202 0,0002 6,2 A (13) 108-266; 184 0,002-77,2; 1,3-0,4-4,6; 1,8 B (7) 93-268; 137 0,002-40,4; 6,3 0,2-4,7; 1,0 C (6) 108-200; 140 0,6-238; 9,2-2,1-2,3; 0,9 A (3) 60-146; 103 1000-1000; 1000-2,7-1,6; -2,1 Diamin (n=7) B (2) 86-189; 138 1000-1000; 1000-3,2-0,8; -2,0 C (2) 130-131; 131 328-1000; 664-1,2-0,5; -0,3 A (2) 263-269; 266 0,01-0,03; 0,02 4,3-4,5; 4,4 Phenol (n=15) B (4) 124-505; 189 0,1-63; 0,7 0,6-4,9; 3,5 C (9) 144-219; 164 0,1-0,9; 0,7 2,1-4,2; 3,3 A (3) 30-132; 100 1,4-400; 167-0,2-1,8; 0,4 Aldehyd (n=8) B (3) 154-216; 172 0,003-3; 0,07 2,1-4,8; 3,5 C (2) 120-202; 161 0,005-3; 1,5 1,5-4,3; 2,9 Bei der Betrachtung des Molekulargewichts fanden sich sowohl klein- (30 g/mol) als auch großmolekulare (bis 505 g/mol) Kontaktallergene. Die Median- Werte sprechen jedoch dafür, dass Kontaktallergene eher ein kleineres bis

22 mittleres Molekulargewicht aufweisen. Es zeigt sich bei den Kontaktallergenen eine große Bandbreite bei der Wasserlöslichkeit und LogP. Es fanden sich sowohl schlecht wasserlösliche (<1 mg/l) als auch wassermischbare Kontaktallergene (1000 g/l). Meistens handelt es sich bei den Kontaktallergenen eher um lipophile Moleküle. Kontaktallergene mit einer Diamin-Gruppe in ihrer Struktur müssten anhand ihrer physikochemischen Eigenschaften allerdings ein amphiphiles Verhalten zeigen. 4.3.2 Dermale Penetrationsraten (Fluxe) In der Tabelle 9 sind die dermalen Median-Fluxe der Kontaktallergene aller Allergen-Kategorien unter Berücksichtigung der funktionellen Gruppen dargestellt.

23 Tabelle 9: Median-Fluxe der Kontaktallergene unter Berücksichtigung der Allergen-Kategorien und funktioneller Gruppen Funktionelle Gruppe Ester (n=30) Allergen- Kategorie Fiserova-Bergerova et al. (1990) Median-Flux (mg cm -2 h -1 ) Guy und Potts (1993) Wilschut et al. (1995) A 4,0x10-2 2,4x10-3 1,8x10-3 B 1,3x10-1 6,7x10-3 3,1x10-3 C 7,6x10-2 5,0x10-3 2,9x10-3 Thiol (n=9) A 4,7x10-1 3,5x10-2 9,3x10-2 B 6,1x10-3 3,2x10-4 2,3x10-4 C 1,4x10-1 5,8x10-4 3,2x10-5 Arom. Amin (n=26) A 5,1x10-2 4,0x10-3 3,6x10-3 B 6,5x10-2 7,7x10-3 9,0x10-3 C 2,3x10-1 2,3x10-2 2,1x10-2 Diamin (n=7) A 4,8x10-1 1,3x10-2 5,1x10-2 B 5,8x10-1 7,3x10-2 1,8x10-1 C 9,4x10-1 1,4x10-1 2,0x10-1 Phenol (n=15) A 7,1x10-2 1,1x10-3 4,7x10-4 B 2,8x10-1 1,9x10-2 1,1x10-2 C 3,8x10-1 1,2x10-2 6,7x10-3 Aldehyd (n=8) A 3,1x10-1 5,5x10-2 1,0x10-1 B 2,1x10-1 4,7x10-3 2,4x10-3 C 1,0x10-1 6,6x10-3 6,8x10-3 Es zeigen sich zum Teil erhebliche Unterschiede der Fluxe zwischen den mathematischen Modellen. Die höchste Hautpenetration wurde in der Regel mit dem Modell von Fiserova-Bergerova et al. [20] vorhergesagt. Dagegen waren

