Chefsache Arbeitsrecht. - Ein Leitfaden für Zahnärztinnen und Zahnärzte -



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Allgemeiner Hinweis für die Verwendung des nachfolgenden Mustervertrages

Transkript:

Chefsache Arbeitsrecht - Ein Leitfaden für Zahnärztinnen und Zahnärzte -

Inhaltsverzeichnis Einleitung... 5 1. Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses... 6 1.1 Problemaufriss... 6 1.2 allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)... 6 1.2.1 Inhalt... 6 1.2.2 Anwendungsbereich... 7 1.2.3 Bedeutung für Stellenanzeige... 7 1.2.4 Bedeutung für Bewerbungsabsagen... 8 1.2.5 Bedeutung fürs Bewerbungsgespräch... 8 1.3 Konsequenz bei Verstoß... 9 1.3.1 Entschädigungsleistung... 9 1.3.2 Formalien... 9 1.3.3 AGG-Hopping... 10 1.3.4 Rechtsprechung... 10 2. Der All-Inclusive-Arbeitsvertrag... 11 2.1 Zustandekommen... 11 2.2 Schriftform... 11 2.3 Vertragsparteien... 12 2.4 Unterschrift... 12 2.4.1 Vertretung... 12 2.5 Arbeitszeit... 13 2.5.1 wöchentliche Arbeitszeit... 13 2.5.2 tägliche Arbeitszeit... 13 2.6 Tätigkeitsbeschreibung... 14 2.6.1 Berufsbezeichnung... 14 2.6.2 Zuweisung des Arbeitsbereiches... 14 2.7 Beginn des Arbeitsverhältnisses... 15 2.8 Dauer des Arbeitsvertrages... 15 2.8.1 unbefristet... 15 2.8.2 Befristung... 15 2.8.2.1 Dauer ohne Sachgrund... 15 2.8.2.2 Dauer mit Sachgrund... 16 2.8.3 Beendigungszeitpunkt... 16 PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 2

2.8.4 Weiterbeschäftigung nach Zeitablauf... 17 2.9 Kündigungsmöglichkeit des Arbeitsvertrages... 17 2.9.1 Frist... 17 2.9.1.1 Innerhalb Probezeit... 18 2.9.1.2 In Kleinbetrieben... 18 2.9.1.3 Bei befristeten Verträgen... 18 2.9.1.4 Bei fristloser Kündigung... 18 2.10. Vergütung... 18 2.10.1 Fixgehalt... 19 2.10.2 Leistungsbezogene Vergütung... 19 2.10.3 Sonstige Zulagen... 19 2.10.4 Widerruflichkeit... 19 2.11 Urlaubsregelung... 20 2.11.1 Mindesturlaub... 20 2.11.2 Wartezeit... 21 2.11.3 Teilurlaub... 21 2.11.4 Betriebsurlaub... 22 2.11.5 Übertragung... 22 2.11.6 Urlaubsvergütung... 23 2.11.7 Abgeltung... 23 2.12. Verhalten bei Krankheit... 23 2.13 Nebentätigkeit... 24 2.14 Fortbildung... 25 2.15 Telefon- und Internetnutzung... 26 2.16 Abtretungs- und Verpfändungsverbot... 26 2.17. Wettbewerbsverbot... 27 2.18 Vertragsstrafe... 27 2.19 Ausschlussklausel... 28 Sonderfall: Schwangerschaft... 28 3. Kündigungsfalle... 30 3.1 Formalien... 30 3.1.1 Kündigung durch Arbeitgeber... 30 3.1.2 Schriftform... 31 3.1.3 Fehlende Unterschrift... 31 PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 3

3.1.4 Delegation... 31 3.1.5 Beendigungszeitpunkt... 32 3.1.6 Ultima ratio (Änderungskündigung)... 32 3.2 Gründe für eine Kündigung/Verbote... 33 3.2.1 gesetzliche Verbote... 33 3.2.2 Vertragliche Kündigungsbeschränkungen... 34 3.2.3 Kündigungsgrund... 34 3.2.3.1 Keine Anwendung des KSchG... 34 3.2.3.2 Anwendung KSchG... 35 3.2.3.2.1 Personenbezogene Gründe... 35 3.2.3.2.2 Verhaltensbedingte Gründe... 36 Exkurs: Abmahnung... 36 3.2.3.2.3 dringende betriebliche Gründe... 39 3.2.4 fristlose Kündigung... 40 3.3 Erhebung der Kündigungsschutzklage... 41 3.4 Konsequenz bei Verstoß... 41 3.4.1 Weiterbeschäftigung... 42 3.4.2 Vergütungsnachzahlung... 42 3.4.3 Abfindungsanspruch... 42 4. Besondere Arbeitsverhältnisse... 44 4.1 Ausbildungsverhältnis... 44 4.1.1 Pflichten des Ausbildenden... 44 4.1.2 Probezeit... 44 4.1.3 Kündigungsmöglichkeit... 45 4.1.4 Weiterbeschäftigung... 45 4.2 Assistentenverträge... 46 4.2.1 Eignung... 46 4.2.2 Genehmigungsvorbehalt der KZV... 46 4.2.3 Mitteilung an ZÄK... 46 4.2.4 Befristung... 47 4.3 Vertreter... 47 4.3.1 Eignung... 48 4.3.2 Genehmigung... 48 4.3.3 Befristung... 48 PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 4

