Sturmkatastrophe Empfehlungen zur Bewältigung für Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse www.wald-und-holz.nrw.de
Sturm Was tun? Der Sturm Kyrill hat gezeigt, dass Großschadensereignisse den Wald in Nordrhein-Westfalen empfindlich treffen können. In solchen Krisensituationen kommt es auch für Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse darauf an, schnell und überlegt zu agieren. Diese Broschüre richtet sich deshalb an die Vorsitzenden und Vorstände der Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse und an deren Försterinnen und Förster. In Form von Kurzübersichten und Checklisten sollen leicht umsetzbare Hilfestellungen für den Umgang mit den Folgen größerer Sturmereignisse und eingeschränkt auch anderer Kalamitäten aufgezeigt werden. Weitergehende Infos finden sich in einer Loseblattsammlung (Hinweis mit einem grünen L, im Internet abrufbar oder beim Waldbauernverband NRW erhältlich). Die Empfehlungen stützen sich auf Erfahrungen aus vergangenen Kalamitäten und auf das unter www.waldwissen.net veröffentlichte Handbuch Sturm. Fit für die Kalamität Wichtige Voraussetzungen für die Bewältigung einer Kalamität müssen bereits im Vorfeld geschaffen werden. Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse sollten für sich selbst folgende Fragen beantworten: Ist die Satzung aktuell und erlaubt sie dem Zusammenschluss so zu handeln, wie es im Falle einer Kalamität notwendig ist (L1)? Sind die Stellen und Funktionen im Vorstand und in der Geschäftsführung des Zusammenschlusses handlungsfähig besetzt? Ist die Mitgliederverwaltung des Zusammenschlusses aktuell (Adressen, Bankverbindungen, Steuernummern, Flächen )? Sind schnelle Kommunikationswege vorhanden (E-Mail-Verteiler, Fax )? Siehe Telefonliste auf der vorletzten Seite! Hat der Zusammenschluss ein Netzwerk (Bankberater, Steuerberater, Ansprechperson beim Finanzamt, regelmäßiger Kontakt zu bestehenden Forstwirtschaftlichen
Fit für die Kalamität (2) Vereinigungen oder zu Nachbar-FBGs ), das er im Falle einer Kalamität aktivieren und nutzen kann? Sind die Versicherungen des Zusammenschlusses so gestaltet, dass sie im Falle einer Kalamität hinreichenden Schutz bieten (z. B. Haftpflichtversicherung für den Vorstand, Waldbrandversicherung auch für liegendes Holz, evtl. Sturmversicherung, Betriebshaftpflicht )? Kennt der Vorstand die wichtigsten Eckpunkte, Vor- und Nachteile einer Solidargemeinschaft (L2)? Sofortmaßnahmen nach der Kalamität Vorstandssitzung mit Försterin oder Förster (Lage einschätzen, Aufgaben und Zuständigkeiten festlegen). Termin möglichst vor dem Sturm anhand der Wetterprognosen vereinbaren! Forstbetriebswerk und -karte, Telefonlisten bereitlegen (eventuell mehrere Kartenkopien) Grobschätzung Schadensausmaß durch Vorstand und Försterin bzw. Förster: a) gering (weniger als die Hälfte des Hiebssatzes) b) mittel (bis zum jährlichen Hiebssatz) c) hoch (mehr als der jährliche Hiebssatz) Mitgliederinformation (z. B. per E-Mail): RUHE BEWAHREN! Räumung von Wegen beraten. a) jeder geräumte Weg kann zusätzliche Gefahren bringen (Betreten durch Spaziergänger) b) Befugnis zur Räumung muss vorliegen c) Aufteilung des anfallenden Holzes muss geregelt sein Termin für eine zeitnahe Mitgliederversammlung festlegen (Einladefrist satzungskonform!)
Mögliche Tagesordnungspunkte TOP 1 Vorstellung Krisenstab (Personen, Aufgaben, Erreichbarkeit) TOP 2 Schadensschätzung (mit Karte) TOP 3 Steuerliches Meldeverfahren Kalamität (L3, L4) TOP 4 Solidargemeinschaft (L2) TOP 5 Aufarbeitung und Vermarktung (was, wer, wie, wann?) TOP 6 Gefahren, Arbeitssicherheit RUHE BEWAHREN! TOP 7 Weiteres Vorgehen (Sicherstellung Informationsfluss) TOP 8 Sonstiges Gegebenenfalls Gäste einladen (z. B. Forstamt, Steuerberater, Holzvermarkter...). Sicherheit geht vor! Sturmholzaufarbeitung ist lebensgefährlich! Der Hinweis auf die besonderen Gefahren der Sturmholzaufarbeitung ist Sache des Vorstandes. Die Mitglieder sollten unbedingt von der übereilten eigenen Holzaufarbeitung abgehalten werden. Bitte bei jeder Gelegenheit auf die Gefahr hinweisen (L5). Fällung eines Gefahrenbaumes (3) Einschätzung der Schäden Es gibt kein sinnvolles Aufarbeitungskonzept ohne Einschätzung der Schäden (L6). Mögliche Aufteilung: Laubholz/Nadelholz Starkholz/Schwachholz Bruchholz/Wurfholz mit/ohne Wurzelkontakt Weitergabe an Regionalforstamt/Holzvermarkter!