24 die Unterschiede der Fluxe zwischen den Modellen von Guy und Potts [27] und Wilschut et al. [58] gering und zum Teil uneinheitlich. In den Abbildungen 1-3 sind die Median-Fluxe für Kontaktallergene mit verschiedenen funktionellen Gruppen, unterteilt nach Allergen-Kategorie dargestellt. Auf Grund großer Unterschiede bei den Fluxen zwischen den mathematischen Modellen ist die Y-Achse zur übersichtlicheren Darstellung unterbrochen.

25 A Median Flux (µg cm -2 h -1 ) 300 250 200 150 100 50 20 15 10 5 0 Fiserova Guy/Potts Wilschut B 160 Median Flux (µg cm -2 h -1 ) 120 80 40 12 8 4 0 Fiserova Guy/Potts Wilschut B Median Kp x 10-3 (cm h -1 ) 14 12 10 8 6 4 2 Bedeutende Kontaktallergene Begründ. Hinweis auf kontaktallerg. Wirkung Unbedeutende Kontaktallergene Abb. 1: Median-Fluxe nach mathematischen Modellen von Fiserova-Bergerova et al. [20], Guy und Potts [27] und Wilschut et al. [58] für Kontaktallergene mit aromatischem Amin (A) und Ester (B) in ihrer chemischen Struktur unterteilt in Allergen-Kategorien. 0 Guy and Potts Wilschut et al.

26 C Median Flux (µg cm -2 h -1 ) 400 300 200 100 20 15 10 5 0 Fiserova Guy/Potts Wilschut D 1000 Median Flux (µg cm -2 h -1 ) 800 600 400 200 0 Fiserova Guy/Potts Wilschut B Median Kp x 10-3 (cm h -1 ) 14 12 10 8 6 4 2 Abb. 2: Median-Fluxe nach mathematischen Modellen von Fiserova-Bergerova et al. [20], Guy und Potts [27] und Wilschut et al. [58] für Kontaktallergene mit Phenol (C) und Diamin (D) in ihrer chemischen Struktur unterteilt in Allergen- Kategorien. Bedeutende Kontaktallergene Begründ. Hinweis auf kontaktallerg. Wirkung Unbedeutende Kontaktallergene 0 Guy and Potts Wilschut et al.

27 E Median Flux (µg cm -2 h -1 ) 300 250 200 150 100 50 0 Fiserova Guy/Potts Wilschut F Median Flux (µg cm -2 h -1 ) 500 400 300 200 100 6 4 2 0 Fiserova Guy/Potts Wilschut B Median Kp x 10-3 (cm h -1 ) 14 12 10 8 6 4 2 Abb. 3: Median-Fluxe nach mathematischen Modellen von Fiserova-Bergerova et al. [20], Guy und Potts [27] und Wilschut et al. [58] für Kontaktallergene mit Aldehyd (E) und Thiol (F) in ihrer chemischen Struktur unterteilt in Allergen- Kategorien. Bedeutende Kontaktallergene Begründ. Hinweis auf kontaktallerg. Wirkung Unbedeutende Kontaktallergene 0 Guy and Potts Wilschut et al.

28 Aus der Darstellung lässt sich ableiten, dass gemessen am Median-Flux bedeutende Kontaktallergene, die in ihrer chemischen Struktur aromatische Amin-, Ester-, Phenol- und Diamin-Gruppen enthielten, im Vergleich zu unbedeutenden Kontaktallergenen mit denselben funktionellen Gruppen einen niedrigeren Flux zeigen. Dagegen findet sich bei Kontaktallergenen, die in ihrer chemischen Struktur Aldehyd- bzw. Thiol-Gruppen enthalten, ein gegensätzliches dermales Penetrationsverhalten. Somit penetrieren bei Kontaktallergenen mit diesen Gruppen solche mit unbedeutendem Sensibilisierungspotential besser durch die Haut als mit bedeutendem Sensibilisierungspotential.