Einleitung Personalmanagement bezeichnet laut Wikipedia den Bereich der Betriebswirtschaft, der sich mit dem Produktionsfaktor Arbeit bzw. mit dem Personal auseinandersetzt. In der Praxis meint es die Vorhaltung der Truppe, die für den täglichen Kampf um den Patienten benötigt wird. Angefangen bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern, über ihre vertragliche Anbindung an den Betrieb, die Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen bis hin zur Trennung. Für alles ist in letzter Instanz der Praxisinhaber verantwortlich. Das Arbeits- (und Sozialrecht) in Deutschland legt dem Arbeitgeber viele Fesseln an. Diese zu kennen sollte obligatorisch für jeden Chef und jede Chefin sein. Wer seine Pflichten und Rechte nicht kennt, wird selten die bestmögliche Gestaltung für ein Beschäftigungsverhältnis finden. Schlimmer ist aber, dass aus Unkenntnis der Rechte oft Maßnahmen veranlasst oder Vereinbarungen getroffen werden, die verboten sind und wie tickende Zeitbomben nur darauf warten, irgendwann hochzugehen. Wer die Chancen nutzen will, die Beschäftigung seiner Mitarbeiter rechtlich zu optimieren, der muss das Arbeitrecht in seiner Praxis zur Chefsache machen. Ihm und Ihr soll dieser Leitfaden ein Geländer sein. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit ist im Folgenden auf die durchgängige Verwendung der weiblichen Bezeichnungen verzichtet worden. Düsseldorf, Juni 2010 Joachim K. Mann Rechtsanwalt Sylvia Harms Rechtsanwältin Partner der Fachkanzlei für Medizinrecht und Arbeitsrecht PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft, Düsseldorf kanzlei@ra-pmh.de PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 5

1. Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses 1.1 Problemaufriss Früher war bekanntlich alles einfacher. Dies galt sowohl für eine Stellenanzeige, für Absagen, für Bewerbungen und die Bewerbungsgespräche selbst. Anzeigen, mit dem Inhalt, Suche engagierte, junge hübsche Zahnarzthelferin mit guten Deutschkenntnissen gehören heute der Vergangenheit an. Gleiches gilt für Absagen mit solchen Begründungen. Es kann der Arbeitgeber seine Wünsche nicht mehr so einfach konkret äußern. 1.2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), ist Vorsicht geboten. Es greift in nicht unerheblichem Maße in die Privatautonomie ein und kann zu schadensersatzrechtlichen Konsequenzen (Geldzahlungen) führen, die bei Beachtung der Vorgaben allerdings vermieden werden können. 1.2.1. Inhalt Nach dem AGG sind in der Regel Benachteiligungen verboten, die an eines der folgenden personenbezogenen Merkmale anknüpfen: Rasse und ethnische Herkunft Geschlecht Religion und Weltanschauung Behinderung Alter (jedes Lebensalter) Sexuelle Identität PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 6

1.2.2. Anwendungsbereich Das AGG gilt in seinem persönlichen Anwendungsbereich für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und auch für Auszubildende und Stellenbewerber bzw. Stellenbewerberinnen. Das AGG bezieht sich in seinem sachlichen Anwendungsbereich u.a. auf die Bedingungen über den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie für den beruflichen Aufstieg, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen; die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen; den Zugang zur Berufsberatung, Berufsbildung, Berufsausbildung, berufliche Weiterbildung sowie Umschulung und praktischen Berufserfahrung; Belästigung: Verletzung der Würde der Person, insbesondere die Schaffung eines von Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung gekennzeichneten Umfeldes. Sexuelle Belästigung Anweisung zu einer dieser Verhaltensweisen. Nicht hingegen verboten ist die Benachteiligung aufgrund spezieller Qualifikationen. 1.2.3 Bedeutung für Stellenanzeige Für die Stellenanzeige z.b. bedeutet die Beachtung der Vorgaben des AGG, dass eine geschlechtsneutrale, altersunabhängige, auf spezielle Qualitätsanforderungen gestützte Tätigkeit ausgeschrieben werden sollte. So könnte z.b. die Suche nach einer Zahnmedizinischen Fachangestellten wie folgt aussehen: Suche qualifizierte Zahnmedizinische Fachkraft mit Berufserfahrung. Suche Stuhlassistentin/-en mit langjähriger Praxiserfahrung. Die Anzeigen sind geschlechtsneutral und altersunabhängig. Über die Qualifikationsanforderung und die Berufserfahrung kann eine nicht angreifbare Vorauswahl unliebsamer Bewerber erfolgen. PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 7