Freiräumen der benötigten Transport- und Rettungswege (4) Aufarbeitungsreihenfolge Die Aufarbeitungsreihenfolge sollte zusammen mit der Försterin oder dem Förster in Abhängigkeit vom Witterungsverlauf und den örtlichen Gegebenheiten festgelegt werden. Bewährt hat sich folgende Reihenfolge: Freiräumen der benötigten Transport- und Rettungswege, dabei von vornherein verkaufsfähige Sortimente aushalten Aufarbeitung von Buchen- und Buntlaubwertholz (mindestens Güteklasse B und Stärkeklasse L3b) zunächst auf Großflächen, dann auch zerstreuter Hiebsanfall (Grund: schnelle Entwertung von Wertholz vermeiden) Aufarbeitung von Kalamitätsnestern (insbesondere bei Bruch) in Fichte und Kiefer (Grund: Gefahr des Stehendbefalls durch Borkenkäfer) Aufarbeitung von größeren Flächen in Fichte und Kiefer nach folgenden Grundsätzen: - Sonnenhänge vor Schatthängen - Flächen mit hohem Bruchholzanteil vor Flächen mit niedrigem Bruchholzanteil - Würfe mit geringem Wurzelkontakt vor Würfen mit besserem Wurzelkontakt - stärkeres Stammholz (Nasslager) vor Schwachholz Aufarbeitung von Kalamitätsholz bei Lärche, Douglasie und Tanne (Grund: Borkenkäfergefahr hier geringer) Aufarbeitung von Eichenwert- und Stammholz (Grund: Eiche ist unaufgearbeitet sehr lagerfähig) Aufarbeitung von Nadelschwachholz (< 20 cm BHD) und Laubindustrieholz (entnommen aus dem unter http://www.waldwissen.net veröffentlichten Handbuch Sturm )
Holzlagerung (5) Unternehmereinsatz Falls der Zusammenschluss mit der Aufarbeitung des Kalamitätsholzes beauftragt wird, sollten bekannte und ortskundige Unternehmen zunächst bevorzugt werden. Bei nicht bekannten Unternehmen empfiehlt es sich, Referenzen unbedingt einzufordern, zu überprüfen und die Aufarbeitungsmenge zunächst zu begrenzen. Auf Folgendes ist zu achten: Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch den Unternehmer nachweisen und vom Unternehmer unterschreiben lassen (L7). Einhaltung der Standards von PEFC bzw. FSC Schriftliche Arbeitsaufträge in Form eines Werkvertrages vergeben (L8). Steuerliche Regelungen bei Holzverkauf auf dem Stock beachten (L9). Holzlagerung Im Falle eines Großschadensereignisses ist der Holzmarkt schnell nicht mehr aufnahmefähig. Es empfiehlt sich deshalb folgende Lagermethoden zu prüfen (L10): Nasslager (Starkholz, frühzeitig, möglichst frisch) Trockenlagerung (entrindet, luftig) Folienlager (Starkholz, frühzeitig, frisch) Lebendkonservierung (bei gutem Wurzelkontakt)
Holztransport (6) Holztransport Einbahnstraßensystem für den Holztransport festlegen und ausschildern (auf Kartenkopien oder in forstlichen Navigationssystemen) Kontaktdaten zu Wegebaufirmen für kurzfristige Ausbesserungsarbeiten an Abfuhrwegen bereitlegen Schranken nicht verschließen Holzabfuhrkontrolle und Poltermanagement gewährleisten (z. B. Einmessung GPS-Koordinaten) Dokumentation der Holzabfuhr Holzbereitstellung und Vermarktung Folgende Grundsätze gelten für die Holzbereitstellung und -vermarktung immer, aber besonders im Falle einer Kalamität: Es sollte eine Sammlung bestehender Holzkaufverträge geben. Abnahmemengen und Abnahmezeitpunkte der verschiedenen Käufer müssen bekannt sein. Aushaltungskriterien der verschiedenen Holzkäufer müssen vorliegen und den Mitgliedern bei Bedarf ausgehändigt werden können. Zuständigkeiten und Kommunikationswege müssen klar geregelt sein und auch eingehalten werden. Ohne Sicherheitsleistungen (z. B. Bankbürgschaft, Abschlagszahlung) keine Abfuhrfreigabe!
