Graffiti - eine Jugendkultur?

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Graffiti - eine Jugendkultur? Oder: Was treibt einen Jugendlichen an die Wand? Ich habe versucht, die Buchstaben recht schwungvoll aufs Papier zu bringen, denn in der Szene ist es einfach so, dass wenn man später mal anfängt zu taggen, dann sollte das auch gut aussehen. Mit dem taggen habe ich dann vor ungefähr einem Jahr angefangen. Da habe ich mir dann auch meinen Künstlernamen zugelegt. Dieses tag habe ich an irre viele verschiedene Stellen im Stadtgebiet gesprüht. Natürlich habe ich das meist gemeinsam mit meiner Crew zusammen gemacht. Und das ging echt krass ab. Es gibt Crews, die ausschließlich durch die Straßen gehen, um zu bomben, das heißt, in einer Nacht werden so viele tags wie nur möglich an Häuserwände gebracht. Andere wiederum wollen ständig neue styles ausprobieren, um sich so künstlerisch weiterzuentwickeln. Die Botschaft dabei bin immer nur ich, nichts anderes, und deshalb hinterlasse ich meinen Namen so oft als möglich. Dieses Zitat eines 16-jährigen Jugendlichen beschreibt eindrucksvoll die Faszination, die ihn bei dem Wort Graffiti erfüllt. Graffiti, das ist für ihn Kultur, die für den außenstehenden Betrachter zunächst befremdlich erscheint. Eine eigene Szenensprache, eigene Werte und interne Regeln, all das macht für ihn Graffiti aus. Was aber bedeutet dies? Der Auslöser für die Karriere eines Sprayers ist äußerst unterschiedlich. Gemeinsam ist aber allen, dass meistens in der Schule die ersten Versuche gestartet werden. Wer kennt nicht aus eigener Erfahrung, dass es durchaus Unterrichtsinhalte gibt, die schwer zu verstehen oder schlichtweg langweilig sind. In solchen Momenten sind die Schulhefte willkommene Abwechslung, in die gemalt und geschmiert wird. Natürlich hat heutzutage jeder Schüler schon einmal etwas von Graffiti gehört oder kennt in der Klasse den einen oder anderen Sprayer. Die haben alle Szenenamen und man weiß auch, wer schon recht gut malt und berühmt ist. Ein eigener Name muss also her, damit man sich aus der Masse löst und eine eigene unverwechselbare Identität annimmt. Das ist aber gar nicht so einfach, denn es muss ein einmaliger Name sein, der noch nicht durch einen anderen in der Szene besetzt ist. Kein Sprayer würde Landespräventionsrat Hessen AG Bekämpfung illegaler Graffiti

es wagen, den gleichen Namen wie ein zweiter anzunehmen, da dies Reaktionen zur Folge hätte. Und so findet der Jugendliche irgendwann einen Namen, den er für sich als passend empfindet, der keinen besonderen Inhalt hat, dessen Buchstabenzusammensetzung aber besonders gelungen erscheint. Dieser Name begleitet ihn als writername und er wird ihn zukünftig als tag verbreiten wollen. Meist bleibt der Jugendliche nicht lange allein. Er sucht Gleichgesinnte und nach kurzer Zeit bildet sich eine neue Crew. Mit den neuen Freunden überlegt man nun einen gemeinsamen Namen, der später auf Wänden als Abkürzung zu finden ist. Die Crew bedeutet dem Jugendlichen sehr viel. Es geht um das Gefühl, aufgehoben und beschützt zu sein, um Ehre, Verschwiegenheit und die Wahrung von Anonymität. Die Gruppe stützt und hilft sich gegenseitig. Durch sie ist der Einzelne stärker. Die Motivation erfolgt gegenseitig, jeder passt auf den anderen auf, oberstes Gebot ist: Vertrauen. Für die Crew setzt man sich ein und unterliegt einem strengen Ehrenkodex. Man hat Respekt voreinander, man sprüht für das Ansehen der gesamten Crew. Man verrät sie nie. Natürlich reicht das Malen in den Schulheften nicht lange aus, und der Weg bis zum eigenen selbst erstandenen blackbook ist nicht mehr weit. In diesem Buch üben die Sprayer ihre Buchstaben und alle möglichen styles. Die Crewmitglieder verewigen sich genauso wie evtl. in der Szene bekannte Sprayer, was den Wert eines blackbooks enorm steigert. Ein Sprayer ohne blackbook ist nicht denkbar. Die Graffitiszene unterliegt einer strengen Hierarchie. Der Anfänger gilt nichts, der Beste ist der King. Der Wettbewerb ist hart, gibt es doch genügend Sprayer in der Szene. Um der Beste zu werden gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder muss der Sprayer besonders viele tags sprühen (das Bomben ), oder er muss besonders einmalige und an schwierigen Stellen anzubringende Bilder malen, sog. burner oder masterpieces. Zu Anfang wird der Jugendliche möglichst viele tags sprühen und in seinem eigenen Umfeld bleiben. Aber schon bald breitet er sich im Vorort aus, zumal dann, wenn ein anderer Sprayer seine Existenz wahrgenommen hat und einen Wettkampf mit ihm beginnt. Wer wird die meisten tags setzen? Wer schafft genug Qualität? Der ist in der Szene berühmt. Der Jugendliche markiert sein Revier. 2