29 5 Diskussion Eine aktuelle Statistik der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) belegt eine ungebrochene Relevanz von beruflich bedingten Hauterkrankungen. So ist von 2009 bis 2011 die Zahl der Verdachtsanzeigen um ~30% (Zunahme von 19.210 auf 25.056) und die der bestätigten beruflich bedingten Hauterkrankungen um ~101% (Zunahme von 9.628 auf 19.399) gestiegen. Dies entspricht unter allen bestätigten Berufskrankheiten im Jahr 2011 einem Anteil von ~56% (19.399 vs. 34.573) (www.dguv.de). Ca. 80% aller berufsbedingter Hautkrankheiten kommen aus nur 7 Berufsgruppen [15]. U.a. sind das Beschäftigte aus Friseur-, Metall-, Heil-, Pflege-, Nahrungsmittel-, Bau-, Reinigungs- und Malerberufen. Die Inzidenz berufsbedingter Hauterkrankungen liegt in Friseurberufen bei 97,4, im Gesundheitswesen dagegen bei 7,3 pro 10.000 Beschäftigte [14]. Häufig betroffen sind auch Personen, die Umgang mit Desinfektions- und Reinigungsmitteln, anderen Chemikalien, Epoxidharzen oder Zement haben. Für die Entwicklung einer Sensibilisierung werden unter den chemischen Stoffen insbesondere Ester und Diamine (z.b. in der Friseurbranche), Benzoesäure, Konservierungsstoffe, Nickel, Epoxidharze, (z.b. bei Metallarbeitern), Formaldehyd und unausgehärtete Acrylate (z.b. bei Zahntechnikern) verantwortlich gemacht [15]. Feuchtarbeit wird allgemein als Promotor der Entstehung eines allergischen Kontaktekzems angesehen, da sie die Hautbarriere schädigen kann [56]. Jüngere Menschen in der Altersgruppe von 22-31 Jahren, darunter besonders Berufsanfänger, entwickeln häufig eine Allergie am Arbeitsplatz [15]. Hat sich eine berufsbedingte Allergie einmal entwickelt, führt dies häufig zur Berufsunfähigkeit des Betroffenen. Eine Entscheidende Rolle bei der Entstehung einer Hautsensibilisierung spielen Antigen-präsentierende Zellen, wie z.b. die Langerhans-Zellen. Nach Allergenkontakt wandern die Langerhans-Zellen in die regionalen Lymphknoten, wo sie das Allergen/Antigen den T-Lymphozyten präsentieren und eine Antigen- Antikörper-Reaktion auslösen [53]. Fartasch et al. [18] konnte zeigen, dass die Tentakel der Langerhans-Zellen bis in die obere Epidermis reichen. Bei geschädigter Haut könnten diese somit direkten Kontakt zur Außenwelt haben [10]. Demzufolge muss die dermale Penetration nicht der entscheidende, die