1.2.4 Bedeutung für Bewerbungsabsagen Bei der Absage nicht zu berücksichtigender Bewerbungen ist zu beachten, dass Gründe, die nach dem AGG unter die Benachteiligung fallen könnten, nicht genannt werden. Absagegründe wie Sie kommen aufgrund Ihres Alters nicht in Betracht sind verboten. Eine Verpflichtung zur Absage und Rücksendung der Bewerbungsunterlagen besteht nicht. Es ist lediglich eine Frage des Stils, ob Sie antworten oder die Unterlagen wegwerfen. Die Antwort auf eine nicht in Betracht kommende Bewerbung könnte z. B. wie folgt aussehen: Haben Sie vielen Dank für Ihre Bewerbungsunterlagen. Leider entspricht Ihre fachliche Eignung nicht unserem Anforderungsprofil. Wir reichen die Unterlagen zurück und wünschen Ihnen bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz weiterhin alles Gute. Die Absage nach einem Bewerbungsgespräch gestaltet sich etwas diffiziler, sofern Sie die Stelle nicht mit jemand anderem besetzen. Hier könnte z. B. folgender Text gewählt werden: Unser Gespräch fand ich sehr aufschlussreich. Trotz Ihrer fachlichen Qualifikation kommen Sie als Verstärkung unseres Teams leider nicht weiter in Betracht. Ich habe nach unserem Gespräch den Eindruck, dass Sie nicht das erforderliche Durchsetzungsvermögen haben, um in unserem Team bei unserer Personalstruktur die Ihnen zugedachten Aufgaben erfolgreich bewältigen zu können. Die Bewerbungsunterlagen reiche ich zurück und bin sicher, dass Sie bald eine neue Arbeitsstelle finden werden. Hierbei wünsch ich Ihnen viel Erfolg. 1.2.5 Bedeutung fürs Bewerbungsgespräch Aber auch in einem Bewerbungsgespräch ist auf Arbeitgeberseite Vorsicht geboten. Persönliche Anmerkungen, die die oben genannten Bereiche tangieren, sollten vermieden werden. PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 8

Vermeiden sollten Sie auch Bemerkungen über das junge Alter von Bewerbern. Besser: Wenn Sie eine Praxismanagerin suchen und Sie in Ihrer Anzeige Berufserfahrung oder auch nicht als Voraussetzung genannt haben, so können Sie nach einem Bewerbungsgespräch, sofern Ihnen die Bewerberin zu jung erscheint, auf die fehlende Berufserfahrung als Absagegrund verweisen. Das gilt natürlich nicht, wenn Sie in der Anzeige mindestens 5 Jahre Berufserfahrung gefordert haben und die Bewerberin diese erfüllt, Ihnen dennoch zu jung erscheint. Dann muss eine andere Begründung her. Bei gleich qualifizierten Bewerbern entscheidet in letzter Instanz oftmals der persönliche Eindruck. Daran hat auch das AGG nichts geändert. Weiterhin ist es also erlaubt, seine Entscheidung damit zu begründen, dass eine Bewerberin/Bewerber Sie in der Gesamtschau am stärksten beeindruckt hat. 1.3 Konsequenz bei Verstoß 1.3.1. Entschädigungsleistung Hat der Arbeitgeber allerdings gegen das AGG verstoßen, muss er an den abgewiesenen Bewerber eine Entschädigung leisten. Diese ist allerdings begrenzt ist auf einen Höchstbetrag von drei Monatsgehältern, die bei Einstellung gezahlt worden wären. Der Anspruch auf Einstellung ist nach dem gesetzgeberischen Willen nicht vorgesehen. 1.3.2 Formalien Der abgewiesene Bewerber muss, wenn er Ansprüche erheben will, dies kurzfristig erledigen. Die gesetzliche Frist beträgt 2 Monate. Der Anspruch muss schriftlich geltend gemacht werden. Auch muss der abgewiesene Arbeitnehmer nachprüfbar darlegen, worin der Verstoß gegen das AGG liegen soll. Das Argument er hat mich nicht PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 9