Meistens wird ein neuer Sprayer oder eine neue Crew schnell bemerkt und der Revierältere wird ihm seine Grenzen zeigen, indem er das Bild des Neuen crosst. Crossen bedeutet in der Szene nichts anderes, als das Bild des anderen zu entwerten. Das schafft er, indem er in das tag deutlich toy schreibt. Dies wiederum nimmt der entwertete Jugendliche nicht einfach hin. Er will herausfinden, wer sein Bild entwertet hat und wird wiederum dessen Bild mit einem klaren toy versehen. Manchmal wird auch nur der Name des anderen darüber geschrieben. Es entsteht battle. Es geht darum, beim Kampf im Revier der Sieger zu bleiben. Dass dieser Kampf auf fremden Mauern ausgetragen wird, nehmen Sprayer billigend in Kauf. Die Szenenregeln wiegen schwer und sind für den Jugendlichen stärker als mögliche Eigentumsfragen. (Auszug aus einem Bericht des Jugendamtes Dortmund im DVJJ-Journal 2/2002) Begriffe wie Kunst, Jugendkultur, Protesthaltung, Schmierereien oder Kriminelle werden im Zusammenhang mit Graffiti genannt. Oft wird einseitig die künstlerische Kreativität hervorgehoben, ohne den Hintergrund zu beachten, dass Jugendliche die Stufe des Künstlers erst dann erreichen können, wenn sie bereits längere Zeit ihre tags geübt haben. Die wenigsten schaffen dies über den direkten legalen Einstieg. Andererseits wird häufig die gegenteilige Meinung vertreten, auch die legalen Projekte und Workshops zu verbieten, um dem Nachwuchs keine Möglichkeit zu geben, Spaß am Sprühen zu entwickeln. Es gilt, auf eine vorhandene Jugendstruktur zu reagieren und ihre Ausdrucksformen zu kanalisieren, d.h. auf mögliche Konsequenzen illegalen Writings hinzuweisen; ihnen aber auch legale Ausdruckmöglichkeiten zu geben und andere Formen aufzutun, die das Selbstbewusstsein stärken und Anerkennung über Aktivitäten bringen, die außerhalb der Sprayerkultur liegen. Zu den illegalen Sprayern zählen in der Regel Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 21 Jahren. Sie kommen aus allen sozialen Schichten. Es sind Schüler, die die verschiedensten Schulformen besuchen, und junge Erwachsene mit unterschiedlichstem Bildungsniveau. 3

Illegale Sprayer können Einzelgänger sein, bewegen sich aber auch in Gruppen. Die Täterkontakte beschränken sich auf den engeren Freundeskreis sowie Bekanntschaften aus Jugendeinrichtungen oder Schule. Die Graffiti-Sprayer treten nach außen abgeschottet auf. Sie unterwerfen sich in der Gruppe einem strengen Reglement, Zuwiderhandlungen werden mit Ausstoß bestraft. Es handelt sich in der Regel nicht um gewaltbereite Jugendliche und auch nicht um Drogenabhängige. Aus einem Jahresbericht der AG Graffiti der Frankfurter Polizei geht hervor, dass die meisten Verunreinigungen mit Sprayen am Wochenende stattfinden, am Samstag mit 18,3 % und am Sonntag mit 25,05 %. Die Haupttatzeiten liegen zwischen 17.00 bis 20.00 Uhr und 22.00 bis 01.00 Uhr. Besonders bevorzugte Objekt sind Wohn- und Geschäftshäuser mit einem Anteil von 69,5 %. Am Wochenende hat man die meiste Zeit. Am Wochenende ist am wenigsten los. FAZIT: Weg von der Straße. - Mögliche Wege: Z.B. sportlich interessante Angebote für Jugendliche/Heranwachsende initiieren. Sportvereine, die fast alle mit öffentlichen Geldern gefördert werden, sollten z.b. auf nachfolgende Veranstaltungen angesprochen werden: Am Wochenende c Sportangebote für Jugendliche, die nicht Vereinsmitglieder sind, mit sog. offenen Sportveranstaltungen ( sportliche Schnupperstunde ); c öffentliche Sportveranstaltungen in der Nacht ( Sport Aktiv ); c geöffnete Sporthallen für Jugendliche/Heranwachsende, die keine Mitglieder im Verein sind, die Ängste haben, sich in eine fest gefügte Gruppe zu begeben, aber trotzdem sportinteressiert sind; c in regelmäßigen Abständen geöffnete Jugendhäuser; c Streetball, Beachball, Fußball u.v.m. auf öffentlichen Plätzen. Das LEGALE Graffiti kann die ILLEGALE Szene einschränken. 4