30 Sensibilisierungswahrscheinlichkeit bestimmende Faktor sein. Die Hautbarriere gegenüber chemischen Stoffen ist in erster Linie auf das nur ~20 µm dicke Stratum corneum beschränkt. Somit ist anzunehmen, dass dessen Zustand ein wesentlicher Faktor für die Entstehung einer allergischen Sensibilisierung ist. Eine Störung der natürlichen Hautbarriere würde den Kontakt von Allergenen zu den Langerhans-Zellen in der Epidermis erleichtern [46,47]. Die Penetration eines chemischen Stoffes durch das Stratum corneum wird u.a. durch dessen physikochemische Eigenschaften beeinflusst [16]. Die Resorption erfolgt dann in den Kapillargefäßen, die im Papillarbereich unterhalb der Epidermis in einem Abstand von ~200 µm von der Hautoberfläche lokalisiert sind. Das Durchdringen der Hautbarriere ist jedoch keine unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung einer Sensibilisierung. Am Beispiel von Cholera-Toxinen wurde gezeigt, dass alleine ein Hautkontakt auch ohne den Nachweis einer dermalen Penetration ausreichen kann, um eine Immunantwort auszulösen [26]. Dabei erleichtert eine geschädigte Haut (z.b. bei Irritationsdermatosen oder Verletzungen) den Kontakt von potentiellen Allergenen zum Immunsystem des Organismus. Von Bedeutung hinsichtlich der Entstehung einer Sensibilisierung wäre auch die Verlängerung des dermalen Kontaktes. Unter Arbeitsplatzbedingungen kann dies u.a. durch die Bedeckung der Haut mit Hautcremes oder auch durch verunreinigte Arbeitskleidung bzw. kontaminierte Oberflächen erfolgen. Die Belastungsintensität definiert sich in der Regel durch die exponierte Hautfläche und die Dauer des dermalen Kontakts zu chemischen Stoffen. Zudem ist die auf die Haut einwirkende Stoffmenge bedeutsam [11]. Das Verständnis um die Rolle der dermalen Penetration und des dermalen Kontaktes von potentiellen Kontaktallergenen ist aus arbeitsmedizinischtoxikologischer Sicht somit von entscheidender Bedeutung bei der evidenzbasierten Wahl der geeigneten Maßnahmen der Prävention.

31 5.1 Wertigkeit der Methoden zur Bestimmung der Hautsensibilisierung Die Hautsensibilisierung ist ein auf einer spezifischen Reaktion gegen Kontaktallergene basierender immunologischer Prozess [48]. Die Sensibilisierung der Haut entsteht in der Regel durch direkte oder aerogene Exposition gegenüber Kontaktallergenen. Bei erneutem oder wiederholtem Kontakt führt die in Gang gesetzte Immunreaktion, die durch T-Zellen und Makrophagen vermittelt wird, zu einer allergischen Reaktion mit dem klinischen Bild eines akuten oder chronischen Kontaktekzems (Typ IV-Reaktion bzw. Überempfindlichkeitsreaktion vom verzögerten Typ). Bestimmte chemische Stoffe, wie z.b. das Dinitrochlorbenzol (DNCB), sind in der Lage, bereits nach einem einzigen Kontakt eine Sensibilisierung der Haut zu erzeugen [21]. Die Dauer bis zur Induktion einer Sensibilisierung wird in der Literatur durchschnittlich mit 10-14 Tagen angegeben [11]. Die Abschätzung der Sensibilisierungspotenz von Kontaktallergenen und damit die Entstehung einer allergischen Reaktion vom Typ IV lassen sich anhand klinisch-epidemiologischer als auch tierexperimenteller Studien vornehmen. An tierexperimentellen Untersuchungsmethoden sind insbesondere der GPMT ( Guinea Pig Maximization Test ) und der Buehler-Test, die an Meerschweinchen durchgeführt werden, verbreitet. Bei Erstgenanntem erfolgt die Induktion des Allergens intradermal zusammen mit einem Adjuvans. Bei Letzterem wird das Allergen okklusiv ohne Adjuvans aufgebracht. An zunehmender Bedeutung gewinnt der Lokale Lymphknotentest (LLNA) an der Maus [7,24]. Diese Testmethode wird als Alternative von der Europäischen Union (EU) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) empfohlen. Bei den Meerschweinchentests handelt es sich um etablierte Methoden, für die große historische Datenbasis und Langzeiterfahrungen für auf dem Markt verfügbare Kontaktallergene bzw. Produkte existieren. Ein wesentlicher Nachteil der Meerschweinchentests ist jedoch der methodisch bedingte relativ hohe Aufwand. Außerdem erlauben diese Tests keine Aussagen über die Dosis-Wirkungs-Beziehung. Hingegen soll der LLNA-Test eine Abschätzung der Dosis-Wirkungs-Beziehung ermöglichen. Jedoch liegt hierzu bisher nur eine