genommen, obwohl ich qualifiziert bin reicht nicht aus. Beweisen muss er zumindest die objektiv überprüfbaren Qualifikationsmerkmale. Betraf die Stellenanzeige eine Dentalhygienikerin/Dentalhygieniker, so muss der Anspruchsteller zumindest nachweisen, dass er diese Qualifikation hat. Eine ZFA Ausbildung erfüllt diese Qualifikation nicht. 1.3.3 AGG-Hopping Zunehmender Beliebtheit erfreut sich das sog. AGG-Hopping. Hierunter werden Bewerber verstanden, die nicht ernsthaft nach einer neuen Stelle suchen, sich aber auf diskriminierende Anzeigen bewerben, um bei einer Absage Ansprüche zu erheben. Ungewöhnlich erscheinende Bewerbungen können unter AGG-Archiv@gleisslutz.com darauf überprüft werden, ob es sich um einen bereits einschlägig bekannten AGG-Hopper handelt. Dort findet man auch Argumentationshilfe bei Inanspruchnahme. 1.3.4 Rechtsprechung Seit Inkrafttreten des AGG hat es bereits einige klarstellende Gerichtsentscheidungen gegeben. Danach ist eine Gehaltsstaffelung nach Berufserfahrung zulässig, nicht jedoch eine Staffelung nach dem Alter. Bei Diskriminierung in Stellenanzeigen muss die Bewerbung subjektiv ernst gemeint sein. Bewirbt sich jemand nur auf diskriminierende Anzeigen, fehlt es hier. In diesen Fällen scheidet ein Entschädigungsanspruch trotz objektiv vorliegendem Verstoß gegen das AGG aus (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 26.06.2008; AZ: 15 Sa 63/08). PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 10

2. Der All-inclusive-Arbeitsvertrag 2.1 Zustandekommen Der Arbeitsvertrag ist ein besonderer Dienstvertrag. Er kommt zustande durch Einigkeit. Der Arbeitsvertrag kann entweder geschlossen werden schriftlich mündlich durch schlüssiges (konkludentes, faktisches) Handeln. 2.2 Schriftform Aus praktischen Erwägungen heraus sollten allerdings die Vertragsbedingungen schriftlich fixiert werden. Im übrigen hat der Arbeitnehmer nach 2 Nachweisgesetz einen Anspruch darauf, dass spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich fixiert und ihm ausgehändigt werden. Zu diesen wesentlichen Vertragsbedingungen gehören: Bezeichnung der Vertragsparteien Zeitpunkt des Beginns (und Ende) des Arbeitsverhältnisses bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare Dauer Arbeitsort bzw. der Hinweis auf wechselnde Arbeitsorte wenigstens allgemeine Tätigkeitsbeschreibung Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgeltes einschließlich Zuschläge, Zulagen, Prämien, etc., und deren Fälligkeit vereinbarte Arbeitszeit Dauer des jährlichen Erholungsurlaubes Kündigungsfristen ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Für Aushilfskräfte gilt dieses Gesetz nicht. Ausbildungsverhältnisse unterliegen einer Sonderregelung. PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 11

2.3 Vertragsparteien Ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsvertrages sind Name und Anschrift der Vertragsparteien. Beim Arbeitnehmer ist dies an sich recht einfach. Gleiches gilt für den Arbeitgeber, jedenfalls wenn er eine Einzelpraxis betreibt. Schwieriger wird es schon bei einer Mehrzahl von Arbeitgebern. Wird eine Gemeinschaftspraxis Arbeitgeber, ist diese auch als solche aufzuführen. Bei einer ÜBAG ist auch diese entsprechend aufzunehmen, und zwar vollständig. Bei der Praxisgemeinschaft ist zu unterscheiden, ob die Praxisgemeinschaft das Personal einstellt oder nur ein einzelnes Mitglied der Praxisgemeinschaft. Sofern die Praxisgemeinschaft selbst der Arbeitgeber sein soll, ist dies auch entsprechend in dem Vertrag aufzunehmen. 2.4 Unterschrift Der Arbeitsvertrag ist von beiden Vertragsparteien zu unterzeichnen. Probleme gibt es immer wieder bei der Frage, wer für den Arbeitgeber unterschriftsberechtigt ist. Bei der Einzelpraxis ist es der Inhaber als Arbeitgeber selbst. Bei einer Gemeinschaft sind es an sich alle gemeinschaftlich. Dies ist in der Praxis allerdings hinderlich und wird oft vernachlässigt bzw. vergessen. Dieses Missgeschick kann aber sehr weit reichende Folgen haben. Unterschreibt nur einer der Inhaber einer Gemeinschaftspraxis, spielt dies für die Begründung des Arbeitsverhältnisses keine entscheidende Rolle, da auch konkludent der Wille des nicht unterschreibenden Vertragsteils das Arbeitsverhältnis begründen kann. Hier hilft dem Arbeitnehmer die Fiktion, dass durch spätere faktische Annahme der Dienstleistungen des Arbeitnehmers auch der nicht unterschreibende Vertragsteil das Arbeitsverhältnis begründen wollte und auch begründet hat. Schwieriger wird es jedoch bei der Beendigung. Darauf wird später noch im einzelnen Bezug genommen. 2.4.1 Vertretung Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, sich vertreten zu lassen. Dieses Recht steht dem Arbeitgeber in allen Bereichen des Arbeitsrechtes zu. In größeren Betriebseinheiten, sei es eine Gemeinschaftspraxis oder eine PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 12