Borkenkäferschäden (7) Integrierter Waldschutz nach Kalamitäten Saubere Waldwirtschaft (Aufarbeitung von Kalamitätsnestern, Entzug von brutfähigem Material durch vollständige Aufarbeitung, schnelle Abfuhr aus dem Wald, keine Anhäufung von frischem Totholz) Lagerplätze nicht an Stellen mit bekannter Massenvermehrung aus den Vorjahren einrichten Keine gemeinsame Lagerung von gesundem und befallenem Holz Laufende Befallskontrolle bei den Holzpoltern (Wer macht es? In welchen Abständen? Wie wird die Kontrolle dokumentiert?) Liegen die rechtlichen Vorschriften für den Einsatz von Insektiziden vor und sind sie bekannt? (Sachkundenachweis, Abstand zu offenen Gewässern, Regelungen in Naturschutzgebieten, Zertifizierungsvorschriften) Kennzeichnung behandelter Polter mit Pflanzenschutzmittel & Datum und Vermerk in Liste (entnommen aus dem unter www.waldwissen.net veröffentlichten Handbuch Sturm ) weitere Infos unter: Wald und Holz NRW Schwerpunktaufgabe Waldschutzmanagement Telefon 02261 7010-312 www.waldschutz.nrw.de
Steuerliche Aspekte bei Kalamitäten (8) Steuerliche Aspekte bei Kalamitäten Möglichst schnell Kontakt mit einem Steuerberater aufnehmen! Nach Feststellung des Schadens müssen die Schäden ohne schuldhaftes Zögern und vor Beginn der Aufarbeitung für jeden Betrieb gesondert bei der zuständigen Finanzverwaltung angemeldet werden (L3). Der Nachweis der Kalamitätsholzmengen ist bei der zuständigen Finanzverwaltung unmittelbar nach der Aufarbeitung und Vermessung des Holzes zu erbringen (L4). Fördermöglichkeiten des Landes beachten Gibt es spezielle Förderprogramme zur Bewältigung der Kalamität? In der Regel erst Antrag, dann Maßnahmenbeginn! Aktuelle Förderrichtlinien bei Wald und Holz NRW erfragen! Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen Entscheidung erst nach genauer Flächenanalyse, unter Beachtung von Naturverjüngungspotenzial, Standort, rechtlichen und wirtschaftlichen Erfordernissen treffen (L12) Beachtung der Herkunftsempfehlungen für Baum- und Straucharten in NRW (L11) Waldtypenkartierung von Wald und Holz NRW beachten Chancen einer gemeinsamen Pflanzenbestellung für den Zusammenschluss nutzen
Mischung von Laub- und Nadelholz (9) Möglichkeiten und Maßnahmen der Prävention Standortgerechte Baumartenwahl Einzelbaumstabilisierung durch frühzeitige und kontinuierliche Durchforstungen Bestandesstabilisierung durch Mischbestandswirtschaft Inhalt der Loseblattsammlung L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 L9 Mustersatzung FBG Eckpunkte zur Solidargemeinschaft Vordruck EST 34b-Mitteilung Vordruck EST 34b-Nachweis Sturmholz sicher aufrüsten (Broschüre der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt) Formular für eine verfeinerte Einschätzung der Schäden Formular zum Nachweis der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (Forstunternehmer) Werkvertragsmuster Holzaufarbeiten und Holzrücken Vertragsmuster Holzkauf auf dem Stock L10 Informationen zu Holzlagermethoden L11 Herkunftsempfehlungen von Wald und Holz NRW zu Baumund Straucharten für Nordrhein-Westfalen L12 Hinweise von Wald- und Holz NRW zur Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen Die Loseblattsammlung findet sich unter: www.waldbauernverband.de oder kann beim Waldbauernverband NRW angefordert werden. Stand der Loseblattsammlung ist Oktober 2013.
Kommunikation und Zusammenarbeit Bitte selbst eintragen! Regionalforstamt Försterin/Förster Polizei Feuerwehr Stadt/Gemeinde Bauhöfe Straßenmeisterei Telefon Fax Quellen Handbuch Sturm Eine Arbeitshilfe für die Sturmschadensbewältigung www.waldwissen.net Handbuch Sturm von Wald und Holz NRW www.wald-und-holz.nrw.de Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen www.ofd.nrw.de
Impressum Herausgeber Wald und Holz NRW Albrecht-Thaer-Str. 34, 48147 Münster in Kooperation mit dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW und dem Waldbauernverband NRW e. V. Bearbeitung und fachliche Beratung Dr. Berthold Mertens, Büro für Forst & Landschaft, Meschede Bildnachweis: Stefan Befeld, Titelbild Susanne Helck (2) Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (suva) (3) Ernst Fisch GmbH & Co. KG (5) Jürgen Wittler (6) Dr. Berthold Mertens (4), (7), (8), (9) Gestaltung: blueeyesdesign, Werbeagentur, Sundern Stand: Oktober 2013