Legale Graffiti auf dafür bereitgestellten Flächen können zu einer Trennung/Spaltung der legalen von der illegalen Szene führen. Es wäre möglich, dass diejenigen, die Graffiti als Kunstform für sich entdeckt haben und ihren in der Szene bekannten Idolen nacheifern, nicht zugleich illegal Wände und andere Bereiche beschmieren. Außerdem verbietet es der Ehrenkodex der Graffitiszene, künstlerisch wertvoll gestaltete Wände illegal durch Schmierereien zu verunstalten. Emotional sehen die jungen Sprüher ihr Tun nicht als Straftat. Der Kick liegt auch nicht in erster Linie im Reiz des Verbotenen. Es geht dem Jugendlichen um das Vereinnahmen, das Besitzen, die sinnliche Erfahrung und Berührung der Umwelt, einer Umwelt, die eigentliche kaum Notiz von ihm nimmt, zu unwichtig ist er in seinem Erwachsenwerden. FAZIT: Hilfen fürs Erwachsenwerden - Anerkennung. Die Einbeziehung der Jugendlichen/Heranwachsenden in die Gestaltung bzw. Neugestaltung oder Veränderung ihrer Umwelt kann ein Zeichen der Wertschätzung bzw. des Ernstnehmens ihrer Person sein: c Bei Zurverfügungstellung von Flächen, Wänden, Bauzäunen, Brückenunterführungen usw., die es farbig zu gestalten gilt. Es könnte z.b. eine öffentliche Ausschreibung erfolgen, verbunden im Vorfeld mit einer entsprechenden Ideenpräsentation durch den Künstler. c Bei der Neugestaltung eines Wohn- und Lebensraumes müssen Anwohner mit einbezogen werden. Das Wecken des Wir-Gefühls ist wichtig, um zu erreichen, dass Verantwortung für den Wohnbereich übernommen wird. Wenn dies gelingt, verschwinden auch illegale Graffiti. c Intensive Stadtteilarbeit durch den vor Ort bestehenden Präventionsrat, ggf. Gründung eines Präventionsrates. c Geförderte künstlerische Aktionen für Sprayer, öffentliche Veranstaltungen. 5

c Eine Aktion Bunte Stadt - wo passt noch Farbe hin?, bei der sich Privatleute melden, die eine verschönerungswürdige Wand, einen Zaun, ein Garagentor usw. haben, wo sich junge Leute, die eine öffentliche Präsentation ihres Können nicht scheuen, für diese Arbeit bewerben können. c Denkbar wäre auch, ein ganzes Haus mit Graffiti zu gestalten. Unter entsprechender Anleitung kann damit eine ganze Gruppe Jugendlicher (Crew) aus der Anonymität der Graffiti-Szene geholt werden. c Eine Projektarbeit Graffiti als Kunst? im Rahmen von Jugendarbeit durchführen. Gleichzeitig kann Aufklärung erfolgen über Konsequenzen der illegalen Graffiti. Nach Abschluss der Projektarbeit kann eine Ausstellung der Kunstwerke im öffentlichen Raum erfolgen, unter Umständen mit Beteiligung regionaler öffentlicher Medien. Die Kunstwerke können auch zum Verkauf angeboten werden. Der Erlös steht dann einem neuen Projekt mit jungen Leuten zur Verfügung. Als Käufer kämen regionale Geschäftsleute, die an einer beruhigten Graffiti-Szene interessiert sind, in Frage, der öffentliche Träger sowie Privatleute, die z.b. vom örtlichen Präventionsrat mit einbezogen werden könnten. Akteure sind Künstler aus der Graffiti-Szene, aber auch Anfänger, die unter Anleitung lernen und bei der öffentlichen Darstellung mit einbezogen werden. Illegale Graffiti können durch die o.g. Maßnahmen bzw. Reaktionen nicht völlig verhindert werden, ebenso wenig wie strafrechtliche Sanktionen. Wenn es aber gelingt, nur einige junge Leute mit den o.g. Angeboten anzusprechen und eine Verhaltensänderung zu erreichen, lohnt es sich, aktiv zu werden. 6