ÜBAG, ist es zweckmäßig, für eine Vertretung Sorge zu tragen. Dadurch wird die Kontinuität des Betriebes aufrechterhalten. Entscheidungen müssen nicht warten, bis alle anwesend sind. Urlaubs- oder krankheitsbedingte Fehlzeiten einzelner Gesellschafter können so kompensiert werden. Die Berechtigung zur Vertretung muss kenntlich gemacht sein. Üblicherweise geschieht dies mit einem i. V. vor der zu leistenden Unterschrift bei dem Arbeitsvertrag oder unter einer Abmahnung oder einer Kündigung. Zulässig ist auch eine Unterschrift mit dem Zusatz als alleiniger Vertreter der Gemeinschaftspraxis. 2.5 Arbeitszeit Zu den weiteren wesentlichen Bestandteilen des Arbeitsvertrages gehört die Arbeitszeit nebst einer Konkretisierung der zeitlichen Lage (wöchentlich/täglich). 2.5.1 wöchentliche Arbeitszeit Um seine Flexibilität als Arbeitgeber zu behalten, sollte hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit lediglich ein Rahmen vorgegeben werden, z.b. die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Weitere konkretere Vorgaben sind im Arbeitsvertrag nicht erforderlich. Schädlich sind Angaben, wie z.b. die wöchentliche Arbeitzeit beträgt Montag bis Freitag, da sich hierdurch der Arbeitgeber bindet und eine Änderung bzw. Ausdehnung der Arbeitszeit z.b. auf Samstag einseitig nicht mehr vorgenommen werden kann. 2.5.2 tägliche Arbeitszeit Auch die tägliche Arbeitszeit sollte der Arbeitgeber grundsätzlich flexibel halten. Arbeitszeiten, z.b. montags bis freitags von 8.00 bis 12.00 Uhr und 15.00 bis 18.00 Uhr sind zu vermeiden, da ansonsten sich auch hier der Arbeitgeber seines Direktionsrechtes begibt. Die erforderliche Flexibilität kann sich ein Arbeitgeber erhalten, z.b. durch folgende Formulierung: PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 13

Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Regelung der Pausen legt der Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse fest. 2.6 Tätigkeitsbeschreibung Als weiterer wichtiger Bestandteil des Arbeitsvertrages gilt die Tätigkeitsbeschreibung. Je konkreter die Tätigkeitsbeschreibung, desto schwieriger ist es für den Arbeitgeber, den Arbeitnehmer später ggfls. an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen. 2.6.1 Berufsbezeichnung Eine konkrete Berufsbezeichnung, als was der Arbeitnehmer eingestellt wird, ist nicht sinnvoll. Aufgenommen werden sollte nur, dass die Mitarbeiterin als geprüfte Zahnmedizinische Fachangestellte eingestellt wird. 2.6.2 Zuweisung des Arbeitsbereiches Die konkrete Zuweisung des Arbeitsbereiches ist zweckmäßig, aber nicht notwendig. Der Arbeitgeber sollte sich jedoch einen Verweisungsvorbehalt einräumen. So ist z.b. nichts dagegen einzuwenden, eine Zahnmedizinische Fachangestellte für die Stuhlassistenz einzustellen und sich gleichzeitig vorzubehalten: Die Zuweisung einer anderen zumutbaren Tätigkeit, die den Fähigkeiten und Vorkenntnissen der Mitarbeiterin entspricht, bleibt vorbehalten. Dies ist nützlich, z.b. bei Personalengpässen oder im Falle der Schwangerschaft einer Mitarbeiterin. Eine Assistentin am Behandlungsstuhl darf im Falle der Schwangerschaft aus mutterschutzrechtlichen Gründen nicht mehr assistieren. Sie kann allerdings die Rezeptionstätigkeit oder die Verwaltungstätigkeit übernehmen. Fehlt der Vorbehalt, kann der Arbeitgeber nur noch einvernehmlich einen Wechsel herbei führen. Soweit der Arbeitgeber von seinem Verweisungsvorbehalt Gebrauch machen will, PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 14