32 limitierte Datenbasis vor. Basketter und Scholes [4] und Kreiling et al. [38] konnten zeigen, dass sich beim LLNA-Test mehr unspezifische Treffer für schwache/moderate Allergene ergaben als im Meerschweinchentest (GPMT). Während in der Studie von Basketter und Scholes [4] im Meerschweinchentest 9 von 40 getesteten Allergene als schwach/moderat eingestuft wurden, erfolgte dies im LLNA-Test nur bei 5 von 40 Allergenen. Nickelsalze, Benzocain und p-chloranilin wurden bei beiden Verfahren negativ getestet. Basketter und Scholes [4] gewann durch den LLNA-Test von insgesamt 7 verschiedenen Testsubstanzen, die durch die europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EEC) als gefährdend eingestuft wurden, nur bei 3 positive Ergebnisse (Ölsäure, Linolsäure und Squalen). 2 Substanzen wurden sogar negativ getestet. Alle Testsubstanzen der Studie waren entweder endogene physiologische Bestandteile des menschlichen Körpers oder einfache Bestandteile aus Nahrungsmitteln oder Kosmetika. Der LNNA-Test unterschätzt demnach das Sensibilisierungspotential schwacher Allergene. Der denkbare Vorteil experimentell begründeter Einteilung der Sensibilisierungspotenz von Kontaktallergenen gegenüber epidemiologischen Erkenntnissen liegt in der Möglichkeit zur Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Auf Expertenmeinung-basierende Einstufungen von Kontaktallergenen, wie die von Schlede et al. [50], können methodenbedingt durch andere Arbeitsgruppen kaum exakt bestätigt werden. Ein mögliches Problem des LLNA-Tests ist, dass die Bestimmung der Sensibilisierungspotenz (EC3-Wert ( elicitation concentrations )) an der Maus erfolgt. Hingegen stützen sich Experten- Kommissionen, soweit vorhanden, vorwiegend auf klinische Daten und können tierexperimentelle Erkenntnisse zusätzlich berücksichtigen und die Einstufungen unterschiedlich gewichten. Dagegen handelt es sich bei 95% der chemischen Stoffe in der Datenbank von Schlede et al. [50] um am Menschen bestätigte Kontaktallergene. Ein weiteres Problem tierexperimenteller Testung ist, dass die Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf den Menschen nicht immer bestätigt ist. Gesellschaftspolitisch existiert zunehmend der Wunsch nach alternativen, tierversuchsfreien Methoden. Als solche Alternative werden computerunterstützte Experten-Systeme, wie z.b. Derek for Windows,

33 evaluiert. Mit dieser Software ist es möglich die Sensibilisierungsplausibilität eines chemischen Stoffes abzuschätzen und die für die Sensibilisierung wahrscheinlichen funktionellen Gruppen der Kontaktallergene zu identifizieren. Grundlage sind Allergie-mechanistisch basierte Regeln. Computerunterstützte Experten-Systeme sind insbesondere geeignet eine größere Kontaktallergenanzahl mit relativ geringem Aufwand hinsichtlich der Sensibilisierungspotenz zu prüfen. Diese Dissertation umfasste die zu evaluierende Kontaktallergenzahl von 244 chemischen Stoffen. Sie zeigte, dass die Sensibilisierungswahrscheinlichkeit im Vergleich zwischen der Schlede et al. [50] und der DEREK for Windows Datenbanken für den Menschen, das Meerschweinchen und die Maus vergleichbar waren (Tabelle 6). Von insgesamt 147 chemischen Stoffen, für die in DEREK Daten vorhanden waren, war die Sensibilisierungswahrscheinlichkeit bei ~80% der Stoffe zumindest plausibel. Diese Ergebnisse zeigen auch eine Vergleichbarkeit der human- und tierexperimentellen Daten. Somit können computergestützte Programme durchaus supplementäre Methode und zum Teil eine Alternative zu tierexperimentellen Untersuchungen sein. 5.2 Zusammenhang zwischen der Sensibilisierungspotenz von Kontaktallergenen und ihren funktionellen Gruppen Durch den hohen Einsatz von Kosmetika nimmt die Hautsensibilisierung in der Allgemeinbevölkerung zu. Zwar sind in Kosmetika enthaltenen Duft- bzw. Konservierungsstoffe eher schwache Allergene, der Hautkontakt ist jedoch häufig und langanhaltend, was den Sensibilisierungsgrad von vermeintlich unbedeutenden Kontaktallergenen signifikant erhöhen kann [49]. Hingegen erfolgt die Hautsensibilisierung durch DNCB, einem starken Allergen, weniger häufig [51], da man diesem Allergen im Alltag kaum und im Beruf nur selten exponiert ist [13]. In der Literatur wird die Hypothese postuliert, dass chemische Stoffe mit starker allergener Potenz besser dermal aufgenommen werden als solche mit schwacher allergener Potenz [22,30,52]. Dadurch wird der Versuch unternommen zu erklären, warum für verschiedene Kontaktallergene unterschiedliche Sensibilisierungs-Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung und

34 bei beruflich Exponierten besteht. Uter et al. [57] stellten die Sensibilisierungsprävalenz gegenüber einigen bekannten Kontaktallergenen in der Allgemeinbevölkerung und bei beruflich exponierten Personen anhand der Ergebnisse der Datenbanken MONICA und IVDK gegenüber. So war zum Beispiel die Sensibilisierungsprävalenz in der Allgemeinbevölkerung gegenüber Kolophonium und Kaliumdichromat um den Faktor von ~4 niedriger als bei beruflich exponierten Personen [57]. Durch die Einteilung von Kontaktallergenen in definierte Potenz-Kategorien wäre es in der Arbeitswelt leichter die Prävention von Sensibilisierungen zu kontrollieren. Mittels des LLNA-Tests ist es anhand der Reaktionsausprägung (EC3-Werte) nach Allergen-Exposition möglich die relative Stärke eines potentiellen Allergens grob abzuschätzen. Meistens wird die Sensibilisierungspotenz in 4 Kategorien eingeteilt: extreme, starke, moderate und schwache Allergene [24]. Die Kategorisierung der Kontaktallergene bei Schlede et al. [50] erfolgte auf der Grundlage ihrer sensibilisierenden Potenz und der Expositionsrelevanz für den Menschen. Für die Datenbank wurden ausschließlich Stoffe ausgewählt, die eine besondere Bedeutung für den Menschen und die chemische Industrie haben. Epidemiologische Methoden zur Beurteilung der Sensibilisierungspotenz von Kontaktallergenen haben den Nachteil, dass sie keine Aussagen zum Mechanismus der Sensibilisierung erlauben. Auch ist es daraus nicht möglich, die für die Sensibilisierung verantwortliche funktionelle Gruppe der Kontaktallergene eindeutig zu identifizieren. Solche Aussagen erlauben jedoch computerbasierende Expertensysteme, wie das Derek for Windows Programm. Das übergeordnete Ziel solcher Systeme ist, bei fehlenden Daten Vorhersagen anhand der chemischen Struktur, u.a. auf Basis der Analogieschlussfolgerungen für neue bzw. nicht-getestete chemische Stoffe, treffen zu können. Hierzu existieren derzeit jedoch nur wenig Erkenntnisse. Es existiert kaum Literatur, die einen Zusammenhang zwischen der Sensibilisierungspotenz von Kontaktallergenen und ihren funktionellen Stoffgruppen experimentell beschreibt.

35 5.3 Mathematische Vorhersage der dermalen Penetrationshöhe Die dermale Aufnahme von chemischen Stoffen am Arbeitsplatz kann zu einem deutlichen Anstieg der inneren Exposition führen [36]. Beispielsweise kann die Aufnahme der Stoffe 2-Butoxyethanol und N-Methyl-2-pyrrolidon über den dermalen Weg innerhalb einer Arbeitsschicht höher sein als über den inhalativen Weg [2,29]. In dieser Studie wurden, unter Zuhilfenahme der mathematischen Modelle von Fiserova-Bergerova et al. [20], Guy und Potts [27] und Wilschut et al. [58], dermalen Fluxe für Kontaktallergene mit verschiedenen funktionellen Gruppen berechnet. Der Zusammenhang zwischen der Hautpenetrationshöhe von Kontaktallergenen in Abhängigkeit ihrer funktionellen Gruppen wurde anhand der Median-Fluxe evaluiert. Bei funktionellen Gruppen, die wahrscheinlich für die hautsensibilisierende Wirkung von Kontaktallergenen verantwortlich sind, wie z.b. Ester oder aromatischem Amin, sendete DEREK for Windows Alarmsignale mit spezifischen Nummern (mit Nr. 400 beginnend) aus. Bei der Evaluierung in dieser Dissertation galt das besondere Interesse der dermalen Penetration von in allen 3 bzw. in 2 Kategorien von Kontaktallergenen enthaltenen funktionellen Gruppen von Schlede et al. [50]. Für die Quantifizierung der dermalen Penetrationshöhe von chemischen Stoffen mittels mathematischer Modelle bedarf es der Kenntnis von physikochemischen Eigenschaften wie Molekulargewicht, Wasserlöslichkeit und Oktanol-Wasser- Verteilungskoeffizienten. Daraus kann der dermale Flux vorhergesagt werden (Tabelle 3). Dabei sind Molekulargewicht und LogP die Hauptdeterminanten der dermalen Penetration [3,45]. Um die Berechnung des Fluxes und des Kp nicht durch divergierende physikochemische Eigenschaften zu beeinflussen, wurden diese größtenteils aus einer einzigen Datenbank entnommen, deren Werte meistens experimentell bestätigt sind. 5.4 Validität mathematischer Modelle Auf Grund oftmals fehlender experimenteller Daten zur Hautresorption von chemischen Stoffen ist eine Risikoabschätzung auf der Basis mathematischer

36 Modelle oftmals die einzige Möglichkeit überhaupt Daten zu erhalten. Als bevorzugter Parameter für die Risikoabschätzung wird der dermale Flux herangezogen, der die penetrierte Menge eines chemischen Stoffes durch ein definiertes Hautareal pro Zeiteinheit angibt. Zudem wird häufig auch der Kp durch die Division des Fluxes mit der Konzentration des verwendeten Stoffes abgeleitet, der die Penetrationsgeschwindigkeit beschreibt [35]. Für die Beschreibung oder den Vergleich der dermalen Penetration sollte der Flux genauer sein als der Kp, da die Beziehung zwischen der Konzentration und des dermalen Penetrationsverhaltens von chemischen Stoffen oftmals nicht bekannt ist. Zur Wertigkeit mathematischer Modelle zur Vorhersage der Hautresorption existieren kontroverse Meinungen [37,40]. Die Validität mathematischer Modelle wird oftmals anhand Korrelationen, wie der linearen Regression (R 2 ), an einer größeren Datenbasis beurteilt. Dadurch können sich bei der Betrachtung einzelner Stoffe zum Teil extreme Ausreißer ergeben. Es ist anerkannt, dass mathematische Modelle zur Ermittlung von Hautpenetrationsdaten die geringste Zuverlässigkeit besitzen [28]. Deshalb sollten diese nur dann zum Einsatz kommen, wenn keine experimentellen oder andere hierarchisch höherwertigen Daten zur Verfügung stehen. Bislang ist jedoch kein mathematisches Modell prospektiv validiert. In wenigen Studien [19,41] wurden experimentell ermittelte Kp einiger chemischer Stoffe mit den nach dem Modell von Potts und Guy [45] vorhergesagten Kp-Werten verglichen. In beiden Studien betonen die Autoren eine gute Übereinstimmung von experimentell ermittelten und mathematisch vorhergesagten Kp-Werten, obwohl bei Fasano und McDougal [19] bei 17 von 31 chemischen Stoffen Unterschiede im Bereich von Faktor 10-19.000 festgestellt wurden. Bei Nielsen et al. [41] variiert der Kp-Wert zwischen mathematisch vorhergesagten und experimentell ermittelten Werten immerhin um den Faktor 5. In der Studie von Korinth et al. [37] zeigte sich beim Modell von Fiserova-Bergerova et al. [20] die geringste Unterschätzung experimenteller Fluxe, während das Modell von Guy und Potts [27] die tatsächliche Hautresorptionshöhe am meisten unterschätzte, zum Teil bis zum Faktor von 19. Die Ergebnisse der Modellrechnung von Wilschut et al. [58] liegen meistens zwischen den beiden anderen Modellberechnungen. Bei der zusammenschauenden Betrachtung der Ergebnisse dieser Studien zeigt sich

37 ein allgemein schwaches Vorhersagepotential von mathematischen Modellen. Mathematische Modelle können auf Gruppenbasis jedoch für eine orientierende Risikobewertung von Kontaktallergenen eingesetzt werden. So zeigt die Übersicht von Korinth et al. [32] am Beispiel von 11 aromatischen Aminen, dass ein Flux-Ranking mit Hilfe des mathematischen Modelling für die Risikoabschätzung möglich erscheint. Unter den aromatischen Aminen befinden sich auch relevante Kontaktallergene, so z.b. das Anilin. In dieser Dissertation wurden mathematische Modelle für einen Vergleich der Fluxe zwischen den Allergen-Kategorien mit diversen funktionellen Gruppen eingesetzt. Eine Risikoanalyse zur Ermittlung der Gefährdung infolge der dermalen Aufnahme allergisierender Stoffe am Arbeitsplatz allein auf Basis mathematischer Berechnungen ist nicht zuverlässig. Es kann lediglich eine grobe Abschätzung der Hautresorption erfolgen. Deshalb sollten mathematisch vorhergesagte Daten, soweit praktikabel, immer auch experimentell bestätigt werden. 5.5 Arbeitsmedizinisch-toxikologische Relevanz der dermalen Exposition gegenüber Kontaktallergenen Jeden Tag zu Hause und an Arbeitsplätzen ist die Bevölkerung zum Teil unbewusst gegenüber einer Vielzahl von hautsensibilisierenden chemischen Stoffen exponiert. In der Arbeitswelt steht die evidenz-basierte Prävention im Vordergrund des betriebsärztlichen Handelns. Die dermale Route bei der beruflichen Exposition gegenüber Gefahrstoffen und somit Kontaktallergenen kann von größerer Bedeutung sein als die inhalative Aufnahme. Die Kenntnis des Verhaltens von Kontaktallergenen mit bestimmten funktionellen Gruppen bei der Entstehung einer Sensibilisierung und bei der Hautpenetration sind insbesondere für die Primär- (Kontaktvermeidung) und Sekundärprävention (Früherkennung der Gefährdung) von Bedeutung. So wäre bei potenten Allergenen mit funktionellen Gruppen, die für die Sensibilisierung verantwortlich sind, das Hauptaugenmerk auf Expositionsvermeidung zu richten. Dazu gehört u. a. der Austausch des Allergens durch nicht oder weniger sensibilisierende Ersatzstoffe oder eine Abkapselung des Arbeitsprozesses und damit eine Verhinderung des Kontaktes mit potentiell allergisierenden Stoffen.