muss er auch die Belange der Mitarbeiterin an der Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit angemessen berücksichtigen. So bedarf es schon dringender betrieblicher Gründe, eine Mitarbeiterin nach 15jähriger ausschließlicher Tätigkeit am Behandlungsstuhl in die Verwaltung zu versetzen. 2.7 Beginn des Arbeitsverhältnisses Die Angabe des Zeitpunktes, ab wann das Arbeitsverhältnis beginnt, gehört in jeden Arbeitsvertrag. Üblicherweise findet sich folgende Formulierung: Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.10.2008. Unterbleibt die konkrete Angabe oder wird sie vergessen, wird das Arbeitsverhältnis dennoch begründet. Es beginnt dann an dem Tag, an dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit aufnimmt. 2.8 Dauer des Arbeitsvertrages Weiterer wesentlicher Aspekt ist die Dauer der Beschäftigung. 2.8.1 Unbefristet Sofern im Arbeitsvertrag keine Regelung enthalten ist, geht der Gesetzgeber von einem unbefristeten, also dauerhaften Anstellungsverhältnis aus. Ein solches Arbeitsverhältnis ist nur durch Kündigung seitens eine der Vertragsparteien beendbar, sofern man sich nicht einvernehmlich über die Aufhebung einigt. 2.8.2 Befristung Das Arbeitsverhältnis muss aber nicht zwangsläufig immer unbefristet, also auf Unendlichkeit geschlossen werden. Es kann auch für eine bestimmte Dauer vorgesehen sein. Dies nennt man Befristung. Eine Befristung ist zulässig, wenn bestimmte Bedingungen berücksichtigt werden. PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 15

2.8.2.1 Dauer ohne Sachgrund Praxisgründer können bis zu vier Jahre ab Gründung befristete Verträge mit Angestellten schließen, ohne dass es eines Sachgrundes hierfür bedarf. Die Frist beginnt mit der ersten selbständigen Tätigkeit, üblicherweise mit der Zulassung bzw. der Niederlassung. Ansonsten beträgt die Frist 2 Jahre. Wenn der Arbeitgeber in eine Gemeinschaftspraxis eintritt oder eine solche gründet, kann er nicht immer die 4-Jahresfrist für sich proklamieren. Im Zweifel sollte die ansonsten geltende 2-Jahresfrist für einen befristeten Vertrag ohne Sachgrund nicht überschritten werden. Charakteristisch für einen befristeten Arbeitsvertrag ist das genaue zeitliche Datum von Beginn und Ende des Vertrages. Üblicherweise wird dies durch folgende Formulierung vorgenommen: Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.06.2009 und ist befristet bis zum 31.05.2011. Auch eine kürzere Befristung als zwei Jahre ist möglich. Ein befristeter Vertrag mit einer Laufzeit von einem Jahr kann dann ohne weiteres um ein weiteres Jahr verlängert werden. Darauf zu achten ist allerdings, dass nur eine zeitliche Verlängerung bis maximal zwei Jahren ohne Sachgrund möglich ist. Innerhalb der 2-Jahresfrist können jedoch nur drei Fristverlängerungen erfolgen. Eine inhaltliche Änderung darf nicht gleichzeitig erfolgen. Gerne wird eine Gehaltserhöhung oder Änderung der Tätigkeit vorgenommen. Dies sollte dann vor Ablauf der ersten Befristung oder nach Beginn des Verlängerungszeitraumes erfolgen. 2.8.2.2 Dauer mit Sachgrund Mit Sachgrund ist eine Befristung auch über zwei Jahre möglich. So z.b. eine Einstellung als Schwangerschaftsvertretung bzw. eine Einstellung für die in Anspruch genommene Elternzeit einer Mitarbeiterin. Auch PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 16

sonstige Zweckbestimmungen, also so genannte projektbezogene Einstellungen, sind möglich. 2.8.3 Beendigungszeitpunkt Der Charme eines befristeten Arbeitsvertrages liegt in dem automatischen Beendigungszeitpunkt. Bei einer zeitlichen Befristung endet der Anstellungsvertrag mit Ablauf des angegebenen Datums, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Vorteilhaft ist dies z.b. deswegen, weil im Falle einer zwischenzeitlichen Schwangerschaft oder Schwerbehinderung der an sich geltende gesetzliche Kündigungsschutz nicht greift. Im Falle einer Zweckbefristung ist der Arbeitgeber lediglich verpflichtet, sobald das Ende der Befristung in Sicht ist, diese mitzuteilen. Üblicherweise sind dies zwei bis vier Wochen im Voraus. Es ist zu empfehlen, bei allen Neueinstellungen zunächst Befristungen ohne Sachgrund bis maximal zwei Jahre vorzunehmen. Im Anschluss daran kann immer noch eine Sachgrund getragene verlängerte Befristung (Schwangerschaftsvertretung oder Elternzeitvertretung) vorgenommen werden. 2.8.4 Weiterbeschäftigung nach Zeitablauf Es ist allerdings darauf zu achten, dass nach Ablauf des Befristungszeitpunktes keine Weiterbeschäftigung erfolgt. Wenn doch, ist das Arbeitsverhältnis als unbefristetes Arbeitsverhältnis zu sehen. Es ist dann nur noch unter Beachtung der unten bezeichneten Beendigungsbedingungen aufzulösen. 2.9 Kündigung des Arbeitsvertrages Sieht der Arbeitsvertrag keine besonderen Regelungen zur Vertragskündigung vor, dann gilt von Gesetzes wegen folgendes: PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 17

2.9.1 Frist Wenn nichts geregelt ist, gelten die Fristen des 622 BGB. Danach ist das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats seitens des Arbeitgebers kündbar. Sofern das Arbeitsverhältnis eine bestimmte Zeitdauer aufweist, verlängert sich die Frist wie folgt: - ab 2 Jahre auf einen Monat zum Ende eines Kalendermonats - ab 5 Jahre auf zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats - ab 8 Jahre auf drei Monate zum Ende eines Kalendermonats - ab 10 Jahre auf vier Monate zum Ende eines Kalendermonats - ab 12 Jahre auf fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats - ab 15 Jahre auf sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats - ab 20 Jahre auf sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats. Ohne entsprechende Regelung gelten diese längeren Kündigungsfristen jedoch nur für den Arbeitgeber! Es sollte daher in einem Arbeitsvertrag grundsätzlich vereinbart werden, dass längere bzw. kürzere Kündigungsfristen für beide Vertragspartner gelten. 2.9.1.1 Innerhalb Probezeit Der Gesetzgeber sieht vor, dass für sechs Monate ab Beginn eines Anstellungsverhältnisses, sofern dies als Probezeit charakterisiert wird, eine Kündigungsfrist von zwei Wochen gilt. Es sollte daher grundsätzlich, auch bei einer Befristung, eine Probezeit von maximal sechs Monaten vereinbart werden. 2.9.1.2 In Kleinbetrieben Einzelvertraglich kann bei Kleinbetrieben auch eine Kündigungsfrist innerhalb der ersten zwei Jahre auf lediglich vier Wochen vereinbart werden. Ein so genannter Kleinbetrieb liegt vor, wenn weniger als 20 Arbeitnehmer (Auszubildende nicht eingerechnet) beschäftigt werden. 2.9.1.3 Bei befristeten Verträgen Die Vereinbarung einer Kündigungsfrist sollte auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen erfolgen, da ansonsten bei befristeten Verträgen eine PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 18

Kündigung vor Ablauf des Befristungszeitpunktes nicht möglich ist, jedenfalls keine ordentliche. Der Arbeitgeber kann sich dann nur noch mittels fristloser Kündigung vom Arbeitnehmer trennen., jedoch nur, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. 2.9.1.4 Bei fristloser Kündigung Eine außerordentliche Kündigung ist grundsätzlich bei allen Verträgen möglich. Hierzu bedarf es allerdings eines Grundes, der es unzumutbar macht, bis zum Beendigungszeitpunkt einer ordentlichen Kündigung das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang ist sehr streng. Die Frist zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung beträgt im übrigen zwei Wochen und beginnt ab Kenntnis bzw. schuldhafter Nichtkenntnis der besonderen Umstände, die die Kündigung rechtfertigen. 2.10 Vergütung Eine weiterer wesentlicher Aspekt ist die Vergütung. Fehlt im Arbeitsvertrag eine Regelung, gilt das üblicherweise Geschuldete als vereinbart ( 612 BGB). Anhaltspunkte ergeben sich aus den Richtlinien der Kammern. Die Vergütung kann nach oben und unten unterschritten werden. 2.10.1 Fixgehalt Das Gehalt kann als Fixum oder Grundgehalt vereinbart werden. Weder Fixum noch Grundgehalt sind einseitig widerruflich oder änderbar. 2.10.2 Leistungsbezogene Vergütung Das Gehalt kann auch leistungsbezogen gewährt werden, so in Form einer Umsatzbeteiligung, in Form von Provisionen oder Anwesenheitsgeldern. 2.10.3 sonstige Zulagen Das Arbeitsentgelt kann auch zusätzlich in Form von leistungsunabhängigen Zulagen gewährt werden. Üblicherweise findet man PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 19

dies bei Gratifikationen, wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld oder Fahrtkostenzuschuss. Welche einzelne Gehaltsstruktur sinnvoll ist, hängt von der Art der Beschäftigung ab. Einfache Tätigkeiten, die durch Leistungssteigerung auch nicht zu höheren Umsätzen führen, sind für Umsatzbeteiligungen und Provisionsregelungen denkbar ungeeignet. Hier reicht die Vereinbarung eines Festgehaltes. Bei Mitarbeitern, deren Tätigkeit zur Umsatzsteigerung führen kann, bietet sich eine Staffelung zwischen Grundgehalt und Umsatzbeteiligung oder Provision an. Ein Vertragsmuster ist als Anhang diesem Leitfaden beigefügt. 2.10.4 Widerruflichkeit Das Grundgehalt kann nicht einseitig widerrufen werden. Bei den leistungsbezogenen Zulagen wie Umsatzbeteiligung und Provision allerdings kann eine Widerruflichkeit vorbehalten werden. Die Gründe (zum Beispiel ein Umsatzrückgang von 20 %) müssen allerdings bereits im Arbeitsvertrag als Widerrufsgründe angegeben werden, um Wirksamkeit entfalten zu können. Sofern allerdings die leistungsbezogene Zulage mehr als 30 % des Entgeltes ausmacht, ist ein einseitig vorbehaltener Widerruf nicht mehr zulässig. Hier hilft dann nur noch eine Änderungskündigung. Nicht leistungsbezogene Zulagen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld können mit Freiwilligkeitsvorbehalt oder Widerruflichkeit verbunden werden. Eine entsprechende Freiwilligkeitsregelung könnte wie folgt lauten: Die Gratifikation erfolgt freiwillig. Die Zahlung begründet keine Rechtspflicht. Auch die mehrmalige Zahlung begründet keinen Zahlungsanspruch für die Zukunft. Die Zahlung freiwilliger Leistungen kann auch mit einem Rückforderungsvorbehalt verbunden werden. So können bereits geleistete Zahlungen (Urlaubsgeld im Juni eines Jahres und Weihnachtsgeld im Dezember eines Jahres) im Falle einer Kündigung PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 20

seitens der Mitarbeiter oder aus Gründen, die die Mitarbeiter zu vertreten haben, bis zu sechs Monate nach Beendigung zurückgefordert werden. Die Zahlung muss allerdings mindestens 250,00 betragen. 2.11 Urlaubsregelung Wie viele Tage ein Arbeitnehmer im Jahr Urlaub beanspruchen kann, muss in einem Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich geregelt sein. Es ist allerdings sinnvoll, die Höhe der Urlaubstage im Vertrag anzugeben, insbesondere, wenn nicht alle Arbeitnehmer die gleiche Anzahl von Urlaubstagen erhalten. 2.11.1 Mindesturlaub Das Bundesurlaubsgesetz räumt allen Arbeitnehmern einen Mindesturlaub von 24 Werktagen (Montag bis Samstag) ein. Wer etwas anderes möchte, muss es ausdrücklich regeln. Anspruch auf Mindesturlaub haben sowohl vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter als auch teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter. Bei Teilzeitbeschäftigten wird vielfach angenommen, dass diese auch nur bezogen auf die tatsächlichen Arbeitstage Urlaub beanspruchen können. Faktisch ist dies richtig, gesetzlich vorgesehen indes nicht. Bei Teilzeitbeschäftigten ist die Berechnungsmethode anders als bei Vollzeitbeschäftigten. Die Berechnungsmethode wird anhand der beiden nachstehenden Beispielen verdeutlicht. Beispiel 1: Helferin K steht laut Arbeitsvertrag ein Urlaub von 30 Werktagen zu. Sie arbeitet durchgängig von montags bis freitags also fünf Arbeitstage. Der tatsächliche Urlaubsanspruch von K ergibt umgerechnet 25 Arbeitstage (= [30 : 6 Werktage] x 5 Wochenarbeitstage). Beispiel 2: Helferin P arbeitet lediglich montags, mittwochs und freitags und somit in einer Drei-Tage-Woche. Ihr tatsächlicher Urlaubsanspruch beträgt 34 Werktage. Umgerechnet ergeben sich für sie 17 Arbeitstage Urlaub (= [34 : 6] x 3). PMH Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